Spruch:
gefasst:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Im Revisionsrekursverfahren ist nur mehr die Behandlung der Einkommensteuer im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung der dem Gemeinschuldner gehörigen Betriebsliegenschaft verfahrensgegenständlich, wobei nicht mehr strittig ist, dass es sich um eine Masseforderung handelt; strittig ist lediglich, ob sich diese auf die allgemeine Masse (so das Rekursgericht) oder auf eine besondere Masse (Betriebsliegenschaft) bezieht (so die Republik Österreich in ihrem Revisionsrekurs).
Am 19. 5. 1999 wurde die Betriebsliegenschaft des Gemeinschuldners dem Meistbietenden in einem nicht von der Masseverwalterin betriebenen Zwangsversteigerungs- verfahren beim Bezirksgericht Feldkirch um das Meistbot von S 4,620.000 zugeschlagen.
Anlässlich der Meistbotsverteilungstagsatzung am 2. 7. 1999 meldete die Masseverwalterin 20 % USt aus dem Meistbot mit einem Betrag von S 770.000, die nicht verfahrensgegenständlich ist, und Einkommensteuer in Höhe von S 2,310.000 an.
Am 4. 8. 1999 übermittelte das BG Feldkirch dem Landesgericht Feldkirch den Zwangsversteigerungsakt unter Hinweis auf § 47 Abs 3 KO mit dem Ersuchen um Entscheidung darüber, ob die von der Masseverwalterin im Verteilungsverfahren angemeldeten Beträge aus dem erzieltem Meisbot zu bezahlen seien.
Das Erstgericht sprach mit Beschluss ON 47 aus, dass die Einkommensteuerforderung im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung der Betriebsliegenschaft weder eine Masseforderung sei, welche sich auf die gemeinschaftliche Masse beziehe, noch eine solche, die sich auf die besondere Masse beziehe. Nach seiner Ansicht sei die Einkommensteuer nicht zu den Masseforderungen zu zählen, widrigenfalls eine empfindliche Aushöhlung der Deckungspositionen der Hypothekargläubiger stattfinden würde. Solche Aufwendungen, die der Gemeinschuldner ohne Insolvenzverfahren aus eigenem hätte tragen müssen, seien nicht als Masseforderungen zu qualifizieren und könnten nicht auf Hypothekargläubiger überwälzt werden.
Infolge Rekurses der Republik Österreich, mit dem diese beantragte, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Feststellung abzuändern, dass die Einkommensteuer im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung der Betriebsliegenschaft eine Masseforderung sei, die sich auf eine besondere Masse beziehe, hilfsweise eine Masseforderung sei, die sich auf die gemeinschaftliche Masse beziehe, gab das Rekursgericht dem angefochtenen Beschluss im Sinne des Eventualantrages statt und änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es feststellte, dass die Einkommensteuer im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung der Betriebsliegenschaft eine Masseforderung sei, die sich auf die gemeinschaftliche Masse beziehe. Den Revisionsrekurs erklärte es mangels oberstgerichtlicher Rechtsprechung für zulässig.
Das Erstgericht sei unangefochten davon ausgegangen, dass die hier in Frage stehende Einkommensteuerforderung im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung am 19. 5. 1999 angefallen sei. Zur konkursrechtlichen Behandlung der Einkommensteuer bestimme das Steuerrecht, ob und in welcher Höhe eine Steuerschuld des Gemeinschuldners entstanden sei; wie diese Steuerschuld im Konkurs zu behandeln sei, ergebe sich aus dem Insolvenzrecht. Gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO zählten zu den Masseforderungen die die Masse treffenden Steuern, wenn und soweit der die Abgabe auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht werde. Unter Bezugnahme
auf die Entscheidung 8 Ob 14/93 (= SZ 66/176 = EvBl 1994/121 = WBl
1994, 236 = RdW 1994, 304) betreffend die Frage, ob die durch die Verwertung eines zur Masse gehörenden Grundstückes innerhalb der Spekulationsfrist des § 30 Abs 1 lit a EStG entstehende Steuerforderung als Masse- oder als Konkursforderung zu qualifizieren sei, kam es zum Ergebnis, dass der Anspruch der Abgabenverwaltung auf Zahlung der Einkommensteuer bei Zwangsversteigerung einer Liegenschaft im Hinblick auf eine dabei zu Tage getretene Aufdeckung "stiller Reserven" mittels Zuschlagserteilung entstehe. Liege dieser Zeitpunkt nach der Konkurseröffnung, dann sei diese Abgabenforderung unabhängig davon, ob sich der Masseverwalter am Zwangsversteigerungsverfahren beteiligt habe, als Masseforderung zu qualifizieren. Im vorliegenden Fall sei die zu beurteilende Abgabepflicht durch ein während des Konkursverfahrens erfolgtes Veräusserungsgeschäft ausgelöst worden. Die Forderung sei damit als Masseforderung zu beurteilen. Ob die durch die Verwertung einer Sondermasse infolge Aufdeckung stiller Reserven anfallende Einkommensteuer als Sondermasseforderung iSd § 49 KO zu beurteilen sei, habe die oberstgerichtliche Rechtsprechung bisher nicht entschieden.
Nach der Zweifelsregelung des § 47 Abs 3 KO und der von Lehre und Rechtsprechung vertretenen Ansicht, dass Sondermassekosten nur dann als solche qualifiziert werden könnten, wenn sie zugunsten der Spezialmasse und der beteiligten Realgläubiger angefallen seien, und speziell sich auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien (28 R 204/96t = ZIK 1997, 185 = WR 810) berufend, die eine Spekulationssteuer als keine Sondermasseforderung beurteilte, kam das Rekursgericht hinsichtlich der vorliegenden Einkommensteuerforderung zum Ergebnis, dass es sich hiebei um eine in die allgemeine Konkursmasse fallende Masseforderung handle. Durch den Konkurs dürfe die materielle Lage der Absonderungsgläubiger nicht verschlechtert werden, womit alle Aufwendungen auszuscheiden seien, die der Gemeinschuldner aus eigenen hätte machen müssen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die Zuordnung der Einkommensteuer als allgemeine Masseforderung gerichtete Revisionsrekurs der Republik Österreich wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung dahingehend abzuändern, dass festgestellt werde, dass sich diese Masseforderung auf die besondere Masse (versteigerte Liegenschaft) beziehe, ist zwar mangels einschlägiger oberstgerichtlicher Judikatur zulässig, aber nicht berechtigt.
Zunächst ist klarzustellen, dass die Anrufung des Obersten Gerichtshofes nicht grundsätzlich wegen § 171 KO iVm § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ausgeschlossen ist, weil es bei der Frage, ob die Masseschuld aus der allgemeinen Masse oder aus der Sondermasse zu befriedigen ist, um keine Entscheidung im Kostenpunkt handelt (SZ 66/15 ua). Die Revisionsrekurswerberin weist auch zu Recht darauf hin, dass sie durch die Entscheidung des Rekursgerichtes beschwert ist, weil sie nur mit ihrem Eventualbegehren, nicht jedoch mit ihrem Hauptbegehren, das abgewiesen wurde, durchgedrungen ist (SZ 24/264 uva; zuletzt 8 Ob 149/97p und 9 ObA 39/98w).
In der Sache selbst hält der erkennende Senat die Entscheidung des Rekursgerichtes aus folgenden Gründen für zutreffend:
Sondermassekosten müssen sich auf eine Sondermasse iSd § 48 Abs 1 KO beziehen und überdies den Tatbestand einer Masseforderung gemäß § 46 KO erfüllen (Bartsch/Pollak KO AO AnfO3 I 283; Schumacher JBl 1988, 436; Schulyok in Konecny/Schubert, Komm Insolvenzgesetze Rz 1 zu § 49 KO; SZ 9/91), die gemäß § 47 Abs 1 KO aus der Masse zu decken ist, auf die sie sich bezieht. Demnach muss ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Sondermassekosten und dem Absonderungsgut bestehen. Bestehen Zweifel darüber, ob sich eine Masseforderung auf die allgemeine Masse oder auf eine Sondermasse bezieht, ist diese gemäß § 47 Abs 3 KO aus der allgemeinen Masse zu befriedigen.
Da die Sondermassekosten den Absonderungsgläubigern im Range vorgehen und damit mit diesen wirtschaftlich kollidieren, liegt eine Ausnahme von dem Grundsatz vor, dass Absonderungsgläubiger von einem Konkursverfahren nicht betroffen sind und sich daher deren Rechtsposition im Vergleich zu der außerhalb eines Insolvenzverfahrens nicht verschlechtern darf (Bartsch/Pollak aaO 283 f; Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht 555; Schulyok aaO Rz 3).
