OGH 8ObA9/09w

OGH8ObA9/09w21.12.2009

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter O. Univ.-Prof. DI Hans Lechner und Josef Wild als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** W***** (vormals P*****), Masseurin, *****, vertreten durch Hochsteger, Perz, Wallner & Warga, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei F*****. R***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 8.253,50 EUR sA, über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. September 2008, GZ 11 Ra 57/08v-27, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 17. September 2007, GZ 19 Cga 29/06v-23, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die beklagte GmbH war unbeschränkt haftender Gesellschafter (Komplementär) der F*****. R***** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. Mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 28. 7. 2003, ins Firmenbuch eingetragen am 29. 7. 2003, wurde der Betrieb der F*****. R***** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG in die Beklagte übertragen und die F*****. R***** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG gelöscht.

Die Klägerin war bei der F*****. R***** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG beschäftigt und wurde von dieser im Februar 2003 entlassen.

Mit ihrer am 1. 8. 2003 beim Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht eingelangten Klage hatte die Klägerin mit der Behauptung, sie sei unberechtigt entlassen worden, die F*****. R***** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG - allerdings unrichtig bezeichnet als „R***** GmbH & Co KG" - auf Zahlung von 6.313,26 EUR sA geklagt. Im Laufe des Verfahrens hatte der für die KG einschreitende Rechtsanwalt vorgebracht, dass die beklagte KG zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage nicht mehr existent gewesen sei. Dem hatte die Klägerin entgegengehalten, dass die Löschung der Gesellschaft keine Auswirkungen auf das Verfahren habe, „da das Bestehen von Forderungen und Verbindlichkeiten auch einer gelöschten Firma" dafür ausreiche, „dass die Passivlegitimation im Verfahren gegeben sei". Mit Urteil vom 19. 2. 2004 wurde dieser Klage stattgegeben und die „R***** GmbH & Co KG" zur Zahlung von 6.313,26 EUR samt 9,47 % Zinsen ab 18. 2. 2003 sowie zum Ersatz von Prozesskosten von 1.940,24 EUR verpflichtet. Die Parteifähigkeit der beklagten KG, die eine Gegenforderung eingewendet hatte, wurde mit der Begründung bejaht, dass die Löschung einer Gesellschaft im Firmenbuch nur deklarativen Charakter habe und ihre Partei- und Prozessfähigkeit nicht berühre. Erst mit der Vollbeendigung komme es zum Erlöschen der Gesellschaft und zum Verlust der Parteifähigkeit. Vollbeendet sei die Gesellschaft nur, wenn kein Aktivvermögen mehr vorhanden sei. Die von der Beklagten im Verfahren aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung schließe ihre Vollbeendigung aus. Die beklagte Partei sei daher parteifähig. Dieses Urteil blieb unangefochten.

