Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Der Kläger hat seine Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Schon im Zuge der Ableistung des „normalen“ Grundwehrdienstes in der Dauer von 6 Monaten (wozu noch weitere 60 Tage Waffenübungen kommen, die auch Truppenübungstage oder heute generell Milizübungstage genannt werden) verpflichtete sich der Kläger, die Ausbildung zum Milizoffizier während weiterer 6 Monate „durchzuführen“. Nach insgesamt 12 Monaten Dienst beim Österreichischen Bundesheer rüstete er vorerst als Milizunteroffizier (Dienstgrad: Wachtmeister) ab, war aber noch verpflichtet, 60 Tage Waffenübungen und zusätzlich 90 Tage an Kaderübungen zu leisten. Während er die erstgenannte Verpflichtung bis heute nicht zur Gänze erfüllte, hat er bis zum Jahr 2006 die 90 Kaderübungstage bereits absolviert und sich daraufhin verpflichtet, weitere 20 Kaderübungstage zu leisten. Die Truppen- und Kaderübungstage fanden immer in Kombination statt, sodass der Kläger jeweils zunächst einige Kader- und anschließend einige Truppenübungstage leistete.
Seit dem Jahr 2005 ist der Kläger als Dienstnehmer beim Unternehmen „X*****“ beschäftigt.
Am 31. 3. 2010 wurde seine Tochter Johanna Maria W***** geboren. Während der letzten 6 Monate vor der Geburt leistete der Kläger an insgesamt 16 Tagen Dienst beim Österreichischen Bundesheer, und zwar vom 7. bis 17. 10. 2009 Kader‑ und Truppenübungstage sowie am 5. und 6. 11. 2009 und im Zeitraum vom 25. 1. bis 27. 1. 2010 jeweils freiwillige Waffenübungen. Während dieser Zeiten bezog er von seinem Dienstgeber kein Entgelt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. 4. 2011 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom 15. 3. 2011 auf Gewährung von Kinderbetreuungsgeld gemäß § 24 KBGG (idF BGBl Nr 116/2009) aus Anlass der Geburt seiner Tochter Johanna Maria ab. Der Kläger habe in den maßgeblichen 6 Monaten vor der Geburt (30. 9. 2009 bis 30. 3. 2010) seine tatsächliche ausgeübte Erwerbstätigkeit bei der Firma „X*****“ durch Präsenzdienstleistungen beim Österreichischen Bundesheer im Ausmaß von 16 Tagen unterbrochen. Gemäß § 24 Abs 1 Z 2 KBGG würden aber nur Unterbrechungen von insgesamt nicht mehr als 14 Tagen toleriert.
Die dagegen erhobene Klage ist darauf gerichtet, die beklagte Partei zu verpflichten, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 15. 3. 2011 Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens gemäß § 24 KBGG „im gesetzlichen Ausmaß“ zu gewähren (AS 53). Um ein gleichheitswidriges Ergebnis zu vermeiden, müsste auch Präsenzdienern, für die gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit d sublit aa ASVG eine Teilversicherung in der Krankenversicherung bestehe, ‑ wie den sonstigen sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen ‑ die Möglichkeit eröffnet werden, einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld zu beziehen. In verfassungskonformer Interpretation sei der Dienst des Klägers beim Bundesheer als Leistung des Präsenzdienstes und dahin zu qualifizieren, dass auch insoweit eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit vorliege. Andernfalls bestehe eine planwidrige Regelungslücke, die im Wege der Gesetzesanalogie geschlossen werden müsse.
