OGH 15Os98/10s

OGH15Os98/10s16.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. März 2011 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tomecek als Schriftführerin in der Medienrechtssache der Antragstellerinnen Elisabeth M*****, Katharina M***** und Viktoria M***** gegen die Antragsgegnerin K***** GmbH & Co KG wegen §§ 7, 7a MedienG, AZ 93 Hv 86/07h des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über den Antrag der genannten Antragstellerinnen auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

In der Medienrechtssache der Antragstellerinnen Elisabeth M*****, Katharina M***** und Viktoria M***** gegen die Antragsgegnerin K***** GmbH & Co KG wegen §§ 7, 7a MedienG, AZ 93 Hv 86/07h des Landesgerichts für Strafsachen Wien, begehrten die Antragstellerinnen mit am 26. Juni 2007 eingebrachtem Antrag den Zuspruch von Entschädigungen betreffend mehrere Artikel in insgesamt elf Ausgaben der periodischen Druckschrift „K*****“, nämlich vom 11., 12., 13., 14., 15., 16., 17., 20. und 23. Februar sowie vom 7. und 18. März 2007.

Nach Vertagung der Hauptverhandlung vom 19. Oktober 2007 auf unbestimmte Zeit (ON 12) teilte die Erstrichterin den Vertretern der Beteiligten mit Note vom 14. März 2008 mit, nach Rücksprache mit dem Antragstellervertreter erscheine es aus prozessökonomischen Gründen tunlich, mit der Fortführung des gegenständlichen Verfahrens und der Entscheidung in dieser Sache zuzuwarten, bis eine Entscheidung des Oberlandesgerichts in einem der dort bereits anhängigen Parallelverfahren ergangen sei, zumal darin erwartungsgemäß zu den sämtliche Verfahren gleichermaßen betreffenden Rechtsfragen Stellung genommen werden würde (ON 20).

Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2009 gab der Antragstellervertreter dem Gericht bekannt, dass der Oberste Gerichtshof nunmehr aufgrund einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes festgestellt habe, im Verfahren AZ 92 Hv 83/07k des Landesgerichts für Strafsachen Wien (Antragsteller Dr. Andreas M*****, Antragsgegnerin K***** Gesellschaft mbH & Co KG) verletze das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht das Gesetz in der Bestimmung des § 7 MedienG (15 Os 175/08m). Zudem habe das Oberlandesgericht Wien im Verfahren betreffend Veröffentlichungen in der Tageszeitung „Ku*****“ das die dort in Anspruch genommene Antragsgegnerin zur Zahlung von Entschädigungsbeträgen verpflichtende Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien bestätigt. Unter einem ersuchte der Antragstellervertreter, das Verfahren durch Anberaumung einer Hauptverhandlung fortzusetzen (ON 21).

Am 27. April 2009 verfügte die Erstrichterin die Anberaumung der Hauptverhandlung für den 3. Juli 2009 (ON 22).

Mit Urteil vom 3. Juli 2009 (ON 27) wurde die Antragsgegnerin in Ansehung sämtlicher inkriminierter Zeitungsartikel nach § 7 Abs 1 MedienG, hinsichtlich der Artikel vom 11., 12., 13., 15., 16., 17. und 20. Februar sowie vom 7. März 2007 auch nach § 7a Abs 1 MedienG, zur Zahlung von Entschädigungen von insgesamt 33.500 Euro an jede Antragstellerin sowie gemäß § 8a Abs 6 MedienG zur Urteilsveröffentlichung verpflichtet, weil durch die erfolgten Veröffentlichungen in der periodischen Druckschrift „K*****“, und zwar

1./ eines Artikels am 11. Februar 2007 mit der Überschrift „Mutter sperrte Kinder jahrelang weg!“, in dem behauptet wurde, eine kranke Mutter, die Angst vor den Nachstellungen durch ihren geschiedenen Mann gehabt hätte, hätte ihre drei Töchter weggesperrt, diese hätten nur noch in Chaos und Müll gelebt, die verwahrlosten Töchter hätten eine eigene Sprache entwickelt, ihre einzigen Spielgefährten wären Mäuse gewesen, die hygienischen Zustände im Haus seien immer ärger geworden, weshalb sich die Mädchen nunmehr einer Therapie unterziehen müssten und die Mutter in U-Haft sitze;

