OGH 6Ob13/11x

OGH6Ob13/11x13.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. R***** S*****, 2. J***** S*****, beide vertreten durch Mag. Klaus Heintzinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. B***** KEG, *****, 2. R***** B*****, beide vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 7.200 EUR sA und Räumung, infolge außerordentlicher Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 23. November 2010, GZ 38 R 98/10h-57, mit dem das Teilurteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 12. März 2010, GZ 56 C 199/06i-51, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden in Ansehung des dem Klagebegehren stattgebenden Teils aufgehoben. In diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Das vom Zweitkläger erhobene Klagebegehren ist ebenso rechtskräftig abgewiesen worden wie jenes vom Erstkläger gegen die Erstbeklagte erhobene.

Über das Bestandobjekt - einen in das Bestandobjekt K***** Passage top 17 integrierten transportablen Würstelstand im Ausmaß von ca 12 m² und einen Lagerraum im Ausmaß von ca 8 m² - schlossen zuerst die „S***** AG und der Zweitbeklagte einen mit „Pachtvertrag“ überschriebenen Bestandvertrag ab. Diesem trat auch der Zweitkläger als Hauptmieter bei. In diesem Vertrag wurde dem Unterpächter - dem Zweitbeklagten - das Recht eingeräumt, eine Sichtvitrine zu errichten und am Verkaufsstand auch Pizzaschnitten und Kebab zu verkaufen. Im vereinbarten Unterpachtzins sind die anteilige Miete samt Umsatzsteuer, anteilige Betriebskosten, Strom und Wasser eingeschlossen. Im Punkt V. des Bestandvertrags bestätigte die Unterverpächterin, dass eine Betriebsanlagengenehmigung vorhanden ist.

Infolge des Konkurses der Unterverpächterin schlossen der Zweitkläger und der Zweitbeklagte einen weiteren mit „Pachtvertrag“ überschriebenen Bestandvertrag über das genannte Bestandobjekt. Auch in diesem wird dem Zweitbeklagten das Recht eingeräumt, eine Sichtvitrine zu errichten und am Verkaufsstand alle Speisen insbesondere Pizzaschnitten und Kebab zu verkaufen. Der monatliche Pachtzins wurde mit 2.400 EUR vereinbart. Darin sind anteilige Miete samt Umsatzsteuer, anteilige Betriebskosten, Strom und Wasser enthalten. Im Punkt V. des Bestandvertrags bestätigt der Verpächter, dass eine Betriebsanlagengenehmigung vorhanden ist.

Für den Standort W*****, K***** Passage top 17, erteilte der Magistrat der Stadt Wien am 19. 12. 1995 eine Betriebsanlagengenehmigung.

Zum Zeitpunkt der Übergabe des Bestandobjekts an den Zweitbeklagten im Mai 2005 und bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz entsprach der tatsächliche Zustand der gesamten Betriebsanlage, dessen Teil der verpachtete Imbissstand ist, nicht dieser Betriebsanlagengenehmigung. Zum Zeitpunkt der Übergabe des Bestandobjekts im Mai 2005 bestanden die auf dem Einreichplan vom Juni 1995, der Grundlage der Betriebsanlagengenehmigung war, dargestellten Räume (Stehcafe und Sandwichbar) nicht. Es bestand keine Brandschutzwand zwischen den Räumen Stehcafe-Fluchtweg zum Raum Diskothek. Der Raum Stauraum wurde in zwei Bereiche geteilt. Anders als im Einreichplan beantragt und von der Behörde auch genehmigt, bestand die Abgrenzung der Betriebsanlage zur K***** Passage nicht in abgetrennter Form, wobei der verpachtete Imbissstand entgegen dem genehmigten Einreichplan um 1,65 m in den Passagenbereich vorgezogen wurde. Der Verlauf der Lüftungsleitungen vor der Einmündung in den Abluftfang wurde nicht so ausgeführt, wie im genehmigten Einreichplan dargestellt. Eine Zuluftanlage, wie genehmigt, war nicht vorhanden.

