OGH 5Ob209/11p

OGH5Ob209/11p14.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** K*****, vertreten durch Dr. Erich Moser, Rechtsanwalt in Murau, gegen die beklagte Partei M***** M*****, vertreten durch Dr. Florian Perschler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zivilteilung (Streitwert: 80.000 EUR), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. August 2011, GZ 12 R 83/11f-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 11. Jänner 2011, GZ 16 Cg 209/10p-9, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei die mit 2.077,38 EUR (darin enthalten 346,23 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit den im grundbücherlichen Alleineigentum des Beklagten stehenden Miteigentumsanteilen an der EZ 80 ist Wohnungseigentum am Objekt Erdgeschoß/Top 3 verbunden.

Der Kläger begehrt mit seinem auf Zivilteilung gerichteten Hauptbegehren die Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums der Streitteile an diesen Miteigentumsanteilen. Die Immobilie sei angeschafft worden, um durch werterhöhende Maßnahmen in Stand gesetzt und wieder veräußert zu werden. Der Beklagte habe (zunächst allein) die Finanzierung und der Kläger die Adaptierungsarbeiten übernommen. In weiterer Folge hätten sie gemeinsam einen Kredit aufgenommen, der zum Teil der Abdeckung der Anschaffungskosten für die Wohnung und zum Teil der Finanzierung der Adaptierungsarbeiten gedient habe. Durch die Vereinbarung, Zeit, Kosten und Mühe in das gemeinsame Projekt zu investieren, sei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet und die Eigentumswohnung für Gesellschaftszwecke erworben worden. Nunmehr sei die Gesellschaft (zufolge Beendigung ihres freundschaftlichen Verhältnisses) aufgelöst, was ihn zur Erhebung der Klage auf Zivilteilung berechtige.

Das Erstgericht wies das auf Zivilteilung gerichtete Hauptbegehren des Klägers - im Wesentlichen ausgehend von dessen Vorbringen - mit Teilurteil ab, weil § 12 Abs 1 WEG 2002 dem Teilungsbegehren entgegenstehe.

Der dagegen erhobenen Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht Folge und hob das angefochtene Teilurteil auf. Bei Zutreffen der Behauptungen des Klägers falle die Eigentumswohnung in das aufzuteilende Gesellschaftsvermögen. Nach Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei der Gesellschafter in Ansehung einer zum Gesellschaftsvermögen gehörigen und der Gesellschaft nicht bloß zum Gebrauch überlassenen Liegenschaft auch dann zur Teilungsklage legitimiert, wenn er nicht bücherlicher Eigentümer sei. Dem stehe § 12 Abs 1 WEG 2002, der lediglich die sachenrechtliche Zuordnung regle, nicht entgegen.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil sich das Höchstgericht mit der Frage, ob der Grundsatz der Unteilbarkeit des mit Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteils nach Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts der Klage eines nicht im Grundbuch eingetragenen Gesellschafters auf Zivilteilung einer zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Eigentumswohnung entgegenstehe, noch nicht befasst habe.

Der Rekurs des Beklagten ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 526 Abs 2 ZPO), nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Umstand, dass zu einer konkreten Fallgestaltung keine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht, begründet unter anderem dann keine erhebliche Rechtsfrage, wenn die relevanten rechtlichen Grundsätze in der Rechtsprechung des Höchstgerichts geklärt sind (RIS-Justiz RS0102181) und sich die Rekursausführungen auch sonst auf nicht erhebliche Rechtsfragen beschränken (RIS-Justiz RS0042779). Das ist hier der Fall.

2. Der Beklagte stellt seinem Rekurs tatsächliche Erwägungen voran, die seiner Meinung nach gegen das vom Kläger behauptete konkludente Zustandekommen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sprechen würden, und legt auch seinen weiteren Rechtsmittelausführungen immer wieder das Fehlen einer solchen Gesellschaft zugrunde. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Erstgericht ein Beweisverfahren zu dieser Frage aus vom Berufungsgericht nicht geteilten rechtlichen Überlegungen für entbehrlich erachtet hatte. Damit kann im gegenwärtigen Verfahrensstadium nur die Schlüssigkeit des vom Kläger erhobenen Begehrens anhand seines Vorbringens geprüft werden, worauf auch die einzige bisher abgeführte erstinstanzliche Verhandlung ausdrücklich eingeschränkt worden war (ON 8). Ob zwischen den Streitteilen tatsächlich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestand, entzieht sich derzeit mangels entsprechender Tatsachengrundlagen somit der Beurteilung des Obersten Gerichtshofs. Keinesfalls ist, wie der Rekurs anklingen lässt, das (konkludente) Zustandekommen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf eheähnliche Partnerschaften beschränkt (vgl Riedler in KBB³ § 1175 Rz 6 und die dort angeführten Judikaturbeispiele).

