OGH 8Ob6/10f

OGH8Ob6/10f21.12.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Tarmann-Prentner sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH (vormals A***** B***** Aktiengesellschaft), *****, vertreten durch Hauser Milchrahm & Stadlmann Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1) H***** E*****, vertreten durch Jürgen Stephan Mertens, Rechtsanwalt in Wien, 2) Dkfm. J***** Z*****, vertreten durch Toifl Kerschbaum Rechtsanwälte GmbH in Wien, 3) Mag. H***** K*****, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, 4) Mag. Dr. J***** S*****, vertreten durch Prochaska Heine Havranek Rechtsanwälte GmbH in Wien, 5) MMag. Dr. C***** B*****, vertreten durch CMS Reich‑Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, 6) Mag. P***** N*****, vertreten durch Dr. Karl Ludwig Vavrovsky, Rechtsanwalt in Wien, 7) G***** W*****, vertreten durch Dr. Ingrid Schwarzinger, Rechtsanwältin in Wien, und 8) F***** V*****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, alle Beklagten im Rekursverfahren auch gemeinsam vertreten durch Regner Günther Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 10 Mio EUR sA, über die Rekurse der klagenden Partei (ON 200) und der beklagten Parteien (ON 199) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. September 2009, GZ 1 R 151/09x‑198, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 25. März 2009, GZ 12 Cg 148/06v‑180, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1) Der Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei 15.851,88 EUR (darin 20 % USt 2.641,98 EUR) sowie der drittbeklagten Partei 2.052,54 EUR (darin 20 % USt 342,09 EUR) an Kosten ihrer Rekursbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Schriftsatz der klagenden Partei vom 25. Jänner 2010 sowie die Rekursbeantwortungen der zweit‑ und viert‑ bis achtbeklagten Parteien werden zurückgewiesen.

2) Dem Rekurs der beklagten Parteien wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekurses der beklagten Parteien und der Rekursbeantwortung der klagenden Partei bilden weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Bei der Klägerin handelt es sich um die vormalige B***** AG (in der Folge kurz: B***** alt). Mit Spaltungs‑ und Übernahmsvertrag vom 1. 8. 2005 wurde mit Wirkung zum 1. 1. 2005 unter Fortbestand der übertragenden Gesellschaft der gesamte Bankbetrieb der B***** alt abgespalten, gemeinsam mit den Anteilen der P***** einer 100%igen Tochteraktiengesellschaft der Klägerin übertragen und mit dieser (kurz B***** P*****) verschmolzen. Die Eintragung der Spaltung im Firmenbuch erfolgte am 1. 10. 2005.

Die Erst‑ bis Siebtbeklagten waren in unterschiedlichen Zeiträumen Mitglieder des Vorstands der B***** alt, der Zweit‑ und Siebtbeklagte außerdem Vorstandsmitglieder der Klägerin nach der Abspaltung des Bankbetriebs. Der Achtbeklagte war der Präsident des Ö*****, des unmittelbaren bzw mittelbaren Alleinaktionärs der B***** alt.

Anlässlich der Umstrukturierungsbestrebungen zur Bereinigung der Altlasten aus früheren Verlustgeschäften und zur Vorbereitung des Verkaufs des Bankbetriebs im Jahr 2005 wurde im Vorstand der B***** alt der Plan gefasst, den Bankbetrieb mit nicht werthaltigen Kreditforderungen im Betrag von 240 Mio EUR, die aus Spekulationsverlusten vorangegangener Jahre und deren anschließender bilanzieller Verdeckung resultierten, nicht zu belasten. Aus diesem Grund sollten die bei der Klägerin nach der Abspaltung verbleibenden Wertpapiere zur Abdeckung dieser Kreditforderungen verwendet werden. Das Risiko aus diesen Kreditverbindlichkeiten sollte von der abgespaltenen, damals 100%igen Tochtergesellschaft B***** P***** sofort wieder auf die Klägerin (rück-)transferiert werden.

Am 10. 10. 2005 verkaufte die Klägerin rückwirkend zum 3. 1. 2005 die im Zuge der Spaltung bei ihr verbliebenen Wertpapiere zum ‑ wahren ‑ Wert von 670 Mio EUR an die B***** P*****. Für den erhaltenen Kaufpreis zeichnete die Klägerin, ebenfalls am 10. 10. 2005, Gewinnschuldverschreibungen dreier liechtensteinischer Stiftungen, die am 24. 8. 2005 von der Ö***** VermögensverwaltungsgmbH (der ehemaligen Viertklägerin und Aktionärin der Klägerin, welche damals noch in Rechtsform einer Aktiengesellschaft bestand) gegründet worden waren. Die Gewinnschuldverschreibungen weisen eine Mindestverzinsung von 0,5 % vom Nennwert und eine Laufzeit von 10 bis 15 Jahren auf. Eine vorzeitige Kündigung ist nur aus bestimmten wichtigen Gründen zulässig.

Die drei liechtensteinischen Stiftungen, die sonst vermögenslos waren, veranlagten die aus den Gewinnschuldverschreibungen vereinnahmten Gelder zum Teil, und zwar 432,9 Mio EUR, in Zero‑Bonds bzw Nullkuponanleihen dreier weiterer liechtensteinischer Stiftungen, die wiederum mit diesem Betrag notleidende Kreditverbindlichkeiten aus Spekulationsverlusten bei der B***** P***** abdeckten, sowie 237,1 Mio EUR in Aktien der sogenannten „A*****-Gesellschaften“, deren Verkäufer („L*****‑Investoren“) mit diesem Betrag ebenfalls die bei der B***** P***** bestehenden Kreditverbindlichkeiten aus den sogenannten „U*****“‑Verlusten abdeckten.

