OGH 3Ob4/10z

OGH3Ob4/10z27.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann S*****, vertreten durch Dr. Christoph Koller, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Christian F*****, vertreten durch Mag. Klaudius May, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 11. November 2009, GZ 54 R 190/09v-51, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 8. September 2009, GZ 26 C 880/06z-46, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Aufhebungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs gemäß § 1118 erster Fall ABGB liegt dann vor, wenn durch eine wiederholte oder länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts (RIS-Justiz RS0102020) oder durch Unterlassung notwendiger Vorkehrungen (RIS-Justiz RS0021053) durch den Bestandnehmer wichtige ideelle oder wirtschaftliche Interessen des Vermieters verletzt werden oder eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht.

Ob ein erheblich nachteiliger Gebrauch vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei von den festgestellten Tatsachen in ihrer Gesamtheit auszugehen ist (RIS-Justiz RS0021018).

Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze seiner Entscheidung zugrundegelegt. Eine auffallende, korrekturbedürftige Fehlbeurteilung liegt hier ebenso wenig vor wie dies bei gleichartigem Sachverhalt in einem Parallelverfahren in Ansehung der von der Schwester des Beklagten gemieteten Nachbarwohnung der Fall war. Dort wies der sechste Senat des Obersten Gerichtshofs am 14. Jänner 2010 (AZ 6 Ob 269/09s) die außerordentliche Revision der beklagten Mieterin gegen die verfügte Räumung mangels erheblicher Rechtsfragen zurück. Die dort gegebene Begründung ist auch hier maßgeblich:

Nach den Feststellungen schloss der Beklagte - ein Nichtfachmann - den Festbrennstoffofen in einem Zimmer, das bislang mit elektrischer Energie beheizt worden war, an einen vorhandenen Rauchfang an. Der Kläger hatte darauf hingewiesen, dass dem Einbau des Ofens eine Prüfung durch einen Rauchfangkehrer vorangehen müsse. Dass wegen der festgestellten Anschluss- und Aufstellungsmängel (Aufstellung direkt auf dem Laminatboden ohne Schutzblech) und dem Zustand des Rauchfangs bei Betrieb des Ofens eine Gefährdung für das Objekt und seine Bewohner ausging, bestreitet der Beklagte gar nicht. Den Feststellungen zufolge hat er mit dem Ofen nach seiner Installation Mitte Februar 2006 während zweier Heizperioden zumindest bis zur Klagszustellung im November 2006 geheizt.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass in der längerdauernden Benützung des Ofens wegen der aus den Anschluss- und Aufstellungsmängeln und des Zustands des Rauchfangs resultierenden Substanzgefährdung unter Bedachtnahme darauf, dass ein Rauchfangkehrer trotz Hinweises des Klägers nicht beigezogen wurde, obwohl der Anschluss und die Aufstellung von einem Nichtfachmann durchgeführt wurde, ein erheblich nachteiliger Gebrauch liegt, ist jedenfalls vertretbar. Bedient sich der Mieter für Umbauarbeiten nicht befugter Gewerbsleute (oder nimmt er, wie hier, Umbauarbeiten selbst als Nichtfachmann vor), muss er nämlich alles vorkehren, damit kein Schaden an der Substanz entstehen kann, weil er sich so zu verhalten hat, wie man es von einem vertrauenswürdigen Mieter verlangen kann (1 Ob 1504/96 mwN). Dass der Vater des Beklagten den Einbau des Ofens begutachtete, kann den Beklagten nicht entlasten, weil jener zwar, wie der Beklagte selbst, Installateur, nicht aber Rauchfangkehrer ist.

2. Die Vertragsaufhebung setzt ein Verschulden des Bestandnehmers nicht voraus (3 Ob 151/02f; RIS-Justiz RS0020981), wohl aber die nach gewöhnlichen Fähigkeiten zu bestimmende Erkennbarkeit der Nachteiligkeit des Verhaltens für Bestandgeberinteressen und Bestandobjekt (3 Ob 151/02f mwN; Iro in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² § 1118 Rz 2; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I22 361 mwN). Entgegen der Ansicht des Beklagten musste ihm bei Aufwendung auch nur gewöhnlicher Fähigkeiten zumindest bewusst sein, dass bei einem Betrieb eines ohne Schutzblech auf einem Laminatboden aufgestellten Festbrennstoffofens infolge der Brandgefahr, die von aus dem Ofen fallenden Glutresten ausgeht, eine erhebliche Verletzung der Substanz des Bestandobjekts droht. Auf die Kenntnis des Klägers vom Einbau des Ofens kann sich der Beklagte nicht berufen, weil er vom Kläger darauf hingewiesen worden war, dass eine Prüfung durch den Rauchfangkehrer zu erfolgen hat.

3. Nach ständiger Rechtsprechung hat die Entscheidung über das Vorliegen des Räumungsgrundes des erheblich nachteiligen Gebrauchs auf den Zeitpunkt der Auflösungserklärung abzustellen (RIS-Justiz RS0021049 [T4]). Eine Besserung des Verhaltens des Mieters nach Zugang der Auflösungserklärung ist rechtlich bedeutungslos (10 Ob 62/04x). Dass der Beklagte nach Zustellung der Räumungsklage den Ofen nicht mehr in Betrieb nahm, ist daher genausowenig entscheidungserheblich wie der Umstand, dass er nach der Klagezustellung den Ofen nicht demontierte oder nicht für dessen ordnungsgemäßen Anschluss sorgte. Soweit das Berufungsgericht „insbesondere" diesen Umstand berücksichtigte, ist seine Ansicht zwar unzutreffend, aber kein Anlass für eine Korrektur der auf andere festgestellte Umstände gegründeten Entscheidung.

4. Ob überdies der Auflösungsgrund des unleidlichen Verhaltens dadurch verwirklicht wurde, dass der Beklagte nach den Feststellungen 18 Monate hindurch wiederholt versuchte, sein Gebrauchsrecht auf nicht vermietete Räume und Flächen auszudehnen, muss daher nicht mehr geprüft werden.

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