OGH 3Ob4/12b

OGH3Ob4/12b22.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen R*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Betroffenen, vertreten durch den Sachwalter R***** und der Einschreiter 1. R*****, 2. A*****, alle vertreten durch Dr. Michael Seifner, öffentlicher Notar in Mattersburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. Mai 2011, GZ 45 R 18/11x‑67, womit dem Rekurs des Sachwalters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 22. November 2010, GZ 1 P 81/10i‑42, nicht Folge gegeben und der Rekurs der Einschreiter gegen diesen Beschluss zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Dem Revisionsrekurs der Einschreiter wird nicht Folge gegeben.

2. Dem Revisionsrekurs des Betroffenen wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Über Anregung seines Sohnes wurde dieser mit Beschluss des Erstgerichts vom 12. Februar 2010 für den im Jahr 1936 geborenen Betroffenen zum Verfahrenssachwalter und mit sofortiger Wirkung zum einstweiligen Sachwalter zur Besorgung der Vertretung vor Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern, zur Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten und zur Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen, bestellt.

Nach Einholung eines psychiatrischen‑neurologischen Gutachtens wurde der Sohn des Betroffenen für eben diese Angelegenheiten mit Beschluss des Erstgerichts vom 3. Mai 2010 zum Sachwalter gemäß § 268 Abs 3 Z 2 ABGB bestellt.

Aus dem Gutachten ergibt sich, dass beim Betroffenen als Folge von Schlaganfällen, die auch zu einem der Parkinsonischen Erkrankung ähnlichen gefäßbedingten Zustandsbild führten, Einschränkungen im Kurz‑ und Langzeitgedächtnis, ein leichter hirnorganischer Intelligenzabbau mit Herabsetzung der kalkulatorischen Leistungen und eine leichte Reduktion der Fähigkeit, komplexe Sachverhalte zu erfassen, auftraten.

Am 2. August 2010 beantragte der Sachwalter die pflegschaftsbehördliche Genehmigung eines vom Betroffenen persönlich am 7. September 2009 mit den nunmehrigen Einschreitern geschlossenen Kaufvertrags, bezogen auf zwei näher bezeichnete Grundstücke einer dem Betroffenen gehörigen Liegenschaft, und die Genehmigung eines am 4./15. Dezember 2009 vereinbarten Nachtrags zu diesem Kaufvertrag samt Treuhandvereinbarung. Bei letzterer Vereinbarung war der Betroffene aufgrund einer am 7. September 2009 erteilten Vollmacht von seinem Sohn, dem nunmehrigen Sachwalter, vertreten.

Der Sachwalter brachte im Genehmigungsantrag vor, der Betroffene habe bei der Erstanhörung durch das Gericht am 9. Februar 2010 insgesamt nur relativ wenig geistig beeinträchtigt gewirkt. Aus dem Gutachten ergebe sich nicht, seit wann die geistige Beeinträchtigung bestanden habe. Habe aber das Gericht bei der Erstanhörung, die etwa ein halbes Jahr nach Vertragsschluss und Vollmachtsunterzeichnung stattgefunden habe, festgestellt, dass der Betroffene relativ wenig geistig beeinträchtigt scheine, sei anzunehmen, dass der Betroffene zum maßgeblichen Zeitpunkt der Unterzeichnung von Kaufvertrag und Vollmacht die erforderliche Geschäftsfähigkeit aufgewiesen habe.

Das Erstgericht wies ‑ soweit für das Revisionsrekursverfahren von Relevanz ‑ den Antrag ab. Es vertrat die Auffassung, dass unbewegliches Gut nur im Notfall oder zum offenbaren Vorteil des Betroffenen veräußert werden dürfe. Die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung eines Liegenschaftskaufvertrags könne nur dann erfolgen, wenn zumindest der Verkehrswert der Liegenschaft bekannt sei. Das sei nicht der Fall.

Gegen diesen Beschluss erhoben der Betroffene, vertreten durch den Sachwalter, und die Vertragspartner jenes Kaufvertrags samt Nachtrag, der Gegenstand des Genehmigungsverfahrens ist, (in der Folge: Einschreiter) Rekurs.