Die beklagte Partei wendete ihren schon im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunkt ein. An den genannten 16 Tagen sei das Dienstverhältnis des Klägers sozialversicherungsrechtlich unterbrochen gewesen und er habe auch gemäß § 89a ASVG keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehabt. Außerdem seien die gegenständlichen Dienstleistungen nach den Bestimmungen des WG freiwillig bzw mit der Möglichkeit einer Befreiung aus wirtschaftlichen und familiären Interessen (wie zB die Schwangerschaft der Gattin und der beabsichtigte Bezug von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld) erfolgt. Da Präsenzdiener (hier: der Kläger als Milizoffizier) eben keine Berufsoffiziere seien, liege keine Erwerbstätigkeit vor und könne auch von einer Ungleichbehandlung verschiedener Berufsgruppen keine Rede sein. Der Kläger habe jedoch die Möglichkeit, gemäß § 24d KBGG auf den Bezug von pauschalem Kinderbetreuungsgeld gemäß § 5c KBGG von täglich 33 EUR umzusteigen, worüber er von der beklagten Partei bereits schriftlich in Kenntnis gesetzt worden sei.
Der Kläger hält dem entgegen, er hätte über „hellseherische“ Fähigkeiten verfügen müssen, um schon beim Inkrafttreten des § 24 KBGG die „juristisch interpretative Problematik“ in vollem Umfang zu erkennen und vorauszusehen, dass er ein Jahr später einen Antrag im Sinn der neuen Bestimmungen des KBGG stellen werde.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da der Kläger seine tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit 16 Tage lang, also mehr als 14 Kalendertage unterbrochen habe, seien die Voraussetzungen für die Gewährung von einkommensabhängigem Kindergeld nach § 24 KBGG nicht erfüllt. Die geforderte „verfassungskonforme“ Interpretation bzw Gesetzesanalogie sei im Hinblick auf die klare Formulierung des Gesetzes nicht angezeigt, weil es dem Gesetzgeber freigestanden wäre, für Präsenzdiener eine ausdrückliche Regelung zu schaffen.
Das Berufungsgericht verpflichtete die Beklagte, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 15. 3. 2011 Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens gemäß § 24 KBGG „im gesetzlichen Ausmaß“ zu gewähren. Den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich wie folgt:
Die Qualifikation der Tätigkeit des Klägers beim Österreichischen Bundesheer während der letzten 6 Monate vor der Geburt seiner Tochter als Präsenzdienst iSd § 19 Abs 1 Z 3 und 4 WG sei unstrittig. Auch die im Gesetz normierte Teilversicherung eines Präsenzdienstleistenden in der Kranken- und Pensionsversicherung stelle die Beklagte nicht in Abrede. Darauf und auf die Zeiten, die jenen der tatsächlichen Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt seien (§ 24 Abs 2 KBGG), komme es hier aber nicht an. Entscheidend sei vielmehr, ob der unstrittige Dienst des Klägers beim Österreichischen Bundesheer als tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu qualifizieren sei und ob daher keine anspruchsschädigende Unterbrechung von mehr als 14 Kalendertagen iSd § 24 Abs 1 Z 2 KBGG vorliege.
Die Rechtsprechung messe der (objektiven) Gewinnerzielungsmöglichkeit sowie der tatsächlichen Gestaltung der (naturgemäß grundsätzlich auf Gewinn- und nicht Verlusterzielung) ausgerichteten Tätigkeit (eines Steuerpflichtigen) maßgebliche Bedeutung bei der Definition des Begriffs „Erwerbstätigkeit“ bei. Unter selbständiger Erwerbstätigkeit sei der Inbegriff der in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit verrichteten Arbeitsleistungen zu verstehen, die die Schaffung von Einkünften in Geld oder sonstigen Gütern bezweckten. Diese Erwägungen könnten auch für unselbständige Erwerbstätigkeiten fruchtbar gemacht werden. Auch solche müssten die Schaffung von Einkünften in Geld oder sonstigen Gütern bezwecken, um als Erwerbstätigkeit qualifiziert werden zu können. Das Heeresgebührengesetz (HGG) samt hiezu ergangenen Verordnungen normiere eine „objektive Gewinnerzielungsmöglichkeit“, wonach einem Präsenzdienstleistenden, der in den Jahren 2009 und 2010 an Miliz- oder freiwilligen Waffenübungen teilgenommen habe, der dadurch erlittene Verdienstentgang von monatlich bis zu 8.000 EUR brutto zu ersetzen sei.
