OGH 10Ob2066/96p

OGH10Ob2066/96p11.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Franz R*****, Angestellter, ***** und 2.) Otto F*****, Angestellter, ***** beide vertreten durch Dr.Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R***** KG, ***** vertreten durch Dr.Thomas Wanek und Dr.Helmut Hoberger, Rechtsanwälte in Perchtoldsdorf, wegen S 2,618.031,20 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19.Februar 1996, GZ 4 R 284/95-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Handelsgerichtes Wien vom 3.Oktober 1995, GZ 12 Cg 225/94x-15, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es als Endurteil zu lauten hat:

Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, den klagenden Parteien S 2,618.031,20 samt 5 % Zinsen seit 15.4.1993 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 98.034,11 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin enthalten S 120,-- Barauslagen und S 16.319,02 USt), die mit S 109.320,53 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 59.660,-- Barauslagen und S 8.276,75 USt) sowie die mit S 109.353,06 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 79.550,-- Barauslagen und S 4.967,18 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Kaufvertrag vom 25.10.1990 haben die Kläger die Liegenschaften EZ 1638, 1707 und 145 Grundbuch Atzgersdorf, Liegenschaftsadresse 1230 Wien, Breitenfurterstraße 317-319, um einen Kaufpreis von S 15,000.000,-- von der Beklagten erworben.

Mit der am 4.7.1994 überreichten Klage begehren die Kläger die Zahlung von S 2,618.031,20 sA. Dazu bringen sie vor, daß sie erst beim Weiterverkauf der Liegenschaften im August 1991 an die I***** GesmbH (in der Folge I*****) erfahren hätten, daß die Liegenschaften mit erheblichen Kontaminierungsfolgen belastet seien und daß sich die Käuferin, also die I*****, zur Erfüllung des Kaufvertrages nur unter der Bedingung bereit erklärt habe, daß die Kläger die Hälfte der mit rund S 3,000.000,-- geschätzten Dekontaminierungskosten tragen würden. Tatsächlich würden sich die Dekontaminierungskosten aber auf S 4,118.031,20 belaufen. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt ihres Anbotes der Liegenschaften an die Kläger die erheblichen Kontaminierungen gekannt und den Klägern wider besseres Wissen verschwiegen. Die Beklagte habe den Kaufpreis durch listige Täuschung erreicht. Die Kläger begehrten daher Preisminderung zumindest in der Höhe der von ihnen zu tragenden Entsorgungskosten in der eingeklagten Höhe. Die bisherigen Aufwendungen würden sie auch aus dem Titel des Schadenersatzes geltend machen; darüber hinaus stützten sie ihre Forderung auf sämtliche in Frage kommenden weiteren gesetzlichen Bestimmungen. Schließlich brachten sie noch vor, daß die A***** GesmbH als Bevollmächtigte der Beklagten aufgetreten sei, weswegen sie sich deren Wissen um die Kontaminierung zurechnen lassen müsse. Die arglistige Täuschung der Kläger bestehe darin, daß die mit den Verkaufsverhandlungen Beauftragten von der Kontaminierung gewußt, diese jedoch den Klägern verschwiegen hätten.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe weder von der Kontaminierung des Bodens gewußt noch diese herbeigeführt. Der Wissensstand der Organe und Angestellten der Beklagten sei zu keinem Zeitpunkt größer gewesen als der der Kläger. Die Beklagte habe weder in Täuschungsabsicht gehandelt, noch habe sie eine angebliche Kontaminierung verschwiegen. Nach Pkt V Abs 2 des Kaufvertrages hafte die Beklagte überdies weder für eine besondere Beschaffenheit noch für eine bestimmte Verwendungsmöglichkeit des den Klägern bekannten Kaufobjektes. Schließlich wendeten die Beklagten ausdrücklich Verjährung des Schadenersatzanspruches und Verfristung des Gewährleistungsanspruches ein, weil die Liegenschaften im Oktober 1990 übergeben worden seien. Die A***** sei überdies nicht Bevollmächtigte der Beklagten gewesen und habe nur den Auftrag gehabt, Vorgespräche mit den Klägern zu führen, nicht jedoch verbindliche Zusagen zu machen oder den Kaufvertrag abzuschließen. Auch die A***** habe von der Kontaminierung nichts gewußt.

