Spruch:
Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und dem Rekursgericht die weitere Behandlung des Rekurses der Antragstellerin aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Zwischen dem 23. und 30. 8. 2003 ereignete sich im Nationalpark Kalkalpen in der Gemeinde R***** ein Waldbrand, bei dessen Bekämpfung 49 Feuerwehren sowie die Bergrettung, Ortsstelle W*****, im Einsatz waren.
Mit Schreiben vom 20. 11. 2003 machte die Gemeinde R*****, gestützt auf § 5 Abs 1 und 2 ÖO. Waldbrandbekämpfungsgesetz im Wege der Bezirkshauptmannschaft K***** beim Bundesministerium für Land‑ und Forstwirtschaft Kostenersatz für den Einsatz der Feuerwehren inklusive Verpflegung, Schäden an der Ausrüstung und an Fahrzeugen in Höhe von insgesamt 427.999,39 EUR und an Kosten verschiedener sonstiger Anspruchssteller insgesamt 11.371,53 EUR geltend.
Das Bundesministerium anerkannte zunächst einen Betrag in Höhe von 144.180,84 EUR und beglich diesen. Daraufhin stellte die Gemeinde am 5. 1. 2005 gemäß § 5 Abs 5 OÖ Waldbrandbekämpfungsgesetz den Antrag, den Kostenersatzanspruch bescheidmäßig festzusetzen. Das Bundesministerium anerkannte in der Folge als Ersatz für Bekämpfungskosten einen weiteren Betrag in Höhe von 50.405,38 EUR sowie für Treibstoff und dem Österreichischen Bergrettungsdienst entstandene Kosten von insgesamt 1.909,39 EUR.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K***** vom 12. 11. 2008 wurden die noch nicht beglichenen Waldbrandbekämpfungskosten mit 5.517,60 EUR für den Bergrettungsdienst und 237.357,71 EUR für Feuerwehrmannschaftskosten festgesetzt und die Republik verpflichtet, diese Beträge an die Gemeinde R***** zu bezahlen. Dieser Bescheid wurde dem Bundesministerium für Land‑ und Forstwirtschaft am 18. 11. 2008 zugestellt.
Mit dem am 17. 1. 2009 beim Bezirksgericht Windischgarsten gemäß § 5 Abs 6 des OÖ Waldbrandbekämpfungsgesetzes eingelangten Schriftsatz beantragte die Republik Österreich die gerichtliche Entscheidung, dass sie nicht verpflichtet sei, die noch nicht beglichenen Kosten der Bekämpfung des Waldbrandes in der Gemeinde R***** in Höhe von 242.875,31 EUR an die Gemeinde zu ersetzen. Die Antragstellerin brachte zusammengefasst vor, dass die Gemeinde nicht Kostenträgerin der nicht beglichenen Kosten sei und diese auch nicht bezahlt habe, weil nach § 20 des OÖ FWG der Feuerwehrdienst von Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehren grundsätzlich unentgeltlich zu leisten sei. Im Einzelfall nachgewiesener Verdienstentgang sei bei der Standortgemeinde geltend zu machen. Dies sei nicht geschehen. Schließlich handle es sich bei den geltend gemachten Kosten um solche, die gemäß § 2 F‑VG vom Land oder von der Gemeinde zu tragen seien. Eine Kostenabwälzung durch den Landesgesetzgeber auf den Bund sei nicht zulässig, soweit sie über den konkreten Sach‑ und Zweckaufwand hinausgehe. Die nicht beglichenen Kosten stellten Mannschaftskosten nach der Tarifordnung 2000 des OÖ Landesfeuerwehrverbandes dar, wobei nicht nachvollziehbar sei, ob und inwieweit diese auch dem konkreten Sach‑ und Zweckaufwand entsprächen.
Die Antragsgegnerin trat dem entgegen und begehrte ihrerseits, die Antragstellerin zur Kostentragung hinsichtlich des noch offenen Betrags von 242.875,31 EUR zu verpflichten.
Das Erstgericht sprach mit dem bekämpften Zwischenbeschluss aus, dass die Antragstellerin dem Grunde nach verpflichtet sei, die noch nicht beglichenen Kosten der Brandbekämpfung des Waldbrandes in der Zeit vom 23. bis 30. 8. 2003 der Gemeinde R***** zu ersetzen.
Über Rekurs der Antragstellerin hob das Rekursgericht ‑ nach Abweisung eines Gesetzesprüfungsan-trags durch den Verfassungsgerichtshof ‑ den Zwischenbeschluss und das vorangegangene Verfahren einschließlich der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes als nichtig auf und sprach aus, dass der als Klage zu behandelnde verfahrenseinleitende Antrag an das Erstgericht mit dem Auftrag zurückverwiesen werde, das von der klagenden Partei erhobene Begehren im streitigen Verfahren zu behandeln und zu erledigen.
