Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen, mit denen die Revisionsrekurswerberin für das Verfahren über den Antrag des Sachwalters, ihn zu ermächtigen, die Einstellung der künstlichen Ernährung der Pflegebefohlenen zu veranlassen, zur Kollisionskuratorin bestellt wurde, werden ersatzlos behoben.
Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 8. 10. 2009 wurde für die Pflegebefohlene ihr Ehemann zum Sachwalter bestellt und mit der Besorgung aller Angelegenheiten (§ 268 Abs 3 Z 3 ABGB) betraut.
Am 5. 10. 2010 brachte er unter Hinweis auf das Vorliegen einer beachtlichen Patientenverfügung der Pflegebefohlenen den Antrag ein, ein ärztliches Sachverständigengutachten darüber einzuholen, ob bei ihr die Wahrscheinlichkeit einer lebenslangen schweren geistigen oder körperlichen Behinderung bestehe und, falls das Gutachten eine hohe Wahrscheinlichkeit einer lebenslangen schweren geistigen oder schweren körperlichen Behinderung der Betroffenen bestätige, ihn zu ermächtigen, die Einstellung der künstlichen Ernährung der Pflegebefohlenen zu veranlassen. Dem Antrag liegen eine von der Pflegebefohlenen unterfertigte, notariell beglaubigte Patientenverfügung vom 10. 2. 2004 sowie eine von ihr teilweise eigenhändig geschriebene, allerdings von ihr nicht unterschriebene Patientenverfügung vom 17. 1. 2007 bei. Aus ihnen gehe hervor, dass die Pflegebefohlene dann, wenn im Extremfall keine Aussicht auf Heilung bzw die Wahrscheinlichkeit einer lebenslangen schweren geistigen oder schweren körperlichen Behinderung bestehe, unter keinen Umständen lebenserhaltenden Maßnahmen unterzogen werden möchte und ua auch künstliche Ernährung ablehnt. In der Patientenverfügung vom 17. 1. 2007 finden sich auch Vermerke der die Pflegebefohlene beratenden und aufklärenden Ärztin sowie die Erklärung eines öffentlichen Notars, die Pflegebefohlene über das Wesen der „verbindlichen Patientenverfügung“ und die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit aufgeklärt zu haben.
Der gerichtlich beigezogene Sachverständige stellte in seinem psychiatrisch neurologischen Gutachten vom 28. 3. 2011 fest, dass sich bei der Pflegebefohlenen ein apallisches Syndrom als Folge einer Subarachnoidalblutung mit Ventrikeleinbruch bei vorbestehenden multiplen zerebralen Aneurysmen finde und bei ihr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine lebenslange schwere geistige Behinderung zu erwarten sei. Aufgrund der bestehenden Defizite im Rahmen des apallischen Syndroms (Verlust des Selbst- und Fremdbewusstseins, der Kommunikation und der Möglichkeit zur willkürlichen Bewegung) sei sie rundum auf die Pflege und Versorgung durch fachkundige Personen angewiesen. Sowohl die kognitiven/geistigen als auch die körperlichen Defizite würden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft bestehen bleiben.
Der Sachwalter, die beiden Töchter, ein Bekannter der Familie, der öffentliche Notar sowie die genannte Ärztin erklärten vor dem Erstgericht, dass es eindeutiger Wille der Pflegebefohlenen gewesen sei, nicht in einem solchen Zustand weiterzuleben.
Das Erstgericht bestellte mit dem angefochtenen Beschluss für die Pflegebefohlene die Revisionsrekurswerberin zur Kollisionskuratorin. Diese ist Rechtsanwältin. Rechtlich führte das Erstgericht aus, aus der letzten Rechnungslegung des Sachwalters ergebe sich ein Vermögen der Pflegebefohlenen auf einem Bankkonto und eine Er- und Ablebensversicherung, sodass eine formelle und materielle Interessenkollision wegen der Stellung des Sachwalters als Ehemann und der demnach zu beachtenden gesetzlichen Erbansprüche nicht ausgeschlossen werden könne.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kollisionskuratorin keine Folge. Unbestritten erfülle die vorliegende Patientenverfügung der Betroffenen mangels eigenhändiger Unterfertigung nicht die formellen Voraussetzungen für eine verbindliche Patientenverfügung. Ob und inwieweit die Voraussetzungen einer „beachtlichen“ oder einer „qualifiziert beachtlichen“ Verfügung (§§ 8, 9 PatVG) verwirklicht würden, müsse dem weiteren Verfahren vorbehalten bleiben. Die künstliche Ernährung, die unter Einsatz spezifisch medizinischer Methoden wie zB einer PEG‑Sonde erfolge, unterliege aus rechtlicher Perspektive den Regeln der medizinischen Heilbehandlung. Für die (Nicht‑)Einleitung einer medizinischen Behandlung seien im Ergebnis die selben Kriterien maßgeblich wie für deren Abbruch. Das Beenden der Maßnahme sei daher dem Nichteinleiten, also der Nichtbehandlung rechtlich gleichzuhalten. Werde vom Gericht ein nach seinem Wirkungskreis für medizinische Behandlungen zuständiger Sachwalter bestellt, dann komme diesem im Rahmen seiner Personensorge die Zustimmungsbefugnis in Bezug auf die medizinische Behandlung der betroffenen Person zu, wenn und solange diese selbst einwilligungsunfähig sei (§ 283 Abs 1 ABGB). Medizinische Behandlungen der Betroffenen würden in den Wirkungskreis des bestellten Sachwalters fallen. Eine Interessenkollision liege vor. Die Interpretationsschwierigkeiten hinsichtlich der Gesetzesbestimmungen könnten keinen Ablehnungsgrund im Sinn der auch für die Bestellung eines Kollisionskurators geltenden Bestimmung des § 274 ABGB begründen. Gerade weil auch juristische Fragen zu klären seien, sei die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Kollisionskurator angezeigt. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage der Bestellung eines Kollisionskurators in Ansehung des Wirkungskreises, die Einstellung der künstlichen Ernährung einer betroffenen Person zu veranlassen, zulässig.
Der Revisionsrekurs der Kollisionskuratorin, mit dem sie beantragt, die Beschlüsse der Vorinstanzen „ersatzlos aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufzutragen“, ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Der Sachwalter beantragt die pflegschaftsbehördliche Genehmigung, den Abbruch der künstlichen Ernährung seiner pflegebefohlenen Ehefrau zu veranlassen. Vorauszuschicken ist, dass zwar die Rechtmäßigkeit der Bestellung eines Kollisionskurators zu prüfen ist, dass diese Prüfung jedoch auch die Beurteilung des zu Grunde liegenden Antrags bedingt. Nur im Fall des Bestehens eines Genehmigungsvorbehalts des Pflegschaftsgerichts für den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen kommt auch die Bestellung eines Kollisionskurators zur entsprechenden Antragstellung oder kuratelrechtlichen Genehmigung des Antrags in Frage.
