OGH 8Ob164/00a

OGH8Ob164/00a25.1.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj Rebecca A*****, vertreten durch Dr. Klaus Gstrein und Dr. Ulrich Gstrein, Rechtsanwälte in Imst, wider die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Walter Heel, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 84.080,-- sA und Feststellung, infolge Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. März 2000, GZ 4 R 445/99s-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Imst vom 5. Juli 1999, GZ 7 C 1813/98t-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte veranstaltete am 3. 2. 1996 ein Nachtschirennen. Sie übernahm dabei die Absperrungen und die Abtrennung der Rennpiste von der übrigen Schipiste, die ein anderer Sportverein, der am selben Tag ein Rennen abgehalten hatte, errichtet hatte. Die Beklagte nimmt die Abteilung der Rennstrecke von der übrigen Piste normalerweise durch in den Schnee gesteckte blaue Bambusstangen vor, die mit handelsüblichen rot-weißen Plastikbändern verbunden werden. Ob dies auch im Zeitpunkt des Beginns des Nachtschirennens durchgehend so war, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Am Unfallstag war zumindest im unteren - flachen - Streckenteil, nach dem Steilhang zusätzlich zum rot-weißen Plastikband ein mittelblaues handelsübliches Nylonseil gespannt, um zu verhindern, dass sich Zuschauer in die Rennstrecke begeben.

Die Piste war durch die für den Publikumsschilauf montierte Beleuchtung sowie eine zusätzlich angebrachte Rennbeleuchtung ausgeleuchtet. Die Lichtverhältnisse waren gut, entsprachen aber nicht dem Tageslicht. Der Start des Rennens lag am Beginn des Steilhangs. Der Kurs ging etwa in Falllinie talwärts. Die Piste war hart und griffig und wurde von etwa 100 Rennläufern befahren. Die damals rund 13-jährige Klägerin nahm am Rennen teil. Es war ihr erstes Nachtschirennen, weshalb die Beleuchtungsverhältnisse für sie ungewohnt waren. Die Klägerin ist eine mittelmäßige Schifahrerin, die vor dem Unfallstag bereits drei bis fünf Rennen gefahren war. Sie hatte vor Beginn des Rennens die Strecke besichtigt. Nach Ende des Rennens fuhr die Klägerin noch einmal mit dem Lift zur Bergstation, um auf der Rennpiste abzufahren. Die Beleuchtung war zu diesem Zeitpunkt noch im selben Umfang wie während des Rennens eingeschaltet. Zwei oder drei Mitarbeiter der Beklagten waren bereits damit beschäftigt, die Renneinrichtungen abzubauen. Dies geschah von oben nach unten, wobei der Beklagten bekannt war, dass immer wieder Rennteilnehmer die Strecke auch nach dem Rennen befahren, obwohl sie dies vom Veranstalter aus nicht mehr dürften. Das Erstgericht konnte allerdings nicht feststellen, dass eine entsprechende Hinweistafel im Bereich der Rennstrecke aufgestellt gewesen wäre. Als die Klägerin den Rennkurs befuhr, waren die Torstangen schon etwa bis zur Hälfte der Strecke entfernt. Die seitlichen Absperrungen waren noch vorhanden, weil diese erst nach den Torstangen demontiert werden. Ob zu diesem Zeitpunkt das rot-weiße Plastikband noch durchgehend entlang der Rennstrecke vorhanden war, konnte das Erstgericht nicht feststellen.

Die Klägerin fuhr rennmäßig ab. Sie konzentrierte sich auf die Strecke und achtete nicht auf die Abbauarbeiten. Sie wollte im unteren Drittel, wo das Gelände schon flacher wird, die Rennstrecke verlassen, um den allgemein zugänglichen Teil der Piste zu erreichen. Die genaue Geschwindigkeit der Klägerin war nicht mehr feststellbar, sie fuhr aber jedenfalls nicht langsam und nicht vorsichtig. Ob in diesem Bereich zu diesem Zeitpunkt die rot-weiße Plastikabsperrung vorhanden war, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Bei Verlassen der Rennpiste stieß die ca 1,68 m große Klägerin mit der Brust gegen das blaue Plastikseil, welches in einer Höhe von ca 1,10 m bis 1,20 m gespannt war. Sie wurde unter dem Seil durchgedrückt, wobei sie mit dem Ohr am Seil hängen blieb. Sie erlitt dadurch eine Rissquetschwunde und einen Hautdefekt am rechten Ohr mit Substanzverlust am äußeren Ohrrand, eine Rissquetschwunde an der Umschlagfalte des rechten Ohres und oberflächliche Abschürfungen an der rechten Halsseite. Es kam zu einem Haut- und Knorpeldefekt am Außenrand der rechten Ohrmuschel; Knochenverletzungen oder Störungen des Hörvermögens wurden nicht verursacht. Die Klägerin musste zwei Operationen über sich ergehen lassen, weitere operative Eingriffe sind nicht notwendig. Eine Verunstaltung der Klägerin ist nicht entstanden, Folge- oder Dauerschäden sind nicht zu erwarten. Der Anorak der Klägerin, der zu einem Schianzug gehörte, wurde durch Abschmelzen des Kunststoffs infolge der Reibung beschädigt. Mit ihrer am 18. 11. 1998 beim Erstgericht eingelangten - pflegschaftsgerichtlich genehmigten - Klage begehrte die Klägerin an Schmerzengeld zuletzt S 60.000, für Sachschaden S 4.080, an Verunstaltungsentschädigung S 20.000 sowie die Feststellung, dass die Beklagte der Klägerin für alle zukünftigen unfallsbedingten Schäden aus dem Unfallereignis am 3. 2. 1996 hafte. Die Klägerin brachte im Wesentlichen vor, sie habe nach Ende des Rennens, als bereits mit dem Abbau der Renneinrichtungen begonnen worden war, die Rennstrecke noch einmal befahren und nach dem Steilhang zu einem Linksschwung angesetzt, um die Rennpiste zu verlassen. Dabei sei sie gegen ein in rund 1 m Höhe gespanntes Kunststoffseil geprallt, welches trotz Pistenbeleuchtung auf Grund der Dunkelheit nicht erkennbar gewesen sei. Das Verschulden der Beklagten liege darin, dass sie anstelle des Seiles nicht leicht erkennbare und nicht reißfeste Plastikbänder verwendet oder zumindest entsprechende Hinweistafeln angebracht habe. Die Beklagte wendete dagegen ein, die Klägerin habe durch ihre Fahrweise das Unfallgeschehen selbst verschuldet. Neben dem auf einer Länge von ca 50 m gespannten Kunststoffseil seien auch rot-weiße Plastikbänder angebracht gewesen. Die Klägerin habe die örtlichen Verhältnisse genau gekannt. Die Absperrung sei gut sichtbar gewesen. Es sei im Hinblick auf die Verletzungen davon auszugehen, dass die Klägerin in stark gebückter Haltung gegen das Seil gefahren sei. Das Klagebegehren werde auch der Höhe nach bestritten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, die Klägerin wäre bei Verlassen der Rennpiste dazu verpflichtet gewesen, auf Sicht zu fahren und sich dabei den Seitenabsperrungen nur langsam und vorsichtig zu nähern. Die Beklagte treffe kein Verschulden, weil sie davon habe ausgehen können, dass die Klägerin als Teilnehmerin eines Rennens so viel Sachverstand besitze, die Rennpiste nicht ohne besondere Aufmerksamkeit und Vorsicht zu verlassen.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, der Klägerin S 42.000 zu bezahlen und das Mehrbegehren abwies. Es sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Ausgehend von den erstinstanzlichen Feststellungen führte es zur Rechtsrüge aus, dass die vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten auf Grund der Teilnahme am Rennen nach dessen Beendigung nicht weiter bestanden hätten. Vertragliche Haftung der Beklagten für das Unfallgeschehen komme daher nicht in Frage. Allerdings sei nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen derjenige, der eine Gefahrenquelle schaffe, dazu verpflichtet, die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr der daraus drohenden Gefahren zu treffen, soweit eine solche Gefahrenquelle für ihn bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennbar sei. Die Beweislast für die Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt treffe den dazu Verpflichteten. Das Vorhandensein des als Seitenabsperrung verwendeten Nylonseils stelle im Hinblick auf die beim Nachtschilauf beeinträchtigte Wahrnehmbarkeit unzweifelhaft eine erhebliche Gefahrenquelle dar, welche einer besonderen Kenntlichmachung durch den verkehrssicherungspflichtigen Veranstalter bedürfe. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass sich ein blaues Nylonseil gerade bei Dunkelheit vom typischerweise dunklen Hintergrund selbst bei für den Nachtschilauf üblicher Pistenbeleuchtung nur schlecht abhebe. Der Beklagten sei es nicht gelungen, ihre Behauptung unter Beweis zu stellen, dass im Unfallszeitpunkt ein rot-weißes Plastikband als Absperrung angebracht gewesen sei. Allerdings treffe auch die Klägerin ein Mitverschulden, weil sie weder langsam noch vorsichtig gefahren sei. Dazu wäre sie aber bei Annäherung an die Absperrstangen verpflichtet gewesen. Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalles noch unmündig war, sei das zu berücksichtigende Eigenverschulden jedenfalls als beachtlich zu qualifizieren. Eine Verschuldensteilung 2 : 1 zu Lasten der Beklagten erscheine gerechtfertigt.

Die Berufungswerberin habe die Feststellungen des Erstgerichts, dass nach Abheilen der Verletzungen weder eine Verunstaltung noch Dauerschäden vorliegen, nicht bekämpft, weshalb die abweisende Entscheidung des Erstgerichts hinsichtlich eines Teilbetrages von S 20.000 an Verunstaltungsentschädigung sowie hinsichtlich des Feststellungsbegehrens zu bestätigen sei. In Anbetracht der festgestellten Schmerzperioden erscheine ein Schmerzengeld von insgesamt S 60.000 angemessen. Der an der Bekleidung entstandene Sachschaden betrage S 3.000, sodass sich im Hinblick auf die vorgenommene Schadensteilung der zugesprochene Betrag von S 42.000 ergebe.

Rechtliche Beurteilung

Den dagegen erhobenen Revisionen beider Parteien kommt keine Berechtigung zu.

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Pflicht des Veranstalters eines Schirennens, für die Sicherheit der Teilnehmer zu sorgen, beruht auf dem zwischen dem Veranstalter und dem Rennläufer abgeschlossenen Vertrag. Es handelt sich dabei um eine vertragliche Verkehrssicherungspflicht, die zur Folge hat, dass der Veranstalter schon wegen einer nur leicht fahrlässig verschuldeten Verletzung der ihm obliegenden Sicherungspflicht zu haften hat (ZVR 1988/142; JBl 1992, 785; SZ 66/40; ZfRV 1994, 249; 7 Ob 2415/96i ua). Der hier zu entscheidende Fall ist aber dadurch gekennzeichnet, dass sich das Schadensereignis nach Abschluss des Rennens ereignete. Die Klägerin verweist in ihrer Revisionsschrift in diesem Zusammenhang zutreffend darauf, dass die Rechtsprechung auch nachvertragliche Sorgfaltspflichten kennt. Danach hat sich jeder Vertragspartner so zu verhalten, wie es der Andere in der gegebenen Situation mit Rücksicht auf den konkreten Vertragszweck, die besondere Art der Leistung und die Erfordernisse eines loyalen Zusammenwirkens erwarten darf, damit die Erreichung des Vertragszwecks nicht vereitelt, sondern erleichtert und Schaden verhütet wird. Diese weiteren Verhaltenspflichten können unter Umständen verlangen, dass der Vertragsteil nach der Erfüllung aller Hauptleistungspflichten noch bestimmte Handlungen zum Vorteil des anderen Vertragsteils vornimmt oder solche Handlungen unterlässt, durch die dem anderen die ihm durch den Vertrag gewährten Vorteile wieder entzogen oder wesentlich geschmälert würden (SZ 54/179; SZ 60/50; JBl 1997, 245; 4 Ob 218/99h ua). Zu diesen nachvertraglichen Sorgfaltspflichten wurde im Zusammenhang mit Veranstaltungen insbesondere die Pflicht gezählt, im Rahmen des Zumutbaren für den verkehrssicheren Abgang zu sorgen (2 Ob 2026/96x; 7 Ob 167/98d; 2 Ob 217/99x ua).

Derartige nachvertragliche Pflichten können aber nach dem konkreten Vertragszweck nicht auf Personen ausgedehnt werden, die nach Abschluss eines Rennens den Veranstaltungsort nicht verlassen, sondern die Rennstrecke ohne Zustimmung des Veranstalters noch einmal befahren, obwohl ihnen erkennbar ist, dass der Veranstalter die Renneinrichtungen abbaut und somit seinen bislang gegebenen unmittelbaren Einfluss auf das Geschehen aufgibt. Selbst wenn der Veranstalter es unterlässt, für den Zeitraum des Abbaus der Renneinrichtungen die Strecke förmlich zu sperren, gibt er doch durch diese Tätigkeit unmissverständlich kund, dass seine vertraglichen Pflichten gegenüber den Rennläufern in Bezug auf das Befahren der Rennpiste beendet sind. Seine Haftung kann daher - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - nur in allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen begründet sein. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang in der Revision auf die Bestimmung des § 1319a ABGB und vermeint, es käme ihr der Haftungsausschluss des § 1319a Abs 1 letzter Satz ABGB zugute, wonach der Geschädigte, der einen Weg erkennbar widmungswidrig benützt, sich auf den mangelnden Zustand nicht berufen kann. Tatsächlich greift die sogenannte Wegehalterhaftung dann ein, wenn keine vertragliche Übernahme von Pflichten gegeben ist (SZ 52/135; SZ 53/143; SZ 66/40; SZ 67/40; 2 Ob 335/97x) und erfasst neben Wegen nach der Rechtsprechung unter anderem auch Rodelbahnen (JBl 1991, 652; JBl 1993, 315) und Schipisten (JBl 1979, 433; 5 Ob 625/89 ua). Nach ständiger Rechtsprechung ist als Halter eines Weges Derjenige anzusehen, der die Kosten für die Errichtung und Erhaltung des Weges trägt sowie die Verfügungsmacht hat, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen (SZ 52/135; SZ 54/92; SZ 60/189; SZ 70/71 ua). Für die Haftung genügt auch bloße Mithaltereigenschaft, die etwa durch die vertragliche Übernahme eines Weges in die Instandhaltungspflicht hergestellt werden kann (3 Ob 36/98k). Wäre die Beklagte in diesem Sinne als Wegehalter anzusehen, käme ihr nicht nur der bereits in ihrer Revisionsschrift genannte Haftungsausschluss zugute, sondern auch das Halterprivileg des § 1319a Abs 1 erster Satz ABGB, wonach Derjenige, der für den ordnungsgemäßen Zustand des Weges als Halter verantwortlich ist, für durch den mangelhaften Zustand herbeigeführte Schäden nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit haftet. Gemäß § 1319a Abs 2 ABGB ist Weg im Sinne des Abs 1 eine Landfläche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen für den Verkehr jeder Art oder für bestimmte Arten des Verkehrs benützt werden darf, auch wenn sie nur für einen eingeschränkten Benützerkreis bestimmt ist. Dieses Merkmal ist die innere Rechtfertigung der im § 1319a ABGB vorgesehenen Haftungserleichterung, sodass bereits im Ausschussbericht (1678 BlgNR 13. GP 4) dargelegt wird, dass der - schon auf Grund der weitreichenden Wegdefinition - sehr weite Anwendungsbereich dieser Bestimmung seine Grenze dort zu finden hat, wo das Merkmal des "Rechtes der Benützung durch jedermann unter den gleichen Bedingungen" fehlt. Die Rechtsprechung hat daher die in einem abgezäunten Grundstück befindlichen Wege, wie die in einem Fabriks-, Krankenhaus- oder Eisenbahngelände angelegten Verkehrsflächen ebenso vom Anwendungsbereich der Bestimmung des § 1319a ABGB ausgenommen wie die der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Wege in einem privaten Garten, Park oder Wald. Bei solchen Verkehrsflächen fehle die sachliche Rechtfertigung einer haftungsrechtlichen Sonderbehandlung, nämlich das den Verantwortlichen besonders belastende Merkmal der "Zulässigkeit der allgemeinen Benützung" des Weges, sodass es in solchen Fällen bei den allgemeinen Grundsätzen über den Schadenersatz zu bleiben habe (SZ 53/169; 8 Ob 611/89; JBl 1991, 652; ZVR 1998/22; 2 Ob 335/97x). Das Haftungsprivileg des Wegehalters wurde gegenüber dem geschädigten Benützer deshalb unter anderem auch als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet, weil der Benützer eine Leistung erhalte, für die er keine Gegenleistung erbringe. Es sei die Interessenneutralität, die die verminderte Haftung des Wegehalters rechtfertige (VfGHSlg 8254; VfGHSlg 14801; JBl 1991, 652; Reischauer in Rummel ABGB2 § 1319a Rz 13 f).

Das Haftungsprivileg des § 1319a ABGB kommt für den Veranstalter eines auf einer gesperrten Strecke veranstalteten Schirennens schon deshalb nicht in Frage, weil das davon betroffene Geländestück gerade nicht von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann. Ohne dass feststünde, ob für die Teilnahme am Rennen ein Entgelt zu entrichten war - welcher Umstand die Anwendung des Haftungsprivilegs jedenfalls ausschlösse (vgl VfGHSlg 14801) - muss auch die Interessenneutralität im höchsten Maße zweifelhaft sein, weil die Beklagte offenkundig Partikularinteressen (wie Nachwuchsförderung, Mitgliederwerbung, sportliche Betätigung der Mitglieder) verfolgte.

Die Verkehrssicherungspflichten bestehen nach Lehre und Rechtsprechung - unabhängig von den dargestellten Sonderhaftungsnormen - dann, wenn jemand eine Gefahrenquelle schafft. Die Verpflichtung zur Beseitigung der Gefahrenquelle und damit die Verpflichtung zu positivem Tun folgt aus der vorhergehenden Verursachung der Gefahrensituation. Eine gleiche Verpflichtung trifft auch denjenigen, in dessen Sphäre gefährliche Zustände bestehen. Hier folgt die Verpflichtung zur Beseitigung aus der Zusammengehörigkeit von Verantwortung und Bestimmungsgewalt. Die Verkehrssicherungspflicht trifft denjenigen, der die Gefahr erkennen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen kan. Wer demnach eine Gefahrenquelle schafft oder bestehen lässt, muss die notwendigen und ihm zumutbaren Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung Anderer nach Tunlichkeit abzuwenden. Für die Sicherung von Gefahrenquellen ist in umso höherem Maß zu sorgen, je weniger angenommen werden kann, dass die von der Gefahr betroffenen Personen - wie etwa Kinder - sich ihrerseits vor Schädigung vorzusehen und zu sichern wissen (SZ 47/124; SZ 52/33; JBl 1986, 520; SZ 69/214; 7 Ob 343/99p). Die Verkehrssicherungspflicht entfällt bei Schaffung oder Duldung einer besonderen Gefahrenquelle nicht schon dann, wenn jemand ohne Gestattung in einen fremden Bereich eingedrungen ist. Besteht die Möglichkeit, dass Personen versehentlich in den Gefahrenbereich gelangen, oder dass Kinder und andere Personen, die nicht die nötige Einsichtsfähigkeit haben, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, gefährdet werden oder besteht eine ganz unerwartete und große Gefährdung, so kann eine Interessenabwägung ergeben, dass der Inhaber der Gefahrenquelle dennoch zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung von Schädigungen zu ergreifen hat (4 Ob 280/00f mwH). Künstlich geschaffene Hindernisse und Gefahrenquellen sind, wenn sie nicht entfernt werden können, jedenfalls so abzusichern, dass sie auch bei schlechten Sichtverhältnissen für vernünftige Durchschnittsfahrer keine ernstliche Gefahr darstellen (8 Ob 155/99y; 1 Ob 75/00m). Für das Verschulden reicht es aus, dass der Verletzer die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der betreffenden Art im Allgemeinen hätte erkennen müssen (4 Ob 280/00f). Der Verkehrssicherungspflichtige hat zu beweisen, dass er die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat, oder dass deren Einhaltung unzumutbar gewesen ist. Dies ohne Rücksicht darauf, ob sich diese Pflicht aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen (Ingerenzprinzip) oder einem Vertrag ergibt (SZ 60/256; SZ 69/8; 3 Ob 44/99p ua).

