OGH 12Os95/12f

OGH12Os95/12f28.8.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. August 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lindenbauer als Schriftführer in der Strafsache gegen Mahdi M***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 14. Februar 2012, GZ 27 Hv 143/11g-76, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Teils in Stattgebung, teils aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen B./1./ und B./2./, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), im Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung sowie das Einziehungserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten im Übrigen wird zurückgewiesen.

Mit seiner gegen den Ausspruch über die Strafe gerichteten Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über die gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche erhobene Berufung werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Mahdi M***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (A./), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (B./1./) und nach §§ 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und Abs 3 SMG, 15 Abs 1 StGB (B./2./), des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall, 15 Abs 1 StGB (C./) sowie der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (D./), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (E./), der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (F./) und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (G./) schuldig erkannt.

Danach hat er in I***** - teilweise zusammengefasst wiedergegeben -

A./ am 30. Oktober 2010 Said N***** durch gezielte Stichbewegungen in Richtung dessen Gesichts sowie anschließendes Versetzen eines Stiches/Schnittes mit einem Tapezierermesser in den linken Oberschenkel, wodurch dieser eine cirka 13 cm lange und sehr tiefe, Muskelfaszien eröffnende und muskeldurchtrennende Verletzung, somit eine an sich schwere mit einer 24 Tage übersteigenden Gesundheitsschädigung verbundene Verletzung erlitt, absichtlich schwer am Körper verletzt;

B./ vorschriftswidrig Suchtgift

1./ erworben und besessen, und zwar

a./ zwischen 30. Juli und Mitte September 2010 zumindest 50 Gramm Cannabisharz vom abgesondert verfolgten Nouredin K*****;

b./ am 5. Oktober 2010 5,6 Gramm Cannabisharz;

c./ am 8. Oktober 2010 0,2 Gramm Cannabisharz;

d./ am 5. Dezember 2011 1,6 Gramm Kokain von einem Unbekannten;

2./ gewerbsmäßig zumindest 42 Gramm Cannabis mit unbekanntem Reinheitsgehalt verkauft (richtig: überlassen), nämlich

a./ am 30. Juli 2010 1,5 Gramm Cannabisharz an den abgesondert verfolgten Manuel U*****;

b./ am 10. September 2010 1,5 Gramm Cannabisharz an den abgesondert verfolgten Thomas L*****;

c./ am 16. September 2010 1 Gramm Cannabisharz an den abgesondert verfolgten Thomas Mü*****;

d./ am 4. August 2010 2 Gramm Cannabisharz an einen namentlich nicht bekannten Inländer;

e./ in der Zeit zwischen 30. Juli und Mitte September 2010 in einer Vielzahl von Teilgeschäften weitere zumindest 34 Gramm Cannabisharz an unbekannte Suchtgiftabnehmer;

f./ am 14. Dezember 2011 2 Gramm Cannabis an den abgesondert verfolgten Mehmet E*****, wobei die Tat beim Versuch blieb;

C./ gewerbsmäßig nachangeführten Gewahrsamsträgern fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht, und zwar

1./ am 26. Oktober 2010 dem Unternehmen M***** eine Flasche Amaretto im Wert von 4 Euro;

2./ am 21. Juli 2010 dem Unternehmen I*****, im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit Osama Mo***** eine Uhr im Wert von 29,90 Euro, wobei es beim Versuch blieb;

3./ am 28. Oktober 2011 dem Unternehmen N***** 2 T-Shirts im Wert von 13,90 Euro, wobei es beim Versuch blieb;

4./ am 21. Oktober 2011 dem Michael P***** 35 Euro;

5./ am 23. Oktober 2011 dem Michael Er***** zumindest 30 Euro;

6./ am 23. Oktober 2011 dem Malte Pf***** 50 Euro;

7./ am 21. Oktober 2011 dem Manuel G***** 30 Euro;

8./ am 11. November 2011 dem Patrick B***** 13 Euro;

D./ unbare Zahlungsmittel, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz (richtig:) unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr gebraucht werden, und zwar mehrere zu C./ erbeutete und im Urteil näher bezeichnete Bankomat- und Kreditkarten;

E./ Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr gebraucht werden, und zwar mehrere zu C./ erbeutete Führerscheine, Studenten- und Schülerausweise und weitere im Urteil näher bezeichnete Urkunden;

F./ andere geschädigt, indem er fremde bewegliche Sachen aus deren Gewahrsam dauernd entzog, ohne die Sache sich oder einem Dritten zuzueignen, indem er nach den zu Punkt C./4./ bis 8./ genannten Diebstählen mehrere Geldbörsen wegwarf;

G./ am 2. Dezember 2011 fremde Sachen, nämlich die Motorhaube und den Kühlergrill des PKW der Bettina S***** durch Fußtritte beschädigt, wodurch ein Schaden in unerhobener, jedenfalls 3.000 Euro nicht übersteigender Höhe entstand.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a, b und c, Z 10 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mahdi M*****, der nur zum Teil Berechtigung zukommt.