Im Rekurs verwiesen die Rekurswerber darauf, dass der Betroffene noch bei der Erstanhörung relativ wenig geistig beeinträchtigt gewirkt habe. Auch unter dem Aspekt der Durchsetzung der Ansprüche aus dem Kaufvertrag der Käufer und das damit verbundene Kostenrisiko wäre eine Auseinandersetzung mit der Geschäftsfähigkeit des Käufers bei Abschluss des Kaufvertrags mit einem Kostenrisiko verbunden. Im Übrigen sei zu bedenken, dass am 7. September 2009 lediglich die Unterzeichnung der Kaufvertragsurkunde erfolgt sei; bereits einige Zeit (etwa 3 Monate) davor sei zwischen dem Betroffenen und den Einschreitern eine mündliche grundsätzliche Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis erfolgt.

Das Rekursgericht wies den Rekurs der Einschreiter zurück, gab dem Rekurs des Betroffenen nicht Folge und bestätigte den Beschluss des Erstgerichts mit der Maßgabe, dass der Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung des Kaufvertrags vom 7. September 2009 sowie des Nachtrags vom 4./15. Dezember 2009 zurückgewiesen wird. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtlich vertrat das Rekursgericht die Auffassung, dass es den Einschreitern im Sachwalterschaftsverfahren an der Parteistellung und somit an der Rechtsmittellegitimation fehle.

Der Kaufvertrag, auf den sich der Genehmigungsantrag beziehe, sei ebenso wie dessen Nachtrag vom Betroffenen zu einem Zeitpunkt geschlossen worden, als noch kein Sachwalterschaftsverfahren eingeleitet worden sei. Dem Pflegschaftsgericht obliege lediglich die Genehmigung von Rechtsgeschäften, die während einer aufrechten Sachwalterschaft geschlossen worden seien. Für Rechtsgeschäfte, die eine später unter Sachwalterschaft stehende Person vor Einleitung des Verfahrens geschlossen habe, sei im Rahmen des Sachwalterschaftsverfahrens vom Sachwalter bzw dem Pflegschaftsgericht lediglich eine Beurteilung dahin anzustellen, ob der Betroffene im Zeitpunkt des Abschlusses dieses Rechtsgeschäfts noch voll geschäftsfähig gewesen sei. Auch wenn sich im Anlassfall im Hinblick auf § 94 GBG für das Grundbuchsgericht im Rahmen des Antrags auf Einverleibung des Eigentumsrechts, gegründet auf den vorliegenden Kaufvertrag und seinen Nachtrag, Bedenken ergeben hätten, bedeute das nicht, dass das Sachwalterschaftsgericht zur nachträglichen Genehmigung von Verträgen berufen sei. Allenfalls käme eine Überprüfung der Wirksamkeit derartiger Verträge durch den jeweiligen Sachwalter oder/und das Pflegschaftsgericht bzw eine allenfalls daran anschließende Anfechtung eines derartigen Vertrags wegen Nichtigkeit im Falle einer bereits im Vertragszeitpunkt vorliegenden Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen in Betracht. Das wäre dann allenfalls vom Pflegschaftsgericht in die Wege zu leiten bzw eine etwaige darauf gerichtete Klageführung im Genehmigungsverfahren zu beurteilen. Im konkreten Fall würden sich aus dem derzeit vorliegenden Akteninhalt jedoch keine Hinweise darauf ergeben, wann die Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen eingetreten sei, zumal es sich bei der die derzeitige psychische Beeinträchtigung des Betroffenen auslösenden Erkrankung offensichtlich um ein plötzliches Ereignis gehandelt habe. Die Einschränkung der Geschäftsfähigkeit trete erst mit Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses ein. Eine zuvor erteilte Vollmacht oder ein geschlossener Vertrag verlören nicht ihre Wirksamkeit. Es bedürfe daher auch keiner pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung. Dem Pflegschaftsgericht bleibe es unbenommen, bei allfälligen Bedenken gegen die damals vorliegende Geschäftsfähigkeit des Betroffenen entsprechende Maßnahmen im Sinne des Fürsorgegedankens in die Wege zu leiten. Der Rekurs des Betroffenen (gemeint: der Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung) sei daher mangels Rechtsschutzinteresses zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Betroffenen und den Einschreitern erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil es einer Auseinandersetzung damit bedarf, inwieweit dem Pflegschaftsgericht die nachträgliche Genehmigung von Rechtsgeschäften obliegt, die der Betroffene vor Bestellung des Sachwalters selbst geschlossen hat. Es bedarf ferner einer Auseinandersetzung mit der Frage der Parteistellung der Vertragspartner des Betroffenen im Verfahren auf nachträgliche Genehmigung eines vor Sachwalterbestellung geschlossenen Vertrags.