Da der Zweitbeklagte im Imbissstand einen Pizzaofen und einen Kebabgriller aufstellte, beantragte er die Änderung der Betriebsanlagengenehmigung. Anlässlich einer Ortsaugenscheinverhandlung am 8. 5. 2006 stellte die zuständige Behörde fest, dass der tatsächliche Zustand in der Betriebsanlage nicht dem genehmigten Zustand entspricht. Mit Verfahrensanordnung vom 11. 5. 2006 forderte die Behörde den Erstkläger auf, innerhalb von zwei Wochen den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand in der Weise herzustellen, dass die Betriebsanlage in dem mit Bescheid vom 19. 12. 1995 genehmigten Zustand herzustellen ist. Da die Betriebsanlagengenehmigung nicht nur den vom Zweitbeklagten gepachteten Imbissstand, sondern die gesamte Betriebsanlage top 17 der K***** Passage betrifft, konnten die Beklagten den in der Verfahrensanordnung aufgetragenen Zustand ohne Mitwirkung des Hauptmieters der gesamten Fläche nicht bewerkstelligen. In der Folge wurde mit Bescheid des Magistratischen Bezirksamts für den ***** Bezirk vom 23. 6. 2006 die Schließung der Betriebsanlage am Standort W*****, K***** Passage top 17, in der die Erstbeklagte das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Imbissstube ausgeübt hat, durch Austauschen der Schlösser verfügt.

Weder der Erstkläger noch der Zweitkläger waren in der Folge bereit, gemeinsam mit den Beklagten einen Antrag auf Änderung der Betriebsanlagengenehmigung für das gesamte Objekt einzureichen. Die Erstbeklagte könnte für den Imbissstand eine separate Betriebsanlagengenehmigung nur erlangen, wenn unter anderem eine vom übrigen Lokal K***** Passage top 17 getrennte Stromversorgung und eine getrennte Zu- und Abluftversorgung hergestellt werden würde. Da der Imbissstand Bestandteil des Lokals K***** Passage top 17 ist, wäre dazu die Zustimmung des Hauptmieters des Lokals erforderlich. Hauptmieter war bis April oder Mai 2006 der Zweitkläger. Ab April oder Mai 2006 ist Hauptmieter der Erstkläger. Der Zweitkläger, der auch nach Übernahme der Hauptmietrechte durch den Erstkläger für den Hauptmieter aufgetreten ist, verweigerte allerdings die Mitwirkung. Er hatte auch die Stromzufuhr für den Imbissstand für die Dauer einer Ortsaugenscheinverhandlung verweigert.

Der Bescheid vom 23. 6. 2006, mit dem die Schließung der von der Erstbeklagten betriebenen Betriebsanlage des Imbissstands verfügt wurde, wurde im Jänner 2007 durch einen Berufungsbescheid aufgehoben.

Die tatsächliche Fläche des Imbissstands betrug ca 7 m². Der Zweitkläger informierte den Zweitbeklagten bei den Vertragsverhandlungen zum Abschluss des Bestandvertrags dahin, dass er auch die vor dem Imbissstand gelegene Fläche der Passage verwenden dürfe und auch diese Fläche daher Teil der vermieteten Fläche ist. Über diese Fläche konnte allerdings der Zweitkläger nicht verfügen, weil diese nicht zu dem von ihm gemieteten Objekt gehörte. Auf dieser Fläche der Passage stellten die Beklagten eine Vitrine für Pizzastücke und Stehtische auf. Die Eigentümerin der Passage (die W*****) wies den Zweitbeklagten wiederholt darauf hin, dass er diese Fläche nicht verwenden könne. Daraufhin schob er die fahrbare Vitrine ca 2 m nach hinten und verwendete die dadurch frei gewordene Fläche nicht mehr. Diese Veränderung musste schon relativ am Beginn der Verpachtungszeit gemacht werden.

Am 27. 7. 2006 nahm der Zweitkläger aus dem Imbissstand der Erstbeklagten eine Pizzateigmaschine, einen Döner-Spieß und einen Kontaktgriller weg. Er deponierte diese in dem Teil des Lagers, der den Beklagten nicht zugänglich war, sodass sie der Erstbeklagten zum Betrieb des Imbissstands fehlten. Ab diesem Zeitpunkt verkaufte die Erstbeklagte nur noch die Lagerbestände an Getränken im Imbissstand und erzielte damit keinen Gewinn mehr. Im September 2006 wurde der Imbissstand geschlossen.

