OGH 3Ob7/90

OGH3Ob7/9028.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dipl.Ing. Günter F***, Professor einer HTL, Innsbruck, Schützenstraße 46g, vertreten durch Dr. Gerhard Ebner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die verpflichtete Partei W***, Tiroler Gemeinnützige Wohnbau Gesellschaft m.b.H., Innsbruck, Südtirolerplatz 6-8, vertreten durch DDr. Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Erwirkung einer Rechnungslegung, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 25.August 1989, GZ 2 a R 354/89-58, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 5.Juni 1989, GZ 7 d E 8096/84-54, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird, soweit er nicht schon vom Gericht zweiter Instanz zurückgewiesen wurde, Folge gegeben und der angefochtene Beschluß in seinem Punkt 2 (Entscheidung über den Aufschiebungsantrag der verpflichteten Partei) dahin abgeändert, daß der Punkt 3. des Beschlusses des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen und ist schuldig, der verpflichteten Partei binnen vierzehn Tagen die mit 1.977,66 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 329,60 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Vorgeschichte des vorliegenden Exekutionsverfahrens läßt sich dahin zusammenfassen, daß die verpflichtete Partei als Verwalter gemäß § 17 WEG nach einem Sachbeschluß vom Jahr 1983 der betreibenden Partei als einem von vielen Miteigentümern ordentliche Rechnungen über die Hypothekentilgung für die Jahre 1975 bis 1981 zu legen hat. Das Exekutionsverfahren zur Erzwingung dieser Verpflichtung war wiederholt infolge eingebrachter Oppositionsklagen aufgeschoben worden, wobei die verpflichtete Partei immer wieder zusätzliche Unterlagen über die Hypothekentilgung durch die betreibende Partei zur Verfügung stellte, nie jedoch die einzelnen Daten und Belege über die Hypothekenrückzahlungen der übrigen Miteigentümer. In einigen Vorentscheidungen wurde aber gerade auch dies als Bestandteil der Rechnungslegungspflicht der verpflichteten

Partei erklärt (3 Ob 20/86 = MietSlg 38.640 = ImmZ 1987, 57;

5 Ob 77/87 = WOBl 1988, 146 Äzust CallÜ; 3 Ob 186/88).

Nunmehr brachte die verpflichtete Partei neuerlich eine Oppositionsklage ein, in der kurz zusammengefaßt folgende Klagsgründe geltend gemacht werden:

Die verpflichtete Partei habe durch eine neuerliche Ergänzung ihrer Abrechnungsunterlagen den betriebenen Anspruch erfüllt. Die betreibende Partei sei wiederholt fruchtlos aufgefordert worden, anzugeben, welche konkreten Aufschlüsse sie noch wünsche. Eine Abrechnung über die laufenden Zahlungen im Rahmen der Tilgung des Gesamtdarlehens habe die verpflichtete Partei freilich nicht vorgenommen. Dazu sei sie aber deshalb nicht mehr verpflichtet, weil die betreibende Partei in den Jahren 1985 und 1988 ihren Anteil an dem Globaldarlehen zurückbezahlt habe, worauf die Mithaftung ihres Anteiles für den noch offenen restlichen Gesamtdarlehensbetrag gelöscht worden sei. Dadurch sei das Rechtsschutzinteresse der betreibenden Partei an der Erfüllung dieses Teils der Abrechnungspflicht beseitigt worden. Ein solches Interesse könnte nur dann bestehen, wenn die betreibende Partei je zur Zahlung für andere Miteigentümer herangezogen worden wäre, oder wenn die verpflichtete Partei, die bei säumigen Miteigentümern immer in Vorlage getreten sei, hieraus Ansprüche gegen die betreibende Partei abgeleitet hätte, was alles nie der Fall gewesen sei. Wenn die betreibende Partei weiterhin auf der Erzwingung dieses Teils der Rechnungslegung beharre, stelle dies unzulässige Schikane dar. Die volle Erfüllung der Rechnungslegungspflicht sei aber für die verpflichtete Partei auch praktisch unmöglich geworden, weil sie die Verwaltung nicht mehr führe und eine genaue Ermittlung, wann und wie alle 104 Wohnungseigentümer ihre einzelnen Zahlungen geleistet haben, die Beschäftigung einer qualifizierten Buchhaltungskraft durch mehrere Monate erfordern würde, was unzumutbar sei. Das Erstgericht ging auf Grund dieses Klagsinhaltes davon aus, daß zwar die behauptete Erfüllung und der Wegfall des Rechtsschutzinteresses sowie der Schikaneeinwand aussichtslose Klagsgründe darstellten. Für die behauptete Unerschwinglichkeit könne dies aber nicht ohne weiteres angenommen werden. Es bewilligte daher die beantragte Aufschiebung gegen Erlag einer Sicherheit von 15.000 S (Punkt 3 des Beschlusses des Erstgerichtes). Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Aufschiebungsantrag der verpflichteten Partei abgewiesen wurde, und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteige.

