OGH 9ObA121/11a

OGH9ObA121/11a27.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Dr. Klaus Mayr in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei v***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei J***** L*****, vertreten durch Rechtsanwälte Weixelbaum, Humer & Partner OG in Linz, wegen Zustimmung zur Entlassung gemäß § 122 ArbVG, in eventu Kündigung, infolge der außerordentlichen Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Juli 2011, GZ 12 Ra 33/11a-27, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist gegen das Urteil des Berufungsgerichts die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtsicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Eine Rechtsfrage von dieser Qualität zeigt die Revision der Klägerin, die die gerichtliche Zustimmung zur Entlassung, in eventu Kündigung des seit 1986 als Mitglied des Arbeiterbetriebsrats und zuletzt als Betriebsratsvorsitzender tätigen Beklagten begehrt, nicht auf:

Selbst wenn man ihr darin folgt, dass beharrliche Pflichtverletzungen als Kündigungsgrund iSd § 121 Z 3 ArbVG nicht erst dann in Betracht kommen, wenn sie auch die Voraussetzungen für eine Entlassung erfüllen (so Trost in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 121 Rz 47, 49), sondern - wie schon zu 8 ObA 204/94 (RIS-Justiz RS0051320) ausgeführt - den Betriebsinhaber auch dann zur Kündigung des Betriebsratsmitglieds berechtigen können, wenn sie nicht so schwerwiegend sind, dass sie die Entlassung rechtfertigen und ihm aus Gründen der Arbeitsdisziplin seine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar ist (ebenso Winkler in Tomandl, ArbVG § 121 Rz 35; Weiß, Der besondere Bestandschutz von Arbeitsverhältnissen, 33 Rz 69), so ist daraus für die Klägerin schon deshalb nichts gewonnen, weil es mangels einer Abmahnung des Beklagten an der für diesen Kündigungsgrund erforderlichen Beharrlichkeit fehlt (RIS-Justiz RS0115138 ua).

Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass das Verhalten und die Äußerung des Beklagten gegenüber der Sekretärin („Dich zwinge ich auch noch in die Knie“; sie solle sich „schleichen“/„putzen“) im Gesamtzusammenhang damit zu sehen sind, dass er angesichts von Unregelmäßigkeiten etwa bei Prämienzahlungen, Fahrtkostenabrechnungen oder Gutscheinentnahmen innerhalb des Betriebsratskollegiums die Gebarung des Betriebsratsfonds prüfen wollte und von der Sekretärin insofern provoziert wurde, als sie ihn in seiner Funktion als Betriebsratsvorsitzenden nicht als Chef akzeptierte, ihn „anrennen“ ließ, illoyal war, zur gegnerischen Betriebsratsgruppe tendierte, seine Anweisungen immer wieder hinterfragte und seine Gesprächsversuche zu Mobbingvorwürfen abblockte. Angesichts dieser Umstände hätte seine schon durch die mehrfache Gesprächsbereitschaft bezeugte Einsichtsfähigkeit eine Verwarnung auch nicht von vornherein sinnlos (vgl RIS-Justiz RS0060669) und damit verzichtbar gemacht.

Nach den Umständen des Falls ist auch keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung darin zu sehen, dass das Berufungsgericht die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Beklagten iSd § 121 Z 3 ArbVG ua deshalb verneinte, weil sein Kontakt zur Sekretärin seit seiner Abwahl als Betriebsratsvorsitzender minimiert ist.

All dies schließt auch den Entlassungsgrund der erheblichen Ehrverletzung iSd § 122 Abs 1 Z 5 ArbVG, die eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen Betriebsratsmitglied und Betriebsinhaber nicht mehr erwarten ließe, aus.

Die Revision ist daher zurückzuweisen.

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