Der Imbissstand wurde von der Erstbeklagten betrieben, deren Kommanditist der Zweitbeklagte ist. Er stellte der Gesellschaft den von ihm in Bestand genommenen Imbissstand für den Betrieb des Unternehmens zur Verfügung.

Der Erstkläger begehrt vom Zweitbeklagten die Zahlung von 7.200 EUR sA an Bestandzins für die Monate Juli, August und September 2006 sowie die Räumung des Bestandobjekts. Dieses sei zum bedungenen Gebrauch geeignet gewesen. Die Beklagten hätten nach Übergabe der Räumlichkeiten Umbauarbeiten vorgenommen, insbesondere technische Geräte aufgestellt, die eine neuerliche Betriebsanlagengenehmigung erforderlich machen würden. Das Lokal sei bei Übergabe in dem Zustand gewesen, wie es im Jahr 1995 genehmigt worden sei.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Der Zweitbeklagte habe mit dem Zweitkläger einen Bestandvertrag, beginnend mit 1. 11. 2005, über die Geschäftsräumlichkeiten in der K***** Passage top 17 abgeschlossen. Der Vertrag sei eine Fortsetzung des ursprünglich per 1. 5. 2005 abgeschlossenen Pachtvertrags mit der „S***** AG gewesen, über deren Vermögen am 6. 10. 2005 das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Das Bestandobjekt sei im Mai 2005 übergeben worden. Es sei nicht zum bedungenen Gebrauch geeignet gewesen. Die Betriebsanlagengenehmigung habe auch wegen der fehlenden Mitwirkung des Zweitklägers nicht mehr erlangt werden können. Mit Bescheid vom 23. 6. 2006 habe die Gewerbebehörde die Schließung der Betriebsanlage durch Austauschen der Schlösser verfügt. Der Zweitbeklagte sei daher ab Juli 2006 nicht verpflichtet gewesen, den Bestandzins zu zahlen. Aufgrund der völligen Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts zum bedungenen Verwendungszweck stehe dem Erstkläger kein Anspruch zu. Dessen ungeachtet habe sich herausgestellt, dass das übergebene Bestandobjekt weder ein Ausmaß von 12 m² hatte noch der beigestellte Lagerraum zum bedungenen Zweck geeignet war. Der Zweitkläger habe Geschäftsflächen auch im Bereich der Ladenstraße verpachtet, die von ihm nicht gemietet worden seien. Die von ihm in Bestand genommene Fläche betrage lediglich 7,14 m². Im zugewiesenen Lagerraum befinde sich der Stromverteiler. Der Raum sei daher völlig unbenutzbar und als Lagerraum nicht zu verwenden. Die Beklagten hätten ab Mai 2005 bis Juni 2006 den vereinbarten monatlichen Bestandzins von 2.400 EUR für ein 12 m² großes Pachtobjekt mit Lagerraum gezahlt. Tatsächlich seien nur 7,14 m² zur Verfügung gestellt worden. Für die restliche Geschäftsfläche in der Ladenstraße, die im Eigentum der W***** stehe, hätte der Zweitkläger Zahlungen nicht begehren dürfen. Die Nichtberechtigung des Zweitklägers habe sich erst im Juni 2006 herausgestellt. Der Zweitbeklagte habe irrtümlich den gesamten Bestandzins für ein dem Zweitkläger nicht gehöriges Pachtobjekt gezahlt. Der berechtigte Pachtzins für 7,14 m² berechne sich mit 1.428 EUR. Davon seien 200 EUR für einen Lagerraum abzuziehen, der nicht in geeigneter Form übergeben worden sei, sodass sich eine Überzahlung von monatlich 1.172 EUR ergebe. Für den Zeitraum von Mai 2005 bis Juni 2006 ergebe sich somit ein zu viel gezahlter Betrag von 16.408 EUR, der aufrechnungsweise bis zur Höhe einer allfälligen Klagsforderung eingewendet werde.