2. Der Antragstellung liegt die von der Pflegebefohlenen zwar eigenhändig geschriebene, jedoch nicht unterschriebene Patientenverfügung vom 17. 1. 2007 sowie die vor Inkrafttreten des PatVG (1. 6. 2006) errichtete Patientenverfügung vom 10. 2. 2004, die gemäß § 18 PatVG als beachtlich zu qualifizieren ist, zugrunde.
2.1. Dem Verständnis der zu erörternden Bestimmungen ist voranzustellen, dass die Patientenverfügung Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts ist, nicht gegen den eigenen Willen behandelt zu werden. Soweit aus grundrechtlicher Sicht die Frage aufgeworfen wird, ob und inwieweit sich aus dem verfassungsrechtlich verbürgten Schutz des Lebens gemäß Art 2 EMRK ein gesetzlicher Auftrag ergibt, der Beendigung einer lebensnotwendigen medizinischen Behandlung Schranken zu setzen, ist das Spannungsfeld zu dem in Art 8 EMRK garantierten Selbstbestimmungsrecht nicht zu verkennen, das auch die Entscheidungsfreiheit des Betroffenen über den eigenen Körper (Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 [2012], 230) umfasst. Zur Bewältigung dieses Spannungsverhältnisses ist den Staaten wegen der Vielfalt divergierender europäischer Lösungsansätze ein beträchtlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt (Kopetzki, Abbruch der künstlichen Ernährung beim Wachkomapatienten [mit ausführlicher Erörterung der verfassungsrechtlichen Aspekte des Behandlungsabbruchs], in Kröll/Schaupp, Eluana Englaro ‑ Wachkoma und Behandlungsabbruch [2010], 61, 80), aufgrund dessen auch das Recht, selbst eine lebensnotwendige medizinische Behandlung aktuell oder in Gestalt einer antizipierten Patientenverfügung abzulehnen, als verfassungsrechtlich zulässig erachtet wird (Kopetzki aaO 79 unter Hinweis darauf, dass Art 2 EMRK als Schutzgut das individuelle „Recht auf Leben“, jedoch keinen „Zwang zum Leben“ zum Gegenstand hat, sodass sich das Recht auf Leben nicht gegen den Willen des „lebensunwilligen“ Patienten in Anschlag bringen lasse; idS auch Lagodny, IntKommEMRK, Art 2 Rz 55; Decker, Der Abbruch intensivmedizinischer Maßnahmen in den Ländern Österreich und Deutschland [2012], 46 mwN).
Die Respektierung des Selbstbestimmungsrechts wird durch den Tatbestand der eigenmächtigen Heilbehandlung (§ 110 StGB) auch strafrechtlich geschützt, jedoch die Beihilfe zum Selbstmord unter Strafe gestellt (§ 78 StGB).
2.2. Gemäß § 2 Abs 1 PatVG ist eine Patientenverfügung eine Willenserklärung, mit der ein Patient eine medizinische Behandlung ablehnt und die dann wirksam werden soll, wenn er im Zeitpunkt der Behandlung nicht einsichts-, urteils- oder äußerungsfähig ist.
Da der Begriff der medizinischen „Behandlung“ von Gesetzes wegen nicht definiert wurde, ist fraglich, ob die Ablehnung medizinischer Behandlung auch die künstliche Ernährung erfassen kann, wenn sie nicht kurativ, sondern palliativ eingesetzt wird, mit ihr also kein Heilerfolg angestrebt, sondern eine Pflegemaßnahme zur bloßen Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen gesetzt wird. Gerade bei einer so sensiblen und in höchstem Maß grundrechtsrelevanten Norm wie dem PatVG ist ungewiss, ob der Gesetzgeber nicht bewusst, den engeren Begriff der „medizinischen Behandlung“ gewählt hat und damit medizinische (Pflege‑)Maßnahmen ausschließen wollte. Im Alltag wird die Grenze zwischen kurativer und palliativer Behandlung freilich fließend sein.
Nach der Regierungsvorlage zum PatVG, RV 1299 BlgNR 22. GP, 5, sollten Maßnahmen im Bereich der Pflege nicht dem Anwendungsbereich des PatVG unterliegen, da „der Patient nicht vorweg seine Grundversorgung mit Nahrung und Flüssigkeit, die Teil der Pflege (sei), ausschließen könne“. Im Justizausschuss, JAB 1381 BlgNR 22. GP, 2, wurde allerdings dazu ausgeführt, dass unter der Grundversorgung mit Nahrung und Flüssigkeit nur die „händische“ Verabreichung von Nahrung und Flüssigkeit zu verstehen sei, die als Teil der Pflege des Patienten nicht nach dem PatVG abgelehnt werden könne. Das Legen von Magensonden sowie die Durchführung von Sondenernährung bei liegender Magensonde seien demgegenüber ärztliche Tätigkeiten, deren Vornahme durch Angehörige der im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) geregelten Berufe einer ärztlichen Anordnung bedürfe. Insoweit falle Sondenernährung nicht unter den Begriff der Pflege und könne als Maßnahme der medizinischen Behandlung vom Patienten mittels Patientenverfügung abgelehnt werden. Die im JAB angesprochenen Regelungen des § 15 Abs 1 und Abs 5 Z 7 und des § 84 Abs 4 Z 4 GuKG bestimmen, dass das Legen von Magensonden (§ 15 Abs 1 und Abs 5 Z 7 GuKG) wie auch die Durchführung von Sondenernährung (§ 84 Abs 4 Z 4 GuKG) in den mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich der Pflegeberufe gehören und grundsätzlich an eine ärztliche Anordnung gebunden sind.
Soweit ersichtlich, wird im Schrifttum nahezu einhellig die Ansicht vertreten, dass die Sondenernährung eine medizinische Behandlung darstellt, deren Ausschluss Gegenstand einer Patientenverfügung sein kann (Kopetzki in Kröll/Schaupp aaO 61 ff, 62; ders, Einleitung und Abbruch der medizinischen Behandlung beim einwilligungsunfähigen Patienten, iFamZ 2007, 197; Memmer, Das Patientenverfügungs-Gesetz 2006, RdM 2006/116; Kathrein, Das Patientenverfügungs-Gesetz, ÖJZ 2006, 555, 561; noch weitergehend Bernat, Planungssicherheit am Lebensende? EF‑Z 2006, 74 ff, 75; ders in Schwimann/Kodek ABGB4 § 3 PatVG Rz 6; König in Barth/Ganner, Handbuch des Sachwalterrechts2 [2010] 381).
2.3. Gemäß § 1 Abs 2 PatVG kann eine Patientenverfügung verbindlich oder für die Ermittlung des Patientenwillens beachtlich sein.
