OGH 9ObA46/09v

OGH9ObA46/09v30.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Peter Ladislav und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christian H*****, vertreten durch Dr. Andreas Pistotnig, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Georg Mittermayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 10.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Jänner 2009, GZ 7 Ra 164/08a-17, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 16. Juli 2008, GZ 34 Cga 48/08i-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 620,36 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Der seit 1983 zuerst als Vertragsbediensteter und dann seit 1989 als Beamter bei der Beklagten beschäftigte Straßenbahnfahrer ist seit 1. 8. 1990 in das Schema II, Verwendungsgruppe D der Besoldungsordnung 1967 der Betriebsbeamten eingeordnet. Im September 1998 wurde er in das Schema II, der Besoldungsordnung 1994 in die Verwendungsgruppe C der Betriebsbeamten überstellt. Seine Zuweisung an die Wiener Linien GmbH & Co KG zur Dienstleistung erfolgte durch das Gesetz über die Zuweisung von Bediensteten der Wiener Stadtwerke.

Der Kläger wurde seit 1990 in Dienstschichten eingeteilt und hat so wie seit Jahrzehnten seine Kollegen Feiertage in der Form ersetzt erhalten, dass er jedenfalls - gleichgültig ob an dem Feiertag gearbeitet wurde oder nicht - einen zusätzlichen freien Tag als Ersatz erhalten hat. Mitarbeiter, die im Rahmen einer Schicht an einem gesetzlichen Feiertag arbeiteten, erhielten eine Entschädigung und einen freien Tag, der innerhalb von sechs Monaten aufgebraucht werden musste. Mitarbeiter, die an dem Feiertag einen dienstfreien Tag hatten, erhielten ebenso einen freien Tag, jedoch keine Entschädigung. Voraussetzung war in allen Fällen, dass der Feiertag auf einen Werktag und nicht auf einen Sonntag fiel.

Seit 1. 1. 2007 werden die zusätzlichen freien Tage nicht mehr gewährt.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass er Anspruch auf einen zusätzlichen freien Tag als Ersatztag habe, wenn im Zuge des Turnus- oder Schichtbetriebs ein Feiertag auf einen Werktag fällt, und zwar unabhängig davon, ob er an diesem Tag nach dem Dienstplan zu arbeiten habe oder nicht. Es handle sich um eine betriebliche Übung, die durch schlüssige Zustimmung der Arbeitnehmer zum Inhalt der Einzelverträge geworden sei. Zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte führte er aus, dass er seine Ansprüche auf eine privatrechtliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber stütze.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass Streitigkeiten aus dem öffentlichen Dienstverhältnis auf dem Verwaltungsweg auszutragen seien. In der Sache selbst verwies die Beklagte darauf, dass die Entscheidung über die Gewährung der Ersatztage bei den jeweiligen Dienststellen gelegen sei. Eine Rechtsgrundlage dafür sei nicht vorhanden gewesen. Eine Berufung auf eine langjährige Übung ohne entsprechende gesetzliche Grundlage sei im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses nicht möglich.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging zusammengefasst davon aus, dass zwar die Streitigkeiten des Klägers aus seinem Dienstverhältnis als Beamter im Verwaltungsweg auszutragen seien, dass es dem Kläger aber unbenommen bleibe, eine privatrechtliche Vereinbarung zu behaupten und daraus Ansprüche vor den Gerichten geltend zu machen. Der Kläger habe hier eine dahingehende privatrechtliche Vereinbarung geltend gemacht.

Entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs seien im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis die besoldungsrechtlichen Ansprüche der Beamten zwingend geregelt und könne auch eine langjährige Übung das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage nicht ersetzen. Dies komme auch hier zum Tragen, sodass es der Beklagten nicht verwehrt sei, den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es bejahte ebenfalls die Zulässigkeit des Rechtswegs, da sich der Kläger ausdrücklich auf eine privatrechtliche Vereinbarung gestützt habe. In der Sache selbst verwies das Berufungsgericht auf das Legalitätsprinzip im Rahmen öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse. Daran habe auch die Zuweisung nichts geändert. Damit steht dieses aber einer abweichenden Betriebsübung entgegen.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht zur Frage der Geltung von Betriebsübungen für Arbeitnehmer, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, als zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Klägers ist zulässig. Eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, inwieweit gegenüber der beklagten Gemeinde über das Gesetz hinausgehende Ansprüche durch Betriebsübung bei Beamten entstehen können, die im Rahmen des Gesetzes über die Zuweisung von Bediensteten der Wiener Stadtwerke zugewiesen werden, liegt nicht vor.

Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Auf die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs ist im Hinblick auf die übereinstimmenden Entscheidungen der Vorinstanzen nicht mehr einzugehen (Mayr in Rechberger ZPO § 42 JN Rz 11 mwN; RIS-Justiz RS0035572).

Unstrittig findet auf das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Klägers das Gesetz über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994) Anwendung. Die DO 1994 enthält auch Regelungen über die Arbeitszeit (§ 26 ff DO 1994).

Mit dem Gesetz über die Zuweisung von Bediensteten der Wiener Stadtwerke (Wiener Stadtwerke-Zuweisungsgesetz, LGBl 1999/17) wurden unter anderem Bedienstete der Wiener Stadtwerke-Verkehrsbetriebe der Wiener Linien GmbH & Co KG zur Dienstleistung zugewiesen. Dienstgeber ist weiter die Gemeinde Wien (RIS-Justiz RS0116553). Zufolge § 1 Abs 4 dieses Gesetzes tritt durch die Zuweisung in der dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Stellung der im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis Beschäftigten keine Änderung ein (dazu auch § 5 des Wiener-Zuweisungsgesetzes, LGBl 2007/29). Nach § 4a dieses Gesetzes finden auf die den Verkehrsbetrieben zugewiesenen Bediensteten dieselben auf Grundlage des § 19 Abs 1 und 2 Arbeitsruhegesetz vereinbarten Abweichungen von den Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes Anwendung, wie sie in einem für einen im Arbeitsverhältnis zum jeweiligen Verkehrsbetrieb stehenden Arbeitnehmer geltenden kundgemachten Kollektivvertrag vorgesehen sind. Eine Berufung auf einen derartigen Kollektivvertrag ist nicht erfolgt, sodass schon deshalb darauf nicht weiter einzugehen ist (RIS-Justiz RS0085629 mwN, zuletzt etwa 8 ObA 106/06f).

Die Bestimmungen über die Arbeitsruhe finden sich im Gesetz über den Schutz des Lebens und der Gesundheit der in den Dienststellen der Gemeinde Wien beschäftigten Bediensteten (LGBl 1998/49 in der jeweils geltenden Fassung) im Abschnitt 6a, jedoch nur für die in den Dienststellen der Gemeinde Wien eingesetzten Arbeitnehmer (§ 1 Abs 2 des Wiener Bedienstetenschutzgesetzes 1998). Hingegen sind von dem Arbeitsruhegesetz zufolge § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Z 1 Arbeitsverhältnisse aller Art, also auch Beamte, erfasst, soweit sie in Betrieben unter anderem eines Landes beschäftigt sind (zur Kompetenz: RIS-Justiz RS0113369 sowie RS0113370).

Der Kläger behauptet nun gar nicht, dass aus den dienstrechtlichen Vorschriften der geltend gemachte Anspruch ableitbar wäre, sondern stützt sich auf eine einzelvertragliche Ergänzung durch eine Betriebsübung.

Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass die Rechte und Pflichten im Rahmen eines offentlich-rechtlichen Beamtendienstverhältnisses nur soweit entstehen können, wie dies das Gesetz vorsieht (VwGH Zl 2006/12/0150; VwGH 99/12/0166 uva; Rebhahn, Vertrauensschutz in gesetzlich determinierten Dienstverhältnissen DrdA 2002, 202 f; Brodil, Entgeltgestaltung im ausgegliederten Unternehmen, in Brodil, Ausgliederungen 73 f). Geht es im Ergebnis doch auch darum, inwieweit budgetäre Belastungen auf eine demokratische Willensbildung in einem Gesetzgebungsverfahren zurückgeführt werden können.

Der Oberste Gerichtshof hat nun ausgesprochen, dass - falls überhaupt zulässig - zusätzliche privatrechtliche Entlohnungsvereinbarungen, jedenfalls einer ausdrücklichen Genehmigung durch das zuständige Organ bedürfen und eine stillschweigende Genehmigung durch Dulden einer gesetzwidrigen Vorgangsweise nicht ausreicht (RIS-Justiz RS0112291 mwN; eine andere Frage ist, inwieweit ein Dritter gesonderte Zusagen macht - RIS-Justiz RS0037906; vgl auch § 5 Abs 4 des Wiener-Zuweisungsgesetzes oder § 9 BB-SozPG).

Durch eine vom Kläger behauptete betriebliche Übung ist also bei öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen schon im Ansatz eine Erweiterung der dienstvertraglichen Ansprüche gegenüber dem Dienstgeber nicht möglich. Dies hat aber auch für im Rahmen des Wiener Stadtwerke-Zuweisungsgesetzes zugewiesene Beamte gegenüber der beklagten Gemeinde zu gelten. Legt dieses Gesetz doch in seinem § 1 Abs 4 ausdrücklich fest, dass sich an der dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Stellung der in einem öffentlichen Dienstrechtsverhältnis Beschäftigten nichts ändern soll.

Im Ergebnis war daher der Revision nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO.

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