2./ eines Artikelkonvoluts am 12. Februar 2007 mit den Überschriften „Jugendwohlfahrt hat bei Horror-Fall total versagt“, „die blauäugige Justiz“ und „Therapie als Hoffnung für die 'Müllkinder', aber älteste Tochter findet sich nicht zurecht“, in dem behauptet wurde, die verwahrlosten und schwer geschädigten Kinder seien sogar später als Hund und Katze aus dem Horror-Haus befreit und aus ihrer Hölle geholt worden, sie müssten ihr ganzes Leben lang büßen, dass die Behörden zu nachlässig gewesen seien, sie aus der Gewalt ihrer wahnhaften Mutter zu befreien, ihr Vater hätte nicht einmal den Garten betreten, sondern nur über den Zaun mit den Töchtern reden dürfen, die drei Kinder seien sieben Jahre lang immer mehr in Chaos und Müll versunken, wären zunehmend verwahrlost, seien nunmehr weiß wie die Wand, abgemagert bis auf die Knochen, stark kurzsichtig, lichtempfindlich, hätten eine eigene Sprache entwickelt, würden statt zu gehen die Wand entlang huschen und es dunkel haben wollen, würden jetzt alles, auch sprechen und gehen, neu lernen müssen, vor allem die Älteste, die kaum Liebe kenne, würde sich in der neuen, hellen Welt nicht zurecht finden und die kranke Mutter sei „im W*****“ untergebracht und gegen sie würde eine Voruntersuchung wegen des Verdachts des Quälens von Unmündigen laufen;

3./ eines Artikelkonvoluts am 13. Februar 2007 mit den Überschriften „Kinderleid: Niemand will Schuld tragen!“, „Angeblich war es 'halb so arg'“ und „Jugendamt mit 'Beißhemmung'“, in dem behauptet wurde, drei Mädchen seien von ihrer psychisch schwerst kranken Mutter, die glaubte, von Außerirdischen kontrolliert zu werden, jahrelang gequält worden, wären völlig verwahrlost und kaum noch eigenständig lebensfähig, die Mädchen hätten unglaubliche Seelenqualen erleiden müssen, sie hätten in einem verbarrikadierten Bungalow, in einem Horror-Haus, in dem jeder Zentimeter verkotet und zugemüllt gewesen sei, in Isolationshaft leben müssen, seien seelisch verwahrlost und im Chaos versunken, die „Müll-Kinder“ seien in die Zwangsstörungen ihrer schwer gestörten Mutter eingebunden gewesen, hätten einen Leidensdruck gehabt und eine eigene Sprachmelodik entwickelt, wären in eine Phantasiewelt geflüchtet, was ein Kinderdrama sei und bei der Justiz würden Voruntersuchungen gegen die Mutter wegen Quälens und Vernachlässigens von Unmündigen laufen;

4./ eines Artikelkonvoluts am 14. Februar 2007 mit den Überschriften „Nachbaren waren hilflose Zeugen: 'Man hat nie Behörden gesehen'“ und „Wo war der Vater die vielen Jahre?“, in dem behauptet wurde, es habe sich ein heimliches Drama ereignet, da drei Mädchen unter furchtbaren Bedingungen in einem verdreckten Horror-Haus leben mussten, in dem viel Müll gewesen sei, wobei die Fenster ständig verdunkelt gewesen seien und der Fernseher pausenlos gelaufen sei, die Mutter hätte immer alles abgesperrt und niemanden hereingelassen, die drei Töchter seien verwahrlost und krank geworden, hätten nur von Fast-Food gelebt, sogar für den Hund sei das Leben dort nicht zumutbar gewesen und der Vater hätte seine Töchter nur über den Zaun besucht;

5./ eines Artikelkonvoluts am 15. Februar 2007 mit den Überschriften „Dahindämmern bei irrer Mutter machte die 3 Mädchen krank“, „So machte irre Mutter ihre drei Töchter krank!“, „Nur Jüngste war oft in Schule“, „Die langen Tage im Horror-Haus“ und „Post Von Jeannee“, in dem behauptet wurde, drei Mädchen wären von ihrer Mutter krank gemacht worden, hätten verwahrlost in einem dunklen, verdreckten, verluderten Horror-Haus im Saustall leben müssen, hätten einen familiären Wahnsinn erlebt, weil ihnen Sozialkontakte verweigert worden wären, sie wären sinnlos dahingedämmert in immer verdunkelten Räumen, wobei sogar die Motivation zum Aufstehen gefehlt hätte, wären von ihrer schizophrenen Mutter in deren Wahnwelt hineingezogen worden, wodurch sie nunmehr an massiven Persönlichkeitsentwicklungsstörungen leiden würden, die Älteste sei gedrückt, gehemmt und subdepressiv und hätte eine wahnhafte Störung, die beiden Kleineren seien nicht in der Lage, die Realität zu erfassen oder für einfachste Hygiene zu sorgen und würden möglicherweise aufgrund unbehandelter Harnwegsinfekte an Nierenbeckenerweiterungen leiden, die Mittlere sogar an einer verkrümmten Wirbelsäule und großflächigen Ekzemen, den Mädchen wären von ihrer Mutter Sonne, das Licht, die Freude und die Wonnen des Heranwachsens genommen worden und gegen die Mutter würde nunmehr wegen des Verdachts des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen ermittelt, weil sie laut Staatsanwaltschaft Klagenfurt ihre drei Töchter vernachlässigt und psychisch sowie körperlich gequält hätte;

