OGH 5Ob75/12h

OGH5Ob75/12h16.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. B***** M*****, vertreten durch Stingl & Dieter Rechtsanwälte OG in Graz, 2. F***** W*****, vertreten durch Dr. Alexander Klein, Rechtsanwalt in Graz, 3. E***** S*****, 4. R***** S*****, beide *****, 5. E***** H*****, vertreten durch Dr. Klaus Kollmann, Dr. Günter Volk, Dr. Werner Stegmüller, Mag. Rainer Frank, Rechtsanwälte in Graz, 6. E***** K*****, 7. M***** K*****, 8. J***** B*****, 9. V***** B*****, 10. E***** S*****, 11. E***** G*****, 12. E***** A*****, 13. I***** S*****, diese vertreten durch Mag. Dr. Günther Schmied, Mag. Markus Passer, Rechtsanwälte in Graz, 14. A***** S*****, 15. H***** H*****, 16. G***** S*****, 17. I***** R*****, 18. A***** P***** und 19. I***** P*****, beide *****, gegen die Antragsgegner 1. S***** R***** reg.Gen.m.b.H., *****, 2. Dr. S***** P*****, 3. M***** Z*****, 4. G***** Z*****, beide *****, 5. Dr. W***** H*****, 6. E***** H*****, 7. Dr. P***** P*****, 8. Mag. R***** N*****, 9. Dr. E***** P*****, 10. C***** P*****, Zweit- bis Zehntantragsgegner vertreten durch Dr. Marisa Schamesberger, Dr. Günther Millner, Mag. Nicole Matl, Rechtsanwälte in Graz, sowie der weiteren Mit- und Wohnungseigentümer P***** M*****, C***** M*****, beide *****, U***** P*****, *****, H***** H*****, E***** H*****, G***** Z*****, E***** A*****, H***** P*****, F***** P*****, H***** R*****, Mag. H***** H*****, J***** B*****, A***** B*****, L***** F*****, L***** F*****, S***** R*****, S***** R*****, Dr. W***** K*****, G***** S*****, alle *****, S***** B*****, H***** B*****, H***** E*****, H***** C*****, A***** C*****, M***** I*****, W***** H*****, H***** K*****, F***** W*****, E***** S*****, G***** B*****, alle *****, A***** T*****, I***** H*****, T***** H*****, R***** G*****, A***** B*****, E***** B*****, Mag. I***** P*****, I***** H*****, Dr. E***** S*****, Dr. G***** S*****, alle *****, M***** S*****, A***** S*****, F***** K*****, H***** T*****, P***** K*****, M***** W*****, alle *****, wegen § 52 Abs 1 Z 9 WEG iVm § 32 Abs 5 und 6 WEG über die Revisionsrekurse der Erstantragstellerin, des Zweitantragstellers und der Fünftantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 29. Dezember 2011, GZ 7 R 59/11i-31, womit infolge des Rekurses der Viert- bis Zehntantragsgegner der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 28. Jänner 2011, GZ 220 Msch 1/09m-23, aufgehoben wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts wird aufgehoben und in der Sache dahin erkannt, dass der Antrag, wegen erheblich unterschiedlicher Nutzungsmöglichkeiten den Aufteilungsschlüssel hinsichtlich der Aufwendungen für die Tiefgarage der Liegenschaft EZ 2483 Grundbuch ***** nach billigem Ermessen dergestalt neu festzusetzen, dass die Antragsteller zu den Aufwendungen für die Tiefgarage beginnend ab der der Antragstellung nachfolgenden Abrechnungsperiode keine weiteren Beträge zu leisten haben, abgewiesen wird.

Die Antragsteller sind schuldig, den Viert- bis Zehntantragsgegnern die mit 1.255,76 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin 90,14 EUR USt und 714 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Erstantragstellerin, der Zweitantragsteller und die Fünftantragstellerin sind jeweils schuldig, den Viert- bis Zehntantragsgegnern die mit 648,60 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 108,10 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Antragsteller und die Antragsgegner - mit Ausnahme der Erstantragsgegnerin - sind die Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 2483 GB *****. Die Wohnanlage besteht aus den Wohnhäusern *****-Gasse 6, 8, 10, 12, 14 und 16. Weiters ist auf der Liegenschaft eine Tiefgarage mit 28 Abstellplätzen errichtet. Ein Zugang bzw eine Zufahrt zur Tiefgarage ist ausschließlich jenen Wohnungseigentümern möglich, die an Tiefgaragenparkplätzen Wohnungseigentumszubehör begründet haben. Überbauten der Garage sind nicht vorhanden. Die Oberfläche der Tiefgarage ist begrünt. Auf der Liegenschaft befindet sich auch ein größerer Abstellbereich im Freien für PKWs. Bei Festsetzung der Nutzwerte im Jahr 1985 wurden die Anteile jener Wohneinheiten, denen ein Tiefgaragenparkplatz als Zubehör zugeschrieben wurde, um 40 Anteile erhöht.