Ausgehend von dieser Rechtslage kann die Beklagte von Verschulden nicht freigesprochen werden. Nach den Feststellungen (AS 121) war ihr bekannt, dass immer wieder Rennteilnehmer die Rennstrecke auch nach dem Rennen befahren. Sie musste aber dann damit rechnen, dass für derartige Fahrten gerade der Steilhang besonders attraktiv ist und somit die Möglichkeit bestand, dass Schiläufer danach im flacheren Teil auf den nicht gesperrten Teil der Piste überwechseln. Auch die umfangreichen Revisionsausführungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass zur Nachtzeit selbst bei beleuchteter Piste ein an deren Rand befindliches mittelblaues 9 mm starkes Nylonseil wesentlich schlechter sichtbar ist als etwa ein rot-weißes Plastikband. Mit dem Spannen eines derart schlecht sichtbaren Seiles an einer Stelle, an welcher mit der Durchfahrt von Schifahrern gerechnet werden musste, wurde eine erhebliche Gefahrensituation geschaffen. Dies umso mehr, wenn ein Rennen veranstaltet wird, an dem Unmündige teilnehmen, weil in diesem Fall jedenfalls auch mit unüberlegten Handlungen zu rechnen ist.

Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass die Klägerin gegenüber ihren eigenen Rechtsgütern unachtsam war und der vor ihr liegenden Piste zu wenig Aufmerksamkeit schenkte. Der Klägerin musste bewusst sein, dass sie in einem Zeitpunkt abfuhr, zu dem bereits begonnen worden war, die Renneinrichtungen abzubauen, sodass sie nicht nur auf der ehedem gesperrten Piste selbst, sondern auch bei deren Verlassen erhöhte Aufmerksamkeit anzuwenden hatte. Trotz ihrer damals noch gegebenen Unmündigkeit kann der Klägerin zugesonnen werden, das Erfordernis besonderer Achtsamkeit einzusehen und danach zu handeln, weshalb ihr in Analogie zu § 1310 ABGB ein Mitverschulden anzulasten ist. In Anbetracht des Umstandes, dass dieses im Allgemeinen milder zu beurteilen ist (Reischauer in Rummel ABGB2 § 1310 Rz 14) erscheint die vom Berufungsgericht vorgenommene Verschuldensteilung angemessen.

Zur Frage der nach ihrer Rechtsmittelerklärung von der Klägerin ebenfalls bekämpften Abweisung des Anspruchs für Verunstaltungsentschädigung wird in der Revision nichts ausgeführt, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.

Beiden Revisionen ist ein Erfolg zu versagen.

Beide Parteien haben die Kosten ihrer erfolglosen Revisionen gemäß §§ 50, 40 ZPO selbst zu tragen. Die Kosten der jeweils erfolgreichen Revisionsbeantwortungen sind gleich hoch und können daher gegeneinander aufgehoben werden. Der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass im Revisionsverfahren nur der einfache Einheitssatz zusteht.

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