OGH 3Ob200/11z

OGH3Ob200/11z18.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei D*****, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei F*****, vertreten durch Graf & Pitkowitz, Rechtsanwälte in Wien, wegen 14.824,41 EUR sA (Klage zu 31 Cg 137/08v) sowie 900.000 EUR sA und Feststellung (Widerklage zu 31 Cg 114/09p), über die außerordentliche Revision der widerklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. August 2011, GZ 4 R 35/11p-39, womit infolge Berufung der widerklagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 25. August 2010, GZ 31 Cg 137/08v (31 Cg 114/09p)-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die widerklagende Partei ist schuldig, der widerbeklagten Partei die mit 3.616,38 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 602,73 EUR an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit der Gründung der widerklagenden Stiftung im Jahr 1996 deren anwaltlicher Vertreter und Stiftungsvorstand. Im September 2001 kam es zum Ausscheiden des Klägers als Stiftungsvorstand.

Von der späteren Stifterin als damalige Grundeigentümerin wurde 1994 ein Pachtvertrag (kurz: PV) über ua ein Stadiongelände mit einer Stadtgemeinde geschlossen. Dieser sah eine Pachtdauer vom 1. November 1993 bis 31. Oktober 2010 und ua vor (Punkt XI. „Rückgabe des Pachtobjektes“), dass bei Beendigung des Pachtverhältnisses aus welchem Grund immer, die Pächterin berechtigt bzw über Aufforderung der Verpächterin verpflichtet ist, alle auf den Pachtflächen errichteten Anlagen, Investitionen und Herstellungen jeder Art auf ihre Kosten und Gefahr innerhalb einer angemessenen Frist, längstens jedoch innerhalb eines Jahres, zu entfernen. Das Stadion wurde von der Stadtgemeinde an einen Fußballverein (in Hinkunft: Verein) unterverpachtet.

Mit Auflösungsvereinbarung vom 18. Mai 2000 wurde der PV 1994 in Bezug auf das Stadion aufgelöst. Gleichzeitig verpachtete die Widerklägerin als Rechtsnachfolgerin im Grundeigentum das Stadion mit PV vom 18. Mai 2000 (im Folgenden: PV 2000) für die Dauer vom 1. November 2000 bis 31. Oktober 2018 an den Verein. Der vereinbarte Pachtzins war jährlich zum 10. November des laufenden Jahres fällig. Die Regelung laut Punkt XI. des PV 1994 wurde in Punkt XIII. des PV 2000 übernommen. Eine Ausfallshaftung der Stadtgemeinde für den Verein wäre damals nicht zu erlangen gewesen. Zur vorzeitigen Vertragsauflösung ist im Punkt XII. des PV 2000 vorgesehen, dass die Verpächterin die frühere Auflösung des Vertrags fordern kann, wenn der Pächter ua trotz Setzung einer achtwöchigen Nachfrist mit der Zahlung des Pachtschillings oder der Nebengebühren in Verzug gerät; diesfalls tritt keine Befreiung von der Verpflichtung zum Ersatz des schuldhaft und rechtswidrig verursachten Schadens ein. Den PV 2000 setzte der Kläger als Rechtsvertreter der Stiftung auf und unterfertigte ihn gemeinsam mit einem weiteren Stiftungsvorstand.

Ein Mitarbeiter jener GmbH, die von der Widerklägerin mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Angelegenheiten betraut war, stellte schon 2003 im Zusammenhang mit Zahlungsrückständen des Vereins fest, dass es beim Abschluss des PV 2000 - für ihn unverständlich - zu einer Entlassung der Stadtgemeinde aus der Haftung gekommen war.

Trotz mehrerer Ansätze für positive Lösungen für den Verein in den Folgejahren verschlechterte sich dessen finanzielle Basis weiter. Über das Vermögen des Vereins wurde schließlich am 31. Jänner 2008 der Konkurs eröffnet.

