OGH 5Ob132/95

OGH5Ob132/9527.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wohnungseigentumsgemeinschaft der Liegenschaft 1210 Wien C*****, vertreten durch den Verwalter Alfons M*****, Immobilienverwalter und -makler, ***** vertreten durch Dr.Wilhelm Huber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Dr.Wolfhard Z*****, Rechtsanwalt, ***** und 2.) Irene Z*****, Hausfrau, ***** vertreten durch die erstbeklagte Partei, wegen S 199.031,81 s.A., infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 30. November 1994, GZ 13 R 176/94-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 5.Mai 1994, GZ 4 Cg 267/93a-34, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Die Bezeichnung der klagenden Partei wird in "Wohnungseigentumsgemeinschaft Liegenschaft 1210 Wien, C*****" richtiggestellt.

2.) Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte zuletzt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 199.031,81 s.A. und brachte vor, er sei als Hausverwalter von der Mehrheit der Wohnungseigentümer beauftragt, namens und auf Rechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft Arbeiten zur Generalsanierung der Dacheindeckung der Wohnhausanlage *****, durchführen zu lassen. Die Beklagten weigerten sich, die auf sie entfallenden, vorgeschriebenen Anteile an der Instandhaltungsrücklage und für den (vorläufig ermittelten) Aufwand dieser Sanierungsarbeiten zu entrichten, sodaß der Rückstand für den Zeitraum November bis April 1991 samt Zinsen in der Höhe des Klagebegehrens aushafte. Hinsichtlich der begehrten Zinsen von 12 % berief sich der Kläger auf den Verwaltungsvertrag.

Auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses der Hauseigentümer sei mit Wirkung November 1990 die schon damals vorhandene allgemeine Reparaturrücklage um einen Betrag von S 14,- pro Anteil und Monat erhöht worden, sodaß sich die in der Beil./C enthaltenen Erhöhungen gegenüber den beklagten Parteien ergeben hätten. Dieser Betrag werde seitens der klagenden Partei im Namen der Mehrheit der Eigentümer so lange eingehoben, bis der Betrag von S 174.000,- das seien S 1.000,-

pro Anteil, erreicht sei. Dies würde im Oktober 1999 der Fall sein.

Die Beklagten wendeten im wesentlichen ein, daß es sich beim Dach ihres Reihenhauses um keinen gemeinsamen Teil der Liegenschaft handle, vielmehr müsse jeder Wohnungseigentümer die Aufwendungen für sein Dach aus eigenem tragen. Überdies sei das gegenständliche Dach, wie viele andere Däche dieser Wohnhausanlage, nicht schadhaft, weshalb die vorgesehene Generalsanierung nicht als Erhaltungsarbeit, sondern als Verbesserungsmaßnhame im Sinne des § 14 Abs 3 WEG anzusehen sei, wofür die Voraussetzungen fehlten. Weiters bestritten die Beklagten die Fälligkeit und die Richtigkeit des angewendeten Verteilungsschlüssels. Der vom Kläger behauptete Mehrheitsbeschluß zur Rücklagenerhöhung sei nicht ordnungsgemäß zustandegekommen und daher unwirksam.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die beklagten Parteien schlossen am 30.11.1978 mit der "G*****Baugesellschaft m.b.H eine Vereinbarung ab, in welcher es unter anderem heißt:

"I.1. Die G***** ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ***** des

Grundbuches *****, .......... Sie hat diese Grundstücke von der Stadt

Wien mit Kaufvertrag 25.10./11.11.1977 erworben, um auf ihnen eine Reihenwohnhausanlage zu errichten und die einzelnen Objekte in Erfüllung ihrer gemeinnützigen Aufgaben an die von der Stadt Wien zugewiesenen Wohnungswerber zu vergeben.