Unter diesem Gesichtspunkt sei nicht zu bezweifeln, dass die vom Kläger im maßgebenden Zeitraum erbrachten Leistungen für das Österreichische Bundesheer mit einer solchen Gewinnerzielungsmöglichkeit verbunden gewesen seien, möge der Dienst als Milizoffizier allenfalls auch aus anderen Gründen geleistet werden. Allfällige Staats- oder gesellschaftspolitische Erwägungen eines insoweit Präsenzdienstleistenden stünden der Annahme nicht entgegen, dass diese Tätigkeit auch mit einer (objektiven) Gewinnerzielungsmöglichkeit verbunden sei. Die hier entscheidungswesentliche Tätigkeit des Klägers im Rahmen der unstrittigen 16 Kalendertage sei daher als Erwerbstätigkeit iSd § 24 KBGG zu qualifizieren, sodass keine Unterbrechung dieser Tätigkeit iSd § 24 Abs 1 Z 2 KBGG vorliege und dem Kläger einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld zustehe.
„Der Vollständigkeit halber“ führte das Berufungsgericht noch aus, dass § 4 APSG nicht für den Standpunkt des Klägers spreche. Nach dieser Bestimmung bleibe das Arbeitsverhältnis durch die Einberufung zum Präsenzdienst zwar unberührt; während dieser Zeit ruhe jedoch ‑ soweit hier relevant ‑ die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Damit sei zwar das Dienstverhältnis des Klägers zu seinem Dienstgeber während der 16tägigen Dauer der Ableistung des Präsenzdienstes unberührt geblieben, der Kläger habe aber seine Erwerbstätigkeit insoweit nicht „tatsächlich“ ausgeübt. Ob die Dienste des Klägers freiwillig oder aufgrund einer gesetzlichen Pflicht verrichtet worden seien, sei nicht relevant, weil in beiden Fällen dieselben „Entlohnungsregeln“ gelten würden. Damit sei auch belanglos, ob er sich von den Diensten hätte befreien lassen können.
Auch wenn ‑ soweit überblickbar ‑ erst eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (10 ObS 72/11b) zu den Voraussetzungen für die Gewährung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes vorliege (die überdies nicht einschlägig sei), liege keine Rechtsfrage mit der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität vor, weil sich das Berufungsgericht bei der Auslegung des Begriffs „Erwerbstätigkeit“ iSd § 24 KBGG an einer allgemein sprachlichen Definition und bereits dargelegten Auffassungen des Höchstgerichts habe orientieren können. Die ordentliche Revision sei daher nicht zulässig.
Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag das klageabweisende Ersturteil wiederherzustellen.
Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision zurückzuweisen; in eventu dieser nicht Folge zu geben.
Die Revision ist ‑ mangels Judikatur des Obersten Gerichtshofs in vergleichbaren Fällen ‑ zulässig und auch berechtigt.
