OGH 6Ob194/10p

OGH6Ob194/10p16.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Wels zu FN ***** eingetragenen R***** Privatstiftung mit dem Sitz in W***** über den Revisionsrekurs des Stifters R***** W*****, vertreten durch dessen einstweiligen Sachwalter Dr. M***** S*****, Rechtsanwalt, *****, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 7. Juli 2010, GZ 6 R 133/10m-9, mit dem der Rekurs des Stifters gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 18. Jänner 2010, GZ 27 Fr 70/10t-2, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Text

Begründung

R***** W***** ist Stifter der zu FN ***** im Firmenbuch eingetragenen R***** Privatstiftung mit Sitz in *****.

Der Stifter änderte mit Beschlüssen vom 5. 1. 2010 in Form von Notariatsakten sowohl die Stiftungszusatzurkunde vom 5. 12. 1995 in der mit Beschluss vom 29. 8. 2008 geänderten Fassung als auch die Stiftungsurkunde ab; der Stiftungsvorstand stimmte diesen Änderungen zu.

Das Erstgericht nahm über Anmeldung des Stiftungsvorstands vom 11. 1. 2010 die Eintragung der Änderungen vor.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des (einstweiligen Sachwalters des) Stifters zurück und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Rechtsmittellegitimation des Stifters im Verfahren über eine Anmeldung nach § 33 Abs 3 PSG.

In der Sache selbst vertrat das Rekursgericht die Auffassung, dem Stifter stehe eine Anmeldungsbefugnis betreffend Änderungen von Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde nicht zu; dazu sei lediglich der Stiftungsvorstand berechtigt. Daraus folge aber, dass der Stifter vom Stiftungsvorstand angemeldete Eintragungen nicht anfechten könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht die Rechtslage verkannt hat; er ist auch berechtigt.

1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits klargestellt, dass es einem allgemeinen Grundsatz im Firmenbuchverfahren entspricht, dass bei juristischen Personen die vertretungsbefugten Organe die erforderlichen Anmeldungen durchzuführen haben. Auch das Privatstiftungsgesetz sieht generell nur Anmeldepflichten des zur Vertretung der Stiftung berufenen Stiftungsvorstands vor; dies gilt nicht nur für die erste Anmeldung der Privatstiftung im Firmenbuch, sondern auch für alle weiteren Eintragungen, also etwa auch jene nach § 33 PSG. Für eine subsidiäre Anmeldungsbefugnis des Stifters fehlt im Gesetz jegliche Grundlage (6 Ob 87/07y SZ 2007/86 = GesRZ 2007, 349 [N. Arnold]). Dieser Entscheidung wurde von N. Arnold (aaO) beigepflichtet; der erkennende Senat sieht auch keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung wieder abzugehen.

2. Fehlt es dem Stifter an einer (subsidiären) Anmeldungsbefugnis betreffend Änderungen der Stiftungserklärung beziehungsweise der Stiftungszusatzurkunde, bedeutet dies aber noch nicht zwingend, dass damit auch seine Rechtsmittellegitimation gegen erfolgte Eintragungen durch das Firmenbuchgericht nicht gegeben wäre.

2.1. Der erkennende Senat hat sich erst jüngst in der - ebenfalls die R***** Privatstiftung betreffenden - Entscheidung 6 Ob 195/10k mit Fragen der Rekurslegitimation gegen Eintragungen ins Firmenbuch bei Privatstiftungen auseinandergesetzt und dabei ausgeführt:

Die Rekurslegitimation ist im Firmenbuchgesetz nicht ausdrücklich geregelt; sie richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen. Rekurslegitimiert sind zunächst die Parteien des Verfahrens (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG [2005] § 15 Rz 167 f), darüber hinaus gemäß § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG auch all jene Personen, die durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit in ihrer Rechtsstellung unmittelbar beeinflusst würden. Damit knüpft der Gesetzgeber an das von der Lehre entwickelte Kriterium der „unmittelbaren“ Betroffenheit an (G . Kodek aaO § 15 Rz 74). Materielle Partei im Sinne dieser Bestimmung ist zunächst der nach § 18 FBG zu verständigende Betroffene, also derjenige, der nach dem jeweiligen konkreten Verfahrensstand durch die beabsichtigte Maßnahme in seiner auf einer Firmenbucheintragung beruhenden Rechtsstellung unmittelbar beschränkt werden soll oder zwingend beschränkt wird (6 Ob 13/06i NZ 2006, 286; 6 Ob 111/01v; 6 Ob 121/00p; 6 Ob 19/97f GesRZ 1997, 260; 6 Ob 2099/96m EvBl 1997/55; G. Kodek aaO § 15 Rz 168). Die Parteistellung ist jedoch nicht auf den in § 18 FBG umschriebenen Kreis der Betroffenen beschränkt. Es ist vielmehr darauf abzustellen, ob der Betreffende ein rechtliches Interesse hat, das auf einem eingetragenen Recht beruht oder das in einem anderen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann (6 Ob 13/06i NZ 2006, 286; G. Kodek aaO § 15 Rz 75).

2.2. Der einstweilige Sachwalter des Stifters stützte sich bereits im Rekurs gegen die vom Erstgericht vorgenommenen Eintragungen auf ein Sachverständigengutachten vom 3. 5. 2010 über den Gesundheitszustand des Stifters; demnach stehe fest, dass der Stifter aufgrund einer Demenzerkrankung zumindest in den letzten sechs Monaten nicht geschäftsfähig gewesen sei, somit also auch bei Beschlussfassung am 5. 1. 2010.

Unterstellt man dieses Vorbringen als richtig, wäre der Beschluss vom 5. 1. 2010 nicht gültig zustandegekommen, die vom Erstgericht vorgenommenen Eintragungen daher unrichtig. Dann wäre aber in die Stiftungserklärung des Stifters durch Eintragung einer Änderung eingegriffen worden, die nicht vom Willen des Stifters getragen war. Insofern hätte der Rekurs gegen den Eintragungsbeschluss im Sinn der Entscheidung 6 Ob 195/10k ein rechtliches Interesse geltend gemacht, das auf einem eingetragenen Recht beruht, woraus sich wiederum die materielle Parteistellung des Stifters ergeben würde.

Da der Stifter mit diesen Beschlüssen unter anderem den Stiftungszweck zu seinen eigenen Ungunsten (als Begünstigter) abgeändert hat, wäre der Stifter außerdem wirtschaftlich beschwert.

2.3. Das Rekursgericht hat den Rekurs somit zu Unrecht zurückgewiesen. Dass der Rekurs formell vom einstweiligen Sachwalter des Stifters erhoben wurde, ändert daran nichts, lässt sich doch sowohl dem Rekurs- als auch dem Revisionsrekursverfahren mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass der einstweilige Sachwalter tatsächlich nicht für sich selbst, sondern für den Stifter einschreiten wollte.

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