Spruch:
1.) Die Revisionsrekursbeantwortung wird als verspätet zurückgewiesen.
2.) Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Über das Vermögen des mittlerweile verstorbenen Gemeinschuldners wurde mit Beschluss vom 29. 5. 2007 das Konkursverfahren eröffnet. Zu diesem Vermögen gehörte die Liegenschaft „Kiesgrube“ samt Bodenschatz. Der Masseverwalter veräußerte mit Kaufverträgen vom 11. 12. 2008 die Liegenschaft um 250.000 EUR und den Bodenschatz um 3.900.000 EUR. Beide Kaufverträge genehmigte das Erstgericht am 16. 1. 2009.
Die Absonderungsgläubigerin meldete zur Meistbotsverteilung eine Forderung von 3.277.842,07 EUR an, die bis zum Höchstbetrag von 3 Mio EUR pfandrechtlich besichert sei. Die Republik Österreich meldete aufgrund eines Einkommensteuerbescheids von 2008 eine Spekulationssteuer im Betrag von 851.574,36 EUR als Sondermasseforderung zur Meistbotsverteilung an, die aus der Veräußerung der Liegenschaft „Kiesgrube“ resultiere. In der Meistbotsverteilungstagsatzung am 8. 9. 2009 erhob die Absonderungsgläubigerin Widerspruch gegen die Berücksichtigung der von der Republik Österreich angemeldeten Sondermasseforderung. Der Masseverwalter anerkannte einen Teil der Forderungsanmeldung der Republik Österreich, erhob jedoch insofern Widerspruch, als Spekulationssteuer lediglich bezüglich der Liegenschaft, nicht aber bezüglich des Bodenschatzes anfalle.
Das Erstgericht verteilte mit dem angefochtenen Beschluss den Verkaufserlös von gesamt 4.150.000 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 6.510,67 EUR. Es wies, soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Belang, der Republik Österreich als Sondermasseforderungen eine Forderung von 66.819,41 EUR aus dem Titel der Einkommensteuer 2008 und Einkommensteuervorauszahlung für 2009 sowie eine weitere Forderung von 785.014,95 EUR an Einkommensteuer 2008 und Einkommensteuervorauszahlung 2009 zu, diese letztere jedoch sichergestellt auf das Treuhandkonto des Masseverwalters. Der Absonderungsgläubigerin wies das Erstgericht einen Betrag von 1.058.244,60 EUR zuzüglich Zinsen von 1.660,22 EUR und Fruktifikationszinsen zu.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass die Liegenschaft von der Konkursmasse, einer Privatperson, im Privatvermögen gehalten worden sei. Die im Zuge ihrer Veräußerung angefallene Steuer stelle daher einen Spekulationsgewinn aus der Verwertung von Liegenschaften dar. Dieser sei, wie sich aus der Entscheidung 8 Ob 14/93 ergebe, als Sondermasse zu behandeln, um eine Aushöhlung der allgemeinen Konkursmasse zu verhindern. Anders als bei anderen Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 1 bis 5 EStG handle es sich bei einem Spekulationsgeschäft gemäß § 30 EStG nicht um eine der Einkunftsarten, die der allgemeinen Masse zuzuordnen seien. Bei einem Spekulationsgeschäft werde vielmehr in besonderer Weise an die Veräußerung einer bestimmten Sache - hier einer Liegenschaft - angeknüpft. Anders als beim Verkauf einer Liegenschaft aus Betriebsvermögen würden auch keine „stillen Reserven“ aufgedeckt. Es sei unbedenklich, eine Liegenschaft, die zum Betriebsvermögen gehöre, anders zu behandeln als eine solche, die zum Privatvermögen gehöre.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss über den Rekurs der Absonderungsgläubigerin ab. Es wies lediglich weitere vom Masseverwalter geltend gemachte und im Revisionsrekursverfahren nicht zu behandelnde Sondermassekosten sowie die Entlohnung des Masseverwalters als Sondermassekosten zu, nicht jedoch die von der Republik Österreich begehrte Einkommensteuer. Rechtlich führte das Rekursgericht aus, dass die Konkurseröffnung Absonderungsrechte, zu denen auch vertragliche Pfandrechte gehören, grundsätzlich gemäß § 11 Abs 1 KO unberührt lasse. Die Rechtsposition der Absonderungsgläubiger solle durch die Eröffnung des Konkursverfahrens weder verschlechtert noch verbessert werden. § 49 Abs 1 KO ordne an, dass „aus den Nutzungen sowie aus dem Erlös einer zur Sondermasse gehörigen Sache“ vor