Das Gericht zweiter Instanz war der Ansicht, daß die vorliegende Oppositionsklage aussichtslos sei. Der Umstand der Löschung der Pfandhaftung bedeute noch nicht, daß kein Interesse an der Abrechnung für den früheren Zeitraum bestehe. Nur durch die Rechnungslegung könne die betreibende Partei beurteilen, ob sie nicht doch zu Leistungen für andere Miteigentumsanteile herangezogen wurde und ob die verpflichtete Partei alle Zahlungen immer ordnungsgemäß weitergeleitet habe. Abgesehen davon sei der Umstand der Löschung nicht aktenkundig. Die geltend gemachte wirtschaftliche Unerschwinglichkeit werde nicht auf Tatsachen gestützt, die erst nach Entstehung des Exekutionstitels eingetreten seien, zumindest stelle die verpflichtete Partei in ihrer Klage dazu keine Behauptungen auf. Ein Erfolg der Oppositionsklage sei daher zumindest zweifelhaft und wenig wahrscheinlich.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Wie der erkennende Senat in letzter Zeit wiederholt ausgesprochen hat, kann die Aufschiebung nach § 42 Abs 1 Z 5 EO nicht schon dann verweigert werden, wenn der Erfolg der angebrachten Oppositionsklage zweifelhaft oder wenig wahrscheinlich ist, wohl aber dann, wenn die Klageführung mit hoher Wahrscheinlichkeit als aussichtslos zu beurteilen ist (3 Ob 64/88; 3 Ob 1047/88; 3 Ob 175/88 = RdW 1989, 160; 3 Ob 56/89).

Diese Voraussetzung ist aber im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Wenn die Behauptung der verpflichteten Partei über die Löschung der Pfandhaftung der betreibenden Partei zutrifft; wenn sich schon aus den der betreibenden Partei übermittelten Abrechnungen ergäbe, daß die betreibende Partei immer nur für die auf sie selbst entfallenden Annuitäten in Anspruch genommen wurde und nie Zinsenzahlungen an die verpflichtete Partei für von dieser für die Miteigentümer vorgestreckte Beträge leisten mußte; und wenn die

verpflichtete Partei auch für die Zukunft auf eine solche Forderung

verzichtete; dann könnte der Anspruch der betreibenden Partei im noch strittigen Teil durch nachträglichen Wegfall eines Rechtsschutzbedürfnisses berechtigt sein. In einem solchen Fall wäre die weitere Betreibung der Exekution wegen Änderung der Verhältnisse nachträglich schikanös geworden, was mit Oppositionsklage geltend gemacht werden kann. Schikane iSd § 1295 Abs 2 ABGB liegt nach neuerer Auffassung nicht nur dann vor, wenn erwiesen ist, daß die Schädigungsabsicht den einzigen Grund der Rechtsausübung bildet, also demjenigen, der sein Recht ausübt, jedes andere Interesse abgesprochen werden muß als eben das Interesse, dem anderen Schaden zuzufügen (so noch SZ 56/46). Eine mißbräuchliche Rechtsausübung liegt vielmehr schon vor, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein krasses Mißverhältnis besteht

(EvBl 1987/49 = WBl 1987, 37 Äzust Wilhelm, WBl 1987, 34Ü; 5 Ob 630/89) oder wenn der Schädigungszweck so sehr augenscheinlich im Vordergrund steht, daß andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten (3 Ob 566/89; ähnlich auch Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 59 zu § 1295 mwN).

Es ist richtig, daß der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 5 Ob 45/83 (= MietSlg 35.628) ausgesprochen hat, das Begehren eines Wohnungseigentümers auf ordnungsgemäße Abrechnung sei selbst dann nicht schikanös, wenn er inzwischen die Richtigkeit der inhaltlich unzureichenden Abrechnung festgestellt habe. Dies wurde damit begründet, daß es für einen Wohnungseigentümer von Interesse sein kann, zu wissen, ob der Verwalter das gemeinsame Eigentum pflichtgemäß verwaltet und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit beachtet hat, was dann von Bedeutung sein kann, wenn der Wohnungseigentümer zB die Abberufung des Verwalters erwägt, wenn er für die Vergangenheit Schadenersatzansprüche an den Verwalter trotz richtiger Rechnung stellen will und dergleichen mehr. Wenn aber der Verwalter ohnedies schon abgelöst wurde, keinerlei Anhaltspunkte für eine mißbräuchliche Inanspruchnahme des betroffenen Miteigentümers gegeben sind, und andererseits eine für die betreibende Partei praktisch bedeutungslos gewordene Erfüllung der Abrechnungspflicht durch die verpflichtete Partei wenn schon nicht unerschwinglich, so doch mit ungewöhnlich hohen Mühen und Kosten verbunden wäre, dann müßte im vorliegenden Fall ein Rechtsmißbrauch im Sinne der obigen Auffassung doch bejaht werden. Daß inzwischen die Oppositionsklage in erster Instanz abgewiesen wurde, steht einer anderen Beurteilung derselben durch das dortige Berufungsgericht nicht entgegen. Maßgebend sind im übrigen die Verhältnisse zur Zeit der Entscheidung der ersten Instanz über den Aufschiebungsantrag.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm mit den §§ 41 und 50 ZPO. Die Kostenbemessungsgrundlage beträgt mangels anderer Anhaltspunkte gemäß § 14 lit c RATG nur 10.000 S.

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