Den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildet nur mehr die Widerklage, mit der Schadenersatzansprüche der Widerklägerin gegen den Widerbeklagten aus seiner Tätigkeit als Stiftungsvorstand und Anwalt in Personalunion für die Widerklägerin in einem bestimmten Geschäftsfall erhoben werden. Als „inkriminierte Handlung“ wird der Abschluss des PV über das Stadiongelände im Jahr 2000 mit dem Verein von bekannt schlechter Bonität unter gleichzeitiger Haftungsfreistellung der bisher aufgrund des PV 1994 aufrechten Pächterin, einer Stadtgemeinde mit hoher Bonität, bezeichnet; wäre diese rechtswidrige Handlung nicht gesetzt worden, wären die im Konkurs des Vereins anerkannten Forderungen der Widerklägerin (an Pachtzinsen und Rückbaukosten) durch die Stadtgemeinde befriedigt worden (W-ON [= ON im Verfahren über die Widerklage] 1 S 6 und 8; ON [= ON im führenden Akt] 21 S 5). Die Vereinbarung einer fortdauernden Haftung der Stadtgemeinde wäre möglich gewesen (W-ON 1 S 7; W-ON 4 S 3; Vorwurf 1). Die Widerklägerin machte dem Widerbeklagten aber auch zum Vorwurf, er hätte den Abschluss des PV 2000 mit dem Verein ablehnen müssen, soferne die Stadtgemeinde nicht bereit gewesen wäre, die Haftung für den Verein zu übernehmen (W-ON 1 S 8); auf Seiten der Verpächterin habe keine Notwendigkeit bestanden, den mit der Stadtgemeinde bestehenden PV im Jahr 2000 zu ändern (W-ON 4 S 2); der Widerbeklagte habe den gravierenden Nachteil eines „schlechteren Schuldners“ auf Kosten der Widerklägerin in Kauf genommen (W-ON 1 S 6; Vorwurf 2). Die Verschlechterung betreffe die im Konkurs des Vereins nicht einbringlichen, vom Pächter zu tragenden rückständigen und durch die Konkurseröffnung entgangenen Pachtzinse sowie die Kosten der Entfernung der Baulichkeiten im Fall der Auflösung des PV. Das Klagebegehren lautete zuletzt 1. auf Leistung von 900.000 EUR sA (100.000 EUR an Pachtzinsen und 800.000 EUR an Rückbaukosten), in eventu Feststellung der Haftung für die Rückbaukosten, und 2. Feststellung der Haftung für die Rückbaukosten soweit deren Ersatz nicht bereits im Hauptleistungsbegehren zugesprochen wurden (ON 28 S 4/5).

Der Widerbeklagte bestritt und wendete ua Verjährung der Schadenersatzansprüche ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging ua von dem eingangs dargestellten Sachverhalt (ergänzt um den unstrittigen Inhalt des PV 2000 [RIS-Justiz RS0121557]) aus und nahm Verjährung an.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Widerklägerin nicht Folge. Es verwarf die Beweisrüge zum Teil, erklärte aber auch, einzelne Feststellungen nicht zu übernehmen. Die vom Erstgericht angenommene Verjährung behandelte es nicht. Es leitete aus der übernommenen Feststellung, eine Ausfallshaftung der Stadtgemeinde für den Verein wäre damals nicht zu erlangen gewesen, ab, ein Abschluss des PV 2000 ohne Ausfallshaftung begründe kein pflichtwidriges Handeln des Widerbeklagten, weil eine solche Vereinbarung an der fehlenden Bereitschaft der Stadtgemeinde scheitern habe müssen. Daher fehle es an der Kausalität der vorgeworfenen Unterlassung. Der allein von der Widerklägerin geltend gemachte Vermögensschaden (Forderungsausfälle der Widerklägerin aufgrund der durch die Zahlungsunfähigkeit des Vereins bedingten Nichterfüllung des PV 2000) sei nicht mit jenen Vermögensnachteilen gleichzusetzen, die bei Weiterbestehen des PV 1994 verhindert worden wären; der Abschluss des PV 2000 habe vielmehr gerade die Auflösung des PV 1994 vorausgesetzt. Im Fall dessen Weiterbestehens wären aber die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche auf Erfüllung des PV 2000 erst gar nicht entstanden. Der eingeklagte Schaden sei damit nicht kausal auf das Unterlassen der Auflösung des PV 1994 zurückzuführen, weshalb das Berufungsgericht der Berufung der Widerklägerin nicht Folge gab. Die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig, weil die zu lösenden Rechtsfragen nicht erheblich und in Übereinstimmung mit der Judikatur gelöst worden seien.

Mit ihrer außerordentlichen Revision strebt die Widerklägerin die Abänderung im Sinne der Stattgebung ihrer Widerklage, hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung an die erste oder zweite Instanz an. Primär wirft die Widerklägerin dem Berufungsgericht vor, es habe ihr Vorbringen grob unrichtig ausgelegt, in dem es eine einheitliche Handlung (Auflösung des PV 1994 mit gleichzeitigem Abschluss des PV 2000) in zwei getrennte Handlungsstränge zerlegt und den erhobenen Haftungsanspruch ausschließlich dem Neuabschluss zugeordnet habe; ohne richterliche Anleitung stelle dies auch eine Überraschungsentscheidung dar. Weiters seien die Sorgfaltspflichten des Widerbeklagten und die Beweislast für Kausalität und Schaden falsch beurteilt worden. Die eingeklagten Ansprüche seien auch nicht verjährt.

