OGH 6Ob201/11v

OGH6Ob201/11v14.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** H*****, vertreten durch Estermann & Partner KG Rechtsanwälte in Mattighofen, gegen die beklagte Partei M***** H*****, vertreten durch Dr. Erich Greger und Dr. Günther Auer, Rechtsanwälte in Oberndorf, wegen 4.000 EUR sA, Unterlassung und Widerrufs (Streitwert 8.000 EUR) sowie Veröffentlichung (Streitwert 2.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. Mai 2011, GZ 6 R 44/11z-29, mit dem das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 28. Jänner 2011, GZ 1 Cg 42/10i-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 908,64 EUR (darin 151,44 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat seinen über Antrag der Beklagten abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der grundsätzlichen Eignung der „vom Berufungsgericht bei der Beurteilung des Vorliegens einer Verletzung der Schadensminderungspflicht herangezogenen Umstände [für eine Verneinung der] Zumutbarkeit der Ergreifung eines Rechtsbehelfs“.

Die Vorinstanzen haben der Beklagten die Behauptung und Verbreitung bestimmter (negativer) Behauptungen betreffend die vom Kläger betriebene Hundezucht verboten, deren Widerruf auf einer bestimmten Website angeordnet und die Beklagte gemäß § 1330 Abs 2 ABGB zur Zahlung von 4.000 EUR verpflichtet. Die Behauptungen seien unwahr gewesen, dennoch hätten sechs Besteller von Hundewelpen ihre Reservierungen widerrufen, wodurch dem Kläger ein Schaden entstanden sei; der Kläger habe seine Schadensminderungspflicht nach § 1304 ABGB nicht dadurch verletzt, dass er die Kunden nicht auf Vertragszuhaltung geklagt habe, hätte er sie doch als (zukünftige) Kunden (endgültig) verloren, im Übrigen wären ihm diese zahlreichen Prozesse nicht zumutbar gewesen.

1. Aus § 1304 ABGB ist eine Rettungspflicht des Geschädigten abzuleiten, also eine Pflicht, den Schaden möglichst gering zu halten (RIS-Justiz RS0027116). Die Unterlassung der Schadensminderung kann dem Geschädigten dann vorgeworfen werden, wenn die von ihm unterlassene - zumutbare - Handlung geeignet gewesen wäre, den Schaden zu verringern (RIS-Justiz RS0109225). Grundsätzlich führt nur eine schuldhafte Verletzung der Schadensminderungspflicht zur Kürzung der Ansprüche des Geschädigten (RIS-Justiz RS0027062, RS0027116). Bei problematischer Rechtslage ist eine Verletzung der Schadensminderungspflicht nicht zu erkennen, wenn keine gerichtlichen Schritte unternommen werden (vgl RIS-Justiz RS0018766); der Geschädigte muss es sich allerdings anrechnen lassen, wenn er einen (zumutbaren) Rechtsbehelf zur Abwendung oder Verringerung des Schadens nicht ergriffen hat (RIS-Justiz RS0026994).

Das Berufungsgericht hat diese in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze seiner Entscheidung zugrunde gelegt und die Verneinung der Schadensminderungspflicht durch den Kläger ausführlich und durchaus vertretbar begründet. Was dem Geschädigten im Rahmen der Schadensminderungspflicht zumutbar ist, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile und den Grundsätzen des redlichen Verkehrs. Es kommt daher wesentlich auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0027787).

2. Die Revision zeigt aber auch ansonsten keine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf. Wie Äußerungen - oder hier der Inhalt von Postings in Internetforen - zu verstehen sind, betrifft ebenso den Einzelfall wie die Frage, ob die Behauptungen wahr oder unwahr gewesen sind oder ob sich die Beklagte mit dem von ihr verwendeten Zitat einer anderen Person identifizierte oder nicht.

3. Damit war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

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