OGH 2Ob234/12v

OGH2Ob234/12v14.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Veith, Dr. E. Sol, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadtgemeinde S*****, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Pflanzl, Rechtsanwalt in Salzburg und der Nebenintervenientinnen 1.) G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans-Peter Bauer, Rechtsanwalt in Salzburg, und 2.) P***** GmbH, *****, vertreten durch Zumtobel Kronberger Rechtsanwälte OG in Salzburg, wegen 637.086 EUR sA und Feststellung, über die außerordentlichen Revisionen der beklagten Partei sowie der beiden Nebenintervenientinnen gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 2. Oktober 2012, GZ 3 R 138/12b-22, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß

§ 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Sämtliche Revisionen sind mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig:

1. Nach ständiger Rechtsprechung haftet der Händler - und dem grundsätzlich gleichgestellt der Werkunternehmer - dem Käufer gegenüber nur für die Erfüllung der ihn selbst treffenden Pflichten, wie die Auswahl eines geeigneten Erzeugnisses, einwandfreier Lagerung der Ware, Hinweis auf Gefahren oder ordnungsgemäße Verpackung. Er haftet jedoch nicht für jedes Verschulden des Produzenten, weil der Erzeuger in der Regel nicht als Erfüllungsgehilfe des Händlers anzusehen ist (7 Ob 166/06x mwN; RIS-Justiz RS0022662).

2. Erfüllungsgehilfe nach § 1313a ABGB ist, wer mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird. Normzweck dieser Bestimmung ist es, dass der, der den Vorteil der Arbeitsteilung in Anspruch nimmt, auch das Risiko tragen soll, dass an seiner Stelle der Gehilfe schuldhaft rechtlich geschützte Interessen des Gläubigers verletzt. Maßgebend ist, ob der Gehilfe bei der Verfolgung der Interessen des Schuldners tätig war, das heißt, ob er in das Interessenverfolgungsprogramm des Schuldners und damit in seinen Risikobereich einbezogen war (1 Ob 265/03g mwN; RIS-Justiz RS0028606; RS0028425). Nur dann wenn ein Werkunternehmer nach der vertraglichen Absprache nicht nur eine bestimmte Werkleistung zu erbringen, sondern dafür auch ein nach deren Zweck erforderliches und geeignetes Produkt eines selbständigen und weisungsfreien Dritten bereitzustellen hat und er diesen Dritten unmittelbar in die Erbringung der werkvertraglichen Erfüllungshandlung einbezieht, bedient er sich dieses Dritten zur Erfüllung einer Leistungspflicht und haftet daher auch für dessen Verschulden wie für eigenes (RIS-Justiz RS0118512; RS0028606).

3. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte für die Lieferung und Montage der Glaselemente die Rechtsvorgängerin der Erstnebenintervenientin herangezogen. Diese hat die Isolierglasscheiben bei der Zweitnebenintervenientin bezogen. Dass die Zweitnebenintervenientin in irgendeiner Form darüber hinaus in die Erfüllung des geschuldeten Werks einbezogen gewesen wäre, ergibt sich nicht. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass sie als Erfüllungsgehilfin der Beklagten anzusehen ist und die Beklagte daher für sie wie für ihr eigenes Verschulden einzustehen hätte.

Damit ist aber all jenem Vorbringen in den Revisionen der Boden entzogen, das - der Rechtsansicht des Erstgerichts folgend - davon ausgeht, dass die Beklagte gemäß § 1313a ABGB sowohl für die Erst- als auch für die Zweitnebenintervenientin hafte.

4. Die Beantwortung der Frage, ab wann eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und hat daher in der Regel keine darüber hinausgehende Bedeutung (10 Ob 111/07g; RIS-Justiz RS0113916).

Die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginnt nach ständiger Judikatur in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem dem Geschädigten sowohl der Schaden und die Person des Schädigers als auch die Schadensursache bekannt geworden sind (RIS-Justiz RS0034951). Die Kenntnis muss den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch jene des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten, in Fällen der Verschuldenshaftung daher auch jener Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergibt (RIS-Justiz RS0034951 [T1, T2, T5, T7]; 3 Ob 200/11z).

Soweit die Revision der beklagten Partei dies bestreitet, ist ihr nicht zu folgen.

Auch wenn es sich bei der klagenden Partei um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft mit entsprechend qualifizierten technischen und juristischen Mitarbeitern handelt, ändert dies nichts daran, dass der Beginn der Verjährungsfrist die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs inklusive des Verschuldens voraussetzt.

5. Das Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2007 hatte nach den Feststellungen lediglich das Vorliegen von Mängeln und deren mögliche Ursachen zum Thema, nicht aber jene des Verschuldens im Sinne der Erkennbarkeit allfälliger Mängel für die Beklagte bzw die Erstnebenintervenientin als Subunternehmerin. Dieses, für die Erhebung eines Schadenersatzanspruchs aber ebenfalls essentielle Tatbestandselement wurde der Klägerin erst durch die Beantwortung der an den Sachverständigen gerichteten Anfrage im Juni 2008 bekannt.

Die vorliegende im Mai 2011 eingebrachte Klage wurde daher vom Berufungsgericht in seinem Zwischenurteil (gemäß § 393a ZPO) jedenfalls vertretbar als nicht verjährt gewertet.

Insofern kommt es auch nicht auf die in den Revisionen der Beklagten und der Erstnebenintervenientin behauptete unrichtige Interpretation des Vorbringens der Klägerin durch das Berufungsgericht zur Frage an, ob damit ein Verschulden der Beklagten selbst oder der Erstnebenintervenientin behauptet wurde, und ebenso wenig auf die nach Meinung der Zweitnebenintervenientin von Beklagtenseite grundsätzlich erfüllte Behauptungspflicht für die bereits eingetretene Verjährung und die ihrer Meinung nach dann wieder die klagende Partei treffende Behauptungspflicht für eine dennoch erst spätere Erkennbarkeit.

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