Das Erstgericht fällte ein Zwischenurteil mit folgendem Urteilsspruch:

"Es wird festgestellt, daß der von den klagenden Parteien geltend gemachte Anspruch auf Ersatz jenes Schadens, der diesen aufgrund der mangelhaften Erfüllung des Kaufvertrages entstand, dem Grunde nach zu Recht besteht." Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die beklagte Partei war eine Publikumskommanditgesellschaft, deren Hauptkommanditist und Mehrheitseigentümer des Komplementärs die A***** GesmbH war. Aufgabe der Beklagten war die Finanzierung eines von der A***** initiierten Sale/Lease Back-Geschäftes. In diesem Zusammenhang erwarb die Beklagte im Jahr 1983 von der Fa. K*****, die sich mit dem Bau von Leiterplatten beschäftigte, die gegenständlichen Liegenschaften, um sie sogleich an dieses Unternehmen zurückzuleasen. Nach dem Ende des Leasingvertrages kam es Mitte 1990 zu Verkaufsverhandlungen zwischen der A***** GesmbH und den Klägern; diese war dazu von der Beklagten beauftragt worden, wobei seitens der A***** Markus M***** die Verhandlungen führte. Die A***** hatte Herrn M***** einen Verkaufsrichtwert von S 11,000.000,-- genannt, welcher Preis damals unter dem allgemeinen Durchschnittswert vergleichbarer Liegenschaften lag. Gegenüber den Klägern forderte er aber einen höheren Kaufpreis. Die Liegenschaft wurde von den Klägern besichtigt, wobei aber nur eine Montagehalle, in denen Schaltschränke standen, und einige leere Hallen zu sehen waren. M***** bot den Klägern an, einen Kaufvertragsentwurf kostenlos zu errichten, der dann auch vom Leiter der Rechtsabteilung und Prokuristen der A*****, Dr.Anton B*****, verfaßt wurde. Am 25.10.1990 wurde der Kaufvertrag von den Klägern und vom Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Beklagten, Franz L*****, für die Beklagte unterzeichnet, wobei sich letzterer niemals für den Zustand der Liegenschaft interessiert hatte. Der Vertrag sah neben einer Übergabe der Liegenschaften am 30.10.1990 zu einem Kaufpreis von S 15,000.000,-- unter Pkt V 2 den Ausschluß der Haftung des Verkäufers/der Beklagten sowohl für ein besonderes Ausmaß, Erträgnis, Beschaffenheit, als auch für einen bestimmten Erhaltungszustand oder eine bestimmte Verwendungsmöglichkeit der den Käufern aus eigener Anschauung bekannten Liegenschaften vor. Die Übergabe fand vertragsgemäß am 30.10.1990 statt. Nach Abschluß des Vertrages kam es zu einem Gespräch zwischen Markus M***** und dem Prokuristen Dr.B*****, in dem letzterer seine Zufriedenheit über den Kaufvertragsabschluß auch dahin ausdrückte, daß er froh wäre, die Liegenschaft verkauft zu haben, weil kein Mensch wisse, was durch die Folgen der Tätigkeit der Vornutzer noch auf die Beklagte zukommen hätte können. Einer dieser Vornutzer war nämlich die Fa. Ö*****, was M***** damals aufgrund seiner kurzen Betriebszugehörigkeit nicht wußte. Dr.B***** mag zwar von einer konkreten Kontaminierung nichts gewußt haben, doch hat er offensichtlich aufgrund seiner Projektkenntnisse mit dieser Möglichkeit gerechnet.

Am 8.8.1991 kam es zu einem Weiterverkauf der Liegenschaften an die I***** um einen Kaufpreis von S 26.000.000,--, wobei die Risken einer allfälligen Kontaminierung in Form einer Zusatzvereinbarung geregelt wurden. Erst im Herbst 1991, als mit dem Abbruch der Hallen begonnen wurde, wurde eine erhebliche Kontaminierung festgestellt, die allerdings bereits bei der Übergabe an die Kläger am 30.10.1990 bestanden hatte. Die I***** behielt daraufhin S 1,500.000,-- des Kaufpreises zur Deckung der Sanierungskosten zurück und machte später diesen Betrag als Kaufpreisminderung geltend. Weitere 1,5 Mio S wurden von der neuen Liegenschaftsmieterin der Fa.O***** bezahlt. Die darüber hinausgehenden Sanierungskosten wurden zwar noch nicht bezahlt, doch den Klägern in Rechnung gestellt, da sich diese verpflichtet hatten, alle über 3 Mio S hinausgehenden Entsorgungskosten allein zu tragen. Die von der B***** GesmbH in Rechnung gestellten Gesamtentsorgungskosten beliefen sich auf S 4,118.031,20.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Beklagte sei ihrer Leistungspflicht nicht vollständig nachgekommen, weil die verkauften Liegenschaften zum Zeitpunkt der Übergabe in einer die verkehrsüblichen Maße übersteigenden Weise kontaminiert gewesen sei. Dabei handle es sich um einen behebaren Mangel. Mit Rücksicht auf die Übergabe der Liegenschaften am 31.10.1990 und die Überreichung der vorliegenden Klage erst am 4.7.1994 sei jedoch der Gewährleistungsanspruch der Kläger gemäß § 933 Abs 1 ABGB verfristet. Bei behebbaren Mängeln bestehe aber volle Konkurrenz zwischen Gewährleistungsansprüchen und Schadenersatzansprüchen; die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginne erst ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers zu laufen. Da die Kläger erst im Herbst 1991 von der Kontaminierung Kenntnis erlangt hätten, sei ihr Schadenersatzbegehren noch nicht verjährt. Nach § 932 Abs 1 letzter Satz ABGB hafte die Beklagte auch für den von ihr verschuldeten Nichterfüllungsschaden, der in der notwendigen Verbesserung der gekauften Liegenschaften bestehe. Abgesehen davon, daß der Beklagten der nach § 1298 ABGB geforderte Entlastungsbeweis nicht gelungen sei, sei deren Verschulden darin zu erblicken, daß sie sich die Handlungsweise und Kenntnisse ihres Vertreters in den Verkaufsgesprächen zurechnen lassen müsse. Einerseits habe die mit der Führung der Verkaufsgespräche betraute A***** mit einer Kontaminierung ernsthaft gerechnet, andererseits habe sie es unterlassen, die Kläger auf die mögliche Kontaminierung aufmerksam zu machen. Hiemit habe sie den von ihr angenommenen Mangel den Klägern verschwiegen. Die Beklagte habe also durch vertragswidriges und schuldhaftes Verhalten den Klägern jenen Schaden verursacht, den diese durch die Tragung jener Dekontaminierungskosten erlitten hätten, die zur Verbesserung der Liegenschaften zu einem "verkehrsüblichen Kontaminierungsgrad" notwendig gewesen seien. Die Frage, um wieviel mehr als das verkehrsübliche Maß die Liegenschaft kontaminiert und wie hoch demnach die Verbesserungskosten gewesen seien, bleibe der Feststellung im Endurteil vorbehalten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, den Klägern S 2,618.031,20 samt 5 % Zinsen seit 15.4.1993 zu zahlen, dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und hielt auch die Rechtsrüge für nicht berechtigt. Zutreffend stützten die Kläger ihre Klage darauf, daß sie arglistig in Irrtum geführt worden seien. Das arglistige Verhalten könne auch in einem Schweigen liegen, wenn ein Teil in einem Irrtum befangen und der andere zur Aufklärung verpflichtet sei, statt dessen aber den Irrtum bewußt ausnütze. Die Vertreter der Beklagten hätten den Klägern verschwiegen, daß mit einer erheblichen Kontaminierung der Liegenschaften zu rechnen sei. Der Wissensstand des Prokuristen der A***** sei der Beklagten zuzurechnen, weil sie sich dieses Unternehmens als Verhandlungsführer bedient habe. Es handle sich daher nicht um die Herbeiführung eines Willensmangels durch einen Dritten im Sinne des § 875 ABGB. Während den Klägern die Kontaminierung der Liegenschaft unbekannt gewesen sei, habe Dr.B***** aufgrund seiner Projektkenntnisse offensichtlich mit der Möglichkeit einer solchen Kontaminierung gerechnet. Diese Irreführung sei auch für den Schaden der Kläger kausal. Auch Verjährung des Schadenersatzanspruches sei nicht eingetreten.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil die ausschließlich zu lösende Rechtsfrage eines Schadenersatzanspruches nach arglistiger Irreführung im Sinne der ständigen Rechtsprechung gelöst worden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt die Abänderung dahin, daß das Klagebegehren abgewiesen werde und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Die Kläger beantragten in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.