3.1 Der Kläger behauptet in seiner Klage einen Sachverhalt, aus dem sowohl die Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen den Streitteilen, als auch die Einbringung einer Eigentumswohnung durch den Beklagten dem Wert nach (quoad sortem) und die Auflösung der Gesellschaft sowie die bisher unterbliebene Teilung des Gesellschaftsvermögens abgeleitet werden kann. Nach seinem Vorbringen war er auch nicht bloßer Arbeitsgesellschafter, der mangels anderslautender Abrede an den in den Hauptstamm eingebrachten Sachen nicht beteiligt wäre (vgl Riedler aaO § 1183 Rz 3).

3.2 Im Fall der Auflösung der Gesellschaft fällt eine dieser quoad sortem gewidmete Sache im Zweifel nicht an den Eigentümer, sondern an die Liquidationsmasse (5 Ob 297/05w; Grillberger in Rummel, ABGB³ § 1182 Rz 5 mwN; Jabornegg/Resch in Schwimann, ABGB³ § 1182 Rz 4; Riedler in KBB³ § 1215 Rz 1). Die Auflösung der Gesellschaft führt zunächst zur Umwandlung in eine Rechtsgemeinschaft im Sinne des 16. Hauptstücks des ABGB, die solange besteht, bis sie durch Teilung des gemeinschaftlichen Vermögens beendet wird (6 Ob 262/03b JBl 2004, 712; RIS-Justiz RS0114988; vgl auch RS0025933).

3.3 Die Teilung des Gesellschaftsvermögens ist mangels Einigung im streitigen Verfahren durchzusetzen (RIS-Justiz RS0013833). Jeder Gesellschafter kann Teilungsklage iSd § 843 ABGB erheben. In der Judikatur ist dazu anerkannt, dass eine solche Teilungsklage dem Gesellschafter hinsichtlich der zum Gesellschaftsvermögen gehörenden, quoad sortem eingebrachten Liegenschaft auch zusteht, wenn er nicht bücherlicher Miteigentümer ist (RIS-Justiz RS0013281; RS0022088 [T3]). In einem solchen Fall genügt die bloß obligatorische Berechtigung an der zu teilenden Sache (3 Ob 72/11a JBl 2011, 801).

4. Das Verbot der Teilung des Mindestanteils nach § 12 WEG erstreckt sich auf das Eigentumsrecht und steht der Begründung von obligatorischen Rechten daran nicht entgegen (S. Gantner in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 12 WEG Rz 13; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht22 § 12 WEG Rz 4). Eine Realteilung, sofern dies durch Schaffung selbständiger Einheiten möglich ist, bleibt von diesem Verbot grundsätzlich unberührt (5 Ob 24/93 = wobl 1993, 173/120 [Call] = MietSlg 45.540). Nur die ideelle Teilung in mehr als zwei gleiche Hälften wird durch § 12 Abs 1 WEG unterbunden (S. Gantner aaO Rz 11). Lässt sich ein Wohnungseigentumsobjekt nicht so ändern, dass es in mehrere selbständige Einheiten geteilt werden kann, ist eine Realteilung rechtlich unmöglich und es kommt nur noch Zivilteilung in Betracht, die auf die Verwertung des Mindestanteils als Ganzes gerichtet ist. Die Teilung erfolgt in diesem Fall durch gerichtliche Feilbietung und bedarf mangels Einigung einer Rechtsgestaltungsklage, die ausdrücklich auf die Aufhebung der Gemeinschaft durch Versteigerung gerichtet sein muss (Sailer in KBB³ § 843 Rz 7).

5. Mit der bloßen Wiederholung seines Verweises auf die sachenrechtliche Vorschrift des § 12 Abs 1 WEG, die dem Begehren des Klägers entgegenstünde, spricht der Beklagte damit keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 iVm § 519 Abs 2 ZPO an. Sein Rechtsmittel ist damit zurückzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen einen Aufhebungsbeschluss iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO findet ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt (RIS-Justiz RS0123222). Der Kläger hat in seiner Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses des Beklagten hingewiesen, sodass er Anspruch auf Ersatz der Kosten dieses Zwischenstreits hat. In seinem Kostenverzeichnis war jedoch ein geringfügiger Rechenfehler zu korrigieren.

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