Mit ihrer nunmehrigen Klage (eingebracht am 31. 1. 2006) begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 8.253,50 EUR sA. Dieser Betrag setzt sich aus den schon im Vorprozess geltend gemachten 6.313,26 EUR sowie aus den im Vorprozess zugesprochenen Kosten von 1.940,24 EUR zusammen. Die Beklagte hafte für diese Forderungen als Komplementärin der Dienstgebergesellschaft, aber auch nach § 1409 ABGB und § 25 HGB. Die Klägerin habe aufgrund des Urteils im Vorprozess erfolglos Exekution (Anm: gegen die Beklagte) beantragt. Über Rekurs der Beklagten sei der zunächst bewilligte Exekutionsantrag abgewiesen worden, weil bei einem Einbringungsvertrag eine Einzelrechtsnachfolge vorliege und daher eine Änderung der Parteibezeichnung iSd § 9 EO nicht zulässig sei. Aufgrund der nunmehr gegen die Beklagte geltend gemachten Haftungsgrundlagen müsse auf die Ursachen der Beendigung des Dienstverhältnisses nicht mehr eingegangen werden. Jedenfalls sei die Klägerin ungerechtfertigt entlassen worden.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie sei niemals Komplementärin der im Vorprozess belangten „R***** GmbH & Co KG" gewesen und sei auch nicht Rechtsnachfolgerin einer solchen Gesellschaft. Eine Berichtigung der Bezeichnung der im Vorprozess belangten Partei sei nicht mehr möglich, weil die Partei, auf deren tatsächlichen Namen die Parteibezeichnung berichtigt werden könnte, nicht mehr existiere. Die Einbringung der KG in die Beklagte habe eine Einzelrechtsnachfolge bewirkt, sodass die § 1409 ABGB und § 25 HGB nicht anwendbar seien. Jedenfalls seien die Ansprüche nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag, der eine Verfallsfrist von vier Monaten vorsehe, verfallen und nach § 1162b ABGB verjährt. Das von der Klägerin erwirkte Vorurteil wirke nicht gegen die hier Beklagte. Keinesfalls hafte die Beklagte für die Prozesskosten des Vorprozesses. Die Entlassung der Klägerin sei berechtigt erfolgt, weil sie vereinbarungswidrig nicht zur Arbeit erschienen sei und sich auch nicht rechtzeitig krank gemeldet habe. Zudem sei der Entlassungsgrund der dauernden Arbeitsunfähigkeit verwirklicht. Jedenfalls treffe die Klägerin das alleinige oder überwiegende (Mit-)Verschulden an der Entlassung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging davon aus, dass die F*****. R***** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG im Vorverfahren parteifähig gewesen sei, weil über den Zeitpunkt der Eintragung der Löschung in das Firmenbuch hinaus noch Gesellschaftsvermögen vorgelegen sei. Die Klägerin habe weder eine privative Schuldübernahme auf Beklagtenseite noch eine Gesamtrechtsnachfolge in Form der Einbringung sämtlicher Kommanditanteile nachgewiesen, zumal der Inhalt des Einbringungsvertrags (der nicht vorgelegt worden sei) nicht festgestellt werden könne. Die Beklagte hafte zwar als ehemaliger Komplementär der KG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft; ein Titel gegen die Gesellschaft könne aber nicht in das Vermögen eines Gesellschafters vollstreckt werden. Wenngleich die Haftung des Gesellschafters mit der Schuld der Gesellschaft entstehe, wirke die Unterbrechung der Verjährung nur zwischen jenen Personen, zwischen denen der die Unterbrechung begründende Tatbestand gesetzt worden sei. Der Gesellschafter müsse die Unterbrechung der Verjährung gegenüber der Gesellschaft nicht gegen sich wirken lassen. Daher seien die Lohn- und Kündigungsentschädigungsansprüche der Klägerin verjährt bzw verfallen.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin teilweise statt. Es bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von 1.940,24 EUR sA als Teilurteil (insoweit rechtskräftig), hob im Übrigen das Ersturteil auf und verwies die Arbeitsrechtssache im Umfang der Aufhebung zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Der Betrieb der Dienstgeberin der Klägerin sei in die Beklagte übertragen und die KG gelöscht worden. Es liege somit ein Betriebsübergang iSd § 3 Abs 1 AVRAG vor. Nach § 6 Abs 1 AVRAG hafteten der Veräußerer und der Erwerber zur ungeteilten Hand für Verpflichtungen aus einem Arbeitsverhältnis zum Veräußerer, die vor dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs begründet worden seien. Auf die Haftung des Erwerbers sei § 1409 ABGB anzuwenden.

Der Einwand, die Beklagte sei nie Komplementär einer „R***** GmbH & Co KG" gewesen, sei verfehlt. Zwischen den Parteien des Vorprozesses sei klar gewesen, dass die damalige Dienstgeberin der Klägerin, die „F*****. R***** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG", in Anspruch genommen worden sei. Die KG habe sich der Sache angenommen, ohne auf die unrichtige Bezeichnung hinzuweisen. Sie habe sogar vorgebracht, dass ihr Betrieb in die Beklagte übertragen worden sei. Eine Richtigstellung der Parteibezeichnung wäre jederzeit möglich gewesen. Es sei daher unzweifelhaft davon auszugehen, dass der Betrieb der damals beklagten KG in die nunmehrige Beklagte übertragen worden sei.