Die verbindliche Patientenverfügung hat den erhöhten Anforderungen der §§ 4 bis 7 PatVG zu entsprechen: Es müssen die medizinischen Behandlungen, die Gegenstand der Ablehnung sind, konkret beschrieben sein oder eindeutig aus dem Gesamtzusammenhang der Verfügung hervorgehen. Zudem muss hervorgehen, dass der Patient die Folgen der Patientenverfügung zutreffend einschätzt (§ 4 PatVG). Der Errichtung muss eine umfassende ärztliche Aufklärung vorangehen, wobei der Arzt die Vornahme der Aufklärung und das Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Patienten zu dokumentieren und darzulegen hat, dass und aus welchen Gründen der Patient die Folgen der Patientenverfügung zutreffend einschätzt (§ 5 PatVG). Die Patientenverfügung muss schriftlich vor einem Rechtsanwalt, Notar oder rechtskundigen Patientenvertreter errichtet werden, der den Patienten über die Folgen seiner Erklärung sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs zu belehren hat (§ 6 PatVG). Schließlich ist die Wirksamkeitsdauer der Patientenverfügung ‑ dem laufenden medizinischen Fortschritt Rechnung tragend ‑ zeitlich mit einer Frist von fünf Jahren begrenzt (§ 7 PatVG).
Die erhöhten und formalisierten Errichtungsbestimmungen rechtfertigen es, dass eine verbindliche Patientenverfügung Arzt, Pflegepersonal und Angehörige als deren Adressaten im Rahmen des Behandlungsvertrags als vorweg vorgenommene Festlegung unmittelbar bindet (RV 1299 BlgNR 22. GP, 6). Dementsprechend schließt § 268 Abs 2 Satz 2 ABGB idF des SWRÄG 2006 eine Sachwalterbestellung aus, soweit durch eine verbindliche Patientenverfügung für die Besorgung der Angelegenheiten der behinderten Person im erforderlichen Ausmaß vorgesorgt ist (Subsidiaritätsprinzip im Sachwalterrecht). Eine verbindliche Patientenverfügung bindet den Arzt daher in gleicher Weise wie eine aktuelle Behandlungsentscheidung des Patienten (Barth, Die Patientenverfügung und ihre praktischen Folgen für den behandelnden Arzt, FamZ 2006, 72, 73). Da insoweit die Willensbildung verbindlich erfolgt ist, bedarf es auch keines Sachwalters. Im Übrigen sind im Rahmen des Behandlungsvertrags und gegebenenfalls durch den Sachwalter alle Maßnahmen zu treffen, um der Menschenwürde des Patienten gerecht zu werden (vgl dazu ausführlich Kneihs, Das Recht auf einen würdigen Tod, in ÖJK Selbstbestimmung und Abhängigkeit, 181 ff).
2.4. Ebenso wie die frühere Patientenverfügung vom 10. 2. 2004 ist auch die verfahrensgegenständliche Patientenverfügung vom 17. 1. 2007 lediglich als beachtliche Patientenverfügung iSd § 8 PatVG zu behandeln, weil es für die Qualifikation als verbindliche Patientenverfügung an der Vollständigkeit bzw der Unterschrift der Pflegebefohlenen mangelt und sie daher nicht das Kriterium der Schriftlichkeit iSd § 6 Abs 1 PatVG iVm § 886 ABGB erfüllt. § 8 PatVG hält diesbezüglich fest, dass eine Patientenverfügung, die nicht alle Voraussetzungen der §§ 4 bis 7 PatVG erfüllt, dennoch für die Ermittlung des Willens des Patienten beachtlich ist. Ob der Patient bewusst eine beachtliche Patientenverfügung erklärt hat oder ihm, dem aufklärenden Arzt oder dem beteiligten Juristen ein Fehler bei Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung unterlaufen ist, ist dabei nicht von Bedeutung (Pesendorfer in Barth/Ganner aaO 413).
2.5. Nach § 9 PatVG soll eine beachtliche Patientenverfügung bei der Ermittlung des Patientenwillens umso mehr zu beachten sein, je eher sie die Voraussetzungen einer verbindlichen Patientenverfügung erfüllt, wofür die Bestimmung im Sinne eines beweglichen Systems verschiedene Faktoren anführt (Einschätzung der Krankheitssituation des Patienten im Errichtungszeitpunkt, Ausmaß der ärztlichen Aufklärung vor Errichtung der Patientenverfügung, Ausmaß der Abweichung von den Formvorschriften einer verbindlichen Patientenverfügung; Häufigkeit der Erneuerung der Patientenverfügung ua). § 9 PatVG misst beachtlichen Patientenverfügungen sohin unterschiedliche Bindungsqualitäten bei.
In der Literatur wird daraus zum Teil abgeleitet, dass eine Sachwalterbestellung dann entbehrlich ist, wenn die beachtliche Patientenverfügung einer verbindlichen Verfügung so nahe kommt, dass hinsichtlich des Willens des Patienten jene erforderliche Gewissheit gegeben ist, die eine Sachwalterbestellung entbehrlich macht (sog „qualifiziert beachtliche“ Patientenverfügung). Sie wäre daher unmittelbar vom Arzt zu befolgen (Pesendorfer in Barth/Ganner aaO 418 ua).
Diese Ansicht wird von Koller, „Gibt es eine qualifiziert beachtliche, unmittelbar bindende Patientenverfügung?“, iFamZ 2012, 24, als im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben stehend kritisiert. Die Beurteilung, ob eine Patientenverfügung noch unmittelbar wirksam sei, wäre damit in das Ermessen der Ärzte gestellt, die damit ein erhebliches Haftungspotenzial aufgelastet bekämen.
Ähnlich bringt Bernat, EF-Z 2006, 74, 76, vor, dass die Auslegung einer Patientenverfügung eine genuin juristische Aufgabe sei, die nicht an den Arzt delegiert werden dürfe, sodass bereits der Vollzug einer verbindlichen Patientenverfügung nicht der ärztlichen Eigenverantwortung überlassen werden sollte.
Gegen die unmittelbare Verbindlichkeit von qualifiziert beachtlichen Patientenverfügungen postulierenden Lehrmeinungen können der Wortlaut des Gesetzes und dessen Systematik ins Treffen geführt werden. Letztlich muss hiezu jedoch nicht abschließend Stellung genommen werden, weil gerade das Fehlen der Unterschrift in einer Patientenverfügung Zweifel daran aufkommen lässt, ob der Verfügende seinen Willen tatsächlich abschließend gebildet hat, sodass nicht von Gewissheit gesprochen werden kann.
Bei Vorliegen einer beachtlichen Patientenverfügung gelangt § 268 Abs 2 Satz 2 ABGB, der die Bestellung eines Sachwalters ausschließt, nicht zur Anwendung. Es stellt sich daher die Frage, welcher Aufgabenkreis dann dem Sachwalter allenfalls mit Genehmigung des Gerichts zukommt.
3. Voranzustellen ist, dass es die Obsorgeverpflichtung des Sachwalters (§ 275 Abs 1 ABGB) jedenfalls gebietet, den medizinischen Status des Patienten mit einem Arzt abzuklären.