..........III.1. Der Wohnungswerber bewirbt sich um das aus dem

Lageplan (Beil./A) des Baublockes 3 ersichtliche Objekt mit den Herstellungen, wie sie in der Ausstattungsliste (Beil./B) angeführt sind. Das Objekt besteht aus dem Haus top.Nr.***** mit einer Nutzfläche von ca. 126,22 m2 und dem Gartenanteil von ca. 548 m2. Die Beschaffenheit dieses Objekts ergibt sich aus den vom Wohnungswerber eingesehenen Plänen.

.........

VI.A. Ab dem in der Bekanntgabe der Übernahmebereitschaft genannten Termin ist der Wohnungswerber zur Zahlung des monatlichen Benützungsentgeltes verpflichtet.

B. Die Berechnung und Bezahlung dieses Benützungsentgelts erfolgt nach folgenden Grundsätzen, die auch nach Begründung des Miteigentums und des allfälligen Wohnungseigentums weiter gelten:

1) Sämtliche für die ganze Liegenschaft pro Jahr voraussichtlich anfallenden Kosten sind nach Nutzwerten aufzuteilen, die Aufteilung des Förderungsdarlehens des Landes Wien erfolgt jedoch nach Nutzflächen;

........

C. Zu dem unter Absatz B 1. dieses Vertragspunktes angeführten Kosten

zählen vor allem:

.......

2. Die Betriebskosten (das sind vor allem Steuern, Gebühren und

Abgaben, Versicherungsprämien, Kosten für die Müllabfuhr, sämtliche

mit der Betreuung der allgemeinen Teile der Liegenschaften

verbundenen Auslagen wie Energie- und Wasserzufuhr udgl.);

3. Ein angemessener Beitrag zur Bildung einer Kostenreserve zum

Zwecke der Instandhaltung der gesamten Wohnhausanlage mit allen ihren

Einrichtungen, daher auch Gemeinschaftseinrichtungen, Gehsteigen

udgl., jedoch ohne Berücksichtigung der Instandhaltung der Häuser;

........

VII.1. Die ordnungsgemäße Pflege und Instandhaltung des dem

Wohnungswerber gemäß Punkt III. und IV. übergebenen Objektes im

Inneren sowie die ordnungsgemäße Pflege und Instandhaltung des dort

genannten Hausgartens, der vor seinem Objekt gelegenen Gehsteige und

Gehwege obliegt dem Wohnungswerber auf seine Kosten und Gefahr, die

Pflege und Instandhaltung der Gemeinschaftsflächen solidarisch mit

den übrigen Wohnungswerbern.

.........

IX.1. Die G***** beabsichtigt, die in Punkt II. näher beschriebenen Wohnhausanlage anteilsmäßig im Wohnungseigentum den einzelnen Wohnungswerbern zu übertragen, dies jedoch frühestens nach Erteilung aller Benützungsbewilligungen, der Erstellung der Endabrechnung und Erfüllung aller sich aus dieser Vereinbarung für den Wohnungswerber ergebenden Verpflichtungen.

2. Der Wohnungswerber verpflichtet sich schon jetzt, diesfalls mit der G***** und den übrigen Wohnungswerbern einen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag zu schließen, inhaltlich dessen er von der G***** den der dann geltenden Nutzungswertfestsetzung entsprechenden Mindestanteil an der Liegenschaft erwirbt und mit den übrigen Wohnungswerbern wechselseitig Wohnungseigentum begründet.

.......

4. Im Falle des Abschlusses eines Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages wird dieser als wesentliche Vertragspunkte die in der Beil./D angeführten Bestimmungen enthalten, soweit sich nicht schon aus dieser Vereinbarung für diesen allenfalls künftig zu schließenden Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag Vertragsbedingungen ergeben.

X.1. Gleichgültig in welcher Rechtsform der Wohnungswerber das ihm zu übergebende Objekt letztlich benutzen wird, wird mit der Übergabe des Objekts an ihn eine Benützungsregelung laut Beil./C zu treffen sein, zu deren Abschluß er sich schon jetzt verpflichtet. Diese gilt auch für den Fall der Begründung von Wohnungseigentum weiter und richtet sich eine Abänderung nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes, bedarf aber, solange die G***** oder die von ihr bestellte Verwaltung die Anlage verwaltet deren Zustimmung.