6./ eines Artikelkonvoluts am 16. Februar 2007 mit den Überschriften „Gequältes Mädchen wird nie mehr gesund!“, „Richter griff vier Jahre nicht ein: Mitschuld am Leid der Kinder?“ und „Fehleinschätzungen, aber keine Absicht!“, in dem behauptet wurde, drei Mädchen hätten fünf Jahre lang gemeinsam mit ihrer psychisch kranken Mutter in einem verdreckten Horror-Haus in Geiselhaft leben müssen, aus dem Hund und Katze vom Amtstierarzt früher als die Mädchen befreit worden seien, die Töchter wären von ihrer schizophrenen Mutter, die unter Verfolgungswahn gelitten hätte, in deren Wahnwelt hineingezogen worden und verwahrlost, wodurch es ihnen nunmehr schlecht gehe, wobei es die Älteste am schlimmsten getroffen hätte, weil ihre Persönlichkeit deformiert sei, sie massive Verhaltensstörungen aufweise, kaum kommuniziere, sich hauptsächlich im Dunkeln aufhalte, den Kontakt zu anderen weitgehend verweigere und sie wahrscheinlich nie wieder ganz gesund werde, worüber es Strafakten gebe und was eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen im Sinne des „Quäler-Paragraphen 92“ bedeute;

7./ eines Artikels am 17. Februar 2007 mit der Überschrift „Kinder 'erschöpft' vernachlässigt“, in dem behauptet wurde, es habe sich ein unfassbares Familiendrama ereignet, da drei Mädchen von ihrer wahnsinnigen Mutter, einer Paranoia-Patientin, vernachlässigt worden seien, das Haus sei nicht mehr in Schuss gehalten und die Kinder nicht mehr in die Schule geschickt worden, die Türen seien versperrt gewesen, die Vorhänge zugezogen und die Glühlampen herausgeschraubt, wodurch eine Geiselhaft mit Dunkelhaft und totale Isolation entstanden seien, sodass die Mädchen geschädigt worden seien, das älteste am schwersten, und nunmehr in Therapie seien, während die Mutter wegen des Verdachts des Verbrechens des Vernachlässigens unmündiger oder wehrloser Personen (§ 92) verhaftet worden sei;

8./ eines Artikels am 20. Februar 2007 mit der Überschrift „Drei Kinder um 2 Jahre zu spät befreit“, in dem behauptet wurde, drei Mädchen wären von ihrer psychisch kranken Mutter in Geisel- und Dunkelhaft gehalten worden, ihnen wären jegliche Sozialkontakte und notwendige ärztliche Besuche verweigert worden, der Vater wäre vor versperrten Türen und ausgewechselten Schlössern gestanden, habe nur über den Gartenzaun hinweg mit seinen Töchtern sprechen dürfen, wodurch die Mädchen geschädigt worden seien, das älteste am schwersten, und der Staatsanwalt werfe der verhafteten Mutter das Verbrechen des Quälens und Vernachlässigens von Unmündigen vor;

9./ eines Artikels am 23. Februar 2007 mit der Überschrift „Kaum Kontrolle bei Heimunterricht“, in dem behauptet wurde, die Kinder vom P***** wären verwahrlost und seien „Müllkinder“, was auch aufgrund des Heimunterrichts zu spät erkannt worden sei;

10./ eines Artikels am 7. März 2007 mit der Überschrift „Mutter fordert Recht auf Kinder!“, in dem behauptete wurde, die in einer Nervenklinik behandelte Müllmutter wolle nach einem Jahr Trennung ihre drei Kinder wiedersehen, die sie von der Schule ferngehalten und von der Umwelt großteils weggesperrt hätte, und die psychisch und physisch desolaten Mädchen würden nunmehr in einem umstrittenen Privatheim mit drogensüchtigen Kindern therapiert werden, während die Mutter wegen des Verbrechens des Vernachlässigens von Unmündigen verhaftet und seit einem Jahr eingesperrt sei;