Bisher wurden die Aufwendungen für die Liegenschaft auf Basis dieser Nutzwertfestsetzung aufgeteilt.

Unmittelbar nach dem Einfahrtstor zur Tiefgarage liegt ein kleiner abgezäunter Bereich, in dem diverse Gartengeräte wie Rasenmäher und dergleichen, die vom Hausbesorger verwendet werden, aufbewahrt werden.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte die Erstantragstellerin die Festsetzung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels hinsichtlich der Aufwendungen für die Tiefgarage der Liegenschaft derart, dass diejenigen Wohnungseigentümer von den Zahlungen (laufende sowie die für die geplante Sanierung) ausgenommen werden, die keinen Tiefgaragenplatz als Wohnungseigentumszubehör zugeordnet haben. Die anderen Wohnungseigentümer hätten keinerlei Nutzungsmöglichkeit an der Tiefgarage, weshalb es der Billigkeit entspreche, diese von den Kosten auszunehmen.

Die im Spruch als Zweit- bis Neunzehntantragsteller bezeichneten Wohnungseigentümer schlossen sich im Verfahren dem Antrag der Erstantragstellerin an. Dementsprechend sind sie - abweichend von den Vorinstanzen - als Antragsteller zu bezeichnen.

Die Erstantragsgegnerin wendete ihre fehlende Passivlegitimation ein. Sie sei nicht Wohnungseigentümerin der Liegenschaft.

Die übrigen Wohnungseigentümer sprachen sich gegen die Stattgebung des Antrags aus bzw gaben dazu keine Erklärung ab. Im Wesentlichen wendeten jene Antragsgegner, die sich am Verfahren beteiligten, ein, für die Abstellplätze in der Tiefgarage erfolge in Form eines Zuschlags zum Nutzwert ohnedies eine dementsprechend höhere Beteiligung an den Gesamtaufwendungen der Liegenschaft. Überdies stehe die Tiefgarage auch dem Hausbesorger für seine Geräte, somit allen übrigen Wohnungseigentümern, zur Verfügung. Auch sei die über der Tiefgarage gelegene Fläche von allen Wohnungseigentümern benützbar.

Das Erstgericht nahm eine Neufestsetzung des Aufteilungsschlüssels für die Aufwendungen der Tiefgarage der Liegenschaft dergestalt vor, dass sämtliche Wohnungseigentümer, die über keinen Tiefgaragenplatz verfügen, von den Kosten der Tiefgaragenaufwendungen auszunehmen seien.

Den unstrittigen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht wie folgt:

Die Berücksichtigung der Tiefgaragenplätze im Parifizierungsverfahren bedeute noch nicht, dass der sich daraus ergebende Verteilungsschlüssel nach Miteigentumsanteilen auch dem Verhältnis der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten entspreche. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass jenen Wohnungseigentümern, deren Wohnungseigentumsobjekt kein Garagenabstellplatz zugeordnet sei, die über keinerlei objektive Nutzungsmöglichkeit der Tiefgarage verfügten, diese mangels Zugänglichkeit nicht einmal betreten könnten, erscheine es billig, sie von der Tragung des Aufwands für die Tiefgarage gänzlich auszunehmen. Somit seien ihre Anteile (gesamt 32.512/80.504) an den Kosten für die Tiefgarage auf die benützungsberechtigten Wohnungseigentümer entsprechend dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile aufzuteilen. Ausgehend davon nahm das Erstgericht eine Neuberechnung eines alle Anteilsgegner (gemeint: alle Wohnungseigentümer, die über einen Abstellplatz verfügten) erfassenden, gesonderten Verteilungsschlüssels für die Tiefgaragenaufwendungen vor.

Dem dagegen von den Antragsgegnern Dr. W***** H*****, E***** H*****, Dr. P***** P*****, Dr. E***** P*****, C***** P*****, Mag. R***** N***** und G***** Z***** (Viert- bis Zehntantragsgegner, vormals Zweit- bis Neuntantragsgegner) erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den angefochtenen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf (der Rekurs des weiteren Antragsgegners Dr. S***** P***** war vom Erstgericht wegen Verspätung zurückgewiesen worden: ON 25).

Das Erstgericht habe bei Beurteilung der Frage, ob im vorliegenden Fall erhebliche Unterschiede in der Nutzungsmöglichkeit der Tiefgarage iSd § 32 Abs 5 WEG einen abweichenden Verteilungsschlüssel rechtfertigten, zu Unrecht den Umstand außer Acht gelassen, dass die Zuordnung der Tiefgaragenplätze als Wohnungseigentumszubehör bereits bei der Nutzwertermittlung Berücksichtigung gefunden habe. Der Rechtssatz, dass Zu- und Abschläge bei der Nutzwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen seien, sei auf Anlagen iSd § 32 Abs 6 WEG zu beschränken. Bei Aufwendungen für allgemeine Teile hingegen sei zu prüfen, inwieweit die Zuweisung entsprechend höherer Nutzwerte ein ausreichendes Äquivalent für die unterschiedliche Nutzungsmöglichkeit darstelle. In diesem Sinn sei in der Entscheidung 5 Ob 107/09k immolex-LS 2009/101, unter Hinweis auf die Entscheidung 5 Ob 81/94 MietSlg 48.502 ausgesprochen worden, dass unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten für ein Objekt schon im Nutzwert und folglich in der Größe des Mindestanteils einen gewissen Niederschlag finden. Dennoch könnte eine Änderung des Aufteilungsschlüssels durch eine erheblich unterschiedliche Entwicklung der Liegenschaftsaufwendungen gerechtfertigt sein. Diesfalls komme eine Änderung des Verteilungsschlüssels auch in Bezug auf Aufwendungen für allgemeine Teile der Liegenschaft in Betracht.

Eine Tiefgarage sei keine Anlage im hier maßgeblichen Sinn. Unter einer „gesondert abzurechnenden Anlage“ iSd § 32 Abs 6 WEG seien nur Gemeinschaftseinrichtungen zu verstehen (RIS-Justiz RS0069987; RS0083204).

Die Tiefgaragenabstellplätze stünden im Zubehörwohnungseigentum, weshalb eine Verpflichtung der betreffenden Wohnungseigentümer bestehe, sie auf ihre Kosten zu warten und instandzuhalten. Die Instandhaltungspflicht umfasse nämlich auch Zubehörwohnungseigentum (RIS-Justiz RS0115914). Davon seien aber nur die eigentlichen Stellflächen betroffen, nicht aber die Erhaltung allgemeiner Teile der Tiefgarage (5 Ob 182/08p wobl 2009/104).

Im vorliegenden Fall sei daher die bei der Nutzwertfestsetzung bereits berücksichtigte unterschiedliche Nutzungsmöglichkeit der Tiefgarage bei Aufteilung der Instandhaltungskosten für allgemeine Teile nicht noch einmal zu berücksichtigen (5 Ob 81/94 MietSlg 48.502). Eine Änderung des Verteilungsschlüssels komme nur dann in Betracht, wenn eine erheblich unterschiedliche Entwicklung der Liegenschaftsaufwendungen dies rechtfertige.

Mit dieser Frage habe sich das Erstgericht bisher nicht auseinandergesetzt. In diesem Zusammenhang hielt es das Rekursgericht für erforderlich, bisher aufgelaufene und zukünftig absehbare Aufwendungen für die Tiefgarage im Verhältnis zu den sonstigen Aufwendungen zu ermitteln. Auch werde zu klären sein, ob hinsichtlich der Parkfläche im Freien unterschiedliche objektive Nutzungsmöglichkeiten bestünden, und gegebenenfalls auch der mit der Parkfläche verbundene Kostenaufwand gesondert darzustellen. Erst auf dieser Basis lasse sich die wirtschaftliche Bedeutung des auf die Tiefgaragenabstellplätze entfallenden Nutzwertanteils bestimmen. Insofern sei noch eine Verfahrensergänzung durch das Gericht erster Instanz erforderlich.

Zum Einwand der Erstantragsgegnerin, ihr komme keine Parteistellung zu, führte das Rekursgericht aus, dass noch zu klären sei, ob die Interessen des Verwalters durch eine Entscheidung über den gegenständlichen Antrag unmittelbar berührt würden. Dann erst könne seine Passivlegitimation geklärt werden.

Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss für zulässig, weil durch höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht ausreichend geklärt sei, inwieweit im Regelungsstreit über die Änderung des Verteilungsschlüssels Zu- und Abschläge bei der Nutzwertfestsetzung maßgeblich seien.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Revisionsrekurse der Erstantragstellerin, des Zweitantragstellers (vormals Viertantragsgegner) und der Fünftantragstellerin (vormals Siebtantragsgegnerin), alle mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses. Hilfsweise wird jeweils eine Aufhebung beantragt.

Die (nunmehr) Viert- bis Zehntantragsgegner (vormals 49.- bis 53.- und 60.- bis 61.-Antragsgegner) beantragten jeweils, die Revisionsrekurse zurückzuweisen, in eventu ihnen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass der Revisionsrekurse war gemäß § 70 Abs 2 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG und § 52 Abs 2 WEG in der Sache selbst zu entscheiden:

Mit den Revisionsrekursen wird das vom Erstgericht angesprochene Verfahrensergebnis angestrebt, jene Wohnungseigentümer, die über keine Rechte an Tiefgaragenparkplätzen verfügen, von den gesamten Aufwendungen für die Tiefgarage freizustellen.

Das zentrale Argument der Rechtsausführungen der Rechtsmittelwerber geht dahin, die Tiefgarage sei als Anlage iSd § 32 Abs 6 WEG zu qualifizieren, weil sie bei objektiver Betrachtung nicht für alle Miteigentümer in gleicher Weise benützbar sei. Es handle sich um einen völlig eigenständigen Baukörper, der nicht mit den Wohnhäusern der Anlage verbunden sei. Ausschließlich nutzungsberechtigt seien nur 28 Wohnungseigentümer.

Auch handle es sich nicht um einen allgemeinen Teil der Liegenschaft, weil die Tiefgarage nach der Zweckwidmung gerade nicht der allgemeinen Benützung diene.

Im Weiteren wird mit der Unbilligkeit einer Aufteilung der Liegenschaftsaufwendungen für die Tiefgarage bei Anwendung des allgemeinen Verteilungsschlüssels des § 32 Abs 1 WEG argumentiert, was sich nicht zuletzt auch aus einer erheblich unterschiedlichen Entwicklung der Liegenschaftsaufwendungen ergebe.

Dem ist zusammengefasst wie folgt zu entgegnen:

1. Zu den Aufwendungen für die Liegenschaft iSd § 32 Abs 1 WEG gehören Bewirtschaftungs- und Erhaltungskosten der auf der Liegenschaft errichteten Gebäude und dort befindlichen Anlagen insoweit sich diese auf allgemeine Teile der Liegenschaft oder gemeinschaftliche Anlagen beziehen und nicht unmittelbar einem einzelnen Wohnungseigentümer die Instandhaltung und Wartung seines Objekts zuzuordnen ist (RIS-Justiz RS0082856; RS0112445; 5 Ob 154/08w immolex 2009/72, 181 [Maier-Hülle]; E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 32 WEG Rz 20).

2. Im letzteren Sinn ist festzuhalten, dass im Zubehörwohnungseigentum stehende Stellflächen einer Tiefgarage - soferne nicht die Voraussetzungen nach § 28 Abs 1 Z 1 WEG vorliegen - in die Erhaltungspflicht des jeweils betroffenen Wohnungseigentümers fallen (5 Ob 182/08p wobl 2009/104 [Vonkilch]). Die Erhaltungspflicht für das Zubehörwohnungseigentum resultiert aus § 16 Abs 3 WEG (5 Ob 181/02g wobl 2003/31 [Call]). Die Abgrenzung zur Erhaltungspflicht hinsichtlich allgemeiner Teile der Liegenschaft erfolgt in sinngemäßer Anwendung des § 3 MRG (5 Ob 154/08w MietSlg 60.477; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht22 II § 16 WEG Rz 45 mwN).

3. Unter „gesondert abzurechnenden Anlagen“ iSd § 32 Abs 6 WEG, also solchen, die eine gesonderte Abrechnung erfordern, sind nur Gemeinschaftseinrichtungen zu verstehen (RIS-Justiz RS0069987; RS0083204; E. M. Hausmann aaO § 32 WEG Rz 53 mwN), bei denen erheblich unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten erkennbar sind (vgl 5 Ob 1/89 MietSlg 40.665; 5 Ob 65/83 EvBl 1984/34 MietSlg 35.639; Würth in Rummel, ABGB3 § 32 WEG Rz 4).

