OGH 2Ob108/10m

OGH2Ob108/10m15.9.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Arnulf N*****, vertreten durch Dr. Ernst Maiditsch M.B.L.-HSG Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Gemeinde Krumpendorf am Wörthersee, vertreten durch Huainigg Dellacher & Partner Rechtsanwälte OG in Klagenfurt, wegen 177.851,43 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 16. April 2010, GZ 1 R 98/09w-115, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

B e g r ü n d u n g :

Rechtliche Beurteilung

1. Der Abschluss des Pachtvertrags im Jahr 1997 durch den Bürgermeister ist durch einen Beschluss des Gemeinderats der beklagten Gemeinde gedeckt und wirft keine vollmachtsrechtlichen Probleme auf.

2. Die jährliche Verlängerung des Pachtverhältnisses erfolgte gemäß den §§ 1114, 1115 ABGB, auf die sich der Kläger selbst ausdrücklich berufen hat. Nach § 1114 ABGB wird ein Bestandverhältnis, bei dem eine Aufkündigung nicht bedungen worden ist, stillschweigend erneuert, wenn der Bestandnehmer nach Ablauf der Bestandzeit fortfährt, die Sache zu gebrauchen oder zu benützen, und der Bestandgeber es dabei bewenden lässt. Diese Bestimmung legt (iVm § 569 ZPO) fest, dass ein bestimmtes Verhalten als (schlüssige) Willenserklärung gedeutet wird (6 Ob 198/08y mwN; RIS-Justiz RS0116946, RS0020836). Zur Widerlegung dieser Rechtsvermutung genügt nach der Rechtsprechung jede im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Endtermin stehende eindeutige Ablehnung der Vertragsverlängerung (1 Ob 223/08p; 6 Ob 198/08y je mwN; RIS-Justiz RS0020790, RS0020804 ua).

Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei das Bestandobjekt im fraglichen Zeitraum nach Ablauf der jeweiligen Bestandzeit weiter im Sinne des ursprünglich geschlossenen Pachtvertrags (durch Unterverpachtung) gebraucht; ein auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses gerichtetes Verhalten des Klägers wurde bis Ende des Jahres 2001 nicht festgestellt.

Das zwischen den Streitteilen im Jahr 1997 rechtswirksam begründete Pachtverhältnis wurde daher bis zu diesem Zeitpunkt fortgesetzt, ohne dass es dazu einer - ausdrücklichen oder schlüssigen - Willenserklärung der beklagten Partei bedurft hätte. Die diese Rechtslage bestätigenden Erklärungen des Bürgermeisters sind als bloße Wissenserklärungen anzusehen; Fragen einer Anscheinsvollmacht stellen sich in diesem Zusammenhang nicht.

3. Die in Organisationsvorschriften von juristischen Personen öffentlichen Rechts enthaltenen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe sind auch im Außenverhältnis wirksam, derartige Beschränkungen sollen nicht zuletzt auch die Interessen der juristischen Person selbst schützen (RIS-Justiz RS0014717).

Der Kläger zieht die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht in Zweifel, wonach der Bürgermeister nach den einschlägigen Bestimmungen der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung (K-AGO) zur Abgabe eines Verjährungsverzichts bezüglich der „rückständigen Leistungen aus dem Pachtvertrag“ ohne Zustimmung des Gemeinderats nicht berechtigt war. Die Regeln über die Anscheinsvollmacht kommen zwar auch im Bereich des § 867 ABGB zur Anwendung; der Dritte wird jedoch in seinem Vertrauen auf den äußeren Tatbestand nur dann geschützt, wenn das tatsächlich kompetente Organ (hier: der Gemeinderat) den Anschein erweckt hat, die Handlung sei durch seine Beschlussfassung gedeckt (vgl 8 Ob 111/07t; 8 Ob 11/09i mwN; RIS-Justiz RS0014726).

Der Kläger vermag auch in der Revision keine verlässlichen Anhaltspunkte dafür zu nennen, dass der Gemeinderat ihm gegenüber durch irgendein Verhalten den Anschein erweckt hätte, der Verzichtserklärung des Bürgermeisters zugestimmt zu haben. Ob die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht vorlagen, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls und wirft - von einer krassen Fehlbeurteilung der Vorinstanzen abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (6 Ob 316/00i; RIS-Justiz RS0019609 [T9]). Eine derartige Fehlbeurteilung ist dem Berufungsgericht auch dadurch nicht unterlaufen, dass es in der Betrauung des Bürgermeisters mit den Verhandlungen über den Ankauf der Liegenschaft keinen Anlass zur Annahme des erforderlichen Rechtsscheins sah. Im Übrigen wurde der „Verjährungsverzicht“ nicht absolut sondern ausdrücklich im Hinblick auf die laufenden Verkaufsverhandlungen abgegeben; die Klage wurde aber erst lange nach deren Scheitern eingebracht.

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