Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.891,44 EUR (darin 315,24 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Der Beklagte, ein Transportunternehmer aus Spanien, wurde aufgrund eines am 2. 7. 2009 ausgestellten Frachtbriefs mit einem Straßentransport von Barcelona nach Salzburg beauftragt. Die in Hamburg ansässige Klägerin bzw ihre Rechtsvorgängerin ist Versicherer dieses Transports. Sie hat ihrer Versicherungsnehmerin mit Sitz in Salzburg - in Erfüllung des Versicherungsvertrags - einen Transportschaden von 33.000 EUR ersetzt und 480 EUR an Kosten für Schadensgutachten bezahlt.
Mit der beim Landesgericht Salzburg eingebrachten Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten den Rückersatz der erbrachten Versicherungsleistung. Er habe das Transportgut (Kunstgegenstände) unbeschädigt übernommen, aber beschädigt abgeliefert. Mit Erbringung der Versicherungsleistung und durch Forderungsabtretung sei die Schadenersatzforderung auf die Klägerin übergegangen.
Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts stützt die Klägerin auf § 101 JN iVm Art 31 CMR, weil Salzburg als Ablieferungsort für das Transportgut vorgesehen gewesen sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob der (kaum leserliche) Text im Feld 19 des Frachtbriefs eine wirksame Schiedsklausel enthalte, weil - gemäß Art 41 CMR zwingend - die in Art 31 Abs 1 lit a und b CMR vorgesehenen Gerichtsstände durch eine Parteienvereinbarung nicht ausgeschlossen werden könnten, sondern allenfalls nur die internationale Zuständigkeit weiterer Gerichte vereinbart werden könne.
Der Beklagte erhob unter anderem die Einrede der „sachlichen“ Unzuständigkeit des angerufenen Landesgerichts. Entgegen dem Standpunkt der Klägerin sei es entscheidungswesentlich, dass der Frachtbrief (im Kästchen 19) eine schriftliche Schiedsklausel enthalte, die allen Wirksamkeitsvoraussetzungen entspreche und auch die besonderen Erfordernisse des Art 33 CMR erfülle; die ordentliche Gerichtsbarkeit sei durch die rechtswirksame Schiedsvereinbarung ausgeschlossen, weil das Wesen einer Schiedsklausel darin liege, dass die Parteien einvernehmlich auf die Inanspruchnahme der staatlichen Rechtspflege zu Gunsten des privaten Schiedsgerichts verzichteten. Eine Schiedsklausel könne weder ihrem Inhalt noch ihren Wirkungen nach mit einer Gerichtsstandsklausel gleichgesetzt werden.
Das Erstgericht gab der Einrede der sachlichen Unzuständigkeit Folge und wies die Klage zurück. Es verwies auf Art 33 CMR, wonach der Beförderungsvertrag eine Bestimmung enthalten könne, durch welche die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts begründet werde. Eine solche Schiedsabrede sei nichtig nach Art 41 CMR, wenn sie nicht ausdrücklich vorsehe, dass das angerufene Schiedsgericht die CMR anzuwenden habe. Der vorliegende Frachtbrief enthalte in Kästchen 19 unter dem Punkt „special agreements“ auf deutsch übersetzt Folgendes:
„Die Vertragsparteien legen fest, dass im Fall von Streitigkeiten betreffend die Interpretation und die Erfüllung des Frachtvertrags, auf den sich dieser Frachtbrief bezieht, diese von der ‘Junta Arbitral del Transporte de Mercancias de Madrid’ [im Folgenden: Schiedsgericht in Madrid] entschieden werden müssen, die die CMR‑Konvention anzuwenden hat, und verpflichten sich selbst zur Vollziehung ihrer Entscheidungen.“
Da die Schiedsklausel eine ausdrückliche Verpflichtung des anzurufenden Schiedsgerichts zur Anwendung der CMR vorsehe, sei sie nicht nach Art 41 CMR nichtig. Im Hinblick auf das Vorliegen einer gültigen Schiedsklausel im Sinn des § 581 ZPO, die dem Schriftlichkeitserfordernis des § 583 ZPO entspreche und außerdem alle Gültigkeitsvoraussetzungen des Art 33 CMR erfülle, sei die Klage auf Antrag des Beklagten gemäß § 584 ZPO zurückzuweisen.
Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin Folge, änderte den erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschluss dahin ab, dass die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit abgewiesen wurde (vgl den Berichtigungsbeschluss des Rekursgerichts vom 7. 9. 2009), und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtlich führte es aus, das angerufene Landesgericht sei nach Art 31 Abs 1 lit b CMR zuständig, weil nach den Klagsbehauptungen Salzburg Ort der Ablieferung sei. Nach den im Rekurs bekämpften Feststellungen hätten die Parteien des Frachtvertrags (zwar) eine Schiedsklausel vereinbart, wonach für Streitigkeiten betreffend die Interpretation und Erfüllung dieses Frachtvertrags ein in Madrid ansässiges Schiedsgericht zuständig sein solle. Die Frage, ob eine wie hier getroffene, nach Art 33 CMR grundsätzlich zulässige Schiedsklausel die in Art 31 CMR aufgestellten Gerichtsstände ausschließen könne, habe der Oberste Gerichtshof aber erst jüngst dahin beantwortet, dass das Ausschließen der in Art 31 Abs 1 CMR genannten Zuständigkeiten im Hinblick auf Art 41 CMR unwirksam sei (7 Ob 194/08t vom 27. 11. 2008). Aus dem Text des Art 31 Abs 1 CMR gehe klar hervor, dass diese Bestimmung nur die einvernehmliche Wahl von zusätzlichen internationalen Zuständigkeiten von Gerichten von Vertragsstaaten ermöglichen sollte. Das bedeute, dass ganz unabhängig von Gültigkeit und Inhalt der strittigen Schiedsklausel ein Ausschluss des von der Klägerin angerufenen Gerichtsstands (nach Art 31 Abs 1 CMR) im Hinblick auf Art 41 CMR unwirksam sei. Auf die übrigen Rekursargumente sei daher nicht mehr einzugehen. Die ausschließlich auf die Schiedsklausel gestützte Einrede der „sachlichen Unzuständigkeit, womit inhaltlich auch der Mangel der internationalen Zuständigkeit geltend gemacht wurde“, sei daher abzuweisen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei im Hinblick auf die Anwendbarkeit höchstgerichtlicher Judikatur, von der nicht abgewichen werde, nicht zuzulassen.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, die Unzuständigkeit des Erstgerichts auszusprechen und die Klage zurückzuweisen (also den Zurückweisungsbeschluss wiederherzustellen); hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen; in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist, weil Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Vorweg ist Folgendes klarzustellen:
Eine Schiedsgerichtsvereinbarung begründet nach ständiger Rechtsprechung nicht die Unzulässigkeit des Rechtswegs, sondern die (heilbare) Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts (RIS-Justiz RS0039867; RS0045292); der Rechtsmittelauschluss des § 45 JN ist im Verhältnis zwischen ordentlichen Gerichten und Schiedsgerichten aber nicht anzuwenden (stRsp; RIS-Justiz RS0046345; 7 Ob 266/08f mwN; Fucik/Klauser/Kloiber, ZPO10 § 45 ZPO).
