OGH 1Ob223/12v

OGH1Ob223/12v15.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei k***** gmbh, *****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde K*****, vertreten durch Dr. Peter Planer und Dr. Barbara Planer, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen 655.236 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. August 2012, GZ 4 R 119/12z-41, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 25. April 2012, GZ 11 Cg 53/09f-37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Nachdem das Urteil des Berufungsgerichts der Rechtsvertreterin der nunmehrigen Revisionswerberin am 24. 8. 2012 zugestellt worden war, beantragte sie am 19. 9. 2012 die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Revision. Der Beschluss des Erstgerichts, mit dem der Verfahrenshilfeantrag „abgewiesen“ wurde, wurde der Klägerin am 1. 10. 2012 zugestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Verfahrenshilfe könne nach § 63 Abs 1 ZPO nur einer natürlichen Person bewilligt werden. Die Aufhebung der Einschränkung der Gewährung der Verfahrenshilfe auf natürliche Personen durch den Verfassungsgerichtshof trete erst mit Ablauf des 31. 12. 2012 in Kraft, weshalb bis dahin das Gesetz weiter anzuwenden sei. Dementsprechend habe die Klägerin keinerlei Anspruch auf Bewilligung der Verfahrenshilfe.

Die Klägerin ließ diesen Beschluss unbekämpft und brachte am 31. 10. 2012 durch ihre Rechtsvertreterin eine mit 25. 10. 2012 datierte außerordentliche Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichts ein.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist als verspätet zurückzuweisen, weil sie außerhalb der durch die Zustellung des Berufungsurteils ausgelösten vierwöchigen Revisionsfrist erhoben wurde und durch den (unzulässigen) Verfahrenshilfeantrag eine Fristunterbrechung nicht eingetreten ist.

§ 505 Abs 2 Satz 2 ZPO verweist für das Revisionsverfahren auf den sinngemäß anzuwendenden § 464 Abs 3 ZPO. Nach Satz 2 dieser Bestimmung beginnt die Rechtsmittelfrist (neuerlich) mit Rechtskraft des den Verfahrenshilfeantrag abweisenden Beschlusses, wenn der rechtzeitig gestellte Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts abgewiesen wird.

Es entspricht nun herrschender Rechtsprechung und Lehre, dass die Unterbrechungswirkung eines Verfahrenshilfeantrags einen zulässigen Antrag voraussetzt, dann aber auch eintritt, wenn dieser Antrag sich als unberechtigt erweist, wogegen eine verfahrensrechtlich unzulässige Antragstellung unbeachtlich bleibt (vgl nur RIS-Justiz RS0123515; M. Bydlinski in Fasching/Konecny² II/1 § 73 ZPO Rz 5 mwN). War der Verfahrenshilfeantrag unzulässig, ist es auch nicht von Bedeutung, dass dieser etwa meritorisch behandelt und abgewiesen statt zurückgewiesen - oder sogar bewilligt - wurde (vgl nur 1 Ob 97/08h). Im vorliegenden Fall hat sich das Erstgericht bei der Erledigung des Verfahrenshilfeantrags im Übrigen ersichtlich nur in der Formulierung vergriffen, hat es doch in der Begründung durch den Hinweis, die Klägerin habe, weil sie keine natürliche Person sei, keinerlei Anspruch auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, zu erkennen gegeben, dass es in Wahrheit von einer Unzulässigkeit der Antragstellung ausgeht.

Dies entspricht auch der gesetzlichen Formulierung des § 63 Abs 1 Satz 1 ZPO in der hier anzuwendenden Fassung, aus der klar hervorgeht, dass nach dem Willen des Gesetzgebers das Institut der Verfahrenshilfe nur natürlichen Personen zu Gebote stehen soll. Dass diese Rechtslage ungeachtet der aufhebenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (G 26/10) bis zum 31. 12. 2012 dem Rechtsbestand angehört und weiter anzuwenden ist, hat bereits das Erstgericht in seiner Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag zutreffend ausgeführt.

Hat die Klägerin nun den Versuch unternommen, von einem Rechtsinstitut des Verfahrensrechts Gebrauch zu machen, das ihr als juristischer Person von Gesetzes wegen nicht offen steht, lag ein von vornherein unzulässiger Antrag vor, der zu keiner Unterbrechung der Revisionsfrist führen konnte. Die nach Ablauf der Revisionsfrist erhobene außerordentliche Revision ist daher als verspätet zurückzuweisen.

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