Der Revisionsrekurs der Einschreiter ist nicht berechtigt, jener des Betroffenen ist im Sinne des gestellten Eventualantrags auf Aufhebung berechtigt.

Im Revisionsrekurs macht der Sachwalter zusammengefasst geltend, dass nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung das Pflegschaftsgericht eine „inhaltliche Entscheidung“ zu treffen habe, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Betroffene ein nachteiliges Geschäft abgeschlossen habe und der Verdacht bestehe, dass der Mangel der Geschäftsfähigkeit schon zum Zeitpunkt der Vornahme dieses Geschäfts bestanden habe. Durch Abschluss des Kaufvertrags sei ein Anspruch der Käufer (Einschreiter) auf Verschaffung von Eigentum an der Liegenschaft entstanden. Dieser Anspruch sei, solange der zur Genehmigung vorgelegte Vertrag nicht grundbücherlich durchgeführt worden sei, nicht erfüllt. Die Verbücherung dieses Vertrags könne im Hinblick auf das nach Vertragsschluss eingeleitete Sachwalterschaftsverfahren nicht erfolgen. An einer kostenaufwändigen Vertragsanfechtung im Streitverfahren seien die Vertragsteile offenbar nicht interessiert. Im Antrag liege daher ein Anerkenntnis (des Sachwalters) der mit dem Kaufvertrag begründeten Pflichten. Das Pflegschaftsgericht habe daher unter Einbeziehung aller Eventualitäten abzuwägen, ob das Festhalten am Vertrag zu genehmigen sei.

Die Einschreiter begründen ihre Rechtsmittellegitimation im Rekursverfahren damit, dass der Vertragspartner des Geschäftsunfähigen zwar kein Recht auf Genehmigung oder Nichtgenehmigung des Vertrags habe; wohl aber ein Recht auf eine inhaltliche Entscheidung des Pflegschaftsgerichts, weil im Fall der Zurückweisung eines auf Genehmigung eines Vertrags gerichteten Antrags die Vertragspartner des Betroffenen unmittelbar in ihrer rechtlich geschützten Stellung beeinträchtigt würden.

Dazu wurde erwogen:

I. Zum Revisionsrekurs der Einschreiter:

1. Nach herrschender Ansicht kommt dem Vertragspartner des Pflegebefohlenen, dessen Schutz seiner rechtlichen Stellung gerade nicht Verfahrenszweck des Pflegschaftsverfahrens ist, kein Recht zu, die pflegschaftsgerichtliche Entscheidung über die Genehmigung bzw die Versagung der Genehmigung eines mit dem Pflegebefohlenen geschlossenen Vertrags zu bekämpfen (6 Ob 286/05k; 6 Ob 173/07w; RIS‑Justiz RS0006157; RS0006207; RS0006210; RS0123647; RS0006225; Mayr/Fucik, Das neue Verfahren Außerstreitsachen3 [2006] Rz 88; Nademleinsky in Schwimann/Kodek, ABGB4 I § 154 Rz 17; Barth/Ganner, Handbuch des Sachwalterrechts2 [2010] 593). An dieser Auffassung hat der Oberste Gerichtshof trotz der daran geübten Kritik von Klicka (ua in Entscheidungsanmerkung zu JBl 2002, 466 betreffend die Genehmigung eines Kaufvertrags mit der Konkursmasse im Konkursverfahren) festgehalten (6 Ob 173/07w; 6 Ob 286/05k). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, die im Übrigen der in den Materialien ausdrücklich geäußerten Meinung des Gesetzgebers entspricht (vgl ErlRV BlgNR 224 22. GP, 23), sieht sich der Senat nicht veranlasst.