Zum Schuldspruch A./:

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Ausgangspunkt dieses Vergleichs bildet allein der Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 2 StPO, der den Schuldspruch (= das [schuldig sprechende] Erkenntnis) darstellt (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581 f).

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite für die Verwirklichung des Tatbestands des § 87 Abs 1 StGB für „nicht ausreichend“ hält, übergeht sie den - eindeutigen - Ausspruch, dass der Angeklagte in der Absicht handelte, Said N***** durch Zufügen von Schnitt- und/oder Stichverletzungen schwer am Körper zu verletzen (US 8, 14), und leitet im Übrigen nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RIS-Justiz RS0116569; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588 ff), weshalb und welche darüber hinausgehenden Konstatierungen für eine rechtsrichtige Subsumtion hätten getroffen werden müssen. Solcherart erweist sich die Rechtsrüge als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.

Der Behauptung des Beschwerdeführers zuwider ist im Übrigen für die Verwirklichung des Tatbestands nach § 87 Abs 1 StGB eine auf Zufügung einer lebensbedrohlichen Verletzung gerichtete Absicht nicht erforderlich.

Da die - insoweit nicht bloß den Versuch einer absichtlichen schweren Körperverletzung (§§ 15 Abs 1, 87 Abs 1 StGB) oder Subsumtion der Tat als Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, sondern einen Freispruch reklamierende - Rechtsrüge (Z 9 lit a) im Zuge ihrer argumentativen Darlegung, wonach der Tatbestand auch schon in objektiver Hinsicht nicht erfüllt sei - weil nämlich die festgestellte „Zufügung einer 13 cm langen und weit in die Tiefe reichenden Muskelfaszien eröffnende und muskeldurchtrennende Stich- bzw Schnittverletzung am linken Oberschenkel“ keine an sich schwere Körperverletzung iSd § 84 Abs 1 StGB darstelle -, die (weitere) Konstatierung, dass die von Said N***** aufgrund des verfahrensgegenständlichen Angriffs des Angeklagten erlittene Verletzung auch mit einer 24 Tage übersteigenden Gesundheitsschädigung verbunden war (US 8 iVm US 2), ignoriert, erweist sie sich als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584, 593), weil allein schon der zuletzt genannte - nicht in Kritik gezogene - Umstand den Schuldspruch nach § 87 Abs 1 StGB trägt.

Im Übrigen ist dem Vorbringen des Nichtigkeitswerbers zuwider die Beurteilung der von Said N***** davongetragenen Körperbeschädigung als an sich schwere Verletzung iSd § 84 Abs 1 StGB bei der gebotenen ganzheitlichen Betrachtung der maßgebenden Umstände (Kienapfel/Schroll StudB BT I² § 84 Rz 12; Fabrizy, StGB10 § 84 Rz 3; Burgstaller/Fabrizy in WK² § 84 Rz 17; RIS-Justiz RS0092440) durchaus zutreffend, weil eine ca 13 cm lange und sehr tiefe, Muskelfaszien eröffnende und muskeldurchtrennende Stich- bzw Schnittverletzung vorlag, die mit 12 Klammern versorgt werden musste. Angesichts der Natur dieser Verletzung und des daraus resultierenden Gewichts des gesundheitlichen Nachteils wird der bereits im Tatzeitpunkt gegebene schwere Grad der Körperverletzung dadurch nicht berührt, dass - wie die Beschwerde behauptet - zu keinem Zeitpunkt Lebensgefahr bestand, die Verletzung letztendlich komplikationslos ausheilte, keine „weiteren Folgen“ zu befürchten sind und es sich bei der verbleibenden Narbe nicht um eine auffallende Verunstaltung handelt. Denn durch diese Umstände wird der ausschlaggebende Faktor, nämlich die Art und Ausdehnung der gegenständlichen Weichteilwunde als intensive Läsion im Bereich größerer Muskeln nicht berührt (vgl Kienapfel/Schroll StudB BT I² § 84 Rz 12; RIS-Justiz RS0092505).

Die Behauptung von Feststellungsmängeln kann nur unter Zugrundelegung aller tatsächlichen Urteilsannahmen erfolgen und erfordert die Darlegung, dass Verfahrensergebnisse auf bestimmte rechtlich erhebliche Umstände hingewiesen haben und dessen ungeachtet eine entsprechende klärende Feststellung unterlassen wurde (RIS-Justiz RS0099689; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600 ff).

