OGH 11Os48/13p

OGH11Os48/13p16.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. April 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wancata als Schriftführer, in der Strafsache gegen Thomas F***** wegen Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Privatbeteiligten Martina Z***** gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 16. Oktober 2012, GZ 36 Hv 55/12a-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Thomas F***** mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB „idF BGBl I 1998/153“ (A./) und mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB „in der jeweils geltenden Fassung“ (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er (zusammengefasst) in H*****

A./ außer dem Fall des § 206 geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person vorgenommen, und zwar

1./ zwischen 2001 und 2003 an der am 14. März 1991 geborenen Nicole Z*****, indem er sie in zumindest zwei Angriffen oberhalb der Kleidung an der Brust betastete und knetete;

2./ von 2005 bis Oktober 2007 in wiederholten Angriffen an der am 25. Oktober 1993 geborenen Martina Z*****, indem er ihre Brust oberhalb der Kleidung intensiv betastete, sich auf sie legte, beischlafähnliche Handlungen durchführte und sein steifes Glied an ihrem Unterkörper rieb;

B./ durch die unter A./ geschilderten Taten an seinen minderjährigen Stieftöchtern, und zwar an Nicole Z***** zwischen 2001 und 2003 und an Martina Z***** von 2005 bis 2009 geschlechtliche Handlungen vorgenommen (1./ und 2./).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Dem Einwand unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter weder die für das Tatbestandsmerkmal der Unmündigkeit bedeutsamen Feststellungen zur Tatzeit noch jene zur Wiederholung der Angriffe willkürlich festgestellt, sondern aus den entsprechenden, von ihnen für glaubwürdig befundenen Angaben der Tatzeuginnen Nicole und Martina Z***** abgeleitet, die in den „zeitlichen übrigen Eckdaten ... Deckung fanden“ (US 5). Dass diese Begründung dem Beschwerdeführer nicht genügt, vermag keine Nichtigkeit herzustellen (RIS-Justiz RS0118317 [T9]). Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher ist der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS-Justiz RS0106588).

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen nahm der Angeklagte im Zeitraum 2001 bis 2003 zumindest zwei Mal an der am 14. März 1991 geborenen, sohin unmündigen, Nicole Z***** und im Tatzeitraum beginnend ab 2005 bis Anfang 2007 in wiederholten Angriffen an der am 25. Oktober 1993 geborenen (demnach bis 24. Oktober 2007 unmündigen) Martina Z***** geschlechtliche Handlungen, und zwar (unter anderem) dadurch vor, dass er seine Stieftöchter jeweils an den bereits etwas entwickelten Brüsten knetete. Dabei nahm er sowohl das Alter unter vierzehn (bei Martina bis Oktober 2007) als auch die Bedeutung der Vorgangsweise als geschlechtliche Handlung in seinen Vorsatz auf (US 3 f).

Welcher zusätzlicher Urteilsannahmen es zur Annahme der Tatbestandsmäßigkeit nach § 207 Abs 1 StGB bedurft hätte, legt die Rüge, soweit sie einen Rechtsfehler mangels Feststellungen reklamiert (nominell Z 10, der Sache nach Z 9 lit a), nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (RIS-Justiz RS0116565).

Mit der Kritik an den zur Tatwiederholung, Tatzeit und zur Unmündigkeit der Tatopfer getroffenen Feststellungen wird die prozessförmige Darstellung materiell-rechtlicher Nichtigkeit verfehlt (vgl RIS-Justiz RS0099810).

Mit seinem Hinweis auf den (nicht nur bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres, sondern) bis Anfang 2009 angenommenen, ausschließlich Martina Z***** betreffenden Tatzeitraum zeigt der Beschwerdeführer keinen die Verurteilung wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen betreffenden Rechtsfehler auf.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) schließt aus dem Fehlen von Feststellungen zu einer kurzen zeitlichen Abfolge und einer einheitlichen Motivationslage auf die „rechtsirrige Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit“.

Mit Blick auf die hier konstatierte gleichartige Verbrechensmenge und den wegen mehrerer Verbrechen nach § 207 Abs 1 StGB ergangenen Schuldspruch A./ entzieht sich das Vorbringen aber einer meritorischen Erwiderung (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 291; RIS-Justiz RS0119552).

Soweit der Beschwerdeführer das Vorbringen zur tatbestandlichen Handlungseinheit wiederholt, einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot behauptet und einwendet, „bei richtiger rechtlicher Beurteilung des festgestellten Sachverhalts wären den Strafrahmen reduzierende Umstände eingetreten“, bringt er weder den bezeichneten (Z 10) noch den Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO zur prozessförmigen Darstellung.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die rechtlich verfehlte Subsumtion der Schuldsprüche zu A./ nach alter und der Schuldsprüche zu B./ nach der „jeweils geltenden“ (statt jeweils richtig: der geltenden) Rechtslage keinen Anlass für eine amtswegige Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bildet, weil die Subsumtionsfehler per se keinen Nachteil für den Angeklagten darstellen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte