OGH 3Ob72/11a

OGH3Ob72/11a6.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Albert E*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer ua, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei Belinda K*****, vertreten durch Dr. Gerald Haas ua, Rechtsanwälte in Wels, wegen Anmerkung einer Teilungsklage, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 17. März 2011, GZ 2 R 30/11m-7, mit dem über Rekurs der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 19. Jänner 2011, GZ 6 Cg 5/11h-3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Die zu ***** eingebrachte Teilungsklage ist ob der im Alleineigentum der Belinda K*****, stehenden Liegenschaft *****, anzumerken.

Als Grundbuchsgericht hat das Bezirksgericht ***** einzuschreiten.“

Die Verständigung des Grundbuchsgerichts von dieser Entscheidung obliegt dem Erstgericht.

Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Liegenschaft ***** steht im bücherlichen Alleineigentum der Beklagten.

Der Kläger verlangt im Hauptbegehren die Aufhebung der „Gemeinschaft des bestehenden jeweiligen Hälfteeigentums“ der Streitteile an dieser Liegenschaft „durch gerichtliche Feilbietung (Zivilteilung)“ und „sodann die Aufteilung des Verwertungserlöses je zur Hälfte zwischen den Streitteilen“. Zwischen den Streitteilen habe von 1990 bis 2000 eine Lebensgemeinschaft bestanden, wobei beide von einer künftigen Eheschließung ausgegangen seien. Während der Lebensgemeinschaft sei zwischen ihnen ein Gesellschaftsverhältnis zum Zwecke der Errichtung eines Einfamilienhauses als künftige Ehewohnung begründet worden. Zu diesem Zweck hätten sie Einlagen in jeweils gleichem Wert geleistet, welche in das Eigentum der Gesellschaft übergegangen und auch als solches behandelt worden seien. Die Einlage des Klägers habe vorwiegend in Geldleistungen, insbesondere Kreditrückzahlungen, und in Arbeitsleistungen auf der von der Beklagten als Einlage eingebrachten Liegenschaft bestanden. Das Gesellschaftsvermögen sei diese Liegenschaft mit dem darauf errichteten Haus. Über die konkrete Gestaltung des Gebäudes und die Beauftragung der Arbeiten etc hätten die Streitteile immer gemeinsam entschieden; sie seien auch gemeinschaftlich aufgetreten. Es sei vereinbart gewesen, dass nach Erreichen des Gesellschaftszwecks der Buchstand entsprechend der jeweils geleisteten Einlagen, sohin Eigentum je zur Hälfte, hergestellt werde, was bislang unterblieben sei. Außerbücherlich stehe die Liegenschaft samt Zubehör im Eigentum der Gesellschaft, sohin im gleichteiligen Eigentum der Streitteile. Infolge Auflösung der Lebensgemeinschaft sei es jedenfalls zur Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses gekommen, da der Gesellschaftszweck endgültig weggefallen sei. Der Kläger habe daher einen Anspruch auf Aufteilung des Gesellschaftsvermögens. Da eine Realteilung der Liegenschaft nicht möglich sei, habe er Anspruch auf Zivilteilung und Aufteilung des Veräußerungserlöses zwischen der Beklagten und ihm je zur Hälfte. Gleichzeitig stellte er einen Antrag auf grundbücherliche Anmerkung dieser Teilungsklage.

Eventualiter macht der Kläger einen Anspruch aus dem Titel der ungerechtfertigten Bereicherung auf Zahlung von zumindest 70.000 EUR, der dem Hälftewert des Gesellschaftsvermögens entspreche, geltend.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Klageanmerkung ab. Nach ständiger Rechtsprechung sei eine Streitanmerkung bei bloß obligatorischen, auf vertraglicher Grundlage beruhenden Ansprüchen auch dann nicht zu bewilligen, wenn der Erwerb eines bücherlichen Rechts begehrt werde. Umso weniger sei eine Klagsanmerkung zulässig, wenn die ehemals angeblich vereinbarte Eintragung des Hälfteeigentums des Klägers gar nicht mehr angestrebt werde. Der Kläger strebe nur die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nach Auflösung des Gesellschaftsvertrags, im Ergebnis die Rückzahlung seiner Einlage an, die aber mittels Zivilteilungsklage gar nicht durchsetzbar sei. Der Kläger könne die Klagsanmerkung nicht auf dem Umweg der grundsätzlich zulässigen Anmerkung von Zivilteilungsklagen erreichen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig, weil Judikatur vorliege.

Ein ehemaliger Gesellschafter könne zwar nach Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch im Fall einer „quoad sortem“ eingebrachten oder erworbenen Liegenschaft seinen Teilungsanspruch gegen den ehemaligen Mitgesellschafter, der bücherlicher Eigentümer ist, mittels Klage durchsetzen. Eine Streitanmerkung nach § 61 GBG setze aber voraus, dass derjenige, der diese Anmerkung anstrebe, in einem bücherlichen Recht verletzt worden sei. Eine Teilungsklage, die zwar auch den außerbücherlichen Eigentümern aufgrund von Ersitzung, Enteignung, Zuschlag oder Einantwortung zustehe, setze aber jedenfalls eine bestehende dingliche Rechtsgemeinschaft voraus. Daran fehle es dem Kläger, der bloß behaupte, die Liegenschaft stehe im außerbücherlichen Eigentum der Gesellschaft. Seine daraus gezogene rechtliche Schlussfolgerung, sie stehe „sohin im gleichteiligen Eigentum der Beklagten und von ihm“, treffe nicht zu. Vielmehr bestehe zwischen den Gesellschaftern nur eine obligatorische Bindung in der Form, dass der nach außen hin allein bücherlich berechtigte Eigentümer-Gesellschafter dem anderen Gesellschafter gegenüber obligatorisch zur Miteigentumsverschaffung verpflichtet sei. Ein bloß obligatorischer Anspruch verschaffe allerdings kein Recht auf Streitanmerkung.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Bewilligung der Klagsanmerkung, hilfsweise Aufhebung.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliegt, ob auch eine Teilungsklage nach §§ 1215, 843 ABGB im Grundbuch angemerkt werden kann; er ist aus folgenden Gründen auch berechtigt:

Rechtliche Beurteilung

1. Es entspricht der herrschenden Ansicht, dass der nach § 843 ABGB dem Miteigentümer zustehende Teilungsanspruch weder auf seiner Seite noch auf Seite der anderen Miteigentümer bücherliches Eigentum voraussetzt, es genügt auch der Erwerb außerbücherlichen Eigentums im rechtstechnischen Sinn, also kraft Einantwortung, Zuschlag etc (RIS-Justiz RS0013244; RS0013248; Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann 3 § 830 ABGB Rz 19 ff; Egglmeier-Schmolke in Schwimann ABGB TaKomm § 830 Rz 9; H. Böhm in Kletecka/Schauer, ABGB-ON § 830 Rz 46; Gamerith in Rummel 3, § 830 ABGB Rz 16; Sailer in KBB3, § 830 ABGB Rz 14).

Weiters gewährt die Judikatur die Teilungsklage auch dem Gesellschafter nach Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts hinsichtlich der zum Gesellschaftsvermögen gehörenden, quoad sortem eingebrachten Liegenschaft, auch wenn er nicht bücherlicher Miteigentümer ist (RIS-Justiz RS0013281; RS0022088 [T3]), und zwar unmittelbar, also vor der ihm zustehenden grundbücherlichen Übertragung und Einverleibung seines Miteigentumsanteils an der Liegenschaft (7 Ob 635/86 = SZ 59/161; König, Das „Gesellschaftsvermögen“ im Konkurs der GesbR, ZIK 1996, 73 ff). Für diesen Fall lässt man also eine bloß obligatorische Berechtigung an der zu teilenden Sache genügen.

2. Herrschende Ansicht ist es weiters, dass die Anmerkung der Teilungsklage zulässig ist (RIS-Justiz RS0013239, zuletzt 5 Ob 136/08y; Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann 3 § 830 ABGB Rz 46 ff; Egglmeier-Schmolke in Schwimann ABGB TaKomm § 830 Rz 13; H. Böhm in Kletecka/Schauer, ABGB-ON § 830 Rz 51; Gamerith in Rummel 3, § 830 ABGB Rz 18; Sailer in KBB3, § 830 ABGB Rz 5); dies obwohl der damit zu sichernde Teilungsanspruch aus dem Gemeinschaftsverhältnis und nicht aus dem ideellen Eigentumsanteil an der gemeinschaftlichen Sache folgt und deshalb einen schuldrechtlichen Gestaltungsanspruch bildet (RIS-Justiz RS0013246; Egglmeier-Schmolke in Schwimann ABGB TaKomm § 830 Rz 2; Gamerith in Rummel 3, § 830 ABGB Rz 3; Sailer in KBB3, § 830 ABGB Rz 5).