Der Widerbeklagte trat dem in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung entgegen und hielt seinen Verjährungseinwand ausdrücklich aufrecht.

Die Revision ist zulässig, weil die Auslegung des Vorbringens der Widerklägerin durch das Berufungsgericht nicht aufrecht erhalten werden kann; sie ist jedoch nicht berechtigt, weil die mit der Widerklage erhobenen Ansprüche bereits verjährt sind.

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht hat das Vorbringen der Widerklägerin (erkennbar) dahin ausgelegt, sie mache dem Widerbeklagten nicht die Aufgabe des PV 1994 zum Vorwurf, sondern ausschließlich den Abschluss des PV 2000 mit dem Verein, ohne dazu die mögliche Vereinbarung einer Ausfallshaftung der Stadtgemeinde zu treffen (also im Sinne des Vorwurfs 1), und gelangt so wegen der festgestellten Unmöglichkeit der Vereinbarung einer Ausfallshaftung der Stadtgemeinde zur Klagsabweisung. Dieses Auslegungsergebnis übergeht allerdings das weitere Vorbringen der Widerklägerin, mit dem sie dem Widerbeklagten auch die Aufgabe des PV mit der Stadtgemeinde an sich anlastet (Vorwurf 2).

2. Angesichts der Feststellung, dass eine Ausfallshaftung der Stadtgemeinde für Verbindlichkeiten des Vereins nicht zu erlangen gewesen wäre, ist dem Vorwurf 1 die Basis entzogen.

3.1. Aber auch die Auseinandersetzung mit dem Vorwurf 2 (Aufgabe des PV 1994 mit der Stadtgemeinde) vermag der Widerklage nicht zum Erfolg verhelfen. Wie schon vom Erstgericht im Ergebnis zutreffend erkannt, ist nämlich von der Verjährung der eingeklagten Schadenersatzansprüche auszugehen. Die Verjährung bezieht sich auf den jeweils geltend gemachten Anspruch; stützt der Kläger sein Begehren alternativ auf verschiedene Sachverhaltsvarianten, liegen in Wahrheit zwei Ansprüche vor, die auch verjährungsrechtlich getrennt zu beurteilen sind (4 Ob 144/11x mwN).

Zusammengefasst macht die Widerklägerin zum selbständig zu beurteilenden Vorwurf 2 geltend, es sei ohne sachliche Rechtfertigung zum Austausch eines zahlungskräftigen, die übernommenen Zahlungspflichten erfüllenden Schuldners gegen einen Schuldner von zu jeder Zeit bekannter äußerst schlechter Bonität gekommen; das habe den Ausfall an Pachtzinsen vom Verein vorhersehbar und die Erfüllung der Rückbauverpflichtung durch den Verein als unwahrscheinlich erscheinen lassen. Der hypothetische Kausalverlauf bei Weiterbestand des PV 1994 hätte demnach in der stets fristgerechten und vollständigen Bezahlung des jeweils fälligen Jahrespachtzinses durch die Stadtgemeinde bestanden.

3.2. Anstatt aber über diese rechtzeitig geleisteten Beträge in bar frei verfügen zu können, war die Widerklägerin - jedenfalls nach Verzug des Vereins mit der (vollständigen) Zahlung der Pachtzinse - nur auf eine mit dem hohen Risiko der Einbringlichkeit belastete Geldforderung gegen den Verein beschränkt.