Der Revisionsrekurswerber macht geltend, dass die Frage, ob die hier zu beurteilende (nach Art 33 CMR grundsätzlich zulässige) Schiedsklausel geeignet sei, die in Art 31 CMR aufgezählten Gerichtsstände auszuschließen, vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden worden sei; und zwar auch nicht in den Entscheidungen 7 Ob 194/08t und 10 Ob 20/07z (auf die sich das Rekurs- bzw das Erstgericht berufen). Die Entscheidung des Rekursgerichts stehe mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Widerspruch, wonach Vereinbarungen gemäß Art 41 CMR nur insoweit nichtig seien, als sie von den Bestimmungen der CMR abwichen (RIS-Justiz RS0049343). Im vorliegenden Fall verstoße die Schiedsklausel nicht gegen zwingende Vorschriften der CMR, weil die Voraussetzungen einer gültigen Schiedsklausel nach Art 33 CMR vorlägen und Art 31 CMR nur auf Gerichtsstandsvereinbarungen, nicht jedoch auf Schiedsvereinbarungen Bezug nehme.
Außerdem regle Art 31 CMR nach ständiger Rechtsprechung nur die internationale, nicht auch die örtliche und sachliche Zuständigkeit. Der Schiedsgerichtsbarkeit sei die Abgrenzung von internationaler sowie örtlicher und sachlicher Zuständigkeit fremd. Von den Parteien werde vielmehr dem Schiedsgericht die Entscheidung ihres Rechtsstreits übertragen, wobei der Sitz des Schiedsgerichts gar nicht notwendiger Bestandteil der Schiedsklausel sei (mangels Vereinbarung in der Schiedsklausel werde der Sitz des Schiedsgerichts vom Schiedsgericht bestimmt [§ 595 Abs 1 Satz 3 erster Halbsatz ZPO]).
Im Übrigen seien die vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen - nach dem Verständnis des Rekursgerichts - zumindest widersprüchlich. Hätte der Oberste Gerichtshof in dem seiner Entscheidung 10 Ob 20/07z zugrunde liegenden Verfahren tatsächlich die Rechtsansicht des Rekursgerichts bzw der Entscheidung 7 Ob 194/08t (so wie sie vom Rekursgericht verstanden werde) geteilt, wäre die Prüfung, ob die Schiedsklausel das Schiedsgericht zur Anwendung der CMR verpflichte, gar nicht mehr notwendig gewesen.
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts seien die maßgebenden Bestimmungen der CMR nach den Grundsätzen der Wortinterpretation, der systematischen, teleologischen und der historischen Interpretation dahin auszulegen, dass eine Schiedsklausel nur dann aufgrund des (restriktiv zu interpretierenden) Art 41 CMR unwirksam sei, wenn sie den Anforderungen des Art 33 CMR nicht entspreche. Art 31 Abs 1 CMR beziehe sich hingegen allein auf die staatlichen Gerichte und sei daher auf Schiedsklauseln nicht anzuwenden.
Die Revisionsrekursbeantwortung der Klägerin hält dem zunächst entgegen, dass die Frage, ob die Gerichtsstände des Art 31 CMR durch Parteienvereinbarung ausgeschlossen werden können, hier schon aus folgenden Gründen gar nicht zu beantworten sei:
Aus der Schiedsklausel ergebe sich kein solcher Ausschluss, weil sich diese nur auf die „Interpretation und Erfüllung“ des Frachtvertrags beziehe. Gegenstand des Rechtsstreits sei aber ein zum einen aus der Haftungsbestimmung des Art 17 CMR, zum anderen aus deliktischer Haftung abgeleiteter Schadenersatzanspruch. Die Klage sei also jedenfalls auch auf ein außervertragliches Verhalten des Beklagten gestützt und daher von der Schiedsklausel schon nach ihrem Wortlaut nicht umfasst.
Außerdem lege der Wortlaut der Klausel keine ausschließliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts in Madrid fest, weil nicht „alle“, sondern nur bestimmte Streitigkeiten umfasst seien, sodass - auch mangels eines ausdrücklichen Ausschlusses der staatlichen Gerichte - die Vertragsparteien in bestimmten Fällen auch die staatlichen Gerichte anrufen könnten. Es dürfe also im Fall der Anrufung eines Schiedsgerichts nur das Schiedsgericht in Madrid angerufen werden; die Vertragspartner hätten jedoch die Wahl, entweder ein staatliches Gericht im Sinn des Art 31 Abs 1 CMR oder das Schiedsgericht in Madrid anzurufen. Im Übrigen sei in der Klausel das Wort „Schiedsgericht“ ebenso wenig erwähnt, wie der - als zwingende Voraussetzung für eine wirksame Schiedsklausel nach Art 33 CMR geltende - Umstand, dass das festgelegte Schiedsgericht zwingend die CMR anzuwenden habe.