Zur Vorgeschichte dieser Transaktion ist zu bemerken, dass der sogenannte L***** O***** Fonds (L*****), dessen Vermögen allein aus wertlosen „U*****“ bestand, von der B***** alt gegründet worden war, um im Jahr 2000 eingetretene Spekulationsverluste „auszulagern“. Dazu gründete die B***** alt auf den Kanalinseln beheimatete Gesellschaften, die „L*****-Investoren“, die die Anteile am „L*****-Fonds“ erwarben. Im Jahr 2004 gründete die B***** alt vermögenslose Gesellschaften mit Sitz in A*****, deren Alleinaktionär der L*****-Fonds war. Das Vermögen der A*****-Gesellschaften bestand aus den wertlosen U*****, die auf diese Gesellschaften übertragen wurden; die (wertlosen) Aktien der A*****-Gesellschaften wurden auf die L*****-Investoren übertragen.

Nach Erwerb der Gewinnschuldverschreibungen im Oktober 2005 wurden Haftungen zugunsten der B***** alt aus Garantien von Aktionären, konkret der ehemaligen Zweit- und Viertklägerin sowie aus Kreditaufträgen der ehemaligen Drittklägerin (einer Privatstiftung der einstigen Zweitklägerin) durch eine Put‑Option der Letzteren vom 29. 12. 2005 (Beil ./E) zugunsten der Klägerin ersetzt. Diese Option enthält die Erklärung gegenüber der Klägerin, die Gewinnschuldverschreibungen der liechtensteinischen Stiftungen jederzeit um den Ankaufswert von 670 Mio EUR abzulösen.

Die den Gewinnschuldverschreibungen unterlegten J*****‑Bonds wiesen zum 31. 12. 2005 einen Buchwert (und Verkehrswert) von rund 390 Mio EUR auf; die A*****-Aktien waren wertlos. Dementsprechend wurden die von der Klägerin erworbenen Gewinnschuldverschreibungen im Prüfungsbericht zu ihrem Jahresabschluss vom 31. 12. 2005 mit nur 390 Mio EUR (bzw wertberichtigt mit 405,4 Mio EUR) bewertet.

Gegen die Erst- bis Siebtbeklagten ist ein Strafverfahren wegen Untreue- und Betrugshandlungen sowie Bilanzfälschungsdelikten iSd § 255 AktG anhängig. Die B***** P***** brachte gegen den Erstbeklagten zu AZ 43 Cg 90/06t des Erstgerichts eine Klage auf Zahlung von 10 Mio EUR ein, die (unter anderem) mit Schadenersatzforderungen für die U*****-Verluste begründet wurde; dieses Verfahren ist bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens unterbrochen.

Die Klägerin stützt ihr ‑ im Revisionsverfahren allein noch gegenständliches ‑ Zahlungsbegehren primär auf den Erwerb „fauler liechtensteinischer Wertpapiere“ (= die Gewinnschuldverschreibungen), durch den ihr Liquidität im Betrag von mindestens 280 Mio EUR entzogen worden sei, in zweiter Linie auf Schäden aus Spekulationsverlusten im Zusammenhang mit den sogenannten „Sondergeschäften“. Diese anspruchsbegründenden Sachverhalte würden in abgestufter Form eventualiter geltend gemacht.

Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht mit Urteil vom 3. 8. 2007 (ON 101) das auf Feststellung der Haftung und ‑ nur hinsichtlich der Erstklägerin ‑ Zahlung gegründete Begehren der damals fünf Kläger zur Gänze wegen Unschlüssigkeit ab. Die anspruchsbegründenden Sachverhalte seien ungenügend konkretisiert und das Klagebegehren unbestimmt, jedenfalls mangle es allen Klägern an der Aktivlegitimation.

Mit Teilurteil und Beschluss vom 17. 1. 2008,AZ 1 R 203/07s, bestätigte das Berufungsgericht die klagsabweisende Entscheidung hinsichtlich der Fünftklägerin zur Gänze, ebenso hinsichtlich des Feststellungsbegehrens der Erst- bis Viertkläger, jedoch mit Ausnahme jenes Teils, der eine Haftung der Beklagten aus dem sogenannten „R*****‑Settlement“ betraf.

In diesem Punkt und hinsichtlich des Zahlungsbegehrens der Erstklägerin, aber „nur hinsichtlich des Erwerbs der Gewinnscheine der liechtensteinischen Tochterstiftungen B*****, G***** und W*****“ hob das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung auf.

Eigene Ansprüche der Erstklägerin gegen ihre ehemaligen Vorstandsmitglieder aus dem Sachverhaltskreis „Sondergeschäfte“ seien aus deren Vorbringen nicht schlüssig abzuleiten. Es handle sich dabei um Gesellschaftsschäden, zu deren Geltendmachung die Klägerin nach Abspaltung ihres Bankbetriebs nicht mehr aktiv legitimiert sei. Aus diesem Sachverhaltskreis abgeleitete Ersatzforderungen hätten für das weitere Verfahren als abschließend erledigte Streitpunkte zu gelten.

Im zweiten Rechtsgang zogen die Zweit- bis Viertkläger ihre noch offenen Feststellungsbegehren unter Anspruchsverzicht zurück. Die (vormalige Erst‑)Klägerin ließ ebenfalls ihr Feststellungsbegehren fallen, sodass sich der Verfahrensgegenstand auf das verbliebene Zahlungsbegehren, (primär) abgeleitet aus dem Erwerb der liechtensteinischen Gewinnschuldverschreibungen am 10. 10. 2005 zu einem überhöhten Anschaffungspreis, beschränkte.

Auch im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren zur Gänze ab.