2. Der Wohnungswerber nimmt den Inhalt der Beil./C und ./D hiermit zustimmend zur Kenntnis.

............" (Beil./1).

In der oben erwähnten Benützungsregelung, welche zwischen der G*****

und den beklagten Parteien abgeschlossen wurde heißt es unter

anderem:

"......... I.1. Dem Wohnungswerber steht das durch andere

Wohnungswerber uneingeschränkte und uneinschränkbare Alleinbenützungsrecht an dem Objekt zu, welches im Sinne der mit der G***** über Objekte in der Wohnhausanlage EZ ***** des Grundbuches ***** geschlossenen Vereinbarung übergeben wird.

2. An Wegen, den Gemeinschaftsflächen und den übrigen

Gemeinschaftseinrichtungen besteht das Benützungs- bzw

Mitbenützungsrecht nach Maßgabe dieser Benützungsregelung und

übernimmt der Wohnungswerber der G***** und den anderen

Wohnungswerbern gegenüber gleichzeitig die in dieser

Benützungsregelung vereinbarten Verpflichtungen.

........

VIII.1. Die Kosten und Vergütungen, welche infolge der Betreuung der

Gemeinschaftsanlagen oder Gemeinschaftseinrichtungen entstehen

sollten, fallen sämtlichen Wohnungswerbern und künftigen

Wohnungseigentümern (Miteigentümern) anteilig zur Last, gleichgültig,

ob sie selbst die Gemeinschafts- oder Gemeinschaftseinrichtungen

benützen, für die die Auslagen zu tätigen sind ......." (Beil./4).

In den von der G***** herausgegebenen "Erläuterungen und

Feststellungen zur Vereinbarung" heißt es unter anderem: "Zu Punkt

VI/C/3 und VII/1: Unter "Instandhaltung der Häuser" ist die

Eigenvorsorge für alle Liegenschaftsteile, die gemäß Punkt I.1. der

Benützungsregelung zur alleinigen Nutzung übergeben werden zu

verstehen (im dort zitierten Planausschnitt Blau umrandeter Teil;

z. B. Häuser, Gärten, Grünflächen, Umzäunungen).

........." (Beil./2).

Bezogen auf die beklagten Parteien beinhaltet der Plan mit den dort

genannten blau umrandeten Teile das Haus Nr. 121 samt Garten, welches

von den beklagten Parteien bewohnt wird (Beil./3).

Im Jahre 1985 schlossen die Wohnungseigentumswerber der

Reihenhausanlage, darunter auch die beklagten Parteien,

gleichlautende Kauf- und Wohnungseigentumsverträge ab. In diesen

heißt es unter anderem:

"...........

III. die G***** verkauft und übergibt nunmehr an die in der Tabelle

in Spalte 2 unter laufender Nummer 1 bis 101 genannten Personen - im

nachstehenden stets kurz Käufer genannt - und diese kaufen und

übernehmen von der G***** jeweils die in der Tabelle in Spalte 3

angeführten Miteigentumsanteile an der in Punkt I näher bezeichneten

Liegenschaft EZ ***** KG*****, samt allen rechtlichen und

tatsächlichen Zubehör und mit allen Rechten und Pflichten, mit

welchem die G***** diese Liegenschaft bisher besessen und benützt hat

bzw zu besitzen und zu benützen berechtigt war, um die in Spalte 4

der Tabelle angeführten Eigenmittel Kaufpreise.

........

IV. Die Übergabe und Übernahme der Kaufgegenstände in den

tatsächlichen Besitz und Genuß der Käufer er sollte bereits vor

Unterfertigung dieses Vertrages.

.........