Der medizinische Behandlungsvertrag weist dem Arzt die Verantwortung zu, die Erforderlichkeit und die Konsequenzen einer medizinischen Behandlung zu beurteilen und lässt in Fällen der Lebensgefahr auch eine eigenmächtige Behandlung durch den Arzt zu, wenn die Zustimmung zu dieser Behandlung durch den Patienten oder seinen gesetzlichen Vertreter nicht rechtzeitig eingeholt werden kann.
Gemäß § 8 Abs 3 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG) ist für die Behandlung an einem Pflegling die Einwilligung oder Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich, wenn die Behandlung so dringend notwendig ist, dass der mit der Einholung der Einwilligung des Pfleglings oder der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters oder mit der Bestellung eines gesetzlichen Vertreters verbundene Aufschub das Leben gefährden würde oder mit der Gefahr einer schweren Schädigung der Gesundheit verbunden wäre. Über die Notwendigkeit oder Dringlichkeit einer Behandlung entscheidet in diesem Fall der ärztliche Leiter der Krankenanstalt oder der für die Leitung der betreffenden Anstaltsabteilung verantwortliche Arzt. § 49 Abs 1 erster Satz ÄrzteG ordnet an, dass der Arzt verpflichtet ist, jeden übernommenen Patienten gewissenhaft zu betreuen. § 110 Abs 2 StGB bestimmt, dass die Heilbehandlung ohne Einholung der Einwilligung des Behandelten dann nicht unter Strafe gestellt wird, wenn der Täter diese in der Annahme nicht eingeholt hat, dass durch den Aufschub der Behandlung das Leben oder die Gesundheit des Behandelten ernstlich gefährdet wäre. Nach § 12 PatVG lässt dieses Bundesgesetz die medizinische Notfallversorgung unberührt, sofern der mit der Suche nach einer Patientenverfügung verbundene Zeitaufwand das Leben oder die Gesundheit des Patienten ernstlich gefährdet.
3.1. Es ist zu prüfen, ob die Entscheidung auf Abbruch der lebenserhaltenden medizinischen Maßnahmen durch eine von einer staatlichen Behörde bestimmte ‑ allenfalls wie hier die Kollisionskuratorin zur Patientin völlig fremde ‑ Person unter Berücksichtigung des vermuteten Willens der Patientin mit den Kautelen eines gerichtlichen Verfahrens erfolgen kann.
Beim Abbruch einer lebenserhaltenden medizinischen Maßnahme handelt es sich um den stärkstmöglichen Eingriff in das Grundrecht auf Leben überhaupt. Aus Gründen des Rechtsschutzes ist gerade bei eingriffsnahen Gesetzen dem aus Art 18 B-VG abzuleitenden Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit gesetzlicher Tatbestände besondere Beachtung zu schenken (vgl VfSlg 15.468 mwN). In diesem Sinn ist es Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, dass bei eingriffsnahen Gesetzen die Eingriffstatbestände ‑ anders als bei weniger eingriffsnahen Gesetzen ‑ besonders deutlich umschrieben sein müssen (VfSlg 10.737, 11.455). Diese Anforderung hat auch das Verständnis jener Regelungen zu bestimmen, aus denen die staatliche Mitwirkung an einer auf die Lebensbeendigung eines Menschen gerichteten Maßnahme abgeleitet werden soll.
Als solche Regelungen kommen vor allem § 275 Abs 2 ABGB und § 283 Abs 2 ABGB in Betracht.
3.2. Gemäß § 275 Abs 2 ABGB hat der Sachwalter in wichtigen, die Person des Pflegebefohlenen betreffenden Angelegenheiten die Genehmigung des Gerichts einzuholen. Ohne Genehmigung getroffene Maßnahmen oder Vertretungshandlungen sind unzulässig und unwirksam, sofern nicht Gefahr im Verzug vorliegt.
Eine Angelegenheit gilt als „wichtig“, wenn sie das materielle oder ideelle Wohl des Pflegebefohlenen in überdurchschnittlichem Ausmaß betrifft, wenn also ihre unterlassene oder fehlerhafte Besorgung das Wohl des Pflegebefohlenen auf Dauer ernstlich gefährden könnte (vgl Weitzenböck in Schwimann/Kodek ABGB4 § 275 Rz 4 iVm § 216 Rz 2). Dass dies auf die Einstellung einer künstlichen Ernährung zutrifft, ist unzweifelhaft.
3.3. Der Gesetzgeber hat allerdings für die in der Personensorge besonders sensiblen Fragen der Einwilligung zu einer medizinischen Behandlung, der Sterilisation und Forschung sowie der Wohnortbestimmung in den §§ 283, 284 und 284a ABGB Sondernormen vorgesehen, die als die spezielleren Bestimmungen einen Rückgriff auf § 275 ABGB ausschließen (s nur Barth/Dokalik in Barth/Ganner aaO 201).
Für den vorliegenden Fall von Bedeutung ist insbesondere die in § 283 ABGB bestehende Genehmigungsbefugnis des Gerichts für medizinische Behandlungen. Die Bestimmung lautet:
§ 283. (1) In eine medizinische Behandlung kann eine behinderte Person, soweit sie einsichts- und urteilsfähig ist, nur selbst einwilligen. Sonst ist die Zustimmung des Sachwalters erforderlich, dessen Wirkungsbereich die Besorgung dieser Angelegenheit umfasst.
(2) Einer medizinischen Behandlung, die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist, kann der Sachwalter nur zustimmen, wenn ein vom behandelnden Arzt unabhängiger Arzt in einem ärztlichen Zeugnis bestätigt, dass die behinderte Person nicht über die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit verfügt und die Vornahme der Behandlung zur Wahrung ihres Wohles erforderlich ist. Wenn ein solches Zeugnis nicht vorliegt oder die behinderte Person zu erkennen gibt, dass sie die Behandlung ablehnt, bedarf die Zustimmung der Genehmigung des Gerichts. Erteilt der Sachwalter die Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung nicht und wird dadurch das Wohl der behinderten Person gefährdet, so kann das Gericht die Zustimmung des Sachwalters ersetzen oder die Sachwalterschaft einer anderen Person übertragen.
(3) Die Einwilligung der einsichts- und urteilsfähigen behinderten Person, die Zustimmung des Sachwalters und die Entscheidung des Gerichts sind nicht erforderlich, wenn die Behandlung so dringend notwendig ist, dass der mit der Einholung der Einwilligung, der Zustimmung oder der gerichtlichen Entscheidung verbundene Aufschub das Leben der behinderten Person gefährden würde oder mit der Gefahr einer schweren Schädigung der Gesundheit verbunden wäre.
3.4. Die Literatur ist zur Frage der gerichtlichen Genehmigung der Entscheidung eines Sachwalters zum Behandlungsabbruch geteilter Ansicht:
Kopetzki (iFamZ 2007, 197, 203; ders, Das Patientenverfügungsgesetz im System der Rechtsordnung, in Körtner/Kopetzki/Kletečka-Pulker, Das österreichische Patientenverfügungsgesetz [2007] 127 ff, 136), meint, dass bei historischer und teleologischer Auslegung die besseren Gründe für den Fortbestand einer gerichtlichen Genehmigungskompetenz auch für Entscheidungen über Behandlungsabbrüche sprechen, zumal die auf diesem Gebiet unverzichtbare Rechtssicherheit nur durch eine rechtskraftfähige Entscheidung erzielbar sei. Der Sinn einer durch die gerichtliche Genehmigung vermittelten Prozeduralisierung liege gerade darin, diese Thematik zum Gegenstand eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens zu machen. Ein sachwalterschaftsgerichtlicher Genehmigungsvorbehalt beim Behandlungsabbruch sei nicht nur ein einfachgesetzliches, sondern ein grundrechtliches Desiderat (ders in Kröll/Schaupp, aaO 81). Er will daher „notfalls durch Analogie“ die „scheinbar begrenzte Genehmigungskompetenz“ auch auf Entscheidungen über Behandlungsabbrüche erstrecken. Gleichzeitig räumt er ein: „Welche materiellrechtlichen Kriterien das Gericht in einem solchen Fall anzuwenden hat (bzw ob ein ‑ wenn auch durch eine Patientenverfügung determinierter ‑ 'tödlicher' Behandlungsabbruch überhaupt einer Genehmigung zugänglich ist), steht auf einem anderen Blatt“ (ders in Körtner/Kopetzki/Kletečka-Pulker aaO 127, 136 FN 38).
Bernat in Schwimann/Kodek aaO §§ 9, 10 PatVG Rz 3 vertritt, dass die Zustimmung des Sachwalters zu einem tödlich endenden Behandlungsabbruch „in Anknüpfung an § 275 Abs 2, § 283 Abs 2 Satz 2, § 284 Satz 3 ABGB“ der Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht bedarf.
In der seit dem SWRÄG 2006 erschienenen Literatur ist auch Kletečka, Zak 2008, 333, dieser Ansicht gefolgt, während etwa Kneihs, „Pflegschaftsgerichtliche Genehmigung des lebensbeendenden Behandlungsabbruchs?“ RdM 1999, 30 f, bereits vor Inkrafttreten des SWRÄG 2006 eine Befassung des Gerichts abgelehnt hat.
Pesendorfer in Barth/Ganner, 442, FN 2116, hält die Anwendung eines Verfahrens nach § 131 AußStrG oder § 283 Abs 2 ABGB de lege ferenda für überlegenswert.
Schütz, iFamZ 2009, 32, 34, begegnet Erwartungen, durch eine Prozeduralisierung der Entscheidungsabläufe am Lebensende ein Mehr an Rechtssicherheit zu erreichen, mit großer Skepsis.
Barth/Dokalik in Barth/Ganner aaO 201 sprechen sich dezidiert gegen eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Verweigerung der Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung aus, weil für sie weder eine gesetzliche Grundlage noch eine Notwendigkeit bestehe.
Zuletzt hat Decker, aaO 212 ff, sowohl im Interesse des Betroffenen als auch in dem des behandelnden Arztes eine gerichtliche Kontrolle gefordert und dafür eine analoge Anwendung des § 283 Abs 2 ABGB vorgeschlagen, die sie im Ergebnis mit vergleichbaren Interessenlagen begründet.
3.5. Bedarf die Zustimmung zu einem schwerwiegenden medizinischen Eingriff unter gewissen Voraussetzungen der gerichtlichen Kontrolle, so ist die Forderung, dass dies umso mehr für den todbringenden Abbruch einer medizinischen Behandlung gelten müsste, verständlich. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass eine auf einer Fehlbeurteilung des Patientenwillens beruhende Veranlassung eines Behandlungsabbruchs auch von strafrechtlicher Relevanz sein kann (zu dieser 6 Ob 286/07p [Erbunwürdigkeit infolge versuchter passiver Sterbehilfe]; weiters Birklbauer, Strafrechtliche Aspekte des Behandlungsabbruchs beim Wachkomapatienten in Kröll/Schaupp aaO 105 ff; Burgstaller, Sterbehilfe und Strafrecht in Österreich, JAP 2009/2010, 202; Moos in Wiener Kommentar2 Vorbem zu §§ 75-79 Rz 39 ff mwN; Decker aaO 51 ff ua). Dennoch vermag sich der erkennende Senat jenen Auffassungen nicht anzuschließen, die meinen, dass eine Sachwalterentscheidung samt gerichtlichem Genehmigungsvorbehalt bereits de lege lata auf den tödlichen Abbruch einer medizinischen Behandlung zu beziehen sei.
3.6. Für ein derartiges Gesetzesverständnis käme methodisch eine Gesetzesanalogie zu § 283 Abs 2 ABGB oder eine Rechtsanalogie zu den § 275 Abs 2, § 283 Abs 2 Satz 2 oder § 284 Satz 3 ABGB in Betracht.
Eine Gesetzesanalogie erfordert eine planwidrige Regelungslücke und die Vergleichbarkeit der geregelten mit der ungeregelten Interessenlage. Weder die eine noch die andere Voraussetzung kann bejaht werden:
Die Ablehnung einer schwerwiegenden medizinischen Behandlung war auch vor Inkraftreten des SWRÄG 2006 nicht Gegenstand einer expliziten gesetzlichen Normierung. § 216 Abs 2 iVm § 282 ABGB aF enthielt einen allgemein formulierten Genehmigungsvorbehalt für wichtige, die Person des Betroffenen betreffende Angelegenheiten, der in der Literatur zT auch auf die Ablehnung einer lebensverlängernden Behandlung durch den Sachwalter bezogen wurde (Bernat, Behandlungsabbruch nach vormundschaftlicher Genehmigung, RdM 1998, 188 f mwN; s auch Kopetzki in Kröll/Schaupp aaO 73). Dennoch hat der Gesetzgeber des SWRÄG 2006 nur die Zustimmung zu einer schwerwiegenden medizinischen Behandlung, nicht aber auch deren Ablehnung oder Abbruch in § 283 Abs 2 Satz 2 ABGB einer gerichtlichen Kontrolle unterworfen. Bedenkt man, dass im Rahmen der Beratungen zum Patientenverfügungs-Gesetz die gerichtliche Kontrolle von Patientenverfügungen ‑ deren Gegenstand gerade der Verzicht auf medizinische Behandlungen ist ‑ thematisiert wurde und noch Eingang in einen (unveröffentlichten) Ministerialentwurf gefunden hatte (s Kopetzki in Körtner/Kopetzki/Kletečka-Pulker aaO 127, 134), dass das Patientenverfügungs-Gesetz und das Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 in unmittelbarer zeitlicher Nähe beschlossen wurden (Beschluss des PatVG im NR am 29. 3. 2006; Beschluss des SWRÄG 2006 im NR am 24. 5. 2006) und dass das SWRÄG 2006 in seinen Erläuterungen explizit auf die Bedeutung von Patientenverfügungen Bezug nimmt, so kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber die Frage der Zulassung der Sachwalterentscheidung und deren gerichtlicher Kontrolle bei tödlichen Behandlungsabbrüchen übersehen hätte. Ebenso ist es nämlich möglich, dass er sich zur Frage, ob und wann die Einstellung lebensverlängernder medizinischer Maßnahmen der staatlichen Beiziehung und Kontrolle unterworfen sein soll, aufgrund ihrer juristisch‑ethischen, aber auch klinisch-praktischen Sensibilität und ihrer möglichen Folgen (Rechtswidrigkeit eines nicht genehmigten Behandlungsabbruchs; Kriminalisierung des Sachwalters/der Ärzte) bewusst nicht äußern wollte.