Die Revisionswerberin macht zur ‑ vom Obersten Gerichtshof noch nicht beantworteten ‑ Frage, ob die Zeiträume, in denen der Kläger als Milizoffizier an Übungen des Österreichischen Bundesheers teilnahm als „tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit“ iSd § 24 Abs 2 KBGG zu qualifizieren sind, Folgendes geltend:
Diese Dienstleistungen seien in Ausübung einer Verpflichtung bzw einer freiwilligen Meldung mit einem entsprechenden, vom Dienstrang und der Verwendung des Klägers unabhängigen materiellen Schadenersatzanspruch auf Verdienstentgang erfolgt und daher ‑ anders als bei einem Berufssoldaten ‑ nicht in Ausübung einer Erwerbstätigkeit mit der dafür je nach Dienstrang und Verwendung unterschiedlich vorgesehener Entlohnung. Davon, dass Präsenzdienstzeiten nicht als Zeiten der tatsächlichen Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gemäß § 24 KBGG berücksichtigt werden könnten, gingen auch der ÖGB und die AK in ihren Stellungnahmen zu den KBGG‑Novellen 2009 und 2011 aus. Sie hätten daher angeregt, beim Erfordernis der 6monatigen Mindestbeschäftigungsdauer gemäß § 24 KBGG eine Rahmenfristerstreckung zu normieren, wie sie etwa im Arbeitslosenversicherungsrecht in § 15 Abs 1 Z 5 AlVG bereits enthalten sei (vgl die Stellungnahmen 9/SN-85/ME XXIV. GP sowie 18/SN-324/ME XXIV. GP, jeweils zu § 24 KBGG). Der Gesetzgeber sei dieser Forderung, wie auch vielen anderen Forderungen nach Ausweitung der in Rede stehenden Regelung ‑ wohl auch aufgrund der großzügig ausgestalteten Pauschalvarianten ‑ nicht nachgekommen. Zutreffend habe das Erstgericht daher erkannt, dass die Erwerbstätigkeit des Klägers im maßgeblichen Zeitraum um mehr als 14 Tage unterbrochen worden sei, und dieser keinen Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld habe.
Dem hält die Revisionsbeantwortung des Klägers entgegen, die beklagte Partei qualifiziere die Bezüge nach dem HGG für Präsenzdienstleistungen als Schadenersatz- bzw Verdienstentgangsansprüche und übersehe dabei, dass jedem Milizsoldaten für die Dauer des Präsenzdienstes Monatsgeld und Pauschalentschädigung (unabhängig von der Höhe des Einkommens) gebührten, wobei letztere dem „Lohnsteuerabzug“ unterliege; weiters gebührten ihm bei Zutreffen der Voraussetzungen Zulagen, Vergütungen, Prämien (die im Einzelnen angeführt werden) sowie letztlich die Entschädigung des Verdienstentgangs (vgl Berechnungsprogramm auf der Internetseite des BMLVSp).
Da sich für Milizübungen eines Milizoffiziers des Dienstgrades Hauptmann ein Nettomonatsbezug von rund 2.000 EUR (nach Lohnsteuer, noch ohne konkreten Verdienstentgang) ergebe, sei nicht zu bezweifeln, dass der Kläger bei Ableistung des Präsenzdienstes eine „auf wirtschaftlichen Erwerb gerichtete Tätigkeit“ ausgeübt habe. Die vom ÖGB und von der AK in den (ohne detaillierte Auseinandersetzung mit dem Präsenzdienst von Milizsoldaten erstatteten) Stellungnahmen zum Gesetzgebungsverfahren angeregte Rahmenfristerstreckung [iZm Präsenzdienstzeiten] habe sich daher aus gesetzgeberischer Sicht schon aufgrund dieser Argumente als nicht erforderlich erwiesen, weil Präsenzdienstleitungen ohnehin dem Begriff der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit zu subsumieren seien, sodass ein Sondertatbestand gar nicht erforderlich gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
1. Nach § 24 Abs 1 KBGG hat Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld nach diesem Abschnitt ein Elternteil für sein Kind, sofern
„1. die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Z 1, 2, 4 und 5 erfüllt sind,
2. dieser Elternteil in den letzten sechs Kalendermonaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll, durchgehend erwerbstätig gemäß Abs. 2 war sowie in diesem Zeitraum keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten hat, wobei sich Unterbrechungen von insgesamt nicht mehr als 14 Kalendertagen nicht anspruchsschädigend auswirken, und
3. dieser Elternteil während des Bezuges des Kinderbetreuungsgeldes keine Erwerbseinkünfte, erzielt, wobei sich ein Gesamtbetrag an maßgeblichen Einkünften (§ 8 Abs. 1) von nicht mehr als 6.100 EUR pro Kalenderjahr nicht schädlich auswirkt, und keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhält.“
1.1. Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens („einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld“) nach dem 5. Abschnitt des KBGG setzt somit unter anderem voraus, dass der ansprucherhebende Elternteil „in den letzten sechs Kalendermonaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll, durchgehend erwerbstätig gemäß Abs 2 war, wobei sich Unterbrechungen von insgesamt nicht mehr als 14 Kalendertagen nicht anspruchsschädigend auswirken“ (§ 24 Abs 1 Z 2 KBGG).