Der behauptete Schadenersatzanspruch lasse sich nach wie vor aus dem Klagsvorbringen nicht schlüssig ableiten. Angesichts der noch offenen Laufzeit der Gewinnschuldverschreibungen, die sich noch im Vermögen der Klägerin befänden, sei die Feststellung eines bereits eingetretenen Schadens nicht möglich und ein Leistungsbegehren daher verfehlt. Es sei auch davon auszugehen, dass die Wertpapiertransaktionen keinen zusätzlichen Schaden verursacht hätten, der nicht schon vorher durch die nicht mehr streitgegenständlichen Sondergeschäfte eingetreten sei. Die Klägerin wäre außerdem im Rahmen ihrer Schadenminderungsobliegenheit verpflichtet gewesen, einen tatsächlich realisierten Schaden durch Ausüben der Put‑Option auf ihre Muttergesellschaft zu transferieren. Selbst wenn ein verbleibender Schaden anzunehmen wäre, müsse berücksichtigt werden, dass der überraschend hohe Verkaufserlös für den Bankbetrieb auch darauf zurückzuführen gewesen sei, dass dessen Bilanz durch die streitgegenständlichen Transaktionen „geschönt“ wurde.

Das Berufungsgericht hob mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss diese Entscheidung im gesamten Umfang auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.

Ein Leistungsbegehren sei grundsätzlich zulässig. Bei Schäden aus fehlerhafter Anlageberatung könne zwar nach der Rechtsprechung vor dem Verkauf der Wertpapiere oder dem Ende ihrer Laufzeit im Allgemeinen keine Leistungsklage des Anlegers, sondern nur eine Feststellungsklage erhoben werden; die Klägerin beziehe sich jedoch nicht auf eine ungünstige Entwicklung der Wertpapiere, sondern auf ein von vornherein nachteiliges Rechtsgeschäft mit nicht äquivalenter Gegenleistung. Durch ein solches Geschäft trete sofort eine in Geld messbare Verminderung des Vermögens in Höhe der Differenz zwischen dem aufgewendeten Veranlagungsbetrag (Preis) und dem tatsächlichen Wert der Leistung ein. Eine allfällige positive Wertentwicklung der Gewinnschuldverschreibungen käme nur als Vorteilsausgleich in Betracht.

Die von der Klägerin gegenüber den einzelnen Beklagten geltend gemachten Haftungsgründe seien hinreichend konkretisiert. Die Klage stütze sich nicht bloß auf eine Organhaftung (die im maßgeblichen Zeitraum nur den Zweit‑ und Siebtbeklagten treffen könnte), sondern auch auf die Verletzung von Schutzgesetzen durch strafbare Untreuehandlungen der Organe und deren Zusammenwirken mit den übrigen Beklagten als Beitragstäter. Nach dem Vorbringen der Klägerin komme als haftungsbegründender Tatbestand auch vorsätzlich sittenwidriges Handeln gemäß § 1295 Abs 2 Fall 1 ABGB in Betracht.

Einen möglicherweise höheren Kaufpreis für den abgespaltenen Bankbetrieb müsse sich die Klägerin nicht als Vorteil anrechnen lassen. Die Beeinflussung des Werts ihrer Beteiligung an der Tochtergesellschaft könne sich als mittelbarer Vor- oder Nachteil nicht auf den Schaden aus einem nachteiligen Rechtsgeschäft auswirken.

Die Schadenminderungspflicht umfasse nur die Verhinderung eines Schadenseintritts an sich sowie dessen Ausmaß. Es existiere keine Pflicht der Klägerin, einen bereits eingetretenen und inhaltlich weiterbestehenden Schaden durch Ausübung der ihr eingeräumten Put‑Option auf Dritte zu überwälzen.

Das Berufungsgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil die Fragen, ob bei der Geltendmachung eines Schadens aus der Anschaffung von Wertpapieren zu einem überhöhten Preis eine Zahlungsklage auch schon während der Laufzeit der sich noch im Portfolio des Geschädigten befindlichen Gewinnschuldverschreibungen erhoben werden darf, weiters ob in einem solchen Fall dem Vermögensschaden aus dem Wertpapierankauf zum Nachteil einer Kapitalgesellschaft, die gleichzeitig Muttergesellschaft einer anderen Kapitalgesellschaft ist, eine durch das für sie nachteilige Rechtsgeschäft bewirkte Wertsteigerung ihrer Beteiligung an der Tochtergesellschaft bzw ein dadurch erzielter höherer Kaufpreis für die Tochtergesellschaft gegenverrechnet werden kann, in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt erschienen und die Bedeutung dieser Fragen über den Einzelfall hinausreiche.

Gegen diesen Beschluss des Berufungsgerichts richten sich die jeweils von den Gegenparteien beantworteten Rekurse der Klägerin und der beklagten Parteien.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel der Klägerin ist mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO normierten Bedeutung nicht zulässig.

Der gemeinsame Rekurs der Beklagten ist zur Klärung der vom Berufungsgericht angesprochenen Rechtsfragen zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.

A. Rekurs der Beklagten

1. Aktenwidrigkeit

Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Die Beklagten gestehen im Ergebnis selbst zu, dass das Berufungsgericht unter dem so genannten „Generalplan“ zur Beseitigung der bilanziell unsichtbaren alten Verluste offenkundig nichts anderes als die im Detail unbestritten dargestellte Vertragskonstruktion mit dem Ziel der Abdeckung von notleidenden Krediten bei der abgespaltenen B***** P***** über den Umweg des zweckgebundenen Ankaufs der Gewinnschuldverschreibungen verstanden hat.

Davon ausgehend bleibt aber das Rekursvorbringen der Beklagten, sie hätten die Existenz eines „Generalplans“ immer bestritten, unschlüssig, gehen sie doch auch selbst davon aus (Punkt 5.2. des Rekurses ON 199), es habe eine gemeinsame Absicht gegeben, den Bankbetrieb verkaufsfähig zu machen und die aus der Vergangenheit resultierenden, noch nicht abgeschriebenen Verluste in die Erstklägerin zu „übernehmen“. Worin sich diese von den Beklagten selbst dargelegte Strategie von jenen Handlungen und Motiven (wesentlich) unterscheiden sollte, die das Berufungsgericht unter dem Begriff „Generalplan“ seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ist nicht nachvollziehbar. Die unterschiedlichen Auffassungen der Streitteile beziehen sich offensichtlich nur darauf, ob die Klägerin durch den Vollzug des Plans einen realen Vermögensschaden erlitten hat, sowie ob ein solcher Schaden den einzelnen Beklagten aufgrund rechtswidriger Beteiligung an seiner Herbeiführung zur Last gelegt werden kann.