den Absonderungsgläubigern die „Kosten der besonderen Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Sondermasse“ zu berichtigen seien. Um eine Forderung als Sondermassekosten iSd § 49 Abs 1 KO zu qualifizieren, sei es erforderlich, dass sie den Tatbestand einer Masseforderung gemäß § 46 KO erfülle und sich auf eine Sondermasse beziehe. Im Zweifel sei gemäß § 47 Abs 3 KO eine Masseforderung anzunehmen. Die Einkommensteuer aus einem Spekulationsgewinn sei systematisch als direkte Personen- oder Subjektsteuer einzuordnen. Zwar habe der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 14/93 in einem obiter dictum festgehalten, dass die Einordnung einer Spekulationssteuer als Sondermassekosten eine „Aushöhlung“ der allgemeinen Masse durch derartige Steuerforderungen verhindern würde. Diese Ansicht habe aber der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 228/00p ausdrücklich nicht aufrecht erhalten. Zwar sei in dieser Entscheidung ein Veräußerungsgewinn zu beurteilen gewesen und nicht eine Spekulationssteuer. Der Oberste Gerichtshof habe in dieser Entscheidung jedoch die Argumentation des Rekursgerichts zu 28 R 204/96t ausdrücklich gebilligt, die sich auf Einkünfte aus Spekulationsgewinn bezog. Die in 8 Ob 228/00p geäußerte Rechtsansicht habe der Oberste Gerichtshof anlässlich der Entscheidung 8 Ob 66/08a ausdrücklich aufrecht erhalten, sodass die Besteuerung des Spekulationsgewinns bei der Verteilung der Sondermasse nicht zum Zug komme.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage, ob die durch den Verkauf einer Liegenschaft des Gemeinschuldners anfallende „Spekulationssteuer“ die allgemeine Masse oder die Sondermasse belaste, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Masseverwalters.
Der Revisionsrekurs wurde den Rechtsvertretern der Absonderungsgläubigerin am 18. 5. 2010 zugestellt. Die erst am 18. 8. 2010 elektronisch eingebrachte Beantwortung des Revisionsrekurses war daher gemäß § 260 Abs 6 IO iVm § 273 Abs 8 IO als verspätet zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.
1. Vorauszuschicken ist, dass die materiellrechtlichen Änderungen der Konkursordnung durch das IRÄG BGBl I 2010/29 in diesem Verfahren gemäß § 273 Abs 1 IO nicht anzuwenden sind.
2. Die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts ist zutreffend, sodass gemäß §§ 528a iVm 510 Abs 3 ZPO auf sie verwiesen werden kann. Ergänzend ist dem Revisionsrekurswerber entgegenzuhalten:
3. Zu Unrecht beruft sich der Revisionsrekurswerber auf die Entscheidung 8 Ob 14/93 (Riel, Die konkursrechtliche Behandlung von Einkommensteuerforderungen, RdW 1994, 304; Oberhammer, Einkommensteuer für Spekulationsgeschäfte, ecolex 1995, 6). Die - lediglich aus Anlass dieser Entscheidung - geäußerte Ansicht, dass die Steuer für Spekulationsgewinn als Sondermasseforderung zu behandeln sei, hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 228/00t (vgl Kristen, Steuerliche Sonderprobleme bei der Konkursabwicklung, Insolvenzforum 2004, 33 [50]) ausdrücklich nicht aufrecht erhalten, worauf schon das Rekursgericht zutreffend hingewiesen hat. In der Entscheidung 8 Ob 228/00p war zwar nicht zu beurteilen, ob eine Spekulationssteuer zur Sondermasse oder zur allgemeinen Masse zu rechnen sei, sondern eine Einkommensteuerforderung im Zusammenhang mit einer Zwangsversteigerung, also ein sonstiger Veräußerungsgewinn. Der Oberste Gerichtshof führte jedoch unter ausdrücklicher Berufung auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien 28 R 204/96p, die eine Spekulationssteuer zum Gegenstand hatte, aus, dass der Spekulationsgewinn als Einkommensteuer den direkten Personensteuern zuzuordnen sei. Die Einkommensteuer betreffe das gesamte Vermögen des Steuersubjekts und daher die allgemeine Konkursmasse. Der Spekulationsgewinn sei daher nicht den Sondermassekosten zuzuordnen. Eine Qualifikation als Sondermassekosten würde überdies die Rechtsposition der Absonderungsgläubiger im Vergleich zu außerhalb eines Insolvenzverfahrens verschlechtern.