Unter Zitierung sowohl des § 5 des OÖ Waldbrandbekämpfungsgesetzes als auch anderer landesgesetzlicher Bestimmungen gelangte das Rekursgericht zur Rechtsansicht, dass viele Landesgesetze Verweise in das außerstreitige Verfahren enthielten, aber im Zweifel ‑ und mangels Verweisung auf den außerstreitigen Rechtsweg durch das hier zu beurteilende Gesetz und dessen Materialien ‑ der Vorrang des streitigen Rechtswegs anzunehmen sei. Auch ein innerer Zusammenhang zum außerstreitigen Verfahren sei nicht erkennbar. Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil zur Frage, in welcher Verfahrensart Ansprüche nach § 5 Abs 1 und 2 des OÖ Waldbrandbekämpfungsgesetzes durchzuführen seien, keine Rechtsprechung bestehe.
Gegen diese Entscheidungen richteten sich die Revisionsrekurse beider Verfahrensparteien. Die Antragstellerin beantragt den Beschluss aufzuheben und die Sache an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung zu verweisen, die Antragsgegnerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses, in eventu die Zurückverweisung an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung.
In ihren Revisionsrekursbeantwortungen beantragen die Parteien jeweils dem Revisionsrekurs der Gegenseite keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurse sind aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, sie sind im Sinne der begehrten Aufhebung auch berechtigt.
1. Grundsätzlich gehören alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Rechtssachen auf den Prozessweg, soferne ein Gesetz nicht etwas anderes bestimmt. Es ist eine ausdrückliche oder schlüssige Verweisung in das Außerstreitverfahren notwendig und daher ausreichend, dass eine Rechtssache wenigstens unzweifelhaft schlüssig ins Außerstreitverfahren verwiesen wird. Die erforderliche Abgrenzung wird durch den inneren Zusammenhang des jeweils geltend gemachten Anspruchs mit einer entweder in die streitige oder außerstreitige Gerichtsbarkeit verwiesenen Materie bestimmt. Insofern hat sich die jüngere Rechtsprechung gegenüber der älteren, in der allein der Gesichtspunkt der ausdrücklichen gesetzlichen Verweisung einer Materie in das Verfahren Außerstreitsachen dominierte, weiterentwickelt (RIS‑Justiz RS0012214 [T1, T5 und T6]).
2. So entspricht es der ständigen Judikatur, dass eine Entschädigung wegen Enteignung im Verfahren Außerstreitsachen geltend zu machen ist (RIS‑Justiz RS0005931). Dies ist in § 24 Abs 1 des Eisenbahnenteignungsentschädigungsgesetzes idF des AußStr‑BegleitG BGBl I Nr 112/2003 (EisbEG) nunmehr ausdrücklich normiert. Durch diese Novelle wurde im EisbEG ausdrücklich und bewusst eine sogenannte sukzessive Kompetenz zur Entscheidung über Enteignungsentschädigungen eingeführt. Sie kommt im Gesetzestext dadurch zum Ausdruck, dass nach § 18 eine Berufung gegen die Entscheidung über die Entschädigung unzulässig ist. Dem Enteigneten und dem Eisenbahnunternehmen steht es frei, binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Enteignungsbescheides die Festsetzung der Entschädigung bei dem zuständigen (Landes‑)Gericht zu begehren. Mit der Anrufung des Gerichts tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Entschädigung außer Kraft.
3. Zu § 117 WRG hat der erste Senat des Obersten Gerichtshofs eine differenzierende Judikatur über die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte herausgearbeitet, die für Fälle sukzessiver Zuständigkeit das Verfahren Außerstreitsachen als maßgebliche Verfahrensnorm ansieht, wohingegen zB in Fällen von Übereinkommen über zivilrechtliche Verhältnisse, in denen bei Nichteinigung die Wasserrechtsbehörde auf den Zivilrechtsweg verweisen müsste, das streitige Verfahren heranzuziehen ist (1 Ob 27/93; 1 Ob 211/99g mwN).
Die in das Außerstreitverfahren ressortierende sukzessive Zuständigkeit nach § 117 Abs 4 und 6 WRG ist im Gesetz dahingehend ausgestaltet, dass gegen Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde nach Abs 1 der Bestimmung eine Berufung nicht zulässig ist und die Entscheidung außer Kraft tritt, soweit vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheids die gerichtliche Entscheidung beantragt wird. Abs 6 sieht ausdrücklich die Behandlung im außerstreitigen Verfahren vor.