Dazu wurde Folgendes erwogen:
Nach Art 33 CMR kann der Beförderungsvertrag eine Bestimmung enthalten, durch die die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts begründet wird, jedoch nur, wenn die Bestimmung vorsieht, dass das Schiedsgericht dieses Übereinkommen anzuwenden hat. In der Literatur wird ganz allgemein die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung daran geknüpft, dass in der Schiedsabrede ausdrücklich vorgesehen ist, dass das Schiedsgericht die CMR anzuwenden hat. Eine Schiedsgerichtsvereinbarung ist gemäß Art 41 CMR nichtig, wenn sie nicht die in Art 33 CMR bestimmte ausdrückliche Verweisung auf die CMR enthält, durch die das Schiedsgericht verpflichtet wird, die CMR anzuwenden. Diese Formstrenge ist notwendig, um die Anwendung der CMR in sämtlichen Vertragsstaaten sicherzustellen, da nicht alle Mitgliedsstaaten (wohl aber die überwältigende Mehrheit) die CMR als unabhängig vom Parteiwillen geltendes innerstaatliches Recht begreifen und mit der expliziten Verpflichtung zur Anwendung der CMR Auslegungsunsicherheiten vorgebeugt werden soll (10 Ob 20/07z mwN). Auch die Funktion des Art 41 Abs 1 CMR, wonach (unbeschadet der Bestimmungen des Art 40 CMR) jede Vereinbarung, die unmittelbar oder mittelbar von den Bestimmungen dieses Übereinkommens abweicht, nichtig und ohne Rechtswirkung ist, liegt zum einen darin, zu verhindern, dass der mühsame gesetzgeberische Kompromiss der Vertragsstaaten durch privatautonome Vereinbarungen außer Kraft gesetzt wird. Zum anderen wird durch die Vereinheitlichung der vertraglichen Grundlagen ein zu starker Konkurrenzkampf zwischen den Beförderungsunternehmen vermieden, da Konditionen und Beförderungsrahmenbedingungen verbindlich für alle Vertragsparteien zwingend festgelegt wurden. Damit dominiert die CMR nicht nur nationales Recht, sondern auch alle Parteivereinbarungen und widersprechende Klauseln von allgemeinen Geschäftsbedingungen (Schmid in Thume, Komm zur CMR² Art 41 Rz 3; 10 Ob 20/07z mwN).
Schon nach diesen allgemeinen Grundsätzen ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre geht es hier also - unstrittig - um „alle Parteienvereinbarungen und Klauseln“. Es ist daher nicht einzusehen, weshalb - dem Standpunkt der Revisonsrekurswerberin folgend - zwischen Schiedsklauseln und Gerichtsstandsklauseln, soweit sie jeweils die internationale Zuständigkeit betreffen, unterschieden werden müsste. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann jedoch nach den wiedergegebenen, bereits in der Entscheidung 10 Ob 20/07z enthaltenen Ausführungen auch davon keine Rede sein, die hier zu beurteilende Schiedsklausel sei schon deshalb nichtig und rechtsunwirksam, weil die Voraussetzungen nach Art 33 CMR fehlten; sieht sie doch selbst ausdrücklich vor, dass das Schiedsgericht in Madrid „die CMR-Konvention anzuwenden hat“ (Demuth in Thume, Komm zur CMR², Art 33 Rn 3; RIS‑Justiz RS0121900). Auch am strengen Maßstab der CMR gemessen ist die zwingende Anwendung der CMR durch das Schiedsgericht damit hinreichend sichergestellt (vgl 10 Ob 20/07z).