Im zweiten Rechtsgang verpflichtete das Erstgericht den Zweitbeklagten, dem Erstkläger 1.600 EUR sA zu zahlen. Das restliche Zahlungsbegehren und das gegen die Erstbeklagte gerichtete Zahlungsbegehren wies es ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Rechtlich führte es aus, gemäß § 1096 ABGB sei Mietzinsminderung eingetreten, weil nicht die vertraglich vereinbarte, sondern eine wesentlich geringere Fläche zur Verfügung gestellt worden sei. Dies rechtfertige - entsprechend der reduzierten Fläche - eine Minderung des Mietzinses für Juli 2006 um ein Drittel. Der Zweitkläger habe die für die Zubereitung von Speisen erforderlichen Geräte aus dem Imbissstand entfernt, weshalb nur noch Getränke hätten verkauft werden können und kein Gewinn erzielt worden sei. Für die Monate August und September 2006 sei davon auszugehen, dass der Bestandnehmer am Gebrauch des Bestandobjekts zur Gänze gehindert worden sei, weshalb für diesen Zeitraum kein Bestandzins gebühre.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Zweitbeklagten nicht, jener des Erstbeklagten hingegen teilweise Folge. Es verurteilte den Zweitbeklagten zur Zahlung von 2.240 EUR sA an den Erstkläger. Das Mehrbegehren wies es ab. Die Abweisung des gegen die Erstbeklagte gerichtete Klagebegehrens bestätigte es. Eine Auseinandersetzung mit dem behaupteten Rückforderungsanspruch des Zweitbeklagten sei dem Berufungsgericht verwehrt, weil das Erstgericht nicht über die Gegenforderung entschieden und der Zweitbeklagte die Nichterledigung nicht als Verfahrensmangel gerügt habe. Der Bestandgeber habe auch für Rechtsmängel Gewähr zu leisten, wenn ihretwegen dem Bestandnehmer der Gebrauch der Sache ganz oder teilweise entzogen werde. Darunter falle auch der Mangel des Fehlens einer vertraglich zugesicherten gewerberechtlichen Genehmigung. Solange allerdings der Bestandnehmer das Bestandobjekt trotz fehlender Genehmigung benütze, sei eine Zinsminderung nicht anzunehmen. Bei der Beurteilung des Anspruchs des Mieters auf Zinsminderung komme es in einem solchen Fall auf den tatsächlich erzielten Vorteil an. Nütze der Bestandnehmer das Bestandobjekt daher ungeachtet der fehlenden gewerberechtlichen Genehmigung und trotz eines Schließungsbescheids weiterhin uneingeschränkt, was nach den Feststellungen des Erstgerichts bis Ende Juli 2006 anzunehmen sei, könne die fehlende Betriebsanlagengenehmigung eine Mietzinsminderung nicht rechtfertigen. Auch der Entzug der Betriebsmittel zur Herstellung von Speisen könne in Hinsicht auf den Mietzins für Juli 2006 keine Auswirkungen haben, weil diese nach den Feststellungen erst Ende Juli 2006 erfolgt sei. Die behördliche Schließung des Imbissstands wirke sich erst auf nicht verfahrensgegenständliche Zinsperioden aus. Das Erstgericht habe zwar den genauen Zeitpunkt, wann die Behörde im September die Schließung vollzogen habe, nicht festgestellt. Dies rechtfertige aber nicht die Annahme, dass dadurch bereits Anfang oder Mitte September die Nutzung des Imbissstands verhindert worden sei. Die Beweislast dafür, dass ein Mangel vorliege, der eine Zinsminderung rechtfertige, treffe den Bestandnehmer. Es sei daher davon auszugehen, dass die Schließung erst Ende September erfolgt sei und deren Auswirkungen im Hinblick auf die davor erfolgte Nutzung des Bestandobjekts vernachlässigt werden könnten. Hingegen rechtfertige der Umstand, dass der Bestandnehmer nicht die gesamte angemietete Fläche habe benutzen können, eine Mietzinsminderung. Der Umstand, dass die Beklagten schon mehrere Monate vor dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum nach entsprechender Aufforderung des Eigentümers diesen Teil nicht mehr benützten, könne nichts daran ändern, dass diese Fläche dem Zweitbeklagten vermietet worden sei und er daher weiterhin einen Teil des Bestandobjekts darstelle. Die gänzliche Unbenützbarkeit eines Teils der vermieteten Fläche führe daher zur Mietzinsminderung von einem Drittel im verfahrensgegenständlichen Zeitraum. Der Entzug der für die Zubereitung von Speisen erforderlichen Geräte rechtfertige hingegen nicht eine gänzliche Mietzinsminderung. Der Erstkläger müsse sich die Handlungen des Zweitklägers und die dadurch verursachte Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs des im Bestandobjekt betriebenen Unternehmens zurechnen lassen. Da auch nach dem Entzug der Geräte ein eingeschränkter Geschäftsbetrieb durch Verkauf von Getränken möglich gewesen und auch erfolgt sei, sei ein gänzlicher Mietzinsentfall nicht gerechtfertigt. Allerdings sei im Hinblick auf den Umstand, dass der Ausfall des Speisenangebots zwangsläufig auch zu einem Rückgang der Getränkekonsumation führe, von einer Gebrauchsbeeinträchtigung bzw Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts von 80 % auszugehen. Für den Monat Juli habe es daher beim Zuspruch des Erstgerichts zu bleiben, für August und September gebührten dem Erstkläger jeweils 320 EUR.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen gewesen sei und die Frage der Höhe einer Mietzinsminderung stets von den Umständen des Einzelfalls abhänge.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den klagestattgebenden Teil der Berufungsentscheidung gerichtete außerordentliche Revision des Zweitbeklagten ist zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Auch wenn der Entscheidungsgegenstand, über den das Berufungsgericht entschied, unter 30.000 EUR liegt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt hat, ist die Revision gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO nicht jedenfalls unzulässig (vgl 1 Ob 177/05v).