11./ eines Artikels am 18. März 2007 mit der Überschrift „Schuld sind immer die Rabenmütter“, in dem behauptet wurde, drei Kinder seien von ihrer psychisch kranken Mutter eingesperrt worden und wie im Stall verwahrlost, bis die Kinder aus ihrer Not und dem Müll befreit worden seien, und die Mädchen hätten eine sogenannte Rabenmutter gehabt, die psychisch krank und von der Gesellschaft verachtet und allein gelassen worden sei;

in einem Medium

a./ durch sämtliche Veröffentlichungen der höchstpersönliche Lebensbereich von Elisabeth, Katharina und Viktoria M***** in einer Weise erörtert und dargestellt wurde, die geeignet ist, sie in der Öffentlichkeit bloßzustellen und

b./ durch die Veröffentlichungen vom 11., 12., 13., 15., 16., 17. und 20. Februar sowie 7. März 2007 Angaben veröffentlicht wurden, die geeignet sind, in einem nicht unmittelbar informierten größeren Personenkreis zum Bekanntwerden der Identität von Elisabeth, Katharina und Viktoria M***** als Personen zu führen, die Opfer einer gerichtlich strafbaren Handlung geworden sind, wodurch schutzwürdige Interessen der Antragstellerinnen verletzt wurden, ohne dass wegen ihrer Stellung in der Öffentlichkeit oder eines sonstigen Zusammenhangs mit dem öffentlichen Leben oder aus anderen Gründen ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung dieser Angaben bestanden hat.

Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht gab mit Urteil vom 27. Jänner 2010, AZ 17 Bs 356/09s (ON 38), der dagegen erhobenen Berufung der Antragsgegnerin dahin Folge, dass hinsichtlich des Artikels vom 23. Februar 2007 der Ausspruch über die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Entschädigungen (von je 500 Euro) aufgehoben und die diesbezüglichen Anträge abgewiesen wurden; im Übrigen gab es der Berufung der Antragsgegnerin ebenso wenig Folge wie den Berufungen der Antragstellerinnen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Urteile des Landesgerichts für Strafsachen Wien und des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht richtet sich - gestützt auf die Behauptung einer Verletzung in den Grundrechten auf ein faires Verfahren nach Art 6 Abs 1 MRK und auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 Abs 1 MRK - der Antrag der K***** GmbH & Co KG auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG; er ist zulässig (RIS-Justiz RS0122228), aber nicht begründet.

1./ Zur behaupteten „Verfristung des Verfahrens“:

Unter pauschalem Verweis auf Art 6 und 10 MRK reklamiert die Erneuerungswerberin eine „nicht gehörige Fortsetzung“ des Verfahrens durch die Antragstellerinnen. Diese hätten entschieden, das Verfahren nicht fortzusetzen, sodass die Verjährungsbestimmungen des § 1497 ABGB anzuwenden seien, weshalb die Ansprüche verfristet seien.

Nach § 8a Abs 2 MedienG als lex specialis muss der Antrag im selbständigen Entschädigungsverfahren bei sonstigem Verlust des Anspruchs binnen sechs Monaten nach der erstmaligen, dem Anspruch zu Grunde liegenden Verbreitung, Ausstrahlung oder Abrufbarkeit beim zuständigen Strafgericht eingebracht werden; dieses hat - soweit das Mediengesetz nichts anderes bestimmt - gemäß Abs 1 leg cit nach den Bestimmungen für das strafgerichtliche Verfahren aufgrund einer Privatanklage vorzugehen.

Entgegen dem Antragsvorbringen ist eine „Verfristung“ von Entschädigungsansprüchen nach §§ 6 bis 7c MedienG zufolge „nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens“ dem Gesetz fremd. Eine andere als die soeben genannte (materiellrechtliche) Ausschlussfrist des § 8a Abs 2 kennt das MedienG nicht. Prozessual wiederum gilt die Rücktrittsvermutung des § 71 Abs 6 StPO nur bei Nichterscheinen des Privatanklägers (Antragstellers im selbständigen Entschädigungsverfahren) zur Hauptverhandlung oder Nichtstellen eines Schlussantrags in dieser, während eine prozessuale Pflicht der Beteiligten, die Anberaumung einer Hauptverhandlung zu beantragen, nicht besteht, eine solche vielmehr stets - also auch im Fall einer Vertagung (§ 226 iVm 276 StPO) - amtswegig anzuordnen ist (§ 221 StPO). Unbeschadet der zivilrechtlichen Natur der Ansprüche nach §§ 6 bis 7c MedienG kommt die von der Erneuerungswerberin ins Treffen geführte Bestimmung des § 1497 ABGB, wonach eine Unterbrechung der Ersitzung oder Verjährung (ua) bei Klagsführung (nur) unter der Voraussetzung - hier freilich nach den zitierten (straf-)prozessualen Bestimmungen (§ 8a Abs 1 MedienG), nicht aber nach der ZPO zu beurteilender - gehöriger Fortsetzung eintritt, gegenständlich somit nicht zur Anwendung.

Warum durch ein - nach den Behauptungen - anspruchsverwirkendes Prozessverhalten des Verfahrensgegners ein Verstoß gegen Art 6 und/oder Art 10 MRK begründet werde, legt der - solches bloß behauptende - Erneuerungsantrag im Übrigen nicht deutlich und bestimmt dar (RIS-Justiz RS0124359).