2. Klagsänderung

Bereits in der Klage hat die Klägerin ihr Zahlungsbegehren unter anderem auf einen Vermögensschaden von mindestens 270 Mio EUR gestützt, der ihr durch den Ankauf von Wertpapieren liechtensteinischer Stiftungen im Jahr 2005 zugefügt worden sei (vgl Seite 26 der Klage vom 4. 9. 2006), wobei diese Transaktion ausschließlich der Verschleierung alter Verluste gedient habe.

Es stellt keine Klageänderung iSd § 235 ZPO dar, wenn bei gleicher Tatsachengrundlage ein anderer Gesichtspunkt geltend gemacht wird oder ein allgemein gehaltenes Vorbringen konkretisiert wird (RIS‑Justiz RS0039388 [T2]). Nichts anderes ist aber im vorliegenden Verfahren der Fall. Die neue, plakativere Bezeichnung der bereits vorgebrachten Wertpapiertransaktion samt Kreditabdeckung als „Generalplan“ sowie die auftragsgemäße Verbesserung des Vorbringens zu diesem Tatsachensubstrat, das in gröberen Zügen schon Gegenstand des ersten Rechtsgangs war, bewirkten keine Änderung des Klagegrundes (vgl RIS‑Justiz RS0118623).

Der gegenteilige Rechtsstandpunkt der Beklagten könnte überdies zu keinem für sie günstigeren Ergebnis führen. Nach der ständigen Rechtsprechung bedarf die Zulassung einer Klagsänderung nicht notwendig eines gesondert ausgefertigten Beschlusses, sondern sie kann auch implizit, durch eine Sachentscheidung über das geänderte Begehren, bewilligt werden (8 Ob 79/08p mit Nachweisen aus der Lehre). Wird eine solche Bewilligung nicht bekämpft, erwächst sie in Rechtskraft (6 Ob 47/06i; 8 Ob 79/08p). Wird sie bekämpft und behandelt auch die zweite Instanz (wie hier) das strittige Vorbringen inhaltlich, ist von zwei konformen, die Zulässigkeit der Erweiterung implizit bejahenden Instanzenentscheidungen auszugehen, deren Anfechtung nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls ausgeschlossen ist (RIS‑Justiz RS0039278).

3. Zulässigkeit des Leistungsbegehrens

Die Rekurswerber argumentieren, die vom Berufungsgericht zitierte Rechtsprechung zum Zeitpunkt des Schadenseintritts bei Anlegerschäden beziehe sich jeweils auf Wertpapiere mit einem Börsen- bzw Marktkurs oder einer Beteiligung an der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens, in das investiert wurde. Einer Gewinnschuldverschreibung, die im Wesentlichen den Rückzahlungsanspruch eines gewährten Darlehens verbriefe, sei es dagegen immanent, dass bei Fälligkeit zumindest das eingesetzte Kapital voll zurückgezahlt werde.

Bei der konkreten, von den liechtensteinischen Stiftungen gewählten Veranlagungsform sei die Kapitalrückführung von Anfang an gesichert gewesen, weil der Wert der im Portfolio enthaltenen Zero‑Bonds am Ende der Laufzeit der Gewinnschuldverschreibungen zumindest deren Ausgabepreis erreichen werde. Ein Nachteil für die Klägerin könne bei dieser Konstruktion nur dann eintreten, wenn es in der Zukunft zu einem überraschenden Ausfall nicht nur des Begebers der Gewinnschuldverschreibung, sondern zusätzlich auch des Garantiegebers der Put‑Option käme. Die Klägerin habe somit für das investierte Kapital eine adäquate Leistung erhalten, für ein Zahlungsbegehren bestehe kein Raum. Mangels konkret absehbarer Gefährdung ihres Investments sei der Klägerin nicht einmal ein Feststellungsinteresse zuzubilligen.

Diese Ausführungen können nicht überzeugen.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass bei Erwerb eines Wertpapiers zu einem objektiv überhöhten Preis ein bezifferbarer rechnerischer Vermögensschaden bereits mit der Bezahlung des Kaufpreises eintritt, unabhängig von künftigen Entwicklungen, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Differenz zwischen dem wahren Wert zum Ankaufszeitpunkt und dem bezahlten höheren Preis verringert sich insbesondere auch nicht durch allfällige nachfolgende Kurssteigerungen oder Erfolgsbeteiligungen, wenn diese Vorteile dem Anleger genauso auch beim Ankauf der Wertpapiere zum „richtigen“ Preis zugute gekommen wären. Im Unterschied zu jenen Fehlberatungsfällen, die den preisangemessenen Kauf bloß strukturell ungeeigneter Anlageprodukte zum Gegenstand haben, ist bei einem Wertpapier, das von vorne herein zu teuer angeschafft wurde, ein Vorteilsausgleich der Preisdifferenz im Zuge der weiteren Entwicklung nur ganz ausnahmsweise denkbar. Das Vorbringen der Klägerin vermag daher ein Zahlungsbegehren grundsätzlich zu tragen.

4. Eintritt eines Schadens

Soweit die Beklagten argumentieren, eine Äquivalenzstörung und damit ein Schaden könne überhaupt noch nicht eingetreten sein, weil die Gewinnschuldverschreibungen eine Rückzahlung des eingesetzten Kapitals am Ende der Laufzeit vorsehen würden, sind diese Ausführungen nicht nachvollziehbar.

Diese Überlegungen würden auf einen herkömmlichen Wertpapierkauf zu Anlagezwecken zutreffen. Im vorliegenden Fall war es aber gerade der Zweck des gesamten komplizierten Vertragswerks, notleidende Fremdkredite bei der B***** P***** abzudecken, wodurch der für diesen Zweck verwendete Teil des Kapitalbetrags für die Emittenten der Gewinnschuldverschreibungen, die liechtensteinischen Stiftungen, zur Gänze verloren war und ihnen nicht mehr für eine ertragversprechende Veranlagung zur Verfügung stand.

Selbst wenn die für die Kreditabdeckung verwendete Differenz (einschließlich der 0,5 % Mindestverzinsung) bis zum Ende der 10‑ bis 15‑jährigen Laufzeit der Gewinnschuldverschreibungen aus den Erträgen des übrigen Portfolios (Zero‑Bonds) wieder hereingebracht werden kann, sodass eine vollständige Kapitalrückzahlung erfolgen sollte, würde der Klägerin als Inhaberin der Wertpapiere die vertragliche Gewinnbeteiligung (vgl ./WWW bis ./YYY) entgehen, die selbstverständlich auch bei einer gewöhnlichen Veranlagung der gesamten 670 Mio EUR lukriert worden wäre. Eine langfristige und schwer kündbare Überlassung eines extrem hohen Kapitalbetrags zu einer erwarteten Verzinsung von nur 0,5 % p.a., weit unter jeder Inflationsrate, kann einem Fremdvergleich nicht standhalten.

Da eine zu erwartende minimale Verzinsung hier auch nicht Ausfluss des üblichen Anlegerrisikos, sondern kalkuliertes Resultat einer bestimmten Strategie ist, liegt es nahe, dass ein fremder Anleger den Erwerb einer derartigen Gewinnschuldverschreibung nur mit Risikoabschlägen und weit unter dem Nennwert in Betracht gezogen hätte.

Über den (hypothetischen) Verkehrswert der streitgegenständlichen Gewinnschuldverschreibungen im Zeitpunkt ihrer Anschaffung liegen aber bisher nur Prozessbehauptungen der Parteien vor.

5. Put‑Option und Schadenminderungspflicht

Voraussetzung für die Bejahung einer Schadenminderungspflicht ist die Zumutbarkeit der Schadensabwehr, die sich nach den Interessen beider Teile im Einzelfall und den Grundsätzen des redlichen Verkehrs bestimmt (RIS‑Justiz RS0027787 [T7]).

Die der Klägerin von der ehemaligen Drittklägerin (Stiftung ihrer Aktionärin) eingeräumte Put‑Option, die Gewinnschuldverschreibungen jederzeit zum Anschaffungspreis zu übernehmen, bot von vornherein nur eine Kapitalgarantie, aber keine Absicherung gegen den zu erwartenden Verlust einer marktgerechten Verzinsung. Diesen Verlust, der den Kernpunkt der behaupteten Nachteiligkeit des Rechtsgeschäfts darstellt, hätte die Klägerin bestenfalls durch eine unverzügliche Ausübung der Option nach ihrem Erhalt ‑ weitestgehend ‑ verhindern und auf die Stillhalterin überwälzen können.

Die Put‑Option wurde nach dem Standpunkt der Beklagten als Ersatz für ältere, betraglich unbeschränkte Haftungserklärungen der anderen ehemaligen Kläger gewährt. Sie war für die Erstellung einer testatfähigen Bilanz erforderlich und dient(e) nicht der Entlastung von allenfalls bereits eingetretenen Schäden zu Gunsten der Schädiger.

Eine tatsächliche Ausübung der Option war auch nach dem Vorbringen der Beklagten nie beabsichtigt. Es besteht aber im Regelfall keine Verpflichtung des Geschädigten, zur Entlastung des Schädigers die Leistungen von bloß vertraglich verpflichteten Dritten in Anspruch zu nehmen (vgl RIS‑Justiz RS0031426, RS0108122). Der Klägerin kann daher nicht entgegengehalten werden, sie hätte zur Entlastung der Beklagten alle Nachteile aus dem Wertpapiergeschäft an die Optionsgeberin übertragen müssen. Das Berufungsgericht hat eine Schadenminderungspflicht der Klägerin daher zutreffend verneint (vgl auch RIS‑Justiz RS0108122; Reischauer in Rummel³, § 1304 Rz 38).

6. „Vorteilsanrechnung

Den Rekursausführungen ist allerdings insofern beizutreten, als sie sich gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zum Thema der „Vorteilsanrechnung“ sowie gegen eine aus dem Zusammenhang gerissene Beurteilung des Wertpapiergeschäfts richten.

Allgemein steht Gesellschaftern gegen Organe ihrer Gesellschaft kein eigener Schadenersatzanspruch zu, wenn die Gesellschaft selbst unmittelbar geschädigt wurde und sich der Schaden der Gesellschafter nur mittelbar in Form des Wertverlusts (oder der nicht erfolgten Wertsteigerung) ihres Geschäftsanteils manifestiert (vgl RIS‑Justiz RS0061480; RS0022525; RS0059432 [T1]). Das Berufungsgericht schloss aus diesem Grundsatz „vice versa“, dass, wenn durch eine rechtswidrige Handlung zum Nachteil eines Gesellschafters der Wert seiner Beteiligung gesteigert wurde, der rechtswidrigen Vermögensminderung als unmittelbarem Schaden lediglich ein mittelbarer Vorteil gegenüber stehe, der im Allgemeinen nicht zur Schadensaufhebung führe. Die Beeinflussung des Werts der Beteiligung könne sich weder als mittelbarer Vor‑ noch Nachteil auf den Schaden aus einem nachteiligen Rechtsgeschäft auswirken.