Wie bereits das Rekursgericht erkannt hat, stellt sich aber, selbst wenn man von einer nach Art 33 CMR grundsätzlich zulässigen Schiedsklausel ausgeht, die (weitere) Frage, ob sie geeignet ist, die in Art 31 Abs 1 CMR aufgezählten Gerichtsstände auszuschließen; die zitierte Bestimmung ist gegenüber anderen internationalen Zuständigkeitsbestimmungen nämlich lex specialis (RIS‑Justiz RS0107256 [T7]) und hat den Zweck, Streitigkeiten aus diesem Abkommen unterliegenden grenzüberschreitenden Beförderungen auf ganz bestimmte Gerichtsstände zu beschränken (RIS-Justiz RS0111681).
Mit der in Art 31 Abs 1 CMR getroffenen Regelung der „ausschließlichen und unabdingbaren“ internationalen Zuständigkeiten (stRsp und hL; Demuth in Thume Komm zur CMR², Art 31 Rn 13 mwN) und mit Vereinbarungen, welche die in dieser Bestimmung genannten Gerichtsstände ausschließen sollen, hat sich der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 7 Ob 194/08t bereits befasst und dazu unter anderem ausgeführt:
„Sinn und Zweck des Art 31 CMR ist es, Streitigkeiten aus diesem Abkommen unterliegenden grenzüberschreitenden Beförderungen auf ganz bestimmte Gerichtsstände zu beschränken (RIS-Justiz RS0111681). Art 31 Abs 1 CMR regelt nur die internationale, nicht auch die örtliche und sachliche Zuständigkeit (RIS-Justiz RS0109009). Art 31 CMR ist gegenüber anderen internationalen Zuständigkeitsbestimmungen lex specialis (RIS-Justiz RS0107256).
Der deutsche Text der CMR ist missverständlich (Demuth in Thume, Kommentar zur CMR2, Art 31 Rn 29; Helm in Großkommentar4, Art 31 CMR Rn 19; Herber/Piper, CMR, Art 31 Rn 7). Aus dem englischen und dem französischen (gemäß Art 51 CMR allein verbindlichen) Text geht aber klar hervor, dass Art 31 Abs 1 CMR nur die einvernehmliche Wahl von zusätzlichen internationalen Zuständigkeiten von Gerichten von Vertragsstaaten ermöglichen soll (Demuth aaO Rn 12, 29; Koller, Transportrecht6, Art 31 CMR Rn 2 und 5; Helm, Frachtrecht II2 CMR, Art 31 Rn 19 ff, 43; ders in Großkommentar4, Art 31 CMR Rn 21). In der Vereinbarung eines konkreten Gerichts oder örtlichen Gerichtsstands ist auch die Vereinbarung der internationalen Zuständigkeit jenes Staats zu sehen, in welchem dieses Gericht gelegen ist (Demuth aaO Rz 29; Helm in Großkommentar4 Rz 21; Csoklich, Einige Fragen zur Zuständigkeit nach CMR und EuGV-VO, RdW 2003/152, 187).
Die Parteien vereinbarten ... die ausschließliche Zuständigkeit des für W***** sachlich zuständigen Gerichts. Die Nennung eines für einen bestimmten Ort sachlich zuständigen Gerichts ist auch die Vereinbarung der internationalen Zuständigkeit der Gerichte eines Vertragsstaats, wird doch durch den im Hoheitsgebiet gelegenen Ort naturgemäß auch der Vertragsstaat präzisiert.
Die Vertragsparteien haben also ... die internationale Zuständigkeit von Gerichten im Vertragsstaat Österreich vereinbart, dies aber ausschließlich. Das Ausschließen der Zuständigkeit der in Art 31 Abs 1 CMR genannten Zuständigkeiten ist - wie bereits oben dargelegt - im Hinblick auf Art 41 CMR unwirksam.