Ein Verstoß des Gerichts gegen das Gebot angemessener Verfahrensdauer (Art 6 Abs 1 MRK) wurde in diesem Zusammenhang von der Erneuerungswerberin - wie sie in ihrer Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur selbst explizit anführt (S 2) - gerade nicht geltend gemacht.

Unter letztgenanntem Aspekt würde sich der Erneuerungsantrag analog § 35 Abs 1 MRK im Übrigen insofern als unzulässig erweisen, als die Erneuerungswerberin den Rechtsweg in vertikaler Hinsicht nicht ausgeschöpft hat.

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Fristsetzungsantrag nach § 91 GOG auch für den Angeklagten ein wirksamer und ausreichender Rechtsbehelf zur Verhütung unangemessen langer Dauer des Verfahrens bzw zur Hintanhaltung ungebührlicher Verzögerungen (vgl 12 Os 125/08m, 11 Os 141/10k, 15 Os 22/08m jeweils mwN).

Liegt eine rasche Entscheidung über einen gegen sie erhobenen zivilrechtlichen Entschädigungsanspruch im Interesse der Antragsgegnerin, so ist ihr bei Untätigkeit des zur Entscheidung berufenen Erstgerichts zur Erschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs die Einbringung eines Fristsetzungsantrags nach § 91 GOG abzuverlangen. Einen solchen hat die Antragsgegnerin, die vom Erstgericht bereits vorweg über den Grund der Verzögerung in Kenntnis gesetzt worden ist, aber nicht gestellt.

2./ Zur behaupteten Unrichtigkeit der Auslegung der §§ 7 und 7a iVm § 6 MedienG:

Der Entschädigungsanspruch wegen Verletzung eines Persönlichkeitsrechts steht nach §§ 6 bis 7c MedienG jeweils dem Betroffenen zu. Als Betroffener ist nur derjenige anzusehen, der zum Gegenstand einer identifizierenden Berichterstattung wurde (die ihn in seinen Rechten beeinträchtigt). Ob eine Wort- oder Bildberichterstattung identifizierend wirkt, dh zu einem Bekanntwerden der Identität des Betroffenen führt, ist nach dem Gesamtzusammenhang der Veröffentlichung zu beurteilen. Dem Medium ist generell jede Identifizierung eines Menschen zuzurechnen, die eine Erkennbarkeit des Betroffenen in seinem sozialen - über den vorinformierten Familien- und Bekanntenkreis hinausgehenden - Umfeld bewirkt. Die Erkennbarkeit für eine breite Öffentlichkeit ist grundsätzlich nicht Voraussetzung. § 7a MedienG verlangt allerdings speziell die Eignung zum Bekanntwerden der Identität in einem größeren Personenkreis (vgl Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley MedienG² Vor §§ 6 bis 8a Rz 25 bis 27).

Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht - durch das Berufungsgericht bestätigt - festgestellt, dass in den inkriminierten, in Serie in ein und demselben Medium erfolgten Veröffentlichungen über die Antragstellerinnen identifizierend berichtet worden war; an Hand von mehreren in diesen Publikationen genannten und in Summe zu beurteilenden Merkmalen, wie ihren Vornamen, ihrem Alter, ihrem Wohnort, den Berufen ihrer Eltern etc sowie an Hand mehrerer abgedruckter Lichtbilder, die die Antragstellerinnen, wenngleich im Kindesalter und mit „verpixelten“ Gesichtern bzw einem Balken über der Augenpartie, zu dritt, zum Teil mit ihrer Mutter oder ihrem Vater, zeigten, seien sie für einen größeren, nicht unmittelbar informierten Personenkreis (zumindest 10 Personen) erkennbar (ON 27 S 45 ff, 50, 53; ON 38 S 9 f).

Indem die Erneuerungswerberin unter Betonung einzelner Aspekte, wie dem Unterbleiben - vollständiger - Namensnennung und der „Pixelung“ der Gesichter der Antragstellerinnen auf Fotos, die sie im lange zurückliegenden Kindesalter zeigen, diese Konstatierung bestreitet, zeigt sie weder einen Begründungsmangel auf, noch vermag sie erhebliche Bedenken gegen deren Richtigkeit zu wecken. Solcherart verfehlt sie aber den Bezugspunkt des gegenständlichen Rechtsbehelfs (vgl 15 Os 28/10x).

Dass „konventionswidrig“ bei der Beurteilung der Erkennbarkeit auf einen „vorinformierten Personenkreis“ zurückgegriffen worden sei, ist - dem Erneuerungsantrag und der Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur zuwider - den kritisierten Urteilen gerade nicht zu entnehmen.