1.2. Der Begriff der Erwerbstätigkeit ist legal definiert (§ 24 Abs 2 KBGG). Demnach versteht man unter Erwerbstätigkeit die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit. Der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt sind „Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser Erwerbstätigkeit während eines Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz 1979 (MSchG), BGBl Nr 221, oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften, sowie Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser Erwerbstätigkeit zum Zwecke der Kindererziehung während Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder Väter‑KarenzG (VKG), BGBl Nr 651/1989, oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften, bis maximal zum Ablauf des zweiten Lebensjahres eines Kindes“ (§ 24 Abs 2 Satz 2 KBGG).
2. Beim so genannten „einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld“ muss somit neben den allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen als weitere Voraussetzung eine mindestens 6monatige durchgehende Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes vorliegen, wobei ‑ zur Vermeidung von Härtefällen ‑ Unterbrechungen von insgesamt höchstens 14 Tagen unschädlich sind. Durch seine 16tägigen Präsenzdienstleistungen beim Österreichischen Bundesheer überschreitet der Kläger diese Toleranzgrenze geringfügig.
2.1. Bestimmte Zeiten (wie zB Zeiten des Beschäftigungsverbots und Zeiten der Karenz) sind einer tatsächlichen Ausübung der Erwerbstätigkeit gleichgestellt. Dies gilt jedoch nicht für die hier vorliegenden Zeiten des Präsenzdienstes. Eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke, welche durch Analogie zu schließen wäre, liegt nicht vor, weil diese Frage ‑ wie die Revision zutreffend aufzeigt ‑ bereits Gegenstand des Begutachtungsverfahrens war. Die vom Kläger angestrebte Auslegung, würde bei eindeutiger Gesetzeslage vom Wortlaut abweichen und könnte daher auch nicht mit Verfassungskonformität gerechtfertigt werden (vgl Posch in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 6 Rz 27 mwN).
3. Der erkennende Senat hat bereits ausgesprochen, dass die Anspruchsvoraussetzung, wonach der Elternteil, der das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld beziehen will, in den letzten 6 Monaten vor der Geburt einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit tatsächlich nachgegangen ist, sachlich begründet ist; bezweckt doch diese Leistung als (teilweiser) Ersatz für den Entfall des früheren Einkommens, jenen Elternteilen, die vor der Geburt über ein relativ hohes Erwerbseinkommen verfügt haben, die Möglichkeit zu geben, trotz kurzzeitigem Rückzug aus dem Erwerbsleben den bisherigen Lebensstandard zu erhalten (RIS-Justiz RS0127744). Der Oberste Gerichtshof der sich mit der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 24 Abs 2 KBGG bereits befasst hat, sieht sich daher weiterhin nicht veranlasst, beim Verfassungsgerichtshof ihre Überprüfung zu beantragen (10 ObS 170/11i).