An dieser Rechtsprechung hielt der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 66/08a (dazu Riel in ÖBA 2010/1604, 180; Aigner in EvBl 2009/120, 816; Kanduth-Kristen, Kapitalertragssteuer als Sondermassekosten?, ZIK 2009/184, 115) ausdrücklich fest und führte aus:
„Grundsätzlich hat es aber jedenfalls hinsichtlich des 'Erlöses' dabei zu bleiben, dass Personen-Subjektsteuern, wie die Einkommensteuer oder die Körperschaftssteuer, der allgemeinen Masse zuzurechnen sind, weil sie ja auch nach den allgemeinen Einkommensverhältnissen des jeweiligen Steuerpflichtigen zu bezahlen sind. Dabei haben zahlreiche auf die gesamte Masse bezughabenden Momente, wie der Gesamtgewinn oder Abzugsmöglichkeiten, Sonderausgaben udgl Bedeutung. Der Oberste Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass grundsätzlich die Stellung der Absonderungsgläubiger nicht verschlechtert werden darf und im Zweifel jedenfalls von einer Zugehörigkeit der Kosten zur allgemeinen Masse auszugehen ist (vgl zuletzt insb 8 Ob 113/06k, SZ 2006/185 = ZIK 2007/94). Der Wert des verpfändeten 'Absonderungs'gutes darf für den 'Absonderungs'gläubiger nicht durch Einflüsse aus dem sonstigen Vermögen und wie sich das Absonderungsgut dort darstellt ('Buchwert') in unabsehbarer Weise verzerrt werden.“
4. Eine Veranlassung von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht nicht. Die im Revisionsrekurs zitierte Entscheidung 8 Ob 92/02s in der es vor allem um die Abgrenzung zwischen Masse- und Konkursforderungen ging, ist mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu vergleichen. Der Oberste Gerichtshof gelangte in dieser Entscheidung zum Ergebnis, dass keine Masseschuld und daher keine Masseforderung vorlag, sodass die weitere Frage, ob eine allgemeine Masseforderung oder eine Sondermasseforderung vorliege, nicht mehr zu beurteilen war (vgl Kristen, OGH zur Einkommenssteuer als Masseforderung oder konkursfreie Forderung: Irrweg oder Leitlinie für die Zukunft? ZIK 2003/55, 38).
5. Schließlich führt der Revisionsrekurswerber aus, dass nicht das gesamte Betriebsvermögen bei einem Spekulationsgeschäft am Schluss eines Jahres mit dem Anfangsvermögen verglichen werde, sondern es ganz konkret auf die jeweilige Liegenschaft ankomme. Die daraus resultierende Steuer betreffe daher ausschließlich die Sondermasse, der sie auch zuzuordnen sei.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Personen-Subjektsteuern zwar bei der Veräußerung einer Liegenschaft an deren Existenz anknüpfen, aber dennoch - weil sie Personen-Subjektsteuern sind - das gesamte Vermögen des Gemeinschuldners betreffen. Der Erlös aus einer Veräußerung einer Liegenschaft wirkt sich daher im gesamten Vermögen des Gemeinschuldners aus. Insofern unterscheiden sich Personen-Subjektsteuern auch von - hier nicht zu behandelnden - Verwaltungskosten, die eine bestimmte Liegenschaft betreffen, und die etwa abhängig oder unabhängig vom Gebrauch der Liegenschaft entstehen können (dazu ausführlich 8 Ob 113/06k). Gegenteiliges ist auch nicht aus der Entscheidung 8 Ob 66/08a (zur - überdies abgesondert erhobenen - KESt) zu entnehmen, in der nicht die Besteuerung eines Erlöses aus der Veräußerung einer Liegenschaft, sondern aus deren - im Regelfall dem Absonderungsgläubiger zum Vorteil gereichenden (8 Ob 113/06k) - Nutzungen zu behandeln war.
Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)