§ 7 Abs 1 MedienG knüpft den Entschädigungsanspruch des Betroffenen für die erlittene Kränkung an eine mediale Erörterung oder Darstellung seines höchstpersönlichen Lebensbereichs, die geeignet ist, ihn in der Öffentlichkeit bloßzustellen.

Nach § 7a Abs 1 Z 1 MedienG besteht ein Entschädigungsanspruch des Betroffenen gegen den Medieninhaber bei identifizierender Berichterstattung über ihn als Opfer einer gerichtlich strafbaren Handlung, die seine schutzwürdigen Interessen verletzt, ohne dass wegen seiner Stellung in der Öffentlichkeit, wegen eines sonstigen Zusammenhangs mit dem öffentlichen Leben oder aus anderen Gründen ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung dieser Angaben bestanden hat. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen werden nach Abs 2 Z 1 leg cit jedenfalls verletzt, wenn die Veröffentlichung geeignet ist, einen Eingriff in den höchstpersönlichen Lebensbereich oder eine Bloßstellung des Opfers herbeizuführen.

Nach ständiger Rechtsprechung kommt es bei der Beurteilung, ob eine Veröffentlichung zur Bloßstellung iSd § 7 MedienG geeignet ist, auf eine tatsächlich eingetretene Ansehensminderung oder Gefährdung des Rufs des Betroffenen nicht an; bloßstellend kann auch eine Veröffentlichung privater Angelegenheiten sein, die weder subjektiv noch objektiv die Gefahr einer negativ abwertenden Einschätzung durch die Umwelt nach sich zieht. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht liegt schon darin, dass der Betroffene gezwungen wird, sich mit öffentlicher Neugierde, unerwünschter Anteilnahme und ungebetenem Mitleid in einer Angelegenheit seiner Intimsphäre auseinanderzusetzen. Entscheidend ist letztlich, inwieweit durch die Preisgabe höchstpersönlicher Umstände und Tatsachen die Möglichkeit des Einzelnen, über das der Umwelt eröffnete Persönlichkeitsbild selbst zu bestimmen, beschnitten wird.

Dabei spielt auch das Erscheinungsbild und der Ton einer Publikation eine Rolle: Während bei Angelegenheiten der intimsten Sphäre jede Informationsteilhabe durch Außenstehende eine Verletzung der persönlichen Integrität bedeutet, somit die mediale Indiskretion als solche bloßstellend wirkt, ist in den übrigen Fällen bei der Prüfung der Bloßstellungseignung der betroffene private Bereich stets im Verhältnis zur Darstellung zu beurteilen. Je reißerischer die Textierung und Aufmachung einer solchen ist, je eher sie darauf abzielt, beim Rezipienten eine bestimmte Bewertung hervorzurufen, desto eher ist sie im Vergleich zur reinen Sachinformation als bloßstellend anzusehen (vgl 11 Os 144/07x, 15 Os 175/08m, 15 Os 5/09p).

Im vorliegenden Fall haben die Gerichte diese Kriterien rechtsrichtig zur Anwendung gebracht, indem sie unter ausführlichem Verweis auf die reißerische und sensationslüsterne Preisgabe zahlreicher Details aus dem Familienleben und aus der Gesundheitssphäre der Antragstellerinnen in den einzelnen Zeitungsartikeln die Bloßstellungseignung bejahten (vgl ON 27 S 48, ON 38 S 15 ff).

Insofern geht der Einwand der Erneuerungswerberin, die inkriminierte Berichterstattung sei weder die Antragstellerinnen abwertend noch für diese negativ erfolgt, trotz intensiver Empathie für diese sei ihre persönliche Integrität nicht berührt worden, ins Leere.

Die weitwendige Kritik der Erneuerungswerberin an der Entscheidung des Höchstgerichts zu 15 Os 175/08m bedarf, soweit sie den Bezug zum gegenständlichen Verfahren vermissen lässt, keiner Erwiderung.

Neuerlich ist aber festzuhalten, dass der Gesetzgeber berechtigt und verpflichtet ist, im Fall konfligierender Grundrechte einfachgesetzliche Regelungen zu schaffen, die einen Ausgleich zwischen den involvierten verfassungsrechtlich geschützten Rechten herstellen (vgl VfGH 28. 9. 1995, G 249-254/94 = MR 1995, 217).

In Umsetzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 MRK hat der Gesetzgeber durch die Schaffung des § 7 Abs 1 MedienG dem Einzelnen im Fall eines bloßstellenden medialen Eingriffs in seinen höchstpersönlichen Lebensbereich einen Entschädigungsanspruch zuerkannt. In Abs 2 leg cit hat er unter einem festgelegt, dass dieser Anspruch im Fall des Vorliegens einer der dort normierten Ausschlussgründe nicht besteht, wobei insbesondere die Ausschlussgründe der Z 1 und 2 dem Recht der Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 Abs 1 MRK Rechnung tragen sollen.

