Spruch:
Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit dem am 19. Jänner 2009 beim Handelsgericht Wien abgeschlossenen Vergleich verpflichtete sich (unter anderem) die Verpflichtete, es ab sofort bei sonstiger Exekution im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, beim Vertrieb und/oder der Verbreitung von periodischen Druckwerken die Teilnahme an Gewinnspielen, bei denen nicht unbedeutende Preise gewonnen werden können, anzukündigen und/oder zu gewähren, sofern der Kauf des Druckwerks für die Teilnahme an diesem Gewinnspiel förderlich ist und/oder erscheint.
Das Erstgericht bewilligte der Betreibenden über deren Antrag die Exekution nach § 355 EO infolge behaupteten Titelverstoßes und verhängte eine Geldstrafe von 3.000 EUR. Über mehrere weitere Strafanträge der Betreibenden verhängte das Erstgericht weitere Geldstrafen in zunehmender Höhe.
Das Rekursgericht gab den gegen die Exekutionsbewilligung sowie die weiteren Strafbeschlüsse gerichteten Rekursen der Verpflichteten nicht Folge, erhöhte jedoch die verhängten Geldstrafen über Rekurs der Betreibenden.
Rechtliche Beurteilung
Die Verpflichtete, die mit außerordentlichen Revisionsrekursen die Abweisung der Exekutions- und Strafanträge der Betreibenden anstrebt, vermag keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Ungeachtet der Bestätigung der Entscheidung des Erstgerichts zum Vorliegen der Titelverstöße durch das Rekursgericht liegt dazu keine bestätigende Entscheidung iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO vor, die die Revisionsrekurse insofern absolut unzulässig machen würde. Eine teilweise bestätigende Entscheidung ist nämlich dann zur Gänze anfechtbar, wenn der bestätigende und der abändernde Teil in einem derart engen Zusammenhang stehen, dass sie von einander nicht gesondert werden können und deshalb die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann. Die Exekutionserwirkung einer Unterlassung durch Androhung und Verhängung von Geldstrafen oder Haft sind innerlich zusammengehörige Begehren. Das gilt auch für die der Exekutionsbewilligung nachfolgende Strafanträge zu den Fragen, ob ein Titelverstoß erfolgte und welche Strafe dafür zu verhängen ist (3 Ob 7/12v mwN).
Entgegen der von der Verpflichteten vertretenen Auffassung widerspricht die Bejahung der Titelverstöße durch das Rekursgericht im vorliegenden Fall nicht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.
Bei der Bewilligung der Unterlassungsexekution gemäß § 355 EO gilt der Grundsatz, dass es für die Frage, ob die Exekution zu bewilligen ist oder ob Strafen zu verhängen sind, nicht darauf ankommt, was der Verpflichtete nach dem Gesetz, sondern darauf was er nach dem Exekutionstitel zu unterlassen hat (RIS-Justiz RS0000279). Nur wenn der Exekutionstitel im Wesentlichen mit dem Wortlaut des Gesetzes übereinstimmt, kann die gesetzliche Bestimmung zu seiner Auslegung herangezogen werden (RIS-Justiz RS0013493). Dass der Wortlaut des den Exekutionstitel bildenden Vergleichs die behaupteten Titelverstöße deckt, ist hier nicht strittig.
Die Verpflichtete wendet vielmehr ein, die die „Geschäftsgrundlage“ des Vergleichs bildende Rechtslage habe sich zwischenzeitig geändert, weshalb der Exekutionstitel (zur Gänze) obsolet geworden wäre. Die Auffassung des Rekursgerichts, diese Einwendungen könnten nicht mit Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung/die Strafbeschlüsse geltend gemacht werden, sondern allenfalls mit Oppositionsklage, steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Nur wenn der Verpflichtete bestreitet, dass der behauptete Sachverhalt rechtlich ein Zuwiderhandeln gegen das titelmäßige Duldungs- oder Unterlassungsgebot bildet, steht ihm dafür der Rekurs zur Verfügung (vgl RIS-Justiz RS0123123). Von welcher Vergleichsgrundlage die Parteien bei Abschluss des nunmehr dem Exekutionstitel bildenden Vergleichs ausgegangen sind, ergibt sich aber nicht aus dem Exekutionstitel selbst. Wenn die Verpflichtete auf die Aussagen des erkennenden Senats zu 3 Ob 78/95 Bezug nimmt, ist darauf zu verweisen, dass dort über eine von der Verpflichteten erhobene Impugnationsklage entschieden wurde. Zu beachten ist überdies, dass die von der Verpflichteten ins Treffen geführte „Änderung der Rechtslage“ (Ausspruch über die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit eines allgemeinen Zugabenverbots durch den Europäischen Gerichtshof) nicht dazu führt, dass der den Exekutionstitel bildende Vergleich zur Gänze obsolet werden könnte, sondern lediglich auf jene Zugabenverstöße zu beschränken ist, welche im Einzelfall eine irreführende, aggressive oder sonst unlautere Geschäftspraxis bilden, sofern in ergänzender Vertragsauslegung anzunehmen ist, dass die Änderung der Rechtslage nach dem hypothetischen Willen der Parteien berücksichtigt werden sollte.
Die von der Verpflichteten beanstandete Schlussfolgerung des Rekursgerichts aus dem Antragsvorbringen der Betreibenden kann schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit iSd § 503 Z 3 ZPO bilden (RIS-Justiz RS0043256).
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