Der Schadenersatzanspruch, den § 932 Abs 1 Satz 2 ABGB dem Übernehmer vorbehält, setzt rechtswidriges schuldhaftes Verhalten des Veräußerers voraus. Ob der Veräußerer schadenersatzpflichtig wird, richtet sich also nach den §§ 1295 ff ABGB. Die Kausalität resultiert aus der Veräußerung, die Rechtswidrigkeit aus der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten oder des Vertrags, das Verschulden aus der Nichtaufklärung über den Mangel trotz Kenntnis oder Kennenmüssens bei Anwendung der gehörigen Aufmerksamkeit (SZ 63/160 ua). Daher hat grundsätzlich die allgemeine Beweislastregel des § 1296 ABGB zu gelten, wonach der Kläger nicht nur zu behaupten und zu beweisen hat, daß ein Schaden vorliegt und daß der Schaden durch den Beklagten verursacht wurde, sondern auch daß ihn daran ein Verschulden trifft. Lediglich dann, wenn der Mangelfolgeschaden auf ein wenigstens objektiv fehlerhaftes (vertragswidriges) Verhalten des Veräußerers zurückzuführen ist, tritt eine Umkehr der Beweislast im Sinn des § 1298 ABGB ein (ABGB MGA34 § 932 E 87). Arglist im Sinn des § 870 ABGB ist bewußte Täuschung, sie setzt ein für die Entstehung des Irrtums vorsätzliches, ja ihn bezweckendes Verhalten des Irreführenden voraus. Es muß demnach der Getäuschte absichtlich oder doch bewußt durch unrichtige Vorstellungen zur Einwilligung gebracht werden. Für die Annahme eines bedingten Vorsatzes ist es erforderlich, daß der Täuschende den Irrtum des Gegners ernstlich für möglich gehalten und sich doch damit abgefunden hat. Grobe Fahrlässigkeit genügt jedoch nicht (ecolex 1992, 554; 7 Ob 579/94; JBl 1959, 455; MietSlg 41.038 ua). Wenngleich keine allgemeine Aufklärungspflicht besteht, so ist sie dann zu bejahen, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs eine Aufklärung erwarten durfte. Diese Schutzpflicht endet an der Grenze objektiver Voraussehbarkeit einer Gefährdung der Interessen des Gegners (SZ 52/22 ua). Absichtliches Verschweigen eines erheblichen Umstandes ist List, wenn der andere nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten oder aus besonderen Gründen verpflichtet ist, den Irrenden aufzuklären (SZ 53/108; JBl 1992, 450 ua). Generelle Aussagen, wann Aufklärungspflicht besteht, sind kaum möglich, es kommt im allgemeinen vor allem auf die Übung des redlichen Verkehrs an (Rummel in Rummel ABGB2 § 870 Rz 4). Die Behauptung, der Gegner habe den Vertragsabschluß durch List veranlaßt, beinhaltet die Anfechtung wegen Irrtums nur unter der für jedes Klagsvorbringen unabdingbaren Voraussetzung, daß das tatsächliche Vorbringen des Anfechtenden auch die Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung trägt. Das mag in der Regel bei einem vom anderen Teil veranlaßten Irrtum gelten, nicht aber auch dann, wenn List behauptet, aber etwa nur gemeinschaftlicher Irrtum festgestellt ist (SZ 60/288). Dem Vertragspartner, der sich eines Gehilfen bedient, ist die Veranlassung des Irrtums des anderen Vertragspartners nur dann zuzurechnen, wenn die Erklärung des Gehilfen, die dazu führte, erkennbar zu seinem Aufgabenbereich beim Zustandekommen des Vertrags gehörte; für die sorglose Verkennung der Fehlvorstellung des Vertragspartners hat der Geschäftsherr nur dann einzustehen, wenn die Tätigkeit des Gehilfen typischerweise hiezu die Möglichkeit gewährt (SZ 67/136 = JBl 1995, 48).

Geht man von der Feststellung aus, daß der für die Beklagte bei den Verkaufsverhandlungen auftretende Prokurist der A*****, Dr.B*****, von der konkreten Kontaminierung der verkauften Liegenschaften nichts wußte, scheidet Irreführung der Kläger durch die Beklagte aus (7 Ob 562/94 = RdW 1996, 307 = RdU 1996, 88). Die sich aus der Geltendmachung eines gemeinsamen Irrtums ergebenden rechtlichen Konsequenzen werden von den Klägern nicht gezogen, vielmehr begehren sie einen Aufwandersatz, der dem des Ersatzes eines Mangel(folge)schadens entspricht. Die Kontaminierung des Erdreiches etwa mit Öl und Benzin stellt zweifellos einen Mangel dar, weil sie dem dem Vertrag zugrundeliegenden Zweck der Bebauung ein wesentliches Hindernis entgegenstellt, nämlich eine verkehrsübliche Ablagerung des Aushubes.