Unbeschadet des generellen Gebots verfassungskonformer Interpretation von Gesetzen, das insbesondere bei sogenannten Äußerungsdelikten (zB § 111 StGB) zu einer Prüfung der Tatbildmäßigkeit mit Blick auf das Recht der Freiheit der Meinungsäußerung führt (vgl SSt 61/138), ist der aufgezeigte Wille des Gesetzgebers im Rahmen der Auslegung des § 7 MedienG in der aufgezeigten Form zu respektieren. Andernfalls - nämlich bei einer vom einzelnen Rechtsanwender vorgenommen Abwägung der involvierten Grundrechte bereits auf der Ebene des Abs 1 leg cit - käme es zu einer faktischen Aushöhlung insbesondere des Ausschlussgrundes des § 7 Abs 2 Z 2 MedienG.

Im vorliegenden Fall kommt dieser Frage aber ohnehin keine entscheidende Bedeutung zu, weil sich sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht bereits bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 7 Abs 1 MedienG mit dem im Hinblick auf Fehleinschätzungen und Fehlverhalten der involvierten Behörden indizierten Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung befasst, diesem aber in Ansehung der Identität der den Medienkonsumenten bis zur inkriminierten Berichterstattung unbekannten Antragstellerinnen und in Anbetracht der reißerischen und sensationslüsternen Preisgabe zahlreicher Details aus deren Familienleben und deren Gesundheitssphäre keinen Vorrang gegenüber dem Recht der Antragstellerinnen auf Achtung ihrer Privatsphäre eingeräumt haben.

Mit - inhaltsgleicher - tragfähiger Begründung hat das Erstgericht zudem das Vorliegen des Ausschlussgrundes des § 7 Abs 2 Z 2 MedienG verneint. Danach habe es sich zwar um einen spektakulären Pflegschafts- und Kriminalfall gehandelt, bei welchem die lange Zeit unterbliebene Behebung von Missständen in der häuslichen Pflege und Erziehung der Antragstellerinnen zufolge mangelhafter Wahrnehmung der Kontroll- und Aufsichtsbefugnisse der Behörden wohl dem öffentlichen Leben zuzurechnen sei; dies vermag aber eine identifizierende Berichterstattung in Ansehung zahlreicher Umstände, die dem höchstpersönlichen Lebensbereich der Antragstellerinnen zuzuordnen sind, nicht zu rechtfertigen. Demzufolge habe sich ein Eingehen darauf, ob die medial transportierten Tatsachen der Wahrheit entsprechen, erübrigt.

Das Oberlandesgericht Wien hat in seiner Entscheidung über die Berufung der Antragsgegnerin die Behandlung des in Bezug auf § 7 Abs 2 Z 2 MedienG geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO (ON 32 S 169 ff) zwar unterlassen; eine Verletzung der Antragsgegnerin im Grundrecht der Freiheit der Meinungsäußerung hat dies aber nicht zur Folge.

Nach § 7 Abs 2 Z 2 MedienG ist der Anspruch nach Abs 1 leg cit ausgeschlossen, wenn die Veröffentlichung wahr ist und in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben steht.

Der Begriff des öffentlichen Lebens im Sinn dieser Bestimmung bezeichnet grundsätzlich den Bereich des öffentlichen Handelns in gemeinschaftswichtigen Angelegenheiten. Dazu gehören jedenfalls der staatliche Bereich, dh das Handeln der Organwalter in Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit, ferner das politische Leben einschließlich der Tätigkeit politischer Parteien, die Aktivitäten der Interessensvertretungen, volkswirtschaftlich bedeutsamer Unternehmungen und der Massenmedien; Tätigkeiten in „staatsfernen“ Bereichen wie jenen der Kunst und des (Leistungs-)Sports werden auch zum öffentlichen Leben gerechnet.

Steht ein Mensch in einem Handlungsbezug zu einem solchen Bereich, so darf wahrheitsgetreu auch über Angelegenheiten seines höchstpersönlichen Lebensbereichs berichtet werden, allerdings nur soweit, als ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben besteht. Die Berichterstattung ist also in dem Umfang und der Intensität zulässig, wie sie notwendig ist, um die auf den öffentlichen Bereich bezogenen Informationsinteressen sachgerecht zu befriedigen (vgl Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley MedienG² § 7 Rz 26 f).