Die auf Z 9 lit b gegründete Rechtsrüge behauptet unter Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten, isoliert hervorgehobene Details aus den Angaben der Zeugen Adam Ba***** und Abdel F***** und den Videomitschnitt (sowie unter Anstellung eigenständiger Beweiswerterwägungen) einen Feststellungsmangel zu einer Notwehrsituation des Angeklagten bzw zu einer von ihm irrtümlich angenommenen Rechtfertigungssituation. Diesbezüglich übergeht sie aber die tatsächlichen - (implizit) gegenteiligen - Konstatierungen des Schöffengerichts, welches sich sowohl mit der Einlassung des Nichtigkeitswerbers als auch mit den Angaben der eben angeführten Zeugen eingehend auseinandergesetzt, letztlich die Version des Angeklagten als widerlegt angesehen (US 11 bis 13) und solcherart der Sache nach sowohl eine tatsächliche Notwehrsituation als auch deren irrtümliche Annahme ausgeschlossen hat (US 7 f).

Zuletzt werden im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit b) unter bloßem Hinweis auf „zahlreiche Aussagen des Angeklagten“ - ohne allerdings diese Verfahrensergebnisse sowohl deutlich und bestimmt als auch und unter Angabe der Fundstellen zu bezeichnen (RIS-Justiz RS0124172) - Feststellungsmängel zu einer durch den Konsum von Drogen und Alkohol bewirkten Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) des (im Übrigen sich nicht einmal selbst in diese Richtung verantwortenden) Beschwerdeführers geltend gemacht. Auch damit vermag der Nichtigkeitswerber nicht durchzudringen, wird doch ein auf einen Zustand der Zurechnungsunfähigkeit hinweisendes und zu entsprechenden Feststellungen Anlass gebendes Sachverhaltssubstrat nicht einmal ansatzweise dargetan.

Zum Schuldspruch C./:

Der Subsumtionsrüge (Z 10; nominell „Z 10 iVm Z 9 lit c“) zuwider beeinträchtigt allein die Verwendung der verba legalia die Wirksamkeit von Tatsachenfeststellungen nicht, sofern diese den notwendigen Sachverhaltsbezug aufweisen (RIS-Justiz RS0119090; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8). Vorliegend enthalten die Entscheidungsgründe aber - was die Beschwerde übergeht - einen entsprechenden Konnex, weil das Erstgericht die Urteilskonstatierungen zur Gewerbsmäßigkeit in einen Zusammenhang mit der Vielzahl der Taten in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang, der „professionellen“ Ausführung der Trickdiebstähle sowie die Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Angeklagten in Österreich gestellt hat (US 9 iVm US 16).

Der auf Subsumtion der Tathandlungen unter den Tatbestand des § 141 Abs 1 StGB und damit auf Freispruch mangels Ermächtigung (§ 141 Abs 2 StGB) zielende Einwand (nominell „Z 10 iVm Z 9 lit c“, der Sache nach Z 9 lit b), „angesichts der Tatumstände, insbesondere auch angesichts des geringen Wertes der entwendeten Sachen“ hätte das Erstgericht nicht Diebstahl, sondern „das Vorliegen der Voraussetzungen der Privilegierung des § 141 StGB“ annehmen müssen, beruht auf der urteilsfremden Annahme des Vorliegens zumindest eines der in § 141 Abs 1 StGB genannten Beweggründe für die Tatbegehung. Im Übrigen weist der Nichtigkeitswerber auch in der Beschwerde nicht auf allfällige - in der Hauptverhandlung vorgekommene - Verfahrensergebnisse hin, die solcherart privilegierende Feststellungen indiziert hätten.

Zum Schuldspruch G./:

Die Behauptung, das Erstgericht habe „keine ausreichenden schuldrelevanten Tatsachenfeststellungen dazu getroffen, dass es gerade das Verhalten des Angeklagten war, das den Schaden am PKW der Bettina S***** hervorrief, somit gerade sein Verhalten für die Beschädigung kausal war“, ist mit Blick auf die eindeutigen Konstatierungen (US 10 f), die insbesondere auch an der Kausalität des Handelns des Angeklagten für den Schadenseintritt keinen Zweifel lassen, nicht nachvollziehbar. Der Nichtigkeitswerber legt darüber hinaus nicht dar, welche über die vorliegenden Urteilsannahmen hinausgehenden Feststellungen für die rechtsrichtige Subsumtion noch erforderlich gewesen wären.