Dieser Auffassung kann in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht beigetreten werden. Sie lässt außer Acht, dass ein mittelbar betroffener Gesellschafter im Verhältnis zum Schädiger und zur Gesellschaft ein Dritter ist, der einen bloßen Reflexschaden erleidet. Ein Ausgleich des Gesellschafterschadens deckt den unmittelbaren Schadenersatzanspruch der Gesellschaft nicht ab, umgekehrt beseitigt aber ein Ersatz des Gesellschaftsschadens gleichzeitig auch den mittelbaren Schaden des Gesellschafters (durch Wiederaufwertung seines Anteils).

Hingegen gibt es in der Konstellation einer Aufwertung der Beteiligung eines Gesellschafters aus Mitteln, die ihm selbst ‑ und zwar genau zu diesem Zweck ‑ entnommen wurden, keinen unmittelbar geschädigten Dritten. Es wird ein und dasselbe Rechtssubjekt durch die behauptete schädigende Handlung benachteiligt und kongruent begünstigt (RIS‑Justiz RS0118820; vgl analog § 1191 ABGB). Grob betrachtet handelte es sich bei der Wertpapiertransaktion vielmehr um eine Investition in die Aufwertung eines eigenen Wirtschaftsguts. Die dafür verwendeten Mittel können nicht einfach als Schaden betrachtet werden, der nur mittelbar etwas mit der Werterhöhung des Investitionsobjekts zu tun hat.

Eine „Vorteilsanrechnung“ würde nach herrschender Auffassung ausscheiden, wenn die von der schädigenden Handlung adäquat verursachten Vorteile den Geschädigten besonders begünstigen sollen, wenn es sich um Zuwendungen Dritter handelt, die nicht zur Entlastung des Schädigers vorgesehen sind, oder wenn die Vorteile auf besondere Anstrengungen des Geschädigten zurückzuführen sind (Reischauer aaO § 1312 ABGB Rz 9; Leupold/Ramharter, Nützliche Gesetzesverletzungen, GesRZ 2009, 253). Diese Voraussetzungen sind hier nicht zu erkennen; im Gegenteil würde die Nichtanrechnung jenes Erfolgs, dessen Eintritt gerade der Zweck der gesamten Transaktion war, letztlich auf eine Bereicherung der Klägerin an den behaupteten rechtswidrigen Handlungen ihrer Organwalter hinauslaufen.

Eine zergliedernde Betrachtung des gesamten Vertragswerks würde zu Ergebnissen führen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung unhaltbar erscheinen. Eine Zergliederung, die nur die für den Standpunkt der Klägerin vorteilhaften Teile aus einem komplexen Vertragsbündel herausgreift, ist nicht vertretbar („Rosinentheorie“).

7. Schadensberechnung

Für die Ermittlung, ob und in welcher Höhe der Klägerin aus dem Erwerb der liechtensteinischen Wertpapiere konkreter Schaden erwachsen ist, wird die noch festzustellende Differenz zwischen Ankaufspreis und Verkehrswert um den von den Beklagten behaupteten und zu beweisenden kausalen Mehrerlös für die Anteile an der B***** P***** (Mehrerlös gegenüber einem Verkauf mit korrekt abgewerteten Kreditforderungen) vermindert werden.

8. Haftung der Beklagten

Das Klagsvorbringen zielt im Wesentlichen darauf ab, dass alle Beklagten die Wertpapiertransaktion als Vehikel zur gesetzwidrig verschleierten Verlustabdeckung geplant und ‑ wenn auch in unterschiedlichen persönlichen Rollen ‑ durchgeführt haben, sowie dass die Voraussetzungen für die Mitwirkung oder Beteiligung an einer Untreuehandlung oder einer vorsätzlichen Schädigungshandlung oder ‑ in Ansehung der Zweit- und Siebtbeklagten ‑ für eine Pflichtverletzung als Organmitglieder gegeben waren.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass eine Haftung auch hinsichtlich der Erst-, Dritt- bis Sechst‑ und Achtbeklagten, die zum relevanten Zeitpunkt nicht dem Vorstand der Klägerin angehört haben, beim derzeitigen Verfahrensstand zumindest noch nicht ausgeschlossen erscheint, ist zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Verantwortlichkeit des Zweit‑ und Siebtbeklagten ist nach § 84 Abs 1 AktG an der Maßfigur eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu messen. Welche Handlungen ein solcher im konkreten Fall setzen bzw unterlassen hätte müssen, wäre nach der Übung des redlichen Verkehrs unter Zugrundelegung der besonderen Verhältnisse der Gesellschaft (Größe, eingesetztes Vermögen, Art des Gesellschaftsgegenstands, wirtschaftliche Lage etc) zu bestimmen (Völkl, GesRZ 2003, 73; Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG II5 §§ 77 bis 84 Rz 95).

Die Gesellschaft hat den Schaden dem Grunde und der Höhe nach, die Kausalität, die adäquate Verursachung und die inhaltliche Pflichtwidrigkeit oder die objektive Sorgfaltspflichtverletzung, nicht aber ein Verschulden zu behaupten und zu beweisen. Dem Vorstandsmitglied obliegt dagegen der Beweis, dass sein Verhalten subjektiv nicht sorgfaltswidrig war (RIS‑Justiz RS0121916; Strasser aaO §§ 77 bis 84 AktG Rz 108 mwN; Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1298 Rz 4–4c, 28).

Soweit sich die Beklagten auf ein auftragsgemäßes Handeln im Interesse der Eigentümer berufen, wird im weiteren Verfahren zu beachten sein, dass selbst formell zustandegekommene Beschlüsse der Hauptversammlung gemäß § 199 Abs 1 AktG nichtig sind, wenn sie durch ihren Inhalt Vorschriften verletzen, die im öffentlichen Interesse gelegen sind oder ihrem Inhalt nach gegen die guten Sitten verstoßen. Ob der Beschluss für die Gesellschaft nützlich ist, spielt keine Rolle. Die Haftung eines gesetzwidrig handelnden Vorstands gegenüber der Gesellschaft scheidet daher nicht schon aus, wenn die gesetzwidrige Handlung durch einen Beschluss der Hauptversammlung gedeckt ist (Leupold/Ramharter, Nützliche Gesetzesverletzungen, GesRZ 2009, 253). Noch weniger könnte eine bloß informelle Zustimmung der Aktionäre die Haftung des Vorstands für gesetzwidrige Handlungen ausschließen.