4. Daneben bestehen landesgesetzliche Vorschriften, die nach Durchführung eines Verwaltungsverfahrens die Unzulässigkeit der Berufung gegen den Bescheid und die Möglichkeit, innerhalb einer gewissen Frist nach Zustellung des Bescheids die Entscheidung eines Gerichts über einen Kostenanspruch oder eine Entschädigung zu beantragen, vorsehen, womit der Bescheid außer Kraft tritt. Teilweise ist in diesen Gesetzen ausdrücklich das Verfahren Außerstreitsachen genannt (vgl zB § 17 Abs 6 des Bgld Forstausführungsgesetzes, § 37 Abs 4 des OÖ Natur‑ und Landschaftsschutzgesetzes 2001, § 77 Abs 1 des OÖ Jagdgesetzes; § 38 Abs 4 des OÖ Raumordnungsgesetzes 1994), teilweise keine bestimmte Verfahrensart (vgl § 6 Abs 3 des OÖ Rettungsgesetzes 1988 oder § 15 Abs 4 des Stmk Gesetzes über Maßnahmen zum Schutz des Waldes) und teilweise wird die Wahl der Verfahrensart indirekt dadurch vorgenommen, dass auf die Bestimmung des EisbEG verwiesen wird (vgl § 19 Abs 1 des OÖ Starkstromwegegesetzes 1970, § 36 Abs 5 des OÖ Straßengesetzes 1991).
5. Der hier zu beurteilende § 5 des OÖ Waldbrandbekämpfungsgesetzes lautet wie folgt:
„Abs 1: Die Gemeinde, die nach den für die örtliche Feuerpolizei geltenden Bestimmungen in Betracht kommt, hat gegenüber dem Bund Anspruch auf Ersatz der durch eine Waldbrandbekämpfung verursachten Kosten für den Einsatz der örtlichen Feuerwehr einschließlich der Verpflegungskosten sowie für Schäden an deren Fahrzeugen, Geräten, Werkzeugen und Ausrüstungsgegenständen.
Abs 2: Jedermann, dem auf Grund einer Anordnung gemäß § 3 Abs 4 Kosten für die Erbringung von Sachleistungen (einschließlich der Kosten für den Einsatz des zur Verfügung gestellten Bedienungspersonals) bzw für Schäden an den zur Verfügung gestellten Bekämpfungsmitteln erwachsen sind, hat gegenüber dem Bund Anspruch auf Kostenersatz einschließlich des Ersatzes des nachgewiesenen Verdienstentgangs.
Abs 3: Anträge auf Kostenersatz gemäß Abs 1 sind von der Gemeinde bei sonstigem Verlust des Anspruchs binnen drei Monaten nach Beendigung der Waldbrandbekämpfung über die Bezirksverwaltungsbehörde dem zuständigen Bundesministerium vorzulegen.
Abs 4: Anträge auf Kostenersatz gemäß Abs 2 sind bei sonstigem Verlust des Anspruchs binnen drei Monaten nach Beendigung der Waldbrandbekämpfung bei der Gemeinde einzubringen. Diese hat die Anträge umgehend auf ihre sachliche und rechnerische Richtigkeit zu prüfen und unverzüglich über die Bezirksverwaltungsbehörde dem zuständigen Bundesministerium vorzulegen.
Abs 5: Sofern innerhalb von drei Monaten nach Vorlage eines Antrags im Sinne der Abs 3 und 4 an das zuständige Bundesministerium eine gütliche Einigung über den Anspruch dem Grunde und der Höhe nach nicht zustande kommt, hat auf Antrag der Anspruchsberechtigten die Bezirksverwaltungsbehörde den Anspruch mit Bescheid festzusetzen. Eine Berufung gegen diesen Bescheid ist unzulässig.
Abs 6: Innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Bescheids gemäß Abs 5 kann jede der Parteien des verwaltungsbehördlichen Verfahrens die Festsetzung des Kostenersatzes gemäß Abs 1 und 2 beim Bezirksgericht beantragen. Mit dem Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts tritt der gemäß Abs 5 erlassene Bescheid außer Kraft.
Abs 7: Durch Abs 1 und 2 werden allenfalls bestehende Schadenersatzansprüche des Bundes nicht berührt.
Abs 8: Inwieweit der Bund über Abs 1 und 2 hinaus verpflichtet ist, Kosten der Organisation und Ausrüstung der öffentlichen Feuerwehren für die Waldbrandbekämpfung zu ersetzen, wird durch besonderes Landesgesetz geregelt.“
6. Vergleicht man diese Bestimmung mit den oben dargelegten, ausdrücklich eine sogenannte sukzessive Kompetenz regelnden Normen, insbesondere dem EisbEG, wird deutlich, dass es sich auch im hier zu beurteilenden Fall des § 5 des OÖ Waldbrandbekämpfungsgesetzes um die Normierung einer sukzessiven Zuständigkeit handelt. Damit ist aber insbesondere aufgrund der wiedergegebenen Überlegungen zur Novellierung des EisbEG durch das AußStr‑BegleitG 2003 aber auch der Judikatur zu § 117 WRG ein mit der Regelung zum Ausdruck kommender innerer Zusammenhang und somit eine schlüssige Verweisung in das Außerstreitverfahren anzunehmen.
Da das Erstgericht daher zu Recht im außerstreitigen Verfahren entschieden hat, war dem Rekursgericht die weitere Behandlung des Rekurses der Antragstellerin aufzutragen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 Abs 1 AußStrG.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)