Die Diversionsrüge (Z 10a) verfehlt den gesetzlichen Bezugspunkt, indem sie von einer nicht schweren Schuld des Angeklagten ausgeht, dabei aber nicht - wie bei Geltendmachung materieller Nichtigkeit jedoch stets geboten - strikt an den im Urteil getroffenen Konstatierungen festhält (vgl RIS-Justiz RS0119091), indem sie im Zusammenhang mit dem für die Beurteilung der Diversionsvoraussetzungen in erster Linie maßgeblichen Schuldspruch A./ - urteilsfremd - das „Vorliegen einer notwehrfähigen Situation“ behauptet.

Inwiefern die komplikationslose Verheilung der Verletzung ein Indiz für einen geringen Gesinnungsunwert des Angeklagten darstellen sollte, vermag die Beschwerde nicht darzutun. Im Übrigen liegen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Kriterien, insbesondere des vom Gesetzgeber schon durch die Strafdrohung des § 87 Abs 1 StGB als hoch eingestuften Tatunrechts und des Umstands, dass der Angeklagte dem Tatopfer mit einem Tapezierermesser zunächst Stich- und Schnittverletzungen im Gesicht zuzufügen versuchte, ehe er ihm schließlich - obwohl Bekannte ihn festzuhalten suchten - absichtlich die schwere Verletzung am linken Oberschenkel beibrachte, die Voraussetzungen für ein diversionelles Vorgehen nicht vor. Damit scheiden Diversionsmaßnahmen aber auch hinsichtlich der übrigen dem Angeklagten angelasteten Tathandlungen aus, sodass sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt (RIS-Justiz RS0119276; vgl Schroll, WK-StPO § 198 Rz 47).

Zu den Schuldsprüchen B./1./ und B./2./:

Mit Recht aber macht die Subsumtionsrüge (Z 10) zu B./1./ das Unterbleiben von klärenden - durch Angaben des Nichtigkeitswerbers in der Hauptverhandlung am 20. Dezember 2011 (ON 53) und 14. Februar 2012 (ON 75) indizierten - Feststellungen dazu geltend, ob der Erwerb und Besitz der Suchtgifte „ausschließlich zum persönlichen Gebrauch“ erfolgte, in welchem Fall dem Nichtigkeitswerber die Privilegierung des § 27 Abs 2 SMG zu Gute käme.

Warum auch der zu B./2./ festgestellte, unter § 27 Abs 1 achter Fall und Abs 3 SMG subsumierte Sachverhalt unter die genannte privilegierende Strafbestimmung fallen soll, die ausdrücklich nur auf Straftaten nach Abs 1 leg cit abstellt, erklärt die Subsumtionsrüge (Z 10) hingegen nicht.

Gleichfalls zu Recht rügt die Beschwerde (Z 10) zu B./2./ allerdings, dass der Schöffensenat die - für die Annahme der Privilegierung nach § 27 Abs 5 SMG entscheidende - Frage, ob der Beschwerdeführer an ein Suchtgift gewöhnt gewesen ist und die ihm angelasteten Taten vorwiegend deshalb begangen hat, um sich für den persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu dessen Erwerb zu beschaffen, unbeantwortet ließ. Unter Hinweis auf die Verantwortung des Nichtigkeitswerbers in der Hauptverhandlung (ON 53 und 75) zeigt die Subsumtionsrüge durchaus Anhaltspunkte für die Annahmen auf, dass der Genannte regelmäßig und mit Selbstverständlichkeit Suchtmittel gebraucht hat und die von ihm zu B./2./ erzielten Gewinne vorwiegend in die Suchtmittelbeschaffung geflossen sind.

Da das Urteil hiezu keine Konstatierungen enthält, haftet dem Schuldspruch B./2./ ein Feststellungsmangel an, der eine zweifelsfreie Subsumtion nicht zulässt und solcherart eine materielle Nichtigkeit nach Z 10 bewirkt (vgl 15 Os 138/11z).

Schon dieser Rechtsfehler macht die Aufhebung des Schuldspruchs B./2./ erforderlich, sodass sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen zu diesem Punkt erübrigt.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - auch von einer nicht geltend gemachten Nichtigkeit betreffend das Einziehungserkenntnis (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall, 285e erster Satz, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), weil dieses durch bloßen Bezug auf „das sichergestellte Suchtgift“ den Gegenstand der Einziehung nicht determiniert (RIS-Justiz RS0121298 [T9]; 13 Os 67/11v, 12 Os 160/11p).

Daher war teils in Stattgebung, teils aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen B./1./ und B./2./, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), im Ausspruch über die Abschöpfung der Bereicherung sowie das Einziehungserkenntnis aufzuheben und in diesem Umfang dem Landesgericht Innsbruck die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde - gleichfalls in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten gegen den Ausspruch über die zivilrechtlichen Ansprüche folgt.

Mit der Berufung (gegen den Ausspruch über die Strafe) war der Angeklagte auf die teilkassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung, die die amtswegige Maßnahme nicht umfasst, beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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