2. Entgegen der Auffassung der Einschreiter gilt dieser Grundsatz auch dann, wenn es ‑ wie im Anlassfall ‑ nicht um die gerichtliche Genehmigung eines vom Sachwalter mit einem Dritten geschlossenen Vertrags geht, sondern darum, ob ein vom Betroffenen selbst vor Einleitung des Sachwalterschaftsverfahrens geschlossener Vertrag der nachträglichen Genehmigung des Gerichts bedarf bzw dieser Genehmigung überhaupt zugänglich ist:

2.1 Auch wenn, wie noch darzulegen sein wird, nicht nur die Genehmigung der in den zeitlichen Rahmen eines Pflegschaftsverfahrens fallenden Rechtsgeschäfte in die Aufgaben des Pflegschaftsgerichts fällt, kann die Handlungsfähigkeit einer unter Sachwalterschaft stehenden Person in der Zeit vor der Bestellung des Sachwalters immer nur im Prozess mit bindender Wirkung entschieden werden (2 Ob 116/98t = RIS‑Justiz RS0049066 [T4]; Barth/Ganner, Sachwalterrecht 590; s auch RIS‑Justiz RS0110082).

2.2 Daraus ergibt sich aber, dass die Beurteilung der Geschäftsunfähigkeit oder Geschäftsfähigkeit des Betroffenen für einen Zeitraum, der vor der Sachwalterbestellung liegt, durch das Pflegschaftsgericht den Dritten nicht bindet. Die hier erfolgte Zurückweisung des Antrags auf Genehmigung des vor Sachwalterbestellung geschlossenen Vertrags des Betroffenen mit der Begründung, eine solche Genehmigung komme grundsätzlich nicht in Betracht, beeinflusst somit nicht unmittelbar die rechtlich geschützte Stellung der Einschreiter. Die Verweigerung der Genehmigung mangels Genehmigungsfähigkeit kann daher vom Vertragspartner des Betroffenen nicht mit Rechtsmittel bekämpft werden (vgl zur Verweigerung der Genehmigung wegen Genehmigungsbedürftigkeit RIS‑Justiz RS0006225 [T3]).

II. Zum Revisionsrekurs des Betroffenen:

1. Grundsätzlich zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, dass die Zuweisung von Angelegenheiten an den Sachwalter und damit die entsprechende Einschränkung der Geschäftsfähigkeit des Betroffenen rechtsgestaltend nur für die Zukunft wirkt (RIS‑Justiz RS0110082). Mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Sachwalterbestellung wird die betroffene Person im Wirkungskreis des Sachwalters in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt. In diesem Sinn ist die Sachwalterbestellung konstitutiv (RIS‑Justiz RS0125589; Weitzenböck in Schwimann/Kodek, ABGB4 I § 280 Rz 2).

2. Ebenfalls zutreffend verweist allerdings der Sachwalter darauf, dass sich die Kompetenz des Pflegschaftsgerichts nicht darauf beschränkt, vom Sachwalter für den Betroffenen geschlossene Rechtsgeschäfte, die der gerichtlichen Genehmigung bedürfen (vgl dazu Barth/Ganner, Sachwalterrecht 96 ff; Weitzenböck in Schwimann/Kodek, ABGB4 I § 275 Rz 4 ff), zu genehmigen:

2.1 Nicht nur die Genehmigung der in den zeitlichen Rahmen eines Pflegschaftsverfahrens fallenden Rechtsgeschäfte oder einer solchen Prozessführung fällt in die Aufgaben des Pflegschaftsgerichts für die unter dem besonderen Schutz der Gesetze stehenden Personen. Auch die Prüfung der Frage, ob schon vor der Eröffnung der Pflegschaft vom Betroffenen nachteilige Rechtsgeschäfte geschlossen wurden, kann zum Aufgabenkreis des Pflegschaftsgerichts gehören, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass solche Geschäfte vorgenommen wurden, noch immer nachteilige Folgen nach sich ziehen und wenn der Verdacht besteht, dass der Mangel der Geschäftsfähigkeit schon zum Zeitpunkt der Vornahme derartiger Geschäfte bestanden hat (2 Ob 116/98t; 1 Ob 193/03v). Grundsätzlich kann in solchen Fällen das Anliegen eines Sachwalters, die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen zum Zeitpunkt des Abschlusses von Rechtsgeschäften zu prüfen, die vor seiner Bestellung zum Sachwalter geschlossen wurden, jedoch seinen Wirkungskreis berühren, nicht abgelehnt werden (2 Ob 116/98t).

2.2 Unzweifelhaft ist im Anlassfall, dass jener Kaufvertrag samt Nachtrag, der Gegenstand des Genehmigungsantrags ist, unterstellt man einen Abschlusszeitpunkt ab Sachwalterbestellung, in die Kompetenz des Sachwalters fiele.