XIII. Die in der Tabelle in Spalte 2 genannten Miteigentümer räumen einander unentgeltlich und wechsel- seitig das Recht auf ausschließliche Nutzung und alleinige Verfügung über die in der Tabelle in Spalte 1 verzeichneten Wohnungseigentumsobjekte im Sinne des § 1 WEG 1975, BGBlNr. 417/75, in der derzeit gültigen Fassung ein, sodaß hiermit ein mit dem Miteigentumsanteil untrennbar verbundenes, gegen Dritte wirksames Recht, nämlich das Wohnungseigentum, begründet wird, dessen Gegenstand die ausschließliche Nutzung und alleinige Verfügung über die in der Tabelle in Spalte 1 verzeichnete Wohnungseigentums- objekte durch den jeweiligen in der Spalte 2 der Tabelle angeführten Käufer (Wohnungseigentümer) darstellt.

..........

XIV. Alle übrigen Teile der Liegenschaft, an welchen gemäß

Vertragspunkt XIII. das Wohnungseigentum nicht begründet wird, bilden

im Verhältnis der in Spalte 3 angeführten Miteigentumsanteile ein

gemeinsames Eigentum aller Miteigentümer.

.........." Auf Grund dieser genannten Verträge sind die beklagten

Parteien als Ehegatten Eigentümer von 174/13672-stel Anteilen der Liegenschaft EZ ***** der KG *****, mit welchen Anteilen Wohnungseigentum an dem Reihenhaus Nr.***** samt Garten 121 verbunden ist.

Das Dach des Reihenhauses Nr. *****, welches von den beklagten Parteien bewohnt wird, ist ein Flachdach mit Kieslage, Hartschaum sowie Bitumenabdeckung.

Die vorgesehene Sanierung laut Beschluß der Mehrheit der Wohnungseigentümergemeinschaft sieht vor, den Dachaufbau bis zur Dichtungsebene abzutragen, auf die bestehende Dichtung eine weitere Lage Bitumenband aufzukleben, die vorhandenen 5 cm Platten wieder aufzulegen und durch eine weitere, 10 cm starke Platte zu verstärken und sodann die Kieslage wieder aufzubringen.

Das Flachdach des Hauses Nr. ***** weist keinerlei Mängel auf und ist nicht sanierungsbedürftig.

Die beabsichtigte Sanierung stellt demgemäß keine Instandsetzung von vorhandenen Mängel dar, sie kann maximal als Verbesserung angesehen werden, wobei die Wirkung der Verbesserung unbedeutend ist.

Neben dem Hausdach der beklagten Parteien sind noch weitere Dächer von Reihenhäusern in der gegenständlichen Anlage nicht saniert.