Auf Basis der erstgerichtlichen Feststellungen zur Erkennbarkeit der Antragstellerinnen in der inkriminierten Artikelserie und zu den zahlreichen, in reißerischer Weise präsentierten Einzelheiten betreffend die Ausgestaltung ihres Familienlebens und betreffend ihre physische und psychische Gesundheit, deren detaillierte Kenntnis zur sachlichen Beurteilung des Verhaltens der Behörden nicht erforderlich war und deren Publizierung keinen in einer Demokratie notwendigen Beitrag zu einer öffentlichen Debatte über das (mangelhafte) Funktionieren der betreffenden staatlichen Einrichtungen darstellte, war das den Ausschlussgrund des § 7 Abs 2 Z 2 MedienG für sich reklamierende Berufungsvorbringen der Antragsgegnerin (ohnehin) nicht berechtigt.

Dem auch in diesem Zusammenhang erhobenen Einwand der Erneuerungswerberin, die Berichterstattung sei „zu Gunsten“ der Antragstellerinnen erfolgt und habe ihnen zum Vorteil gereicht, weil sie zu Wortmeldungen maßgeblicher Amtsträger geführt habe, kommt keine rechtlich relevante Bedeutung zu.

§ 7a Abs 1 Z 2 MedienG dient ebenfalls dem Schutz des Grundrechts des Privat- und Familienlebens, und zwar von Opfern strafbarer Handlungen. Aufgrund des sich von § 7 Abs 1 MedienG grundlegend unterscheidenden Aufbaus dieser Bestimmung hat hier die Prüfung, ob eine identifizierende Berichterstattung wegen überwiegenden öffentlichen Interesses zulässig ist, auch zu erfolgen, wenn sich der Medieninhaber nicht darauf beruft (vgl § 8 Abs 3 MedienG). Inhaltlich besteht aber weitgehend Überdeckung mit dem nach § 7 Abs 2 Z 2 MedienG erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben. Insofern haben die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts zu diesem Ausschlussgrund auch betreffend die Anspruchsvoraussetzung des mangelnden Überwiegens eines öffentlichen Interesses nach § 7a Abs 1 MedienG Geltung.

Aus dem von der Erneuerungswerberin reklamierten Vergleich der gegenständlichen Berichterstattung mit der der Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien zu AZ 17 Bs 134/05 zu Grunde liegenden Serienberichterstattung über ein minderjähriges Kind, das im Zentrum eines, vor allem im Hinblick auf das (fragwürdige) Behördenverhalten Aufsehen erregenden Sorgerechtsstreit stand, ist für die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall ebenso wenig etwas zu gewinnen wie aus der Entscheidung des EGMR in der Sache von Hannover gegen Deutschland, MR 2004, 246, der sogenannte Paparazzifotos zu Grunde lagen. Ein näheres Eingehen auf das diesbezügliche Vorbringen der Erneuerungswerberin erübrigt sich daher.

Nach der Bestimmung des § 6 Abs 1 zweiter Satz MedienG, die auch auf den Zuspruch von Entschädigungen nach §§ 7 Abs 1 und 7a Abs 1 MedienG anzuwenden ist, ist die Höhe des Entschädigungsbetrags nach Maßgabe des Umfangs und der Auswirkungen der Veröffentlichung, insbesondere nach der Art und dem Ausmaß der Verbreitung des Mediums, zu bestimmen; auf die Wahrung der wirtschaftlichen Existenz des Medieninhabers ist Bedacht zu nehmen.

Dem Antragsvorbringen zuwider haben die Gerichte durch den - verbliebenen - Zuspruch von insgesamt 33.000 Euro an jede Antragstellerin, der auf einer bloßstellenden Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs (von Tatopfern) in einer sich über mehrere Wochen erstreckenden Serie von letztlich zehn Artikeln in einer Tageszeitung beruht, den ihnen nach §§ 7 Abs 1, 7a Abs 1 iVm § 8 Abs 2 MedienG zukommenden Ermessensspielraum (je Veröffentlichung bis zu 20.000 Euro) nicht in willkürlicher Weise überschritten.

Insbesondere die Berücksichtigung der hohen Auflagenstärke des betreffenden Mediums ist nicht exzessiv zum Nachteil der Medieninhaberin erfolgt.

Bleibt anzumerken, dass die Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Medieninhaberin Ausfluss des Art 10 MRK ist: Auch bei Verstößen gegen das MedienG soll der Bestand von in einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbaren Medienunternehmen grundsätzlich nicht gefährdet werden. Eine Existenzgefährdung der Antragsgegnerin wurde von dieser nicht geltend gemacht.

Demnach war die Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung zum Schutz des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens iSd Art 10 Abs 2 MRK gesetzlich vorgesehen und im konkreten Fall auch erforderlich.

Der Erneuerungsantrag der Antragsgegnerin war daher - im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu eingebrachten Äußerung der Antragsgegnerin - gemäß § 363b Abs 2 Z 3 StPO als offenbar unbegründet zurückzuweisen.

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