3.7. Für das Fehlen einer Lücke spricht ein weiterer Aspekt: Mit dem SWRÄG 2006 wurde zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts psychisch kranker oder geistig behinderter Menschen in den §§ 284f ‑ 284h ABGB das Institut der Vorsorgevollmacht geschaffen. Die Vorsorgevollmacht steht hinsichtlich der in ihr bezeichneten Angelegenheiten der Bestellung eines Sachwalters entgegen (§ 268 Abs 2 S 2 ABGB; s dazu Hopf in KBB3 § 284f Rz 1). Soll sich die Vorsorgevollmacht auf die Einwilligung in medizinische Behandlungen, die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden sind (§ 283 Abs 2 ABGB), beziehen, bestehen nach § 284f Abs 3 ABGB qualifizierte Errichtungserfordernisse (Mitwirkung eines Rechtsanwalts, Notars oder Gerichts). Ausweislich der Erläuterungen zum SWRÄG 2006, RV 1420 BlgNR 22. GP, 30, kann die Vorsorgevollmacht mit einer Patientenverfügung verbunden werden, wobei explizit die Bedeutung einer beachtlichen Patientenverfügung als Orientierungshilfe für den Bevollmächtigten bei der Ermittlung des Willens des Patienten angesprochen wird. Den Bestimmungen zur Vorsorgevollmacht ist nicht zu entnehmen, dass Maßnahmen eines Vorsorgebevollmächtigten, die bei einem Sachwalter der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedürften, ebenso einem pflegschaftsbehördlichen Genehmigungsvorbehalt unterliegen, obwohl für beide Funktionen faktisch häufig ein ähnlicher Personenkreis in Frage kommt. Vielmehr unterliegt der Bevollmächtigte grundsätzlich keiner gerichtlichen Kontrolle (vgl Weitzenböck aaO § 284g Rz 1 ABGB). Auch dies spricht tendenziell dagegen, dass der Gesetzgeber den Abbruch einer lebenserhaltenden medizinischen Maßnahme der Sachwalterentscheidung und deren gerichtlicher Genehmigung vorbehalten wollte.
3.8. Es sind aber auch die Interessenlagen bei Einleitung und Abbruch einer lebenserhaltenden medizinischen Maßnahme nicht miteinander gleichzusetzen, werden damit doch gerade gegenteilige Ziele ‑ Lebenserhaltung/Lebensbeendigung ‑ verfolgt. Die Ausgestaltung des in § 283 Abs 2 ABGB vorgesehenen Verfahrens zeigt, dass es nur auf ersteres zugeschnitten ist:
§ 283 Abs 2 ABGB nimmt Bezug auf eine medizinische Behandlung, „die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist“. Die Erläuterungen (RV 1420 BlgNR 22. GP, 20) verweisen dazu auf Eingriffe, die gewöhnlich mit der Gefahr einer schweren Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung iSd § 84 StGB verbunden sein können und führen beispielhaft aus: „Es wird sich also in erster Linie um größere operative Eingriffe, Maßnahmen, die lebenswichtige Organe betreffen, Amputationen, risikobehaftete diagnostische Maßnahmen, Chemo- und Strahlentherapien, generell also um Behandlungen handeln, die mit einem großen Risiko oder erheblichen Nebenwirkungen (zB hoch dosierte Neuroleptika und Depotbehandlungen) bzw erheblichen Schmerzen verbunden sind. Auch das Einsetzen einer 'PEG-Sonde' ist in der Regel eine solche schwerwiegende medizinische Behandlung, da sie häufig zu einer Fixierung des (hochbetagten) Patienten führt. Eine schwere oder nachhaltige Beeinträchtigung der Persönlichkeit ist wohl etwa dann anzunehmen, wenn mit der Einnahme von Psychopharmaka oder auch anderen Medikamenten Hemmungen der geistigen oder intellektuellen Reifung, Abhängigkeitsentwicklungen oder Depressionen verbunden sein können. Über all diese Folgen hat der behandelnde Arzt den Sachwalter jedenfalls aufzuklären (s Engljähringer, Ärztliche Aufklärungspflicht [1996], 139 und 153).“
Dem Gesetzgeber stand damit eindeutig ein Verfahren für die Durchführung gravierender medizinischer Maßnahmen an nicht einsichts- und urteilsfähigen Personen vor Augen. Eben weil es dabei um die Beurteilung medizinischer Fragen und Folgen geht, ist als gesetzliches Regelmodell vorgesehen, dass der Sachwalter für die Zustimmung zu einer solchen Behandlung eine zweite ärztliche Meinung benötigt. Dass die Hinzuziehung von zwei Ärzten in den Willensbildungsprozess für die Zustimmung des Sachwalters zu einem medizinischen Eingriff vom Gesetz als ausreichend erachtet wird, ist damit erklärlich, dass bei einem solchen Eingriff primär die ärztliche Prüfung und Aufklärung im Vordergrund steht, für die aus medizinischer Sicht die entscheidungswesentlichen Fakten zu liefern sind (idS auch Weitzenböck aaO § 283 Rz 5). Bei Vorliegen einer zweiten ärztlichen Meinung ist für eine gerichtliche Genehmigung der Zustimmung kein Raum. Ziel des § 283 Abs 2 ABGB ist also stets das Wohl der nicht einsichts- und urteilsfähigen Personen im Sinne einer Sicherung des Lebens vor medizinischen Risken.
