OGH 9Ob21/12x

OGH9Ob21/12x29.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon.‑Prof. Dr. Kuras, Mag. Ziegelbauer, sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj A***** S*****, geboren am *****, in Pflege und Erziehung beim Vater E***** S*****, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs der Mutter E***** C*****, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. Dezember 2011, GZ 45 R 628/11b‑20, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 2. September 2011, GZ 59 Pu 88/10z‑15, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der minderjährige Sohn befindet sich zumindest seit 1. 1. 2011 in Pflege und Erziehung des auch obsorgeberechtigten Vaters.

Das Erstgericht verpflichtete die Mutter, soweit für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung, über Antrag des Vaters ab 1. 1. 2011 zur Zahlung eines Unterhalts an das Kind in Höhe von monatlich 147 EUR. Es stellte fest, dass die Mutter ab diesem Zeitpunkt über ein monatliches Durchschnittseinkommen von 919 EUR verfügt und nur für den Sohn sorgepflichtig ist. Der zuerkannte Unterhaltsbetrag entspreche einem bei einer Durchschnittsbetrachtung für das nahezu vier Jahre alte Kind heranzuziehenden Prozentsatz von 16 % der Bemessungsgrundlage. Der Vater erfülle seine Unterhaltspflicht iSd § 140 Abs 2 ABGB durch Betreuung des Kindes im Haushalt. Die von der Mutter behaupteten monatlichen Aufwendungen insbesondere für die Wohnung seien für die Bemessungsgrundlage nicht zu berücksichtigen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter gegen diesen Beschluss teilweise Folge. Soweit für das Revisionsrekursverfahren maßgeblich, bestätigte es die Entscheidung des Erstgerichts im Umfang der Festsetzung der monatlichen Unterhaltsverpflichtung der Mutter dem Grunde nach in Höhe von 147 EUR ab 1. 1. 2011, und der Verpflichtung der Mutter zur Zahlung des Unterhaltsbeitrags in dieser Höhe ab dem 3. 9. 2011. Die von der Mutter zu tragenden Wohnungskosten in Höhe von 490 EUR inklusive Heizung, Warmwasser und Betriebskosten seien nicht überdurchschnittlich hoch. Sie seien nicht geeignet, die Bemessungsgrundlage zu schmälern.

Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, dass die von der Mutter zu tragenden Wohnkosten im Hinblick auf deren geringes durchschnittliches Nettoeinkommen zur Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit hier für die Bemessungsgrundlage möglicherweise zu berücksichtigen seien.

Gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der monatliche Unterhaltsbeitrag der Mutter ab 1. 1. 2011 in Höhe von 30 EUR festgesetzt und der Leistungsbefehl ab 3. 9. 2011 aufgehoben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Vater beteiligte sich nicht am Revisionsrekursverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Die Bemessung des Kindesunterhalts ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls. Hat das Rekursgericht nicht erkennbar gesetzliche Bemessungsfaktoren missachtet oder gegen den Willen des Gesetzgebers verstoßen, liegt eine zur Anrufung des Obersten Gerichtshofs erforderliche Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht vor (RIS‑Justiz RS0053263). Nur wenn dem Gericht zweiter Instanz bei Anwendung des richterlichen Ermessens ein aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierender Fehler unterlaufen wäre, wäre dies als Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzugreifen (7 Ob 135/11w ua). Mit ihrem Vorbringen, dass die von ihr zu bezahlenden Kosten für das Wohnen in Relation zu ihrem sehr geringfügigen Einkommen als überdurchschnittlich hoch anzusehen und für sie überdies unvermeidbar seien, sodass sie von der Bemessungsgrundlage abzuziehen wären, zeigt die Mutter keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Rekursgerichts auf. Dessen Entscheidung entspricht vielmehr der ständigen Rechtsprechung, dass Wohnkosten wie insbesondere Mietzinse oder Betriebskosten die Unterhaltsbemessungsgrundlage grundsätzlich nicht schmälern können (8 Ob 506/95, 507/95; 3 Ob 28/09b; RIS‑Justiz RS0047508; RS0047453; Gitschthaler, Unterhaltsrecht² Rz 222, 223). Schon daher liegt die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Der Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

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