9. Mangelnde Bestimmtheit

Soweit die Beklagten geltend machen, die Klägerin habe ihre aus nicht deckungsgleichen Haftungsgründen abgeleiteten Forderungen nicht ziffernmäßig bestimmt und individualisiert, sind sie auf die nachfolgenden Ausführungen zur Behandlung des Rechtsmittels der Klägerin zu verweisen.

Da das Verfahren jedenfalls im aufgezeigten Sinn ergänzungsbedürftig ist, kommt dem Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts, wenn auch nur im Ergebnis, keine Berechtigung zu.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO (Obermaier, Kostenhandbuch², Rz 423 mwN).

B. Rekurs der Klägerin

1. Anfechtungsumfang

Die Anfechtungserklärung der Klägerin beschränkt sich auf das Verfahren gegen den Erst‑ und den Drittbeklagten. Darüber hinaus erklärt sie, das Rekursinteresse nur mit 70.000 EUR zu bewerten. Dieser Teilbetrag des Zahlungsbegehrens werde jener „Schadenskomponente zugeordnet“, die im Ankauf der wertlosen Aktien durch die liechtensteinischen Stiftungen um 237,1 Mio EUR begründet sei.

Ziel des Rekurses sei es, die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts insoweit zu korrigieren, als es eine Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich des Schadens aus den U*****-Verlusten verneint und dieses Thema als bereits abschließend erledigten Streitpunkt behandelt habe.

Das Berufungsgericht habe bei dieser Beurteilung übersehen, dass die Klägerin durch die Wertpapiertransaktion im Oktober 2005 im Ergebnis aus eigenem Vermögen die zum abgespaltenen Bankbetrieb gehörigen Spekulationsverluste aus den U*****-Geschäften abgedeckt habe. Dadurch seien die zunächst ebenfalls mit abgespaltenen Schadenersatzansprüche aus der Herbeiführung dieser Verluste wiederum auf die Klägerin übergegangen. Eine Beschränkung des Streitgegenstands auf den Sachverhaltskreis „Erwerb der liechtensteinischen Gewinnschuldverschreibungen“ sei daher verfehlt. Die Klägerin habe sich schon im ersten Rechtsgang auch auf die Abdeckung der U*****-Verluste als Anspruchsgrundlage der Klagsforderung gestützt, weshalb das Neuerungsverbot der Prüfung dieses Tatsachenkomplexes nicht entgegenstehe.

Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung gehe es letztlich immer nur um einen einzigen, am 20. 11. 2000 unwiderruflich eingetretenen Schaden und den dazu korrespondierenden Schadenersatzanspruch. Beide seien im Wege der Abspaltung zunächst an die B***** P***** übertragen worden, aber durch die Kreditabdeckung mit Hilfe der Wertpapiertransaktion im Oktober 2005 wieder an die Klägerin zurückgefallen.

2. Rekursinteresse

Gegen einen Aufhebungsbeschluss im Berufungsverfahren kann auch jene Partei Rekurs erheben, die selbst die Aufhebung erwirkt hat (Zechner in Fasching/Konecny² § 519 ZPO Rz 108 mwN). In diesem Fall genügt eine materielle Beschwer durch die Begründung der Entscheidung, weil das Erstgericht im zweiten Rechtsgang an die Rechtsansicht des Berufungsgerichts und an die auf dieser Basis erteilten Aufträge gebunden ist.

Die von der Klägerin aus nicht näher dargelegten „rechtlichen“ sowie verständlicheren „prozessökonomischen Erwägungen“ erklärte doppelte Beschränkung der Anfechtungserklärung steht einer Behandlung des Rechtsmittels nicht entgegen.

Die Beklagten bilden keine einheitliche Streitpartei iSd § 14 ZPO; weder wird für alle passiven Streitgenossen ein einheitlicher rechtserzeugender Sachverhalt behauptet, noch kann das den Streitgenossen gemeinschaftliche Rechtsverhältnis seiner Natur nach nur gegen alle oder für alle festgestellt werden. Die Beklagten werden zwar solidarisch, aber jeweils aus unterschiedlichen Zurechnungsgründen zur Haftung herangezogen. Es steht der Klägerin frei, auch nur gegenüber einzelnen Beklagten ein Rechtsmittel zu erheben und die angefochtene Entscheidung in Ansehung der übrigen Beklagten gegen sich gelten zu lassen.

Das im Rekurs verfolgte Interesse an einer bestimmten rechtlichen Beurteilung kann allerdings bei in einer Geldforderung bestehendem Streitgegenstand nicht abweichend von der Höhe der betroffenen Forderung bewertet werden, sofern das Rechtsmittelverfahren nicht nur einzelne, abgrenzbare Teilansprüche erfasst. Ohne Klagseinschränkung auf diesen Betrag ist die Bewertung des Anfechtungsinteresses mit nur 70.000 EUR im Rekurs der Klägerin verfehlt. Für die Frage der Rekurszulässigkeit bleibt dieser Umstand jedoch ohne Relevanz, er wird nur bei der Bestimmung von Kosten und Gebühren zu beachten sein.