In materieller Hinsicht hat die Anmerkung mit der Streitanmerkung nach § 61 GBG nichts gemein; weder macht die Teilungsklage eine Verletzung bücherlicher Rechte geltend noch hat das Unterbleiben der (Klage und) Anmerkung in Verbindung mit gutgläubigem Dritterwerb ein Erlöschen des Anspruchs iSd § 63 GBG zur Folge (Eggelmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann 3 § 830 ABGB Rz 48). Sie hat (nur) die Wirkung, dass ein im Prozess erstrittener Teilungsanspruch ohne weiteres Verfahren auch gegen jeden einzelnen Einzelrechtsnachfolger der Prozessparteien durchgesetzt werden kann (RIS-Justiz RS0013239 [T4]).

3. In Anbetracht dessen sind keine Gründe ersichtlich, einem ehemaligen Gesellschafter einer GesbR zwar die Teilungsklage nach den §§ 1215, 843 ABGB unmittelbar zuzugestehen, ihm aber deren Anmerkung im Grundbuch mit dem Argument zu verwehren, ein bloß schuldrechtlicher Anspruch verschaffe keinen Anspruch auf Streitanmerkung.

Daher ist auch die Anmerkung der Teilungsklage nach §§ 1215, 843 ABGB als zulässig anzusehen.

4. Der Kläger behauptet in seiner Klage einen Sachverhalt, aus dem sowohl die Begründung einer GesbR zwischen den Streitteilen, als auch die Einbringung einer Liegenschaft durch die Beklagte quoad sortem und die Auflösung der Gesellschaft sowie die bisher unterbliebene Teilung des Gesellschaftsvermögens rechtlich schlüssig abzuleiten sind (vgl RIS-Justiz RS0074332). Daher sind die Voraussetzungen für die vom Kläger erhobene Teilungsklage ausreichend behauptet.

Der Annahme eines Teilungsanspruchs steht der Hinweis des Klägers auf die Vereinbarung der Streitteile, nach Erreichen des Gesellschaftszwecks bücherliches Miteigentum an der Liegenschaft je zur Hälfte zu begründen, nicht entgegen. Der Kläger brachte nämlich auch vor, der Gesellschaftszweck sei durch Auflösung der Lebensgemeinschaft (gemeint: vorzeitig) weggefallen.

5. Über einen Antrag auf Bewilligung der Streitanmerkung ist auch dann, wenn er wie hier im Zuge eines Rechtsstreits beim Prozessgericht gestellt wird, nach den Vorschriften des GBG zu entscheiden (RIS-Justiz RS0060516; RS0060701). Das Rechtsmittelverfahren ist nach §§ 124, 126 Abs 2 GBG einseitig.

Nach ständiger, auch nach Inkrafttreten des § 78 Abs 2 AußStrG 2005 aufrecht erhaltener Rechtsprechung des zuständigen Fachsenats findet ein Kostenersatz im Grundbuchsverfahren nicht statt (RIS-Justiz RS0035961 [T5] = 5 Ob 135/05x = SZ 2005/90 und [T6]; ebenso 3 Ob 246/08k). Dies wird damit begründet, dass das Grundbuchsverfahren schon aufgrund der Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens nicht zur Durchsetzung oder Abwehr widerstreitender Parteiinteressen konzipiert sei und daher die in § 78 AußStrG vorausgesetzte Basis für eine Kostenersatzpflicht fehle.

Daran ist bei der vorliegenden Konstellation ungeachtet der Entscheidung 1 Ob 56/10g (= RIS-Justiz RS0126117) festzuhalten, mit der ein Kostenersatzanspruch der beklagten Partei, die sich erfolgreich gegen die zu ihren Lasten vom Erstgericht bewilligte Streitanmerkung zur Wehr setzt, bejaht wurde. § 78 Abs 2 AußStrG macht nämlich eine Kostenersatzpflicht davon abhängig, dass eine Partei gegenüber anderen Parteien, die entgegengesetzte Interessen verfolgt haben, Erfolg hatte. Von einer Verfolgung entgegengesetzter Interessen durch die Beklagte kann hier aber noch keine Rede sein, war sie doch bislang am Verfahren über den Antrag auf Klageanmerkung nicht beteiligt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte