OGH 5Ob246/09a

OGH5Ob246/09a25.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin K***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Astrid Wutte-Lang, Rechtsanwältin in Klagenfurt, gegen die Antragsgegner 1. K***** H*****, 2. K***** B*****, 3. S*****Aktiengesellschaft, *****, 4. DI Gert K*****, 5. Mag. Elisabeth R*****, 6. Mag. Eva P*****, 7. Szabolcs N*****, 8. Sonja Christine J***** und Romy Christine J*****, beide *****, 9. Dr. Heinz P*****, 10. B*****gesellschaft m.b.H., *****, 11. Marion R*****, 12. Michael H*****, 13. Albin R*****, 14. Gerlinde R*****, 15. Gerhard G*****, 16. DI Dr. Herbert T*****, 17. Isolde F*****, 18. O***** Partner OG, *****, 19. Elisabeth G*****, 20. Birgit H*****, 21. Mag. Angelika S*****, 22. Mag. Dr. Gunther S*****, 23. Karl E*****, 24. Albine K*****, 25. DI Helmut und Brigitte K*****, 26. Privatstiftung F***** „I*****, 27. Dr. Michael S*****, 1., 2., 5., 6., 15., 16., 25., 26. und 27. Antragsgegner vertreten durch Dr.Peter Kranzelbinder, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Benützungsregelung gemäß § 17 WEG iVm § 52 Abs 1 Z 3 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 14. August 2009, GZ 1 R 201/08s, 1 R 210/09s, 1 R 211/09p-84, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

1. Zunächst liegt weder die behauptete Nichtigkeit durch Verletzung des rechtlichen Gehörs noch die gerügte Mangelhaftigkeit des rekursgerichtlichen Verfahrens vor.

In Anbetracht der Gesamtheit der Feststellungen, insbesondere zum maßgeblichen Inhalt des Vertrags „zur Begründung von Wohnungseigentum, Einräumung von Sondernutzungsrechten, Benützungsregelung, Eigentumsanteilsberichtigung“, erweist sich die von den Vorinstanzen getroffene Beurteilung des Vorliegens einer Vereinbarung über die Einräumung von Sondernutzungsrechten in verfahrensrechtlicher Hinsicht als unbedenklich.

Soweit dem Rekursgericht eine Überschreitung des Rekursantrags vorgeworfen wird, kann mit dem Hinweis auf die Bestimmung des § 47 Abs 3 AußStrG das Auslangen gefunden werden. Demnach muss ein Rekurs kein bestimmtes Begehren enthalten, nur hinreichend erkennen lassen, aus welchen Gründen sich die Partei für beschwert erachtet und welche andere Entscheidung sie anstrebt. Im Zweifel gilt der Beschluss, gegen den Rekurs erhoben worden ist, als zur Gänze angefochten.

2. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind laut Grundbuchstand sämtliche Wohnungseigentümer und schlichte Miteigentümer der Liegenschaft EZ 30001 der KG *****, also eines sogenannten „Mischhauses“.

Durch einen als „Vertrag zur Begründung von Wohnungseigentum, Einräumung von Sondernutzungsrechten, Benützungsregelung, Eigentumsanteilsberichtigung“ bezeichneten Vertrag und darauffolgende bücherliche Einverleibungen und Anmerkungen wurde im Jahr 1996, also noch im Geltungsbereich des WEG 1975, hinsichtlich der im ersten und zweiten Tiefgeschoß des Hauses befindlichen 114 Pkw-Abstellplätze folgender Rechtszustand geschaffen:

68 Abstellplätze stehen im Zubehörwohnungseigentum von Wohnungseigentümern der Liegenschaft; 46 mal ist jeweils grundbücherlich ein „Sondernutzungsrecht“ an jeweils 3/6715 Anteilen von schlichten Miteigentümern angemerkt.

Dazu heißt es im bezeichneten Vertrag: „Die in ... bezeichneten Miteigentümer sind schlichte Miteigentümer zu bestimmten ideellen Anteilen. Es handelt sich dabei um Anteile im Zusammenhang mit Garageneinstellplätzen bzw Kellerräumen. An diesen Teilen der Liegenschaft kann mangels räumlicher Selbständigkeit Wohnungseigentum nicht begründet werden. Die Miteigentümer [künftige Wohnungseigentümer] räumen den Miteigentümern [schlichte Miteigentümer], diese wiederum einander wechselseitig, unentgeltlich das Recht der ausschließlichen Nutzung und alleinigen Verfügung über die den jeweiligen Anteilen laut ... Tabelle zugeordneten Liegenschaftsteile ein. Dieses Sondernutzungsrecht hat praktisch die Wirkung wie das ... vereinbarte Wohnungseigentumsrecht, die schlichten Miteigentümer sind in Ausübung ihres Eigentums- und Sondernutzungsrechts den Wohnungseigentümern gleichgestellt. ... Sämtliche Miteigentümer vereinbaren die Verbücherung dieser Benützungsregelung. ...“

Darüber hinaus ist zu C-LNR 17a zu TZ 11630/1996 aufgrund des beschriebenen Vertrags eine Benützungsregelung iSd § 15 WEG 1975 bücherlich angemerkt.

Im Nutzwertfestsetzungsbescheid sind sämtliche Abstellplätze, auch die im schlichten Miteigentum stehenden mit Anteilen berücksichtigt.

In der Folge kam es zu Tausch- und Kaufverträgen über einzelne Abstellplätze bzw Miteigentumsanteile, denen grundbücherlich Sondernutzungsrechte zugeordnet waren.

Die Markierung der Abstellplätze ist hinsichtlich der vorhandenen Breite mit nur 2,20 m und dem Vorhandensein von gegenüberliegenden Längsabstellplätzen derart, dass es beim Ein- und Ausparken bei einzelnen Abstellplätzen zu erheblichen Behinderungen kommt und es eines überdurchschnittlichen Geschicks bedarf, um ein- und auszuparken. So auch bei den der Antragstellerin bücherlich als Zubehörwohnungseigentum zugeschriebenen Abstellplätzen insoweit, als sie bestimmten Längsabstellplätzen gegenüberliegen. Es gibt keine Möglichkeit, die vorhandenen 114 Stellplätze auf den zwei Geschoßen so aufzuteilen, dass es zu keinen oder geringeren Behinderungen kommt. Eine Behinderung kann nur durch Entfall einzelner Stellplätze erreicht werden.

Mit dem verfahrenseinleitenden (und später modifizierten) Antrag begehrt die Antragstellerin gemäß § 17 WEG, die Benützung der nicht im Zubehörwohnungseigentum stehenden Abstellplätze im ersten und zweiten Tiefgeschoß so zu regeln, dass allen Mit- und Wohnungseigentümern eine ihren bücherlichen Anteilen entsprechende Nutzung zukomme, jedenfalls aber die Abstellplätze 112 und 113 niemandem zur Benützung zuzuweisen; in eventu wird die Abänderung einer bestehenden Benützungsvereinbarung in diesem Sinn begehrt. Die Verfügbarkeit der nicht im Zubehörwohnungseigentum stehenden Abstellplätze ergebe sich daraus, dass diese allgemeine Teile der Liegenschaft seien, weil die Anmerkung der Sondernutzungsrechte gemäß § 15 Satz 3 WEG 1975 unzulässig gewesen und daher nichtig sei. Überdies sei die getroffene Vereinbarung hinsichtlich der Nutzungsrechte der schlichten Miteigentümer nach § 24 WEG 1975 unwirksam, weil dadurch schlichte Miteigentümer gegenüber Wohnungseigentümern bevorzugt worden seien.

Das Bestehen einer Benützungsvereinbarung bestritt die Antragstellerin mit der Begründung, es sei keine Einstimmigkeit diesbezüglich erfolgt, weil Mit-und Wohnungseigentümer unterschiedliche Verträge unterfertigt hätten.

Jene Antragsgegner, die sich am Verfahren beteiligten, beantragten, den Antrag abzuweisen.

Während das Erstgericht eine Benützungsregelung unter Entfall der Plätze 112 und 113 traf, wies das von den 16. und 24. Antragsgegnern angerufene Rekursgericht das gesamte Begehren ab.

Die nicht im Zubehörwohnungseigentum stehenden Abstellflächen seien nach der vertraglichen Widmung jedenfalls nicht allgemeine Teile der Liegenschaft. Die mit den schlichten Miteigentümern getroffenen Vereinbarungen stellten keine Benützungsregelung dar. Durch den Kauf ideeller Anteile von Miteigentümern mit der vertraglich vereinbarten Sondernutzung fehle es jedenfalls an der freien Verfügbarkeit, die Voraussetzung für jede Benützungsregelung sei.

Rechtliche Beurteilung

Die im außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin dagegen erhobenen Argumente relevieren keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG:

Ein von § 1 Abs 1 und 2 WEG 1975 abweichendes, ausschließliches Benützungsrecht schlichter Miteigentümer an bestimmten Anteilen der Liegenschaft durfte auch nach Inkrafttreten des 3. WÄG mit 1. 3. 1994 nach § 15 Satz 3 WEG 1975 grundbücherlich nach § 20 lit b GBG nicht angemerkt werden (vgl 5 Ob 102/00m = wobl 2000/166 [Call] mwN).

Wie die Revisionsrekurswerberin selbst zutreffend ausführt, war eine solche Umgehung der Unmöglichkeit der selbständigen Begründung von Wohnungseigentum an Abstellplätzen durch Schaffung einer dinglichen Wirkung ähnlich einer Wohnungseigentumsbegründung unzulässig. Nicht gesetzlich vorgesehene Anmerkungen nach § 20 lit b GBG können auch nie dingliche Rechte begründen (vgl RIS-Justiz RS0060628; zuletzt 5 Ob 10/09w).

Das bedeutet aber nicht, dass damit eine zwischen den Mit- und Wohnungseigentümern getroffene Vereinbarung ausschließlicher Nutzungsrechte schlichter Miteigentümer an den nicht im Wohnungseigentum stehenden Abstellplätzen wegfiele und diese daher „verfügbar“ iSd § 15 WEG 1975 bzw § 17 Abs 1 WEG wären, bleibt die Vereinbarung doch mit obligatorischer Wirkung weiter bestehen.

Eine Unwirksamkeit der Sondernutzungsvereinbarung, damit deren ersatzloser Wegfall und eine damit bewirkte Verfügbarkeit ist auch nicht mit einem Verstoß gegen § 24 WEG 1975 zu begründen:

Jeder Mit- und Wohnungseigentümer hat Anspruch auf eine annähernd seinem Miteigentumsanteil entsprechende Nutzung der Liegenschaft. Wurden daher anlässlich der - heute ohnedies nicht mehr zulässigen - Begründung von Wohnungseigentum im „Mischhaus“ Kfz-Abstellplätze, weil rechtlich zulässig, denjenigen, die Wohnungseigentum erwarben, ins Zubehörwohnungseigentum übertragen und schlichten Miteigentümern die ausschließliche Nutzung bestimmter Abstellplätze - mangels anderer rechtlicher Möglichkeit - (letztlich bloß) obligatorisch zugesagt, beides in einem einheitlichen Vertrag, so ist, selbst wenn diese Lösung vom Wohnungseigentumsorganisator veranlasst wurde, dadurch jedenfalls keine unbillige, einer vernünftigen Interessenabwägung widersprechende Beschränkung von Nutzungs- und Verfügungsrechten der Wohnungseigentümer bewirkt worden. Das wiederum wäre aber Voraussetzung der Rechtsunwirksamkeit einer Vereinbarung gemäß § 24 WEG 1975 (vgl RIS-Justiz RS0083371; 5 Ob 101/90 = MietSlg 42.457 = EvBl 1991/68 = WoBl 1991/118).

Soweit sich die Revisionsrekurswerberin in eventu auf die Auflösbarkeit der Sondernutzungsvereinbarung als Benützungsvereinbarung beruft, ist zunächst der Charakter einer Benützungsvereinbarung zwischen Miteigentümern klarzustellen: Zum Wesen einer Benützungsvereinbarung gehört deren unabdingbare Auflösbarkeit aus wichtigem Grund (RIS-Justiz RS0013628). Eine auf Dauer gerichtete Bindung eines Teilhabers ist dabei nicht anzunehmen (5 Ob 57/85 = MietSlg 37.057 mwN).

Wenn im vorliegenden Einzelfall das Rekursgericht die vertragliche Bindung der Mit- und Wohnungseigentümer über die Sondernutzungsrechte als ein über eine bloße Gebrauchsregelung hinausgehendes „Mehr“ (vgl Gamerith in Rummel 3 Rz 5 zu § 834 ABGB) bewertete, bestehen dagegen in rechtlicher Hinsicht in Anbetracht der Besonderheiten des Einzelfalls keine Bedenken. Insbesondere die Tatsache des käuflichen Erwerbs von Liegenschaftsanteilen mit Sondernutzungsrechten durch die schlichten Miteigentümer und die oben wiedergegebenen Formulierungen des Vertrags („ausschließliche Nutzung und alleinige Verfügung“, „praktisch die gleiche Wirkung wie das Wohnungseigentumsrecht“, „die unabdingbare Gültigkeit ... auch in Bezug auf die schlichten Miteigentümer“) sind dabei hervorzuheben.

Derartige Rechtseinräumungen hindern nicht nur die Qualifizierung als Benützungsregelung und damit deren Kündbarkeit, sondern überhaupt die Verfügbarkeit der entsprechenden Liegenschaftsteile für Benützungsregelungen (vgl 5 Ob 54/95; RIS-Justiz RS0044160).

Ob die vertraglichen Vereinbarungen über die Sondernutzungsrechte der schlichten Miteigentümer bei Veräußerung einzelner Anteile auf jeweilige Erwerber übergegangen sind, muss nicht geprüft werden, bleiben doch jedenfalls die bisherigen, nicht wechselnden Eigentümer untereinander gebunden (vgl zu Benützungsvereinbarungen: WoBl 1994/12,69 [Call]; wobl 1998/106,149; RIS-Justiz RS0013630; Gamerith in Rummel3 Rz 4 zu § 834 ABGB mwN). Auch das hindert die Annahme der Verfügbarkeit der in Frage stehenden Liegenschaftsteile für eine Benützungsregelung.

Wenn auch durch die dargestellte Vorgehensweise eine überaus komplexe und rechtlich nur schwer lösbare Situation geschaffen wurde, wirft doch die hier maßgebliche Frage der fehlenden Zulässigkeit einer gerichtlichen Benützungsregelung nach § 17 WEG keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erheblichen Rechtsfragen auf.

Das außerordentliche Rechtsmittel der Antragstellerin erweist sich daher als unzulässig und war demnach zurückzuweisen.

Mangels Freistellung (§ 71 Abs 2 AußStrG) war das Kostenersatzbegehren der Rechtsmittelgegner abzuweisen. Infolge Einleitung des Verfahrens am 18. 5. 2004, somit vor dem 31. 12. 2004 käme allerdings die Bestimmung des § 37 Abs 3 Z 17 MRG über den Ersatz von Vertretungskosten ohnedies nicht zur Anwendung (Art 10 § 2 Abs 3 WohnAußStrBeglG; Würth/Zingher/Kovany Miet- und Wohnrecht²² Rz 2 zu § 37 MRG), weshalb ein entsprechender Kostenersatz für die Revisionsrekursbeantwortung, obwohl in ihr auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen wurde, keinesfalls stattfinden könnte.

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