3.9. Die Einbeziehung des Behandlungsabbruchs in den Anwendungsbereich des § 283 Abs 2 ABGB scheitert auch an der Struktur dieser Bestimmung: Die analoge Anwendung hieße, dass jene Regeln, die für die Zustimmung des Sachwalters zu einer schwerwiegenden medizinischen Behandlung vorgesehen sind, auch für den Behandlungsabbruch zu gelten hätten. Dies würde konkret bedeuten, dass primär keine gerichtliche Genehmigung zum Behandlungsabbruch einzuholen ist, wenn ein zweiter Arzt die fehlende Einsichts- und Urteilsfähigkeit der betroffenen Person sowie den Umstand bestätigt, dass der Behandlungsabbruch „zur Wahrung ihres Wohles“ erforderlich ist. Selbst wenn man die „Wahrung des Wohles“ der betroffenen Person hier in der Respektierung ihres Willens sehen wollte, so zeigt sich die Unrichtigkeit einer solchen Sichtweise schon daran, dass die Beurteilung des Patientenwillens und -wohles im Falle eines Behandlungsabbruchs dem zweiten Arzt zugewiesen wäre. Das widerspricht aber der Intention des Patientenverfügungs-Gesetzes, das die Ablehnung einer medizinischen Behandlung nur bei verbindlichen, nicht aber bei beachtlichen Patientenverfügungen allein in die ärztliche Beurteilungskompetenz stellt.
Die Genehmigungskompetenz des Gerichts für den Fall, dass „die behinderte Person zu erkennen gibt, dass sie die Behandlung ablehnt“, entspricht wertungsmäßig nicht dem Fall eines von der betroffenen Person in einer Patientenverfügung zum Ausdruck gebrachten Willens zu einem Behandlungsabbruch, ist hier doch von Gesetzes wegen der Fall angesprochen, dass eine medizinische Behandlung gegen den Willen der Betroffenen durchgesetzt werden soll. Rechtfertigt aber erst dieser Aspekt die gerichtliche Genehmigung, so trägt er dann, wenn eine Maßnahme von der betroffenen Person nicht abgelehnt oder sogar gewollt wird, nicht.
Eine analoge Anwendung im dargestellten Sinn des § 283 Abs 2 Satz 3 ABGB, wonach die fehlende Zustimmung des Sachwalters zu medizinischer Behandlung bei Gefährdung des Wohls der betroffenen Person durch die Zustimmung des Gerichts ersetzt werden kann, muss am Gesetzeszweck scheitern. Eine Analogie würde hier bedeuten, dass das Gericht, sofern es die Sachwalterschaft nicht einer anderen Person überträgt, hier ohne oder auch gegen den Willen des Sachwalters die Zustimmung zum Behandlungsabbruch selbst zu erteilen hätte. Derartiges bedürfte im Lichte des oben dargestellten Determinierungsgebots aber eines klaren gesetzlichen Auftrags, würde doch dadurch der in der Lebenserhaltung liegende Sinn dieser Bestimmung geradezu in sein Gegenteil verkehrt. Auch wenn man die künstliche Ernährung des stabilen Koma-Patienten bei liegender PEG-Sonde als medizinische Behandlung sieht, zu deren Weiterführung der Sachwalter seine Zustimmung ‑ mangels Ersetzung derselben mit Billigung des Gerichts ‑ verweigert, kann ohne eindeutigen gesetzlichen Auftrag nach dem gesamten bisherigen in Gesetz und Rechtsprechung herausgebildeten Verständnis die Fortsetzung lebenserhaltender Maßnahmen nicht als Gefährdung des Patientenwohls gesehen werden.
Die in der Literatur angenommene Vergleichbarkeit der Interessenlagen bei Einleitung und Abbruch einer schwerwiegenden medizinischen Behandlung kann daher bei Vorliegen einer beachtlichen Patientenverfügung, nicht bejaht werden.
3.10. Insgesamt hat der Umstand, dass
- eingriffsnahe Gesetze aus prinzipiellen Gründen des Rechtsschutzes strengen Anforderungen an die gesetzliche Determinierung unterliegen,
- dem Gesetz keine planwidrige Lücke zu entnehmen ist,
- die Beurteilung der Interessenlagen bei Einleitung und Abbruch einer schwerwiegenden medizinischen Behandlung verschiedenen Wertungen folgt und
- § 283 Abs 2 ABGB nach seiner Konzeption nur auf erstere zugeschnitten ist,
zur Folge, dass § 283 Abs 2 ABGB nicht im Wege der Analogie auf den Abbruch einer lebensbeendenden medizinischen Maßnahme angewandt werden kann.
3.11. Das steht auch einer Rechtsanalogie zu den § 275 Abs 2, § 283 Abs 2 Satz 2, § 284 Satz 3 ABGB (Weitzenböck aaO §§ 9, 10 PatVG Rz 3) entgegen.
Wie bereits einleitend ausgeführt, stellt die Regelung des § 283 ABGB die speziellere Norm dar, die für die Beurteilung von medizinischen Maßnahmen konzipiert ist und auf das Zusammenspiel mit der Verantwortung des Arztes Bedacht nimmt. Da die §§ 275 Abs 2 und 284 Satz 3 ABGB die Beschränkungen des Genehmigungsvorbehalts des § 283 Abs 2 ABGB nicht kennen, die gerichtlichen Genehmigungskompetenzen sohin an unterschiedliche gesetzliche Voraussetzungen geknüpft sind, kann daraus kein allgemeiner Grundsatz abgeleitet werden, nach dem die Zulässigkeit einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung des Abbruchs einer lebenserhaltenden Maßnahme zu beurteilen wäre.
Als weiteres Ergebnis ist daher festzuhalten, dass weder das Patientenverfügungs-Gesetz noch das ABGB eine hinreichend determinierte Grundlage für die gerichtliche Genehmigung eines in einer beachtlichen Patientenverfügung und vom Sachwalter gewünschten lebensbeendenden Behandlungsabbruchs vorsehen.
3.12. Einen ähnlichen Befund ergibt ein Vergleich mit § 1904 dBGB in der vor dem Dritten Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts (3. BtRÄG) geltenden Fassung, der nach seinem Wortlaut den gerichtlichen Genehmigungsvorbehalt nur auf die Einwilligung des Betreuers in einen ärztlichen Eingriff, nicht aber auf seine Verweigerung bezog. Der BGH (Beschluss vom 17. 3. 2003, XII ZB 2/03) verneinte zu dieser Bestimmung mit ähnlicher Argumentation ebenfalls, dass sie Grundlage für den Antrag eines Betreuers sein könne, die Einstellung der künstlichen Ernährung des von ihm betreuten (an einem apallischen Syndrom leidenden) Vaters vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen. Die fehlende Möglichkeit einer analogen Heranziehung der §§ 1904 bis 1907 BGB veranlasste den BGH allerdings, „im Wege einer Fortbildung des Betreuungsrechts“ eine vormundschaftsgerichtliche Prüfzuständigkeit zu eröffnen, die er im Wesentlichen mit dem Bedarf nach „rechtlich verantwortbaren Antworten“ begründete und dahin konturierte, dass das Vormundschaftsgericht unter der Voraussetzung, dass der behandelnde Arzt eine lebensverlängernde medizinische Behandlung überhaupt anbiete, deren Ablehnung durch den Betreuer auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen habe. Es treffe damit keine eigene Entscheidung gegen lebensverlängernde oder ‑erhaltende Maßnahmen. Ein solches Zustimmungserfordernis trage dem Schutz des Betroffenen in seinen Grundrechten auf Leben, Selbstbestimmung und Menschenwürde Rechnung, entlaste aber auch den Betreuer, dem die alleinige Last der Entscheidung gegen eine lebensverlängernde oder ‑erhaltende Behandlung nicht zuzumuten sei, und schütze ihn vor dem Risiko einer abweichenden strafrechtlichen ex-post-Beurteilung.