4. Das Bestehen unterschiedlicher Nutzungsmöglichkeiten an der Tiefgarage - fast die Hälfte aller Wohnungseigentümer verfügt über keinen im Zubehörwohnungseigentum stehenden Tiefgaragenplatz und ist von der Benützung mit Ausnahme der Aufbewahrung der Gerätschaften des Hausbetreuers ausgeschlossen - steht unstrittig fest.

5. Dem kommt jedoch nicht die von den Revisionsrekurswerbern unterstellte Bedeutung zu, nämlich dass damit die Voraussetzungen des § 32 Abs 5 oder 6 WEG erfüllt wären. Erheblich unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten kommen allen Wohnungseigentümern an den auf der Liegenschaft errichteten Baulichkeiten schon insofern zu, als Wohnungseigentümern jenes Gebäudes, in dem ihr Wohnungseigentumsobjekt liegt, an einem anderen Objekt derselben Liegenschaft, in dem sich andere Wohnungseigentumsobjekte befinden, keine bzw nur geringfügige Nutzungsmöglichkeiten zukommen. Der auf der Liegenschaft errichtete Garagenbau ist ein Objekt wie die anderen Bauten, woran der Umstand nichts ändert, dass daran nur die Zubehörwohnungseigentümer benützungsberechtigt sind. Dieser Umstand ist nicht als „erheblich unterschiedliche Nutzungsmöglichkeit“ iSd § 32 Abs 5 WEG zu qualifizieren.

6. § 32 Abs 1 WEG normiert eine liegenschaftsbezogene Aufteilung sämtlicher Aufwendungen und unterscheidet nicht danach, welchem oder welchen Wohnungseigentumsobjekten diese konkret dienen. Dieser Verteilungsschlüssel gilt auch bei im Wohnungseigentum stehenden Reihenhausanlagen (vgl 5 Ob 132/95 wobl 1997/73). So sind auch Schäden an Dächern einzelner auf der Liegenschaft befindlicher, im Wohnungseigentum stehender Gebäude mangels schriftlicher Vereinbarung Aufwendungen zur Erhaltung der gemeinsamen Teile der Liegenschaft.

Ein Abgehen von dieser liegenschaftsbezogenen Betrachtungsweise kommt nur im Fall einer schriftlichen Vereinbarung aller Wohnungseigentümer (§ 32 Abs 2 WEG), bei Vorhandensein von Messvorrichtungen durch einen Beschluss von zwei Dritteln der Wohnungseigentümer (§ 32 Abs 3 WEG), bei Messbarkeit des Energieverbrauchs von Gemeinschaftsanlagen durch Mehrheitsbeschluss (§ 32 Abs 4 WEG) oder durch gerichtliche Entscheidung unter den Voraussetzungen des § 32 Abs 5 oder 6 WEG in Betracht.

Dass hier weder unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten iSd Abs 5 noch eine gesondert abzurechnende Anlage iSd Abs 6 leg cit vorliegen, wurde schon dargestellt.

7. Gründe für die Schaffung einer eigenen Abrechnungseinheit infolge des Vorhandenseins von mehr als 50 Wohnungseigentumsobjekten wurden weder geltend gemacht noch sind solche evident. Der Hinweis auf das Ausmaß der jetzt anstehenden Sanierungskosten für die Garage reicht als Grund für eine gesonderte Abrechnungseinheit iSd § 32 Abs 6 WEG nicht aus. Die vom Rekursgericht für notwendig erachteten Ergänzungsaufträge und die dazu angestellten Billigkeitserwägungen sind vom erstinstanzlichen Vorbringen der Antragsteller nicht gedeckt.

Es liegen daher keine gesetzlichen Gründe vor, von der liegenschaftsbezogenen Aufteilungsvorschrift des § 32 Abs 1 WEG durch gerichtliche Entscheidung abzugehen.

Obgleich die Antragsgegner kein Rechtsmittel gegen den zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschluss iSd § 64 Abs 1 AußStrG erhoben haben, war vom Obersten Gerichtshof zufolge § 70 Abs 2 AußStrG bei Spruchreife mit Sachentscheidung vorzugehen. Das Verbot der reformatio in peius gilt diesfalls auch im Außerstreitverfahren nicht (vgl Fucik/Kloiber, AußStrG § 70 Rz 2; Klicka in Rechberger, AußStrG § 70 Rz 2; RIS-Justiz RS0123359).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG. Im Verfahren erster Instanz waren nur von den Vertretern der beteiligten Antragsteller Kosten verzeichnet worden (ON 21).

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