Die Nichtigkeit einer gegen die CMR verstoßenden Vereinbarung hat nicht die Nichtigkeit der übrigen Vertragsbestimmungen zur Folge (Art 41 Abs 1, 2. Satz CMR). Zu fragen ist daher, ob die Art 31 Abs 1 CMR widersprechende Zuständigkeitsvereinbarung insgesamt unwirksam ist oder nur in jenem Teil, der die Zuständigkeiten nach Art 31 Abs 1 CMR ausschließt, sodass also von der Vereinbarung zwar keines ausschließlichen, aber doch eines nach Art 31 Abs 1 CMR zulässigen Wahlgerichtsstands auszugehen ist.
In der Lehre wird diese Frage kontroversiell beantwortet. Die Umdeutung der Vereinbarung eines ausschließlichen internationalen Gerichtsstands in einen zusätzlichen (Wahl-)Gerichtsstand wird von Demuth in Thume aaO Rn 29, 49, und von Koller aaO Rn 5, abgelehnt. Die Ansicht, dass nur Teilunwirksamkeit eintritt und die Vereinbarung als Wahlgerichtsstand wirksam sein soll, wird von Csoklich aaO 188, Huther in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB Band 2, Art 31 CMR Rn 12, Helm in Großkommentar4 Art 31 Rn 21 und Basedow aaO Art 31 Rn 24, vertreten.
Der Oberste Gerichtshof folgt den zuletzt genannten Lehrmeinungen. Nach Art 41 Abs 1 CMR sollen nämlich Vereinbarungen nur insoweit nichtig und damit unwirksam sein, als sie von den Bestimmungen der CMR abweichen (RIS-Justiz RS0049343). Dies spricht für eine Teilnichtigkeit der Vereinbarung in dem Sinn, dass nur der den CMR widersprechende Teil einer Vereinbarung nichtig ist. Wird ein ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart, so widerspricht die Vereinbarung nur insofern den CMR, als die in Art 31 Abs 1 CMR genannten Gerichtsstände ausgeschlossen werden, nicht aber insofern, als ein zusätzlicher (Wahl-)Gerichtsstand vereinbart wird. Dafür, dass die gesetzlich angeordnete Teilnichtigkeit jedenfalls immer den von der Nichtigkeit betroffenen - aber teilbaren - gesamten Themenbereich (gesamte Zuständigkeitsregelung) umfassen muss, gibt es im Gesetz keinen Anhaltspunkt.“
Nach dieser Entscheidung des auch für den vorliegenden Fall zuständigen Fachsenats des Obersten Gerichtshofs ermöglicht Art 31 Abs 1 CMR somit nur die einvernehmliche Wahl von zusätzlichen internationalen Zuständigkeiten von Gerichten der Vertragsstaaten, wobei in der Vereinbarung eines konkreten Gerichts (hier: des Schiedsgerichts in Madrid) oder eines örtlichen Gerichtsstands auch die Vereinbarung der (zusätzlichen) internationalen Zuständigkeit jenes Staats zu sehen ist, in welchem dieses Gericht gelegen ist; wird doch durch den im Hoheitsgebiet gelegenen Ort naturgemäß auch der Vertragsstaat präzisiert (RIS-Justiz RS0124403). Das Ausschließen der Zuständigkeit der in Art 31 Abs 1 CMR genannten Zuständigkeiten, also die Vereinbarung eines ausschließlichen internationalen Gerichtsstands (hier: des Schiedsgerichts in Madrid), ist hingegen unwirksam, sind doch nach Art 41 Abs 1 CMR Vereinbarungen nichtig und ohne Rechtswirkung, soweit sie mittelbar oder unmittelbar von den Bestimmungen der CMR abweichen.