Der Revisionswerber rügt zum einen, dass sich das Berufungsgericht nicht mit der aufrechnungsweise eingewandten Gegenforderung befasst habe. Zum anderen meint er, für August und September sei der Bestandzins auf Null zu mindern, weil in diesen Monaten nach den Feststellungen kein Gewinn erzielt worden sei. Das Klagebegehren sei zur Gänze abzuweisen, weil ein Mietzinsrückstand gar nicht bestehe, stelle man das „berechtigte“ Entgelt den Zahlungen gegenüber. Da der auf die verminderte Bestandfläche gestützte Mietzinsminderungsanspruch schon für das erste Halbjahr 2006 gegeben gewesen sei und der Mietzins bis Juni 2006 gezahlt worden sei, sei eine Überzahlung vorgelegen.

Hierzu wurde erwogen:

Kann die Bestandsache aus dem Bestandgeber zuzurechnenden Gründen nicht vereinbarungsgemäß benutzt werden, kommt es ex lege zu einer Zinsminderung „für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit“ (§ 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB; stRsp verstSenat 1 Ob 113/02b; 4 Ob 191/10g uva). Ist der Bestandnehmer gemäß dieser Norm von der Entrichtung des Zinses ganz oder zum Teil befreit, so kann er darüber hinaus bezahlte Beträge nur zurückverlangen, wenn er über seine Verpflichtung in Irrtum war (§ 1431 ABGB; 8 Ob 526/90; RIS-Justiz RS0021537), zB durch Rückforderung oder Aufrechnung. Die Mehrzahlung führt daher nicht zu einer Teilvorauszahlung des Bestandzinses späterer Zinsperioden, wie der Rechtsmittelwerber anzunehmen scheint.

Das Ausmaß der Zinsminderung richtet sich nach Grad und Dauer der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts (RIS-Justiz RS0021324) unter Heranziehung der relativen Berechnungsmethode (6 Ob 73/06p mwN). Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Zinsbefreiung für die Monate August und September für nicht berechtigt erkannt, war doch auch in diesen Monaten keine Unbrauchbarkeit, sondern nur eine dem Erstkläger zurechenbare Gebrauchsbeeinträchtigung (kein Speisenverkauf wegen Wegnahme von Geräten) gegeben, weil das Bestandobjekt zum Getränkeverkauf genutzt und damit tatsächlich ein Vorteil erzielt wurde (vgl RIS-Justiz RS0020870; vgl 2 Ob 275/05p, wonach die Inbestandgabe eines Geschäftslokals an einen Konkurrenten entgegen ausdrücklicher Vereinbarung bzw im unmittelbaren Nahbereich des Bestandnehmers eine Zinsminderung im Ausmaß des prozentuellen Rückgangs des Umsatzes rechtfertigt). Da der Revisionswerber eine fehlerhafte Bemessung der Zinsminderung durch das Berufungsgericht nicht aufzeigt, ist diese nicht zu ändern.