Aus der vollen Konkurrenz von Gewährleistung und Schadenersatz folgt, daß der Erwerber grundsätzlich den Mangel der Liegenschaft als Nichterfüllungsschaden (Differenz des hypothetischen Wertes des mangelfreien und des Wertes des mangelhaften Grundstücks) begehren kann, wenn das ursächliche Handeln rechtswidrig und schuldhaft war. Darüberhinaus kann auch der erforderliche Verbesserungsaufwand (Sanierungskosten) zugesprochen werden (Berger in Kerschner [Hrsg], Haftung bei Deponien [1996], 114 mwN).

Die Mangelhaftigkeit eines Leistungsgegenstandes ist allerdings nicht abstrakt, sondern immer aufgrund des konkreten Veräußerungsvertrages zu beurteilen. Die Vertragsparteien können eine Sache, die objektiv gesehen mangelhaft ist, durchaus als vertragsgemäß ansehen. Nur wenn eine Vereinbarung über die geschuldeten Eigenschaften des Leistungsgegenstandes fehlt, sind gemäß §§ 922 ff ABGB die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften der veräußerten Sache maßgebend. Die Festlegung der geschuldeten Eigenschaften kann auch stillschweigend erfolgen. In manchen Fällen wird ein auffallend niedriger Kaufpreis ein Indiz dafür sein, daß bestimmte negative Eigenschaften des Kaufgegenstandes nach der Vorstellung der Parteien keinen Mangel darstellen sollten und somit auch keine Gewährleistungsansprüche auslösen. Wer zum Beispiel billig ein aufgelassenes Fabriksgelände erwirbt, darf sich nicht wundern, wenn der Boden mit Altöl und anderen Sonderabfällen, die beim Betrieb der Fabrik angefallen sind, verseucht ist (Berger-Onz, Altlastenhaftung, 54; 7 Ob 562/94; vgl auch Reischauer in Rummel aaO § 922 Rz 5; Hüttler, Die zivilrechtliche Haftung für Altlasten, Rz 234). Die Kläger begehren jedoch nicht die aufgrund des Gewährleistungsrechts dem Erwerber zustehenden Rechtsbehelfe und sie ziehen nicht die mit der Wandelung bzw Preisminderung oder Verbesserung verbundenen rechtlichen Konsequenzen. Wie bereits ausgeführt, richtet sich ein Anspruch auf das im Deckungskapital des Verbesserungsaufwands liegende Erfüllungsinteresse nach den allgemeinen Schadenersatzvoraussetzungen, er erfordert also unter anderem ein Verschulden des Vertragspartners. Wenn der Mangel(folge)schaden auf ein objektiv fehlerhaftes (vertragswidriges) Verhalten des beklagten Verkäufers zurückzuführen ist, tritt eine Umkehr der Beweislast ein. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn der Mangel auch einem Fachmann nicht leicht erkennbar war (vgl ABGB MGA34 § 932 E 84 ff; 7 Ob 562/94 = RdW 1996, 307 = RdU 1966, 88 zur Kontaminierung eines Grundstückes, auf dem sich früher eine Tankstelle befunden hatte; aA Berger aaO 115 bei FN 110).

Wie oben dargestellt, machen die Kläger im vorliegenden Verfahren einen Mangel(folge)schaden geltend, nämlich die angeblichen Kosten einer Entkontaminierung der gekauften Liegenschaften. Das für die Begründung dieses Schadenersatzanspruches erforderliche Verschulden der Beklagten oder der für sie auftretenden Gehilfen liegt aber nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen nicht vor. Wenngleich der als Verhandlungspartner auf Seite der Beklagten auftretende Dr.B***** aufgrund seiner Projektkenntnisse "offensichtlich" mit der Möglichkeit einer Kontaminierung rechnete, wußte er doch nichts von einer konkreten Kontaminierung. Die Nichtaufklärung der Kläger, die gleichermaßen mit einer Kontaminierung rechnen mußten, über den bloßen Verdacht, es könnte möglicherweise eine Kontaminierung vorliegen, rechtfertigt nicht die Annahme eines das zur Begründung des Schadenersatzanspruches vorauszusetzenden Verschuldens der Beklagten. Da auch ein anderer Rechtsgrund für deren Haftung nicht ersichtlich ist, erweist sich das Klagebegehren als nicht berechtigt. In Stattgebung der Revision der Beklagten waren daher die Zwischenurteile der Vorinstanzen im Sinne eines das Klagebegehren zur Gänze abweisenden Endurteiles abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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