Die Zuordnung von Masseforderungen zur allgemeinen Masse oder zur Sondermasse ist für die Kalkulierbarkeit der Befriedigungsaussichten der Hypothekargläubiger, besonders für die Kreditwirtschaft, von großer Bedeutung, gehört aber zu den am wenigsten geklärten Fragen des Konkursverfahrens; dies trifft im besonderen Maße für die Qualifikation von Steuern zu. Um diese Fragen einer halbwegs befriedigenden Lösung zuzuführen, ist es zweckmäßig, sich vorerst die Interessenlage der Beteiligten bewusst zu machen: Ein Zurückdrängen der Sondermassekosten bedeutet aus der Sicht der Absonderungsgläubiger, dass der Verwertungserlös des Absonderungsgutes nicht geschmälert wird und daher die Befriedigungsaussichten der Absonderungsgläubiger steigen, da die Sondermassekosten aus der allgemeinen Konkursmasse gedeckt werden. Wenn die Belastungsintensität des Absonderungsgutes keine Hyperocha für die allgemeine Konkursmasse zulässt, bedeutet dies für deren Gläubiger, dass deren Befriedgigungsfonds durch die Deckung der Sondermassekosten geschmälert wird, obwohl ihnen keinerlei Vorteil zukommt. Andererseits hat die Befriedigung der Sondermassekosten vor den Absonderungsgläubigern zur Konsequenz, dass bei einem überbelastenden Absonderungsgut die Absonderungsgläubiger nicht voll befriedigt werden können und die allgemeine Konkursmasse von Masseforderungen - um solche handelt es sich immer auch bei Sondermassekosten - entlastet wird, was zu einer Vergrößerung des Befriedigungsfonds der Gläubiger der allgemeinen Konkursmasse führt (besonders deutlich Schulyok aaO Rz 8 und 40).
Nicht allein entscheidend für die Abgrenzung kann sein, ob der Gemeinschuldner oder der für ihn handelnde Masseverwalter diese Aufwendungen aus eigenen hätte tragen müssen. Besonders deutlich zeigt sich dies bei den Realsteuern, die grundsätzlich vom Gemeinschuldner zu Tragen wären. Müssten diese Aufwendungen tatsächlich aus der allgemeinen Konkursmasse gedeckt werden, wären die Absonderungsgläubiger im Konkursverfahren besser gestellt als in einer außerhalb dieses Verfahrens betriebenen Exekution, da dort die Vorzugspfandrechte jedenfalls vor den Absonderungsgläubigern zum Zuge kommen würden. Der aus § 11 KO abzuleitende Grundsatz, dass die Rechtsposition der Absonderungsgläubiger durch ein Konkursverfahren nicht verschlechtert werden darf, kann nur so verstanden werden, dass die Eröffung eines Konkursverfahrens auch zu keiner Besserstellung führen darf (Schulyok aaO Rz 9 aE). Daher werden zu Recht von Lehre und Rechtsprechung diese Realsteuern den Sondermassekosten zugeordnet (Petschek/Reimer/Schiemer aaO 555 FN 34; Schumacher, JBl 1988, 436; Schulyok aaO Rz 18; SZ 10/222; 20/129). Auch umsatzsteuerrechtliche Grundstückslieferungen sind, soferne es sich um Masseforderungen handelt, also der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt nach Eröffnung des Konkursverfahrens verwirklicht wurde, was insbesondere im Falle der Option zur Steuerpflicht nach dem BudgetbegleitG 1998 (BGBl I 1998/79) der Fall ist, den Sondermassekosten zuzuordnen, weil hier der sachliche Zusammenhang mit der Verwertung der mit Absonderungsrechten betroffenen Teile der Konkursmasse evident ist (in diesem Sinn auch Schulyok Rz 43 und 53). Gleiches gilt für die beim exekutiven Verkauf einer Liegenschaft für deren bewegliche Wirtschaftsgüter zu entrichtende Umsatzsteuer (SZ 62/81). In allen diesen Fällen handelt es sich um indirekte Steuern, die den Objekt-, Verkehrs- und Verbrauchssteuern zuzuordnen sind.