Mit jeder Säumigkeit des Vereins hat sich somit die mit dem Schuldnerwechsel verbundene Gefahr realisiert, sodass damit eine Minderung des Vermögens der Widerklägerin einherging. Nachteil am Vermögen ist nämlich jede Minderung, der kein volles Äquivalent gegenübersteht (RIS-Justiz RS0022537 [T2]). Eine Geldforderung ist aber etwas anderes, als der Besitz eines Geldbetrags (RIS-Justiz RS0022602). Es macht schadenersatzrechtlich einen Unterschied, ob ein Geldanspruchsberechtigter über das Bargeld frei verfügen kann, oder aber bloß eine Forderung in gleicher Höhe hat. Der Oberste Gerichtshof hat deshalb schon mehrfach ausgesprochen, dass der unmittelbaren Verfügung über einen präsenten Bargeldbetrag eine gleich hohe Geldforderung grundsätzlich schon deshalb nicht gleichgehalten werden kann, weil sie mit dem Risiko der Einbringlichkeit und der Rechtsverfolgung belastet ist (3 Ob 59/07h mwN = SZ 2007/81). Mit Eintritt eines Verzugs bei der Leistung des jeweils nach Geltung des PV 2000 fälligen Pachtzinses durch den Verein ist deshalb - unabhängig sowohl von seiner Einklagung gegenüber dem Verein als auch von der späteren Insolvenz des Vereins - auch vom Eintritt eines Vermögensschadens bei der Widerklägerin auszugehen. Das gilt jedenfalls für den 1. März 2004, für den die Widerklägerin unbestritten einen - zum Teil mit Zahlungsbefehl vom 17. November 2003 bereits titulierten - Pachtzinsrückstand des Vereins von 21.454,39 EUR für den Zeitraum 1. November 2000 bis 31. Oktober 2004 (also für die ersten vier Pachtjahre) behauptete, wobei der Verein den Rückstand am 1. März 2004 (als der Pachtzins für das Pachtjahr 2003/2004 bereits fällig war) anerkannt, jedoch nicht bezahlt habe (W-ON 4).

Die von der Widerklägerin in der Revision gegen den Eintritt eines Schadens ins Treffen geführte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 8 Ob 594/89 ist nicht einschlägig. Dort war ein Rechtsanwalt geklagt, der es als Vertreter des Klägers in einem Bauprozess gegen ein Unternehmen unterlassen hatte, in einem Vergleich eine bestimmte Spezifikation der damals vereinbarten, vom Unternehmen noch zu erbringenden Leistungen aufzunehmen. Später weigerte sich dieses Unternehmen, die Arbeiten entsprechend der Einigung der Parteien, die im Vergleichstext allerdings keinen Niederschlag fand, auszuführen. Der Kläger klagte daraufhin dieses Unternehmen auf Erbringung der vereinbarten Leistung und obsiegte in erster Instanz; die dort Beklagte ging jedoch während des Berufungsverfahrens in Konkurs. Eine negative Auswirkung auf die Vermögenssituation des Klägers trat somit - anders als in der vorliegenden Konstellation - erst durch diese Insolvenz ein, davor führte die fehlende Titulierung zu keiner Minderung des Vermögens beim Gläubiger.

3.3. Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen so weit kennt, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (RIS-Justiz RS0034524; vgl auch RS0034374). Die Kenntnis muss dabei den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten, in Fällen der Verschuldenshaftung daher auch jene Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergibt (RIS-Justiz RS0034951 [T1, T2, T4 bis T7] uva). Der anspruchsbegründende Sachverhalt muss dem Geschädigten zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch so weit bekannt sein, dass er in der Lage ist, das zur Begründung seines Anspruchs erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten (RIS-Justiz RS0034366; RS0034524). Der Geschädigte darf sich allerdings nicht einfach passiv verhalten und es darauf ankommen lassen, dass er von der Person des Ersatzpflichtigen eines Tages zufällig Kenntnis erhält. Wenn er die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann, gilt die Kenntnisnahme schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre (RIS-Justiz RS0034327; RS0065360 [T3]; vgl auch RS0034335). Die Obliegenheit des Geschädigten zur Erkundigung, die sich auf die Voraussetzungen einer erfolgversprechenden Anspruchsverfolgung schlechthin und nicht nur auf die Person des Schädigers erstreckt, darf dabei nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0034327; RS0034524 [T48]).

3.4. Die Rechtsprechung nimmt eine Wissenszurechnung durch jene Personen (Wissensvertreter) an, die - sowohl als selbständige Dritte als auch als Gehilfen - vom Geschäftsherrn damit betraut worden sind, Tatsachen, deren Kenntnis von Rechtserheblichkeit ist, entgegenzunehmen oder anzuzeigen. Soweit es auf das Wissen des Geschäftsherrn ankommt, wird ihm dabei das Wissen des Wissensvertreters als eigenes zugerechnet und es treten die an sein Wissen geknüpften Rechtsfolgen zum Nachteil des Geschäftsherrn ein (RIS-Justiz RS0065360 [T10 und T11]). Bei einer juristischen Person kommt es für die Unterstellung der Kenntnis oder des Kennenmüssens einer Tatsache nicht ausschließlich auf den Wissensstand der organschaftlichen Vertreter an, sondern ist auch das Wissen solcher Personen maßgeblich, denen in der betreffenden Angelegenheit Vertretungskompetenz zukommt (RIS-Justiz RS0009172 [T6]); der Geschäftsherr muss sich das Wissen, das ein handelnder (Bank-)Gehilfe im Zuge der ihm aufgetragenen Tätigkeit erlangt hat oder erlangen hätte können, zurechnen lassen, während außerhalb des Aufgabenbereichs („privat“) erlangtes Wissen nicht zurechenbar ist (RIS-Justiz RS0009172 [T12]). Die Wissenszurechnung gilt auch, wenn es um die Kenntnis der für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB relevanten Umstände, wie den Eintritt des Schadens, geht (RIS-Justiz RS0009172 [T13]).