2.3 Die Rechtsauffassung des Rekursgerichts, das Sachwalterschaftsverfahren biete keine Möglichkeit, einen vor Bestellung des Sachwalters vom Betroffenen persönlich geschlossenen Vertrag nachträglich genehmigen zu lassen, ist unzutreffend:

2.3.1 Während von einer geschäftsunfähigen Person getätigte Geschäfte ohne Rücksicht darauf, ob der Vertragspartner die Geschäftsunfähigkeit erkennen konnte oder nicht, materiellrechtlich absolut nichtig und nicht genehmigungsfähig sind (RIS‑Justiz RS0014653; RS0014652; Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB3 IV § 865 Rz 4 mwN), sind Verträge des beschränkt Geschäftsfähigen, aus denen dieser nicht ausschließlich Vorteile zieht, schwebend unwirksam. Die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters, erforderlichenfalls zusätzlich des Gerichts, zu Lebzeiten des beschränkt Geschäftsfähigen macht das Geschäft inter partes rückwirkend wirksam. Der andere Vertragsteil kann die Dauer seiner Bindung durch die Setzung einer angemessenen Frist für die Genehmigung begrenzen (§ 865 Satz 3 ABGB; vgl dazu Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB3 IV § 865 Rz 8 mwN; 1 Ob 88/02a).

2.3.2 Die erforderliche nachträgliche Genehmigung des Vertrags durch den Sachwalter kann als einseitige Willenserklärung sowohl ausdrücklich als auch stillschweigend erfolgen (RIS‑Justiz RS0049010). Es ist anerkannt, dass die nachträgliche Genehmigung eines vom Betroffenen selbst geschlossenen Vertrags durch den Sachwalter im Fall der zusätzlichen Notwendigkeit der gerichtlichen Genehmigung ihrerseits pflegschaftsgerichtlich genehmigt werden kann (4 Ob 525/94; 1 Ob 62/01a), wobei eine ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Vertrags durch das Pflegschaftsgericht erforderlich ist (1 Ob 88/02a). Bis zur Erteilung oder Verweigerung einer allenfalls erforderlichen gerichtlichen Genehmigung des Vertrags besteht der Schwebezustand mit Bindung beider Parteien fort (4 Ob 525/94; 1 Ob 88/02a).

3. Für die Entscheidung des Anlassfalls folgt daraus:

3.1 Anhaltspunkte für eine absolute Nichtigkeit des vom Betroffenen geschlossenen Kaufvertrags samt Zusatzvereinbarung wegen gänzlicher Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen zum Abschlusszeitpunkt bzw zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung an seinen Sohn bestehen nicht.

3.2 Der Sachwalter selbst ging bei dem Antrag auf gerichtliche Genehmigung des Kaufvertrags, der richtigerweise als Antrag auf Genehmigung der nachträglich vom Sachwalter erteilten Genehmigung zum Kaufvertragsabschluss zu verstehen ist, davon aus, dass der Betroffene 2009 noch voll geschäftsfähig war. Diesen Standpunkt hält er auch im Revisionsrekurs aufrecht.

3.3 Trifft dieser Standpunkt zu, wäre aus den dargelegten Gründen ein Rechtsschutzinteresse des Betroffenen an einer Entscheidung im Pflegschaftsverfahren zu bejahen, mit welcher ausgesprochen wird, dass es einer gerichtlichen Genehmigung (der nachträglich erteilten Genehmigung des Sachwalters zum Kaufvertragsabschluss) nicht bedarf.

Das ergibt sich im Anlassfall schon daraus, dass aktenkundig ist, dass die Einverleibung des Eigentumsrechts der Käufer (Einschreiter) daran scheiterte, dass nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Grundbuchsverfahren Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit, die sich insbesondere aufgrund der Bestellung eines Sachwalters ergeben können, von Amts wegen nicht nur berücksichtigt werden können, sondern müssen, soferne sich diese Bedenken aus beachtlichen Gründen ableiten lassen. Dabei muss, weil dem Grundbuchsrichter bzw Rechtspfleger Beweisaufnahmen verwehrt sind, mit einer kursorischen Feststellung und Überprüfung der „Bedenken“ iSd § 94 Abs 2 GBG das Auslangen gefunden werden. Wesentlich ist nach der Rechtsprechung der zeitliche Zusammenhang zur maßgeblichen rechtsgeschäftlichen Erklärung. Die Vermutung, dass jeder erwachsene Mensch voll handlungsfähig ist, aber auch Gründe der Rechtssicherheit gebieten es, die Indizwirkung einer notwendig gewordenen Sachwalterbestellung für eine anzunehmende Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Betroffenen auf den Zeitraum von einem Jahr vor dem Bestellungsakt auszudehnen, sofern nicht konkrete Belege für einen bereits länger anhaltenden Zustand beschränkter Handlungsfähigkeit vorliegen (RIS‑Justiz RS0107975; 5 Ob 206/08t).