Anderes muss jedoch für die direkte Personen-Subjektsteuer gelten. Soweit ersichtlich, wurde der Oberste Gerichtshof erstmals (in der Entscheidung SZ 9/91) mit diesem Problem im Zusammenhang mit der Wertzuwachsabgabe einer im Konkurs versteigerten Liegenschaft befasst; diese wurde als eine die allgemeine Masse betreffende Masseforderung eingestuft. Später wurde die Frage bei der Einordnung der anlässlich der Verwertung durch den Masseverwalter innerhalb der einschlägigen Spekulationsfristen nach § 30 Abs 1 EStG aus dem Titel des Spekulationsgewinnes anfallenden Einkommensteuer des Gemeinschuldners aktuell. Der Oberste Gerichtshof (8 Ob 14/93 = SZ 66/176) entschied, dass diese als Masseforderung einzuordnen sei, ließ aber die Frage, ob es sich hiebei um eine die allgemeine Masse oder die Sondermasse betreffende Steuer handle als nicht entscheidungsgegenständlich offen, wobei jedoch in einem obiter dictum eine gewisse Sympathie für die Einordnung als Sondermassekosten zu erkennen ist, weil dadurch eine Aushöhlung der Masse in Fällen, in denen keine ausreichende Hyperocha vorhanden sei, hintangehalten werden könne. Oberhammer (ecolex 1995, 6) kommt in der Besprechung dieser Entscheidung zum Ergebnis, dass diese Steuer grundsätzlich die allgemeine Masse treffe, will aber dann eine kaum praktikable und dogmatisch nicht begründbare Teilung danach vornehmen, dass der Fiskus hinsichtlich der nicht durch eine Hyperocha gedeckten Steuerforderung als Neugläubiger zu behandeln wäre. Der erkennende Senat hält bei näherer Prüfung die in der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien 28 R 204/96p (ZIK 1997, 185), die mit dieser Steuer die allgemeine Masse belastet hat, gebrachten Argumente für zutreffend und auch auf die hier zu beurteilende Frage des Veräusserungsgewinns anwendbar. Der Spekulationsgewinn ist als Einkommensteuer den direkten Personensteuern zuzuordnen. Die Umsatzsteuer und erst Recht die Realsteuern sind "näher" zur Sondermasse als Objekt der Besteuerung als es die Einkommensteuer ist. Die Einkommensteuer betrifft das gesamte Vermögen des Steuersubjekts, daher die allgemeine Konkursmasse. Der Spekulationsgewinn ist daher nicht den Sondermassekosten zuzuordnen, weil es am erforderlichen sachlichen Zusammenhang iSd § 49 Abs 1 KO fehlt. Auch würde eine Qualifikation als Sondermassekosten zu einer Verletzung des Grundsatzes führen, dass sich die Rechtsposition der Absonderungsgläubiger zu der außerhalb eines Insolvenzverfahrens nicht verschlechtern darf (vgl § 11 Abs 1 KO). In einem außerhalb eines Konkursverfahrens geführten Versteigerungsverfahren wäre der Spekulationsgewinn keine Vorzugspost iSd § 216 Abs 1 Z 1 EO iVm § 120 Abs 2 Z 4 EO (OLG-Wien ZIK 1997, 185; Schulyok Rz 56).
Gleiches muss auch für den hier zu beurteilenden Veräußerungsgewinn gelten. Wenn der Masseverwalter anlässlich der Verwertung eines Absonderungsgutes durch Aufdeckung stiller Reserven einen Veräusserungsgewinn lukriert, ist ähnlich wie beim Spekulationsgewinn davon auszugehen, dass die reale Wertsteigerung wohl in den meisten Fällen schon vor Eröffnung des Konkursverfahrens sukzessive eingetreten sein wird, allein noch keine Steuerschuld bewirkt, sondern erst die stille Resserven aufdeckende Verwertungshandlung des Masseverwalters (Schulyok Rz 57).
Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die Steuerschuld aus Veräusserungsgewinn durch Aufdeckung stiller Reserven anlässlich der Verwertung eines Absonderungsgutes eine Masseforderung ist, jedoch keine Sondermasseforderung, weil der Veräusserungsgewinn als Einkommensteuer eine direkte Personen- oder Subjektsteuer darstellt, die von der allgemeinen Konkursmasse zu tragen ist.
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