3.5. Es steht - auch bei Außerachtlassung der vom Berufungsgericht nicht übernommenen Feststellung zur Organstellung - fest, dass ein Mitarbeiter jener GmbH, die von der Widerklägerin mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Angelegenheiten betraut war, schon im Jahr 2003 im Zusammenhang mit Zahlungsrückständen des Vereins feststellte, dass es beim Abschluss des PV 2000 - für ihn unverständlich - zu einer Entlassung der Stadtgemeinde aus der Haftung gekommen war (Ersturteil S 28). Von der Wahrnehmung der rechtlichen Angelegenheiten der Widerklägerin ist nicht nur die Verfolgung von Pachtzinsrückständen, sondern mangels Einschränkung auch jene von Schadenersatzansprüchen der Widerklägerin umfasst. Die Kenntnis auch dafür relevanter Tatsachen lag somit im Bereich der der GmbH übertragenen Aufgaben, sodass das feststehende Wissen des Mitarbeiters der Beauftragten der Widerklägerin dieser zuzurechnen ist; wann die Kenntnis konkret auch bei ihrem Organ selbst vorlag, ist daher unbeachtlich (vgl 9 Ob 23/07h).

3.6. Daher ist von der Kenntnis der Klägerin sowohl des Schadens auch der Höhe nach als auch des Schädigers (in der Person des Widerbeklagten als für den Abschluss des PV 2000 gegenüber der Widerklägerin Verantwortlichen) und des Wechsels des Pächters des Stadions auszugehen. Die vorweg wegen der bekannten schlechten Bonität des Vereins erkennbare Fragwürdigkeit dieser Vorgangsweise löste eine Erkundigungsobliegenheit der Widerklägerin aus (RIS-Justiz RS0034327 [T21]), in deren Rahmen es ihr jedenfalls zumutbar war, in den eigenen Unterlagen zu forschen und im Fall von weiter bestehenden Unklarheiten den Widerbeklagten zur Aufklärung aufzufordern; das hat sie (später) im Vorfeld der Widerklage nach der Aktenlage ohnehin unternommen, was ihr die Verfassung einer schlüssigen Klage ermöglichte. Es ist kein Grund erkennbar, warum ihr das nicht schon in den Jahren 2003/2004 möglich gewesen sein sollte.

Für die Geltendmachung des durch rückständige Pachtzinse des Vereins für den Zeitraum 1. November 2000 bis 31. Oktober 2004 entstandenen Schadens von 21.454,39 EUR (W-ON 4 S 4) begann die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB daher spätestens mit Ablauf des Jahres 2004 zu laufen, weshalb die Erhebung der Widerklage im Juli 2009 lange nach Fristablauf erfolgte. In diesem Umfang erweist sich das Widerklagebegehren daher jedenfalls als verjährt.

3.7. Die schon eingetretenen und die aus demselben Schadensereignis voraussehbaren künftigen Schäden (Teil-[folge-]schäden) bilden verjährungsrechtlich eine Einheit. Der drohenden Verjährung seines Anspruchs auf Ersatz der künftigen, aber schon vorhersehbaren Schäden hat der Geschädigte daher dann, wenn ihm schon ein Primärschaden entstanden ist, mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen (RIS-Justiz RS0097976; RS0087613) oder jedenfalls ein außergerichtliches Anerkenntnis des Schädigers zu erwirken (RIS-Justiz RS0112429). Die Voraussehbarkeit künftiger Schäden ist eine Frage, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls zu lösen ist. Es kommt auf die objektive Vorhersehbarkeit für den Geschädigten und nicht auf die ex-post-Betrachtung von Sachverständigen an. Folgeschäden sind allerdings dann nicht vorhersehbar, wenn zum schädigenden Ereignis, das den Erstschaden herbeigeführt hat, weitere Voraussetzungen hinzukommen müssen und nicht abzusehen ist, ob es tatsächlich dazu kommen wird. In diesem Fall beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Eintritt des Folgeschadens zu laufen (RIS-Justiz RS0087613 [T8 und T9]).