3.4 Bedarf es daher einer gerichtlichen Entscheidung im Pflegschaftsverfahren, um eine Verbücherung eines bereits vor Sachwalterbestellung vom Betroffenen selbst geschlossenen Vertrags zu ermöglichen, muss dem Betroffenen der Weg offenstehen, einen „Negativbeschluss“ des Pflegschaftsgerichts, der in sinngemäßer Anwendung des § 132 letzter Satz AußStrG auf der Urkunde über die Rechtshandlung zu bestätigen ist, zu erwirken.

3.5 Eine entsprechende Entscheidung haben aber die Vorinstanzen im Anlassfall gerade nicht getroffen: Während das Erstgericht den Antrag des Betroffenen mit der Begründung abwies, dass die Vorteilhaftigkeit des Kaufvertrags mangels Kenntnis des Verkehrswerts der Grundstücke nicht beurteilt werden könne, hat das Rekursgericht ein Rechtschutzinteresse des Betroffenen mit der ‑ unzutreffenden ‑ Begründung verneint, dass eine nachträgliche Genehmigung eines vor Sachwalterbestellung geschlossenen Vertrags des Betroffenen ihrerseits nicht gerichtlich genehmigungsfähig sei. Das Rekursgericht hat zwar auch darauf verwiesen, dass derzeit keine Anhaltspunkte bestünden, die die Annahme rechtfertigten, dass der Betroffene zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses bzw der Nachtragsvereinbarung (richtig: Vollmachtserteilung zum Abschluss der Nachtragsvereinbarung) nicht mehr voll geschäftsfähig gewesen sei. Die Ausführungen des Rekursgerichts lassen allerdings erkennen, dass diese ‑ im Verfahren bisher nie geprüfte ‑ Frage nicht abschließend geklärt wurde. Das ergibt sich insbesondere aus dem Hinweis des Rekursgerichts, dem Erstgericht stünde bei Bedenken gegen das Vorliegen der vollen Geschäftsfähigkeit des Betroffenen zu den maßgeblichen Zeitpunkten frei, von Amts wegen Überprüfungen anzustellen. Der Beschluss des Rekursgerichts kann somit nicht dahin umgedeutet werden, dass es selbst davon ausgegangen wäre, dass es einer Genehmigung des Pflegschaftsgerichts nicht bedürfe, weil der Betroffene zu den maßgeblichen Zeitpunkten noch voll geschäftsfähig war.

3.5 Daraus folgt aber, dass diese Frage im fortgesetzten erstinstanzlichen Verfahren noch zu klären ist: Das Erstgericht wird zunächst die Frage der Geschäftsfähigkeit des Betroffenen für die relevanten Zeitpunkte ‑ allenfalls durch Einholung eines ergänzenden Gutachtens ‑ zu klären haben. Steht nach den Ergebnissen des ergänzend durchgeführten Beweisverfahrens fest, dass der Betroffene zu diesen Zeitpunkten noch voll geschäftsfähig war, wird es einen „Negativbeschluss“ (vgl dazu Fucik/Kloiber, AußStrG [2005] § 132 Rz 1]) zu fassen haben.

Steht hingegen fest, dass der Betroffene bloß beschränkt geschäftsfähig war, wird zu prüfen sein, ob die erkennbar erteilte nachträgliche Genehmigung des Sachwalters pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen ist. Dabei ist auf die mittlerweile erfolgte Vorlage von Urkunden zur Bewertung der verkauften Grundstücke und der von den Einschreitern als Pächter getätigten Investitionen (ON 79) zu verweisen.

4. Daraus ergibt sich, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben sind und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen ist.

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