3. Anspruchskonkurrenz

Die Klägerin begehrt Schadenersatz aus zwei verschiedenen schadensstiftenden Ereignissen mit einem einzigen ‑ weit unter dem jeweils behaupteten tatsächlichen Schaden liegenden ‑ Betrag. In diesem Fall einer aus mehreren konkurrierenden Anspruchsgründen begehrten Pauschalsumme erfordert das Bestimmtheitsgebot des § 226 ZPO nicht nur eine Aufschlüsselung, sondern auch die Reihung der Begehren. Es darf nicht dem Gericht überlassen bleiben, welchem der Begehren es stattgeben will (vgl 6 Ob 30/00f; 6 Ob 258/09y [6 Ob 259/09w]). Ohne Reihung ist eine alternative Klagenhäufung grundsätzlich unzulässig (RIS-Justiz RS0031014 [insb T21]; RS0119632; Fasching in Fasching/Konecny²§ 226 Rz 59; Fucik in Fucik/Klauser/Kloiber ZPO10 S 298 ua), weil es ohne eindeutige Individualisierung des Anspruchs bei Alternativbegehren nicht möglich wäre, den Umfang der Rechtskraft einer Teilabweisung des Zahlungsbegehrens zu bestimmen und damit in einem Folgeprozess die Frage zu beantworten, über welche der eingeklagten Forderungen (ganz oder teilweise) bereits endgültig negativ abgesprochen worden ist (RIS‑Justiz RS0031014 [T15]).

Der Klägerin ist eine ausreichende Individualisierung ihres Begehrens gelungen, weil sie ihre Forderung primär auf einen behaupteten Schaden durch den Erwerb „fauler Wertpapiere“ und nur eventualiter auf den älteren Schaden aus den Spekulationsgeschäften stützt. Daraus ergibt sich aber eine eindeutige Reihenfolge der Verhandlung über diese Sachverhaltskreise.

Dies gilt auch ungeachtet der irreführenden Fassung des Aufhebungsbeschlusses des Berufungsgerichts im ersten Rechtsgang, der sich seinem Wortlaut nach nur auf den Schaden aus dem Wertpapiergeschäft bezieht. Bei Betrachtung der Entscheidungsgründe des Berufungsgerichts wird nämlich völlig klar, dass es in Bezug auf das Zahlungsbegehren kein (bestätigendes) Teilurteil fällen wollte, sondern bloß von für die Instanz abschließend erledigten Streitpunkten ausgegangen ist. Diese Rechtsansicht bindet den Obersten Gerichtshof nicht.

Bei Geltendmachung eines Eventualbegehrens ist über den bloß hilfsweise gestellten Urteilsantrag nur dann und insoweit zu entscheiden, als das Hauptbegehren scheitert. Die Verhandlung und Entscheidung über das Hilfsbegehren hängt von der zulässigen innerprozessualen Bedingung ab, dass ein unbedingt gestelltes Hauptbegehren zurück- oder abgewiesen wird (RIS‑Justiz RS0037585; Fasching in Fasching/Konecny² III § 227 ZPO Rz 6; Rechberger/Klicka in Rechberger³ § 226 ZPO Rz 6). Eine Verhandlung und Entscheidung über das Eventualbegehren hat daher erst nach Spruchreife des Hauptbegehrens im abweisenden Sinn stattzufinden.

4. Keine erhebliche Rechtsfrage

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht eine Ergänzung des Verfahrens über das von der Klägerin primär erhobene, auf die „faulen Wertpapiere“ gestützte Schadenersatzbegehren angeordnet.

Bei diesem Verfahrensstand ist aber auf das nur im Fall einer negativen Spruchreife des Hauptbegehrens zu behandelnde Eventualbegehren noch nicht einzugehen. Soweit das Berufungsgericht mit seinen Ausführungen über die Organhaftung und die Wirkungen der Spaltung dennoch auf den Sachverhaltskreis „Sondergeschäfte“ Bezug genommen hat, stellen diese Ausführungen im derzeitigen Verfahrensstadium obiter dicta dar, die keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 iVm § 519 Abs 2 ZPO aufwerfen (RIS-Justiz RS0117373). Vor Spruchreife des Hauptbegehrens hatte das Berufungsgericht auch noch nicht auf jenes weitere Vorbringen der Klägerin einzugehen, mit dem sie ihre Aktivlegitimation zur Geltendmachung der Eventualforderung auf eine Einlösung durch Zahlung der notleidenden Kredite stützt.

An dieser Verfahrenslage ändert sich auch nichts, wenn die Klägerin ‑ im Sinn der Überlegungen des Erstgerichts ‑ argumentiert, es liege von vorne herein nur ein einziger Schaden vor, nämlich jener aus den U*****‑Verlusten, der im Wege der Spaltung auf die Bankentochter übergegangen und mit den Transaktionen rund um die liechtensteinischen Gewinnschuldverschreibungen von der Klägerin wieder übernommen worden sei.

Diese Argumentation ist nicht nachvollziehbar, weil die Klägerin selbst ihre Pauschalforderung primär auf den Ankauf nicht werthaltiger Gewinnschuldverschreibungen im Jahr 2005 gestützt und vorgebracht hat, ihr sei damit die Liquidität entzogen worden und gerade dadurch sei ein Schaden in die Klagsforderung weit übersteigender Höhe entstanden.

Der sich auf das Thema der Einbeziehung des Sachverhaltskreises „U*****-Verluste“ beschränkende Rekurs der Klägerin ist daher nicht zulässig.

Auch die Rekursbeantwortungen des Zweit- sowie der Viert- bis Achtbeklagten sind zurückzuweisen, weil sie im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht Gegner der Rekurswerberin waren. Wegen des Grundsatzes der Einmaligkeit des Rechtsmittels ist auch der replizierende Schriftsatz der Klägerin vom 25. 1. 2010 unzulässig.

Die Entscheidung über die Kosten der Rekursbeantwortungen der Erst- und drittbeklagten Partei gründet sich auf §§ 41, 50, 52 ZPO (RIS‑Justiz RS0123222); beide haben auf die Unzulässigkeit des Rekurses mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO hingewiesen.

Die Höhe des Zuspruchs differiert, weil der Drittbeklagte nur Kosten auf einer Bemessungsgrundlage von 70.000 EUR verzeichnet hat.

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