Eine vormundschaftliche Genehmigung wurde vom BGH (Beschluss vom 8. 6. 2005, XII ZR 177/03) daher nicht für erforderlich erachtet, wenn sich der Betreuer und der behandelnde Arzt übereinstimmend gegen eine weitere künstliche Ernährung des Betreuten entschieden haben.
Der deutsche Gesetzgeber hat die Thematik zwischenzeitig einer Regelung zugeführt: Nach § 1904 Abs 2 bis 4 BGB idF des am 1. 9. 2009 in Kraft getretenen 3. BtRÄG bedarf die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in einen schwerwiegenden ärztlichen Eingriff nun der Genehmigung des Betreuungsgerichts (Abs 2); dieses hat die Genehmigung zu erteilen, wenn die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht (Abs 3); eine derartige Genehmigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901a BGB (Patientenverfügung) festgestellten Willen des Betreuten entspricht.
3.13. Der Oberste Gerichtshof kann aufgrund des oben dargestellten Determinierungsgebots für das österreichische Recht keine ausreichende Grundlage zu einer vergleichbaren richterlichen Rechtsfortbildung erkennen. Kopetzki (in Kröll/Schaupp aaO 86, 88) führt vielmehr überzeugend aus, dass bei moralisch und/oder gesellschaftspolitisch strittigen Angelegenheiten ein höheres Maß an gesetzlicher Präzision zu verlangen sei, weil und sofern die Gesetzesauslegung gerade in solchen Bereichen nicht mehr durch die ergänzende Heranziehung allgemein anerkannter Wertungskonsense konkretisiert werden könne. Die Einsicht, dass im Sachwalterrecht auf flexible Handlungsspielräume zur Bewältigung unvorhergesehener Entscheidungsnotwendigkeiten im Bereich der Personensorge nicht verzichtet werden könne, ohne die Funktionsfähigkeit des Rechtsinstituts in Frage zu stellen, entbinde den Gesetzgeber nicht davon, typische und vorhersehbare Konfliktlagen zu regeln und eine generell-abstrakte Regelbildung dort vorzunehmen, wo sie möglich sei. Nach Ansicht des erkennenden Senats steht dies einer Rechtsfortbildung in der vom BGH vorgenommenen Weise entgegen.
3.14. Dies führt zum Ergebnis, dass ein durch gerichtliche Verantwortung begleiteter auf Beendigung des Lebens durch die Abschaltung der lebenserhaltenden Systeme gerichteter Entscheidungsprozess im Rahmen des medizinischen Behandlungsvertrags durch die österreichische Rechtsordnung weder im dafür relevanten § 283 ABGB noch durch Rechtsanalogie zur Verfügung gestellt wird. Es bleibt daher bei den aus dem Behandlungsvertrag mangels gerichtlicher Entscheidungsbefugnis bestehenden grundsätzlich auf Erhaltung des Lebens gerichteten ärztlichen Verpflichtungen.
4. Als anerkannt gelten kann, dass der behandelnde Arzt bei der Beurteilung der von ihm vorzuschlagenden bzw durchzuführenden Maßnahmen (vgl etwa § 8 Abs 3 KAKuG) auch auf die Persönlichkeit des Patienten Bedacht zu nehmen hat (Aigner, Die Patientenverfügung de lata und de lege ferenda, in Schriftenreihe des BMJ, Recht und Würde im Alter, 237 ff). In diesem Zusammenhang wird etwa der Befragung der Angehörigen und auch der beachtlichen Patientenverfügung Bedeutung zukommen. Diese Ausgangspunkte sind auch für die Tätigkeit des Sachwalters wichtig, wenn nach der Einschätzung des behandelnden Arztes aus medizinischer Sicht eine weitere Behandlung, nicht mehr dem Wohl des Patienten dient. Der Sachwalter des Patienten hat die beachtliche Patientenverfügung in Bezug auf die medizinische Behandlung zur Erforschung des mutmaßlichen Parteiwillens ins Kalkül zu ziehen (RV 1299 BlgNR 22. GP, 8 [zu §§ 8, 9 PatVG]; Kopetzki, iFamZ 2007, 197, 203; ders, in Körtner/Kopetzki/Kletečka-Pulker aaO 127 ff, 134; Kletečka, Anm zu 6 Ob 286/07p, Zak 2008, 332, 333; Bernat in Schwimann/Kodek ABGB4 § 9 PatVG Rz 3). Der Sachwalter des Patienten ist insoweit an den in einer bloß beachtlichen Patientenverfügung verankerten mutmaßlichen Willen des Patienten als Richtschnur und Orientierungshilfe gebunden (zB Bernat aaO). Weder dem Sachwalter noch dem behandelnden Arzt kommt in diesem Fall die alleinige Entscheidungsbefugnis zu. Vielmehr haben sie unter Beachtung der beachtlichen Patientenverfügung über die weitere Vorgehensweise konsensual zu befinden. Ist nur einer von ihnen für die Lebenserhaltung, hat diese Vorrang. Eine Entscheidungsbefugnis des Gerichts besteht ‑ wie dargelegt ‑ nicht.
5. Zusammenfassend ist festzuhalten:
Für eine gerichtliche Genehmigung des Abbruchs einer lebenserhaltenden medizinischen Behandlung besteht nach geltendem Recht keine Grundlage. Insbesondere scheidet eine analoge Anwendung des § 283 Abs 2 ABGB hierfür aus.
6. Für den verfahrensgegenständlichen Antrag des Sachwalters fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Das schließt von vornherein die Möglichkeit seiner Genehmigung durch einen Kollisionskurator aus, sodass sich auch dessen Bestellung zu dem Zweck, den Antrag des Sachwalters kuratelgerichtlich zu genehmigen, als unzulässig erweist.
Dem Revisionsrekurs der Kollisionskuratorin ist damit im Ergebnis Folge zu geben. Der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts sowie der ihm zugrunde liegende Beschluss des Erstgerichts sind ersatzlos zu beheben.
7. Ein Kostenzuspruch kommt im Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters grundsätzlich nicht in Betracht, weil dieses Verfahren nicht für die Durchsetzung oder Abwehr widerstreitender Parteiinteressen konzipiert ist. Damit fehlt es aber an der in § 78 AußStrG vorgesehenen kontradiktorischen Verfahrenssituation für eine Kostenersatzpflicht in diesem Verfahren (RIS-Justiz RS0120750; 3 Ob 140/09y). In Fällen wie dem vorliegenden hat dies in gleicher Weise für die Frage der Bestellung eines Kollisionskurators zu gelten.
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