Rechtlich beurteile das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß es auf Grund der vertraglichen Regelungen den Beklagten obliege, Sanierungsmaßnahmen für das Dach ihres Wohnungseigentumsobjektes aus eigenem zu tragen. Es handle sich dabei nicht um einen Aufwand für die Liegenschaft im Sinne des § 19 Abs 1 WEG. Im übrigen sei das Dach des Wohnungseigentumsobjektes der Beklagten mängelfrei und bedürfe keiner Sanierung, sodaß die beabsichtigten Arbeiten auch nicht der ordnungsgemäßen Erhaltung von gemeinsamen Teilen oder Anlagen der Liegenschaft im Sinne des § 14 Abs 1 Z 1 WEG dienten, worüber die Mehrheit der Wohnungseigentümer entscheiden könne.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes auf, verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Die Abgrenzung zwischen gemeinsamen Teilen und Anlagen der Liegenschaft einerseits und der im Wohnungseigentum stehenden Wohnung und sonstigen Räumlichkeiten andererseits sei auf Grund der im § 14 Abs 1 Z 1 WEG 1975 angeordneten Verweisung auf § 3 MRG vorzunehmen. Nach den hiezu aufgestellten Grundsätzen gehöre zu den allgemeinen Teilen des Hauses nicht nur rein örtlich alles, was sich außerhalb eines Mietgegenstandes befinde (einschließlich der Außenhaut), sondern auch funktionell alles, was nicht einzelnen Mietgegenständen allein diene (vgl Würth/Zingher, Miet- und WohnR19 § 3 MRG Rz 6). Nicht zu diesen allgemeinen Teilen gehörten nur diejenigen, die in Sondernutzung einzelner stünden, wobei insbesondere Anlagen gemeint seien, deren Gebrauch auf Grund von Sondervereinbarungen nur bestimmten Mietern zustehe (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 3 MRG). Die Anführung der gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft stelle dabei keine Einschränkung der Verweisung auf § 3 MRG dar, sodaß auch die Behebung ernster Schäden des Hauses, auch wenn sie innerhalb des Wohnungseigentumsobjektes auftreten, ebenso wie alle damit verbundenen Vor- und Folgearbeiten von der Verweisung erfaßt wären und damit der Gemeinschaft zur Last fielen (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 4a zu § 14 WEG). Soweit die Dachfunktion gestört sei, werde die Behebung von Schäden als Sache der Hausgemeinschaft angesehen (Würth/Zingher, Miet- und WohnR19, § 13 WEG Rz 13). Auch ernste Schäden des Hauses innerhalb des einzelnen Wohnungseigentumsobjektes fielen nach der Rechtsprechung der Gemeinschaft zur Last (vgl MietSlg 41.468), im Zusammenhang mit Feuchtigkeitsschäden in einzelnen Wohnungseigentums- objekten, ohne Rücksicht darauf, ob andere Wohnungseigentumsobjekte davon nicht betroffen waren (vgl auch MietSlg 38.659 und 39.619). Aus den vorliegenden Feststellungen lasse sich nicht ableiten, daß von allen Miteigentümern in Schriftform ein vom § 19 WEG abweichender Verteilungsschlüssel hinsichtlich der Dachreparaturen vereinbart worden wäre (§ 19 Abs 1 Z 2 WEG). Da sich das Wohnungseigentum auf die gesamte Liegenschaft beziehe, sei eine Sonderung der Aufwendungen für selbständige Gebäude oder Trakte nur durch eine solche schriftliche Vereinbarung aller Miteigentümer möglich (vgl Würth in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 19 WEG). Auch eine (formlose) Vereinbarung vor dem 1.9.1975 seien nicht festgestellt worden (Würth aaO, Rz 6).

Dazu komme als Wichtigstes, daß vom Erstgericht die von der klagenden Partei bei der Tagsatzung vom 20.2.1992 vorgenommene Präzisierung außer acht gelassen worden sei, wonach die Klage darauf gestützt werde, daß von der Mehrheit der Wohnungseigentümer eine Erhöhung der Reparaturrücklage beschlossen worden sei, also auf das der Mehrheit zustehende Recht gemäß § 14 Abs 1 Z 3 WEG. Dem stehe lediglich das Minderheitsrecht gemäß § 15 Abs 1 Z 2 WEG entgegen, welches jedoch gemäß § 26 Abs 1 Z 3 WEG nicht im streitigen Rechtsweg, sondern vor dem Außerstreitrichter geltend zu machen sei (vgl Würth in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 16 WEG). Ohne daß auf die weiteren geltend gemachten Berufungsgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens einzugehen sei, erweise sich schon deshalb die Berufung des Klägers im Ergebnis auf Grund der Rechtsrüge im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages als berechtigt. Das Erstgericht habe nämlich auf Grund einer irrigen Rechtsansicht verabsäumt, Feststellungen darüber zu treffen, ob der von der klagenden Partei behauptete Mehrheitsbeschluß zur Erhöhung der Rücklage ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren - allenfalls nach ergänzender Beweisaufnahme - sowohl zu dieser Frage noch Feststellungen zu treffen haben, als bejahendenfalls überdies auch zur Frage der Verzinsung der Klagsforderung. Alle Fragen, die dabei im Zusammenhang mit der Angemessenheit der von der Mehrheit beschlossenen Rücklage auftreten, würden allenfalls - über entsprechenden Antrages der Minderheit - vom Außerstreitrichter zu beantworten sein. Nach den bisherigen Verfahrensergebnissen sei auch der Aufteilungsschlüssel auf Grund des Verhältnisses der Miteigentumsanteile gemäß § 19 Abs 1 WEG gegeben, sodaß vom Erstgericht lediglich die rechnerische Überprüfung der Klagsforderung vorzunehmen sein werde, sollte diese dem Grunde nach zu Recht bestehen.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil "zur vorliegenden Bauweise mit starkem Charakter des Einfamilienhauses eine Rechtsprechung fehle und die vorliegende Problematik über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung" habe.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt werde; in eventu möge die Sache zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werden.

Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zur Berichtigung der Parteienbezeichnung:

Gemäß § 13 c Abs 1 WEG idF des 3.WÄG kommt der Wohnungseigentümergemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft, so auch bei Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen Miteigentümer - wie hier - gleichsam Rechtspersönlichkeit zu. Bezüglich der im Zeitpunkt des Inkrafttretens am 1.1.1994 bereits anhängigen Streitverfahren von der und gegen die Gemeinschaft fehlt eine Übergangsregelung. Da die Gemeinschaft aber kein wirklich neues Recht darstellt, sondern in der Rechtsprechung bereits als "organschaftliches Handeln des Verwalters" vorgeformt war, ist in Verfahren über Klagen des Verwalters, mit denen materiell Forderungen der Gemeinschaft - wie hier - geltend gemacht werden, in jedem Stadium des Verfahrens lediglich die Bezeichnung der klagenden Partei richtigzustellen (Würth/Zingher, WohnR'94, § 13 c WEG Anm 4).

b) Zur Sachentscheidung:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß der Oberste Gerichtshof die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpfte Begründung des angefochtenen Beschlusses für zutreffend erachtet, sodaß er sich mit folgender zusammenfassender Begründung (unter Bedachtnahme auf die Rechtsmittelausführungen der Beklagten) begnügen kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO):

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der das WEG betreffenden Bestimmungen des dritten WÄG (1.1.1994) war das Verfahren in erster Instanz noch anhängig. Mangels besonderer Übergangsbestimmungen betreffend die Aufteilung der Aufwendungen für die Liegenschaft (s Art III Abschnitt II des 3. WÄG) sind die neuen Bestimmungen, die teilweise ohnedies nur eine sprachliche Neufassung der schon bisher geltenden Vorschriften darstellen, auf die hier zu beurteilende Rechtssache voll anzuwenden (Würth/Zingher, WohnR94 § 19 WEG Anm 2). Demnach sind die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage von den Miteigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen, soweit nichts anderes rechtswirksam vereinbart ist (§ 19 Abs 1 WEG).

Diese Aufteilungsregel gilt zwischen den Miteigentümern aller

Liegenschaften, an denen Wohnungseigentum begründet ist, also auch

dann, wenn es sich bei den Wohnungseigentumsobjekten um sogenannte

Reihenhäuser handelt. Es mag schon sein, daß die Begründung von

Wohnungseigentum auf Liegenschaften mit solchen Objekten nicht gerade

den typischen Fall von Wohnungseigentum darstellt, sondern daß man -

worauf die Beklagten hinweisen - mit Faistenberger/Barta/Call,

Kommentar zum WEG, Rz 17 und 18 zu § 1 sagen könnte, man tue durch

die Begründung von Wohnungseigentum für ein freistehendes

Einfamilienhaus dem Wohnungseigentum "etwas Gewalt" an. In diesem

Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, daß es sich hier um ein

Reihenhaus, und nicht um ein gänzlich freistehendes Einfamilienhaus

handelt. Insgesamt ändert auch die Aussage der genannten

Literaturstelle nichts daran, daß im Falle der - durchaus zulässigen

- Begründung von Wohnungseigentum an solchen Objekten auch die für

Wohnungseigentumsobjekte geltenden Regeln anzuwenden sind.

Eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz betreffend die Aufteilung der

Aufwendungen ist nur unter den Voraussetzungen des § 19 Abs 2 WEG

(schriftliche Vereinbarung aller Wohnungseigentümer) oder des § 19

Abs 3 und 4 WEG (rechtsgestaltende Entscheidung durch den

Außerstreitrichter mit Wirkung der dem Antragstag folgenden

Abrechnungsperiode) möglich. Der letztgenannte Fall ist hier bisher

nicht eingetreten.

Wenn das Berufungsgericht - ausgehend von einer richtigen Rechtsansicht - eine Verbreiterung der Tatsachengrundlage zur entscheidenden Frage der Vereinbarung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels bloß betreffend die Instandhaltung der Reihenhäuser selbst, insbesondere der Dächer derselben, für angebracht erachtet, so kann dem der Oberste Gerichtshof, der selbst nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (MGA JN-ZPO14 § 519 ZPO/E 49). Es sei in diesem Zusammenhang aber darauf hingewiesen, daß das Berufungsgericht zutreffend erkannte, daß sich aus den bisherigen Feststellungen eine solche Vereinbarung aller Miteigentümer nicht ergibt, und zwar schon deswegen nicht, weil nur der Inhalt der mit dem Beklagten getroffenen Vereinbarung festgestellt wurde.

Sowohl ein Beschluß der Mehrheit (§ 14 Abs 1 Z 2 WEG) über die Höhe

der Instandhaltungsrücklage als auch die bis zur Fassung eines

diesbezüglichen Mehrheitsbeschlusses vom Verwalter im Rahmen der ihm

auch insofern obliegenden ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft

angeordneten Höhe der Rücklage bindet die Minderheit solange, als

nicht durch rechtsgestaltenden Beschluß des Außerstreitrichters mit Wirkung ex nunc die Herabsetzung derselben verfügt wurde (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 16 WEG). Auf die Fassung eines solchen Mehrheitsbeschlusses kommt es daher im allgemeinen nicht am (MietSlg 42.446/5). Da sich jedoch der Kläger auf einen solchen Mehrheitsbeschluß berief und daher sein Begehren nicht auf eine aus eigener Machtvollkommenheit des Verwalters vorgenommene Vorschreibung stützt, kommt es auch auf das wirksame Zustandekommen eines solchen Mehrheitsbeschlusses an.

Schließlich unterliegt es auch keinen Zweifel, daß die Kosten für die

Behebung von Schäden an den Dächern der auf einer Liegenschaft

befindlichen Gebäude Aufwendungen sind, die der ordentlichen Erhaltung der gemeinsamen Teile der Liegenschaft dienen (§ 14 Abs 1 Z 1 WEG, der insofern nur eine Formulierung des bisher in Geltung gestandenen Rechtes darstellt - siehe Würth/Zingher, WohnR94 § 14 WEG Anm 1).

Daher haben alle Miteigentümer der Liegenschaft diese Aufwendungen

unabhängig davon, ob ihr Objekt betroffen ist oder nicht, nach dem

geltenden Aufteilungsschlüssel zu tragen. Im übrigen ist aber darauf

hinzuweisen, daß es in diesem Verfahren primär gar nicht darum geht,

ob die endgültig durchgeführten Arbeiten bloß Erhaltungsarbeiten oder selbst bei großzügiger Auslegung dieses Begriffes als Verbesserungsarbeiten anzusehen sein werden, weil hier nur zu entscheiden ist, mit welchen Anteilen die Beklagten zur Aufbringung einer Instandhaltungsrücklage - darum handelt es sich letztlich bei allen vom Kläger begehrten Beträgen - beizutragen haben.

Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO. Die endgültige Entscheidung darüber, wer letztlich die Kosten des Rekursverfahrens zu tragen hat, war trotz Erfolglosigkeit des Rekurses der Beklagten der Endentscheidung vorzubehalten, weil die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes für den weiteren Verfahrensgang durch Klarstellung der Rechtslage von Bedeutung ist.

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