3.8. Die weiters von der Widerklägerin als Schaden relevierten rückständigen Pachtzinse, ua auch die wegen der vorzeitigen Vertragsauflösung entgangenen Pachtzinse von 62.504,73 EUR und die Rückbaukosten sind als voraussehbare Folgeschäden des bereits 2004 eingetretenen Primärschadens zu beurteilen:

Der PV 2000 sieht das Recht der Verpächterin (= Widerklägerin) vor, die frühere Auflösung (dh vor dem vereinbarten Ablauf zum 31. Oktober 2018) ua zu fordern, wenn der Pächter (= Verein) trotz Setzung einer achtwöchigen Nachfrist mit der Zahlung des Pachtschillings oder der Nebengebühren in Verzug gerät, wobei diesfalls keine Befreiung von der Verpflichtung zum Ersatz des schuldhaft und rechtswidrig verursachten Schadens eintritt. Weiters wurde im Punkt XIII. an die Beendigung des Pachtverhältnisses aus welchem Grund immer das Recht der Verpächterin geknüpft, die Entfernung aller „auf den Pachtflächen errichteten Anlagen, Investitionen und Herstellungen jeder Art“ auf Kosten und Gefahr des Pächters längstens innerhalb eines Jahres verlangen zu können.

Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Vereins am 31. Jänner 2008 bildet keine Voraussetzung für die mit 31. Oktober 2009 wirksam gewordene Beendigung des PV 2000 (ON 21 S 2), weil in der Bestandnehmerinsolvenz Bestandverhältnisse nach Konkurseröffnung unverändert fortbestehen (§ 23 Abs 1 KO) und Verzug mit dem Pachtzins als Grund für die vorzeitige Vertragsauflösung durch die Verpächterin vereinbart war.

Angesichts des erheblichen Rückstands mit den Pachtzinsen im Jahr 2004 und angesichts der - nach den Behauptungen der Widerklägerin selbst - wegen der bekannten schlechten Bonität des Vereins gegebenen Vorhersehbarkeit des Ausfalls von Pachtzinsen (ON 21 S 6) war aber für die Widerklägerin damals nicht nur das Entstehen weiterer Rückstände mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, sondern auch die künftige Ausübung ihres Rechts zur vorzeitigen Vertragsauflösung und das Entstehen daraus resultierender Ansprüche; in gleichem Maß wahrscheinlich musste sie schon 2004 die künftige Ausübung ihres Rechts ansehen, die Räumung der Pachtfläche zu verlangen, zumal sie das Vorbringen des Widerbeklagten übernahm, das Stadion sei von ihr als Fremdkörper im ebenfalls in ihrem Eigentum stehenden, das Stadion umgebenden Park angesehen worden (ON 21 S 4). Schließlich brachte die Widerklägerin auch vor, es sei jederzeit klar gewesen, dass der Verein über eine so schlechte Bonität verfüge, die die Erfüllung der Rückbauverpflichtung als unwahrscheinlich erscheinen lassen musste; der Rückbau sei immer eine realistische Möglichkeit gewesen (ON 21 S 4). Damit war ihr aber auch das Unvermögen des Vereins, die Räumung der Pachtfläche vornehmen zu lassen und für deren Kosten (auch der Widerklägerin gegenüber) aufzukommen, geradezu evident, jedenfalls aber objektiv vorhersehbar. Von der bloßen Möglichkeit einer derartigen Entwicklung kann bei der gegebenen Situation keine Rede sein.

3.9. Insgesamt war der Widerklägerin daher - nach den Umständen des hier zu beurteilenden Einzelfalls - der Eintritt aller jener durch den Wechsel des Pächters bedingten Folgeschäden, die sie nunmehr für die Zeit nach 2004 geltend macht und vom Widerbeklagten ersetzt begehrt, bereits im Jahr 2004 vorhersehbar.

Die Widerklägerin war daher gehalten, innerhalb der Verjährungsfrist für den Primärschaden die bereits eingetretenen Folgeschäden mit Leistungsklage geltend zu machen und zu den zukünftigen vorhersehbaren Folgeschäden Feststellungsklage zu erheben. Alle Begehren der Widerklägerin sind verjährt.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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