Dem Revisionswerber ist darin beizupflichten, dass er in seiner Berufung hinreichend deutlich rügte, das Erstgericht habe über die aufrechnungsweise eingewandte Gegenforderung nicht entschieden. So machte er geltend, wäre die wegen Zurverfügungstellung einer geringeren Geschäftsfläche erhobene, aufgeschlüsselte Kompensandoforderung richtig festgestellt worden, so wäre das Klagebegehren abzuweisen gewesen. Davon abgesehen, sind vor Erlassung eines Teilurteils (auch im Rechtsmittelverfahren) dessen prozessuale Voraussetzungen zu prüfen. Dazu gehört auch die Klärung, ob die Klagsforderung und die Gegenforderung in rechtlichem Zusammenhang stehen, weil ein Leistungserkenntnis über die Klagsforderung als Teilurteil gemäß § 391 Abs 3 ZPO nur dann gefällt werden darf, wenn ein solcher Zusammenhang zu verneinen ist. Besteht Konnexität, dann ist die Fällung eines die beklagte Partei zur Zahlung verhaltenden Teilurteils grundsätzlich unzulässig (RIS-Justiz RS0040878). Erreicht die konnexe Gegenforderung nicht die Höhe der Klagsforderung, so kann mit Teilurteil über den die Gegenforderung übersteigenden Teil der berechtigten Klagsforderung entschieden werden, weil insoweit dieser keine Gegenforderung entgegensteht (2 Ob 21/07p SZ 2007/199; RIS-Justiz RS0040878 [T1]). Mit Teilurteil kann stets ein nicht berechtigter Teil des Klagebegehrens abgewiesen werden (3 Ob 545/92 = RIS-Justiz RS0040878).

Bei der Beurteilung, ob ein rechtlicher Zusammenhang zwischen Klagsforderung und Gegenforderung besteht, ist vom jeweiligen Parteienvorbringen auszugehen (RIS-Justiz RS0040852). Ein rechtlicher Zusammenhang zwischen Klagsforderung und Gegenforderung liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn beide Ansprüche aus demselben Rechtsgeschäft oder Rechtsverhältnis entspringen, einander bedingen oder wenn die Aufrechnung beider Forderungen vereinbart war (RIS-Justiz RS0040760); ferner dann, wenn zwischen beiden Ansprüchen ein inniger wirtschaftlicher Zusammenhang besteht, der die Durchsetzung des Klagsanspruchs ohne Rücksicht auf den Gegenanspruch als Treu und Glauben widersprechend erschienen ließe (RIS-Justiz RS0040692). Ein Bereicherungsanspruch des Bestandnehmers, weil er irrtümlich mehr als den geminderten Zins gezahlt hat, steht mit einer Bestandzinsforderung aus demselben Bestandvertrag, aufgrund dessen der geminderte Zins geschuldet wird, in einem innigen wirtschaftlichen Verhältnis im eben dargelegten Sinn.

Die eingewandte Gegenforderung, soweit sie die irrtümliche Mehrzahlung als den geminderten Zins aus dem nicht verfahrensgegenständlichen Bestandvertrag zwischen Zweitbeklagtem und der „St***** AG betrifft, steht mit der Klagsforderung nicht im rechtlichen Zusammenhang. Der Erstkläger ist auch nicht Schuldner dieser Kondiktion, weil er nicht Empfänger der Mehrzahlung war, war doch ihm, der nicht Vertragspartei war, vom Zweitbeklagten nichts zu leisten.