Wie bereits dargelegt, spricht dies für eine Teilnichtigkeit solcher Vereinbarungen in dem Sinn, dass nur der den CMR widersprechende Teil der Vereinbarung nichtig ist; wird ein ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart, so widerspricht die Vereinbarung nämlich nur insofern den CMR, als die in Art 31 Abs 1 CMR genannten Gerichtsstände ausgeschlossen werden.
Die zitierte Entscheidung 7 Ob 194/08t ist bereits wiederholt veröffentlicht worden (wbl 2009/113, 252 = ZVR 2009/100, 200 = EvBl 2009/68, 466). Dabei wurde sie lediglich in einer Glosse von Garber (ÖJZ 2009, 467) dahin kritisiert, dass der Oberste Gerichtshof eine Vereinbarung, in der - im Anwendungsbereich der CMR - die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts ausschließlich bestimmt werde, anders als der deutsche Bundesgerichtshof (NJW-RR 2004, 762 = TranspR 2004, 169) zu Unrecht nur als teilnichtig angesehen habe. Neue Gesichtspunkte zeigt diese Kritik nicht auf. Nach dem von Garber vertretenen Standpunkt, dass eine solche Klausel zur Gänze nichtig sei, wäre die Unzuständigkeitseinrede des Beklagten aber ebenso (umso mehr) zu verwerfen.
Soweit der Revisionsrekurswerber darauf hinweist, die „Problematik“ dieser auch vom Rekursgericht zitierten Entscheidung des erkennenden Senats sei in Deutschland bereits Gegenstand einer „BGH-Entscheidung“ gewesen „(siehe Anm Garber in EvBl 2009/68)“, was die „unzulässige Vermengung des Rekursgerichts mit der gegenständlichen Problematik“ verdeutliche, ist ihm daher nur zuzugestehen, dass der Frage, ob durch die Schiedsklausel (die im Übrigen gar keinen ausdrücklichen Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit bestimmt) ein zusätzlicher Gerichtsstand rechtswirksam begründet wurde, tatsächlich keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt.
Auch die weiteren Rechtsmittelausführungen zur behaupteten derogativen (und nicht prorogativen) Wirkung von „CMR-Schiedsvereinbarungen“ und die im Rechtsmittel zitierten Lehrmeinungen führen zu keiner anderen als der bereits dargelegten Beurteilung:
Zunächst ist festzuhalten, dass es sich - entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses - bei dem angeblich zu Unrecht als „herrschende Meinung“ bezeichneten Standpunkt, wonach durch eine Schiedsklausel die gesetzlichen Zuständigkeiten des Art 31 CMR nicht ausgeschlossen werden können, jedenfalls um keine „vereinzelte Mindermeinung“ handelt; vertreten doch sowohl Helm (in Staub GroßkommHGB4, Art 33 CMR Rn 1) als auch Koller (TransportR6, Art 33 CMR Rz 1) ausdrücklich diese Auffassung (vgl auch Basedow, der in MünchKommHGB, Art 33 CMR Rn 2, ausführt, es sei schwer verständlich, dass Art 31 CMR Gerichtsstandvereinbarungen nur mit prorogierender, dh nicht mit derogierender Wirkung zulasse, dass aber andererseits die Frage der ausschließlichen oder konkurrierenden Zuständigkeit eines Schiedsgerichts in der CMR offen bleibe und damit dem nationalen Recht überlassen werde).