4. Der Kläger erkennt, dass sein Dienst als Milizoffizier eben nicht einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt wurde, wie dies in § 24 Abs 2 KBGG etwa für Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser Erwerbstätigkeit zum Zwecke der Kindererziehung während Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder VKG normiert ist. In seiner Revisionsbeantwortung geht er auch vom Unterbleiben einer Rahmenfristerstreckung im Zusammenhang mit Präsenzdienstzeiten ‑ trotz diesbezüglicher Anregungen des ÖGB und der AK ‑ aus. Der Kläger meint jedoch, die darauf gestützte Argumentation der Beklagten gehe ins Leere, weil dies aus gesetzgeberischer Sicht gar nicht erforderlich gewesen sei: Im Hinblick auf die bestehende Lohnsteuerpflicht für die Pauschalentschädigung eines Milizsoldaten habe er als Präsenzdiener nämlich ohnehin eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausgeübt.
4.1. Davon kann jedoch keine Rede sein; auch die Ansicht, aus der vom HGG eingeräumten „objektiven Gewinnerzielungsmöglichkeit“ und der Lohnsteuerpflicht der Pauschalentschädigung sei eine „auf wirtschaftlichen Erwerb gerichtete Tätigkeit“ abzuleiten, sodass die Tätigkeit des Klägers im Rahmen der unstrittigen 16 Kalendertage als Erwerbstätigkeit iSd § 24 KBGG qualifiziert werden müsse, vermag nämlich nicht zu überzeugen.
5. § 24 Abs 2 KBGG fordert ‑ wie bereits ausgeführt ‑ „die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit“. Es kommt also nicht auf Erwerbsabsicht oder Lohnsteuerabzug an. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob eine „Erwerbstätigkeit“ ausgeübt wurde, die der Sozialversicherungspflicht unterlag, ob also aufgrund dieser Tätigkeit (vom Versicherten bzw dem Dienstgeber) Sozialversicherungsbeiträge geleistet werden mussten. Dass dies ‑ über die Erwerbstätigkeit der Klägers beim Unternehmen „X*****“ hinaus ‑ auch für seine Präsenzdienstleistungen der Fall gewesen wäre hat er aber ‑ zu Recht ‑ gar nicht behauptet:
5.1. Ruht doch gemäß § 56a Abs 1 ASVG in der Krankenversicherung während des Präsenzdienstes die Beitragspflicht des Versicherten und seines Dienstgebers (samt Leistungsanspruch für die eigene Person [§ 89a ASVG]), während die Pflichtversicherung in der Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 12 Abs 6 ASVG mit dem Antritt des Präsenzdienstes endet (Derntl in Sonntag, ASVG³ § 56a Rz 57).
5.2. Durch das PensionsharmonisierungsG (BGBl I 2004/142), mit dem das APG erlassen und unter anderem das ASVG novelliert wurde, wurden die früheren Ersatzzeiten (zB Zeiten des Präsenzdienstes oder der Kindererziehung) ab 1. 1. 2005 durch entsprechende Teilpflichtversicherungen in der Pensionsversicherung abgelöst (§ 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG). Personen, die ‑ wie der Kläger ‑ nach dem 1. 1. 1955 geboren sind, können nach der seit 1. 1. 2005 geltenden Rechtslage keine Ersatzzeiten mehr erwerben. Die Zeiten, die früher als Ersatzzeiten qualifiziert wurden, werden bei der Berechnung der Pension wie Beitragszeiten mit einer Beitragsgrundlage behandelt und es müssen für sie auch Beiträge entrichtet werden, wenn auch nicht von der versicherten Person (bzw vom Dienstgeber), sondern vom Bund, vom Arbeitsmarktservice oder von einem öffentlichen Fonds (§ 3 Abs 1 Z 2 APG). Aus systematischen Gründen wird zwischen Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung, die aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden (§ 3 Abs 1 Z 1 APG), Zeiten einer Teilversicherung in der Pensionsversicherung, für die der Bund, das Arbeitsmarktservice oder ein öffentlicher Fonds Beiträge zu zahlen hat (§ 3 Abs 1 Z 2 APG), und Zeiten einer freiwilligen Versicherung in der Pensionsversicherung (§ 3 Abs 1 Z 3 APG) unterschieden (10 ObS 145/10m, SSV‑NF 24/72 mit Hinweis auf Teschner in Tomandl, SV‑System [19. Erg-Lfg] 386/6 [2.4.3.1.3.]).
5.2.1. Zeiten einer Teilversicherung gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG (hier: nach lit d sublit aa oder bb) sind als Zeiten der Pflichtversicherung gemäß § 225 ASVG „Beitragszeiten“ (Brodil/Windisch-Graetz, Sozialrecht in Grundzügen6 120). Wie § 232 Abs 1 ASVG zeigt, werden solche Zeiten einer Pflichtversicherung aber trotzdem nicht als Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit behandelt und auch bei der Ermittlung der für einen Anspruch nach § 255 Abs 7 ASVG erforderlichen 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung nicht berücksichtigt (RIS-Justiz RS0125347; RS0126271).
5.2.2. Die ‑ aus sozialen Gründen beitragsfrei gestellten ‑ Ersatzzeiten nach dem bis zum Jahr 2005 geltenden „alten“ System (etwa Zeiten des Präsenzdienstes), die als Versicherungszeiten berücksichtigt wurden, für die aber keine Beiträge geleistet werden mussten, sind also (seit der Pensionsreform 2003) ebenfalls Beitragszeiten, für die es eine festgesetzte Beitragsgrundlage und beitragspflichtige Stellen gibt; beitragspflichtig ist insoweit (aber) je nach materieller Zuständigkeit der Bund, das Arbeitsmarktservice, der Familienlastenausgleichsfonds und andere (Windisch‑Graetz, Auswirkungen von Restschuldbefreiungen für Sozialversicherungsbeiträge auf die Pension - Besprechung der E 10 ObS 56/10y, ZIK 2011, 6 [8]), nicht hingegen der Versicherte, weshalb dies nichts an der zu Punkt 5. dargelegten Beurteilung zu ändern vermag.
5.3. Die Präsenzdienstleistung des Klägers beim Österreichischen Bundesheer (11 Tage verpflichtende Milizübungen iSd § 19 Abs 1 Z 3 WG sowie 5 Tage freiwillige Waffenübungen iSd § 19 Abs 1 Z 4 WG) stellte somit ‑ anders als die Tätigkeit von Berufssoldaten ‑ keine „sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit“ gemäß § 24 KBGG dar. Auch der vom ÖGB und der AK aus diesem Grund anlässlich der KBGG-Nov 2009 und 2011 angeregten Rahmenfristerstreckung beim Erfordernis der 6monatigen Mindestbeschäftigungsdauer gemäß § 24 KBGG (wie zB in § 15 Abs 1 Z 15 AlVG) ist der Gesetzgeber nicht nachgekommen.
5.4. Demgemäß fehlt in der Bestimmung des § 24 Abs 2 KBGG eine Gleichstellung von Präsenzdienstzeiten, wie sie etwa für Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung der Erwerbstätigkeit zum Zwecke der Kindererziehung während Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder VKG normiert wurde. Wie bereits ausgeführt liegt daher keine unbeabsichtigte Gesetzeslücke, die durch Analogie zu schließen wäre, vor und die ‑ in der Revisionsbeantwortung weiterhin angestrebte ‑ Auslegung, welche angesichts dieser eindeutigen Gesetzeslage vom Wortlaut abweichen würde, könnte selbst mit „Verfassungskonformität“ nicht gerechtfertigt werden.
5.5. Zutreffend hat schon das Erstgericht erkannt, dass die Erwerbstätigkeit des Klägers im maßgeblichen Zeitraum um (wenn auch nur geringfügig) mehr als 14 Tage unterbrochen war, und seiner Klage auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld zu Recht den Erfolg versagt, weil er die Anspruchsvoraussetzung nach § 24 Abs 2 KBGG nicht erfüllt. In Stattgebung der Revision der beklagten Partei ist daher das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
5.6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers, die einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht vorgebracht und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
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