Ein rechtlicher Zusammenhang besteht hingegen zwischen Klagsforderung und der diese übersteigenden Gegenforderung, soweit sie Zinsmehrzahlungen aus dem Bestandvertrag betrifft, dem die Klagsforderung entspringt. Davon ausgehend war die Erlassung eines Teilurteils im Sinn der obigen Ausführungen unzulässig. Dies ist im Rahmen des Revisionsgrundes des § 503 Z 4 ZPO und im Rahmen der Anfechtung (= dem Zahlungsbegehren stattgebendes Teilurteil) wahrzunehmen (RIS-Justiz RS0040655 [T8]; vgl RS0040731). In Bezug auf die Gegenforderung ist die Sache nicht entscheidungsreif, weil das Erstgericht keine Feststellungen traf, die die Beurteilung erlaubten, der Zweitbeklagte habe irrtümlich mehr als den geminderten Zins gezahlt. Zudem ist nicht genau geklärt, welchen Teil der Gegenforderung der Erstkläger schulden würde:

Nach den Feststellungen ist der Erstkläger ab April oder Mai 2006 Hauptmieter jenes Lokals geworden, dessen Teil der verfahrensgegenständliche Imbissstand ist, den der Zweitbeklagte vom Zweitkläger als damaligem Hauptmieter in Bestand genommen hat. Nach der Rechtsprechung ist § 1120 ABGB analog auch auf Unterbestandverhältnisse anwendbar, wenn ein neuer Hauptmieter anstelle des bisherigen in den Bestandvertrag eintritt (RIS-Justiz RS0021177). Bei Unterbestandverhältnissen vollzieht sich nach dieser analog anwendbaren Bestimmung die Vertragsübernahme mit dem Wechsel in den Hauptmietrechten, ohne dass es einer Zustimmung des Unterbestandnehmers bedarf (5 Ob 73/08h mwN). Eine Vertragsübernahme in diesem Sinn hat das Berufungsgericht bereits im ersten Rechtsgang seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Bereicherungsschuldner wäre der Erstkläger erst ab dem Zeitpunkt der Vertragsübernahme. Ein Bereicherungsanspruch steht nämlich ausschließlich demjenigen gegenüber zu, dem die rechtsgrundlose Leistung tatsächlich wirtschaftlich zugekommen ist oder allenfalls aus der Sicht des Leistenden zukommen sollte (7 Ob 115/07y; RIS-Justiz RS0067479; RS0070119).

Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung kann die vorbehaltlose Zahlung des (vollen) Bestandzinses in Kenntnis des Mangels unter Umständen (nach Maßgabe des § 863 ABGB) als konkludenter Verzicht auf den Rückforderungsanspruch - nicht ohne Weiteres auch auf zukünftige Zinsminderungen - zu werten sein (6 Ob 42/10k mwN). Ein Verzicht auf Zinsbefreiung bzw Zinsminderung für den jeweiligen Zinstermin liegt jedenfalls in der vorbehaltlosen und ohne Irrtum (auch Rechtsirrtum) erfolgten Zahlung des vollen Zinses, weil auch dadurch die Rückforderung nach § 1431 ABGB ausgeschlossen wird (7 Ob 99/03i mwN; RIS-Justiz RS0021408; RS0024634; Würth in Rummel, ABGB³ § 1096 Rz 11 mwN). Nach den Feststellungen hat der Zweitbeklagte „relativ am Beginn der Verpachtungszeit“ die fahrbare Vitrine „ca 2 m nach hinten geschoben und die frei gewordene Fläche nicht mehr verwendet“, nachdem er vom Eigentümer der Fläche, die der Zweitkläger nicht in Bestand genommen, dem Zweitbeklagten aber in Bestand gegeben hatte, wiederholt darauf hingewiesen worden war, dass er die Fläche nicht verwenden könne. Mit dem Zweitbeklagten wird daher zunächst zu erörtern sein, weshalb er dennoch den vollen Zins weiter zahlte. Bleiben danach Tatumstände strittig, wird das Beweisverfahren in diesem Punkt zu ergänzen sein. Ist irrtümliche Zahlung anzunehmen, ist auch der genaue Zeitpunkt des Eintritts des Erstklägers in die Hauptmietrechte zu klären.

Da es offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, war mit Aufhebung und Zurückverweisung an die erste Instanz vorzugehen (§ 510 Abs 1 ZPO).

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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