Vor diesem Hintergrund hat auch Bahnsen (in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB II [2009] Art 33 CMR Rn 6) erst jüngst Folgendes ausgeführt:
„Strittig ist, ob einer Schiedsabrede nach Art 33 CMR Ausschließlichkeit zukommt, oder ob sie den Parteien lediglich einen weiteren, die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte unberührt lassenden Streitschlichtungsweg öffnet. Das Oberlandesgericht Koblenz hat in der Entscheidung vom 22. 2. 2007 (6 U 1162/06 [TranspR 2007, 249] Anm: ihm folgend auch das LG Gießen am 31. 7. 2008, 8 O 81/07 [TranspR 2008, 370]), die Ansicht vertreten, dass eine Schiedsklausel die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte ausschließe. Im Schrifttum wird die gegenteilige Ansicht oder die Auffassung vertreten, dass diese Frage dem ergänzend anzuwendenden nationalen Recht überlassen sei. Zutreffend erscheint, dass die staatlichen Gerichte nach Maßgabe von Art 31 ungeachtet einer Schiedsvereinbarung zuständig bleiben. Aus Art 31 Abs 2 iVm Art 41 CMR lässt sich entnehmen, dass die CMR den Parteien bei der Zuständigkeit der staatlichen Gerichte Privatautonomie nur in dem Sinn zubilligt, dass zusätzliche Streitschlichtungsformen gewählt werden können.“
Ob eher diesem Standpunkt oder den zitierten beiden Entscheidungen deutscher Gerichte, auf die sich der Revisionsrekurswerber beruft, gefolgt werden sollte, ist im vorliegenden Fall aber nicht abschließend zu beantworten. Anders als bei den in Deutschland beurteilten Schiedsklauseln ist hier nämlich nicht vom Vorliegen der in den dortigen Verfahren jedenfalls geforderten Vereinbarung der Parteien auszugehen, die staatlichen Gerichte auszuschließen, sodass im (gemäß Art 31 CMR) international zuständigen Mitgliedsland ein Schiedsgericht angerufen werden müsste.
Die hier zu beurteilende Klausel bestimmt vielmehr, dass „im Fall von Streitigkeiten“ betreffend die Interpretation und die Erfüllung des Frachtvertrags, auf den sich dieser Frachtbrief bezieht, „diese von der ‘Junta Arbitral del Transporte de Mercancias de Madrid’ entschieden werden müssen, ...“; es wurde also gar kein genereller Ausschluss staatlicher Gerichte bestimmt, sondern allein die (ausschließliche) Zuständigkeit eines konkreten Schiedsgerichts in Madrid festgelegt. Demgemäß kann aber von einer Entscheidung der Parteien, die staatlichen Gerichte (generell) auszuschließen, sodass - wie der Revisionsrekurs zu Punkt „3.6 Schlussfolgerungen“ meint - die Klageerhebung auch in Österreich (als gemäß Art 31 Abs 1 lit b CMR international zuständigem Mitgliedsland) nur vor einem Schiedsgericht und nicht vor einem staatlichen Gericht ermöglicht wäre, keine Rede sein.
Für die Unzulässigkeit einer Derogation der staatlichen Gerichte ist somit allein maßgebend, dass Vereinbarungen, mit denen die gesetzlichen Zuständigkeiten des Art 31 Abs 1 CMR ausgeschlossen werden, im Hinblick auf Art 41 CMR nichtig und ohne Rechtswirkung sind. Diese Bestimmung erfasst - wie bereits dargelegt - „alle Parteienvereinbarungen und Klauseln“ (Schmid in Thume, Komm zur CMR² Art 41 Rz 3). Auch eine Schiedsklausel im Sinn des Art 33 CMR ist daher, soweit mit ihr das gleiche Ziel wie mit einer Gerichtsstandsklausel (nämlich ein Ausschluss der in Art 31 Abs 1 CMR genannten internationalen Zuständigkeiten) erreicht werden soll, gemäß Art 41 CMR nichtig und rechtsunwirksam.
Die Grundsätze der Entscheidung 7 Ob 194/08d gelten also - wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat - auch für den vorliegenden Fall, weshalb die vom Beklagten erhobene Einrede der „sachlichen“ (inhaltlich: auch internationalen) Unzuständigkeit zu verwerfen ist.
Dem Revisionsrekurs des Beklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat im Zwischenstreit über eine Prozesseinrede obsiegt (10 Ob 20/07z).
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