Die von der Klägerin in erster Instanz geltend gemachte Haftung der Beklagten als Komplementärin der KG sei vom Erstgericht verneint worden und werde im Berufungsverfahren von der Klägerin nicht mehr releviert. Dieser Streitpunkt sei somit erledigt. Auf die weiteren geltend gemachten Anspruchsgrundlagen - nämlich auf die Haftung nach § 1409 ABGB und nach § 25 HGB - sei das Erstgericht nicht eingegangen.

Die Haftung der Beklagten nach § 1409 ABGB sei - ausgenommen die Haftung für die Kosten des Vorprozesses - zu bejahen: Die in § 6 Abs 1 AVRAG genannte Begrenzung der Haftung eines Erwerbers nach § 1409 ABGB sei auf solche Verpflichtungen zu beziehen, die aus zum Zeitpunkt des Übergangs nicht mehr bestehenden Arbeitsverhältnissen herrühren. Dabei treten die Wirkungen der Einbringung - soweit sie steuerlich nicht ohnehin auf den Einbringungsstichtag zurückbezogen werden - spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein. Zum Zeitpunkt der Eintragung des Betriebsübergangs im Firmenbuch sei das zugrunde liegende Dienstverhältnis der Klägerin bereits beendet gewesen. Die zeitliche Abfolge führe daher zur eingeschränkten Haftung der Beklagten nach § 6 Abs 1 AVRAG und in weiterer Folge zur Haftung nach § 1409 ABGB. Die Art der Rechtsnachfolge stehe dem nicht entgegen: Die Einbringung eines Betriebs wie die vorliegende stelle einen Tatbestand der Einzelrechtsnachfolge dar.

Die Möglichkeit, iSd §§ 9 und 10 EO vorzugehen, sei der Klägerin nicht offen gestanden: Übergegangen iSd § 9 EO sei ein Anspruch oder eine Verpflichtung nur, wenn der frühere Gläubiger oder Schuldner aus dem Rechtsverhältnis ausgeschieden sei, weil andernfalls nicht von einem Übergang der Forderung oder Schuld gesprochen werden könne. Zu einem solchen Übergang komme es aber auf Seiten des Verpflichteten bloß im Fall der Gesamtrechtsnachfolge und - im Fall einer Einzelrechtsnachfolge - bei privativer Schuldübernahme. Weder bei der Haftung nach § 1409 ABGB noch bei der Haftung nach § 25 Abs 1 HGB (nunmehr § 38 UGB) komme es zu einer privativen Schuldübernahme, sondern vielmehr zu einem Schuldbeitritt. Der Gläubiger müsse in diesen Fällen gegen die aufnehmende Gesellschaft einen eigenen Exekutionstitel erwirken, um gegen sie Exekution führen zu können. Aus der Verurteilung des Veräußerers entstehe kein Titel, der eine Exekution gegen die aufnehmende Gesellschaft ermöglichen würde. Dass die KG anlässlich des Betriebsübergangs gelöscht worden sei, schade nicht, da eine Löschung bis zur Vollbeendigung einer Gesellschaft nur deklarativer Natur sei; selbst bei einer Vollbeendigung sei eine solche Gesellschaft auf entsprechenden Antrag der klagenden Partei weiterhin als prozessfähig zu betrachten.

§ 1409 ABGB enthalte einen Schuldbeitritt kraft zwingenden Rechts. Der Übernehmer müsse bei Übernahme bestehende Verfügungen des Übergebers wie Verzicht, Anerkenntnis oder Vergleich gegen sich gelten lassen, doch könne er alle Einwendungen aus dem Grundgeschäft erheben, die der Übergeber zu erheben unterlassen habe. Sei allerdings eine laufende Verjährung gegen einen Unternehmer durch Klageführung unterbrochen worden, so wirke dies bei Übergang des Unternehmens auch gegen den Übernehmer. Daher sei durch die Klageführung im Vorprozess auch hinsichtlich der Beklagten als Betriebserwerberin die Verjährung der Verpflichtungen des eingebrachten Betriebs unterbrochen. Die Beklagte könne sich also in der Frage der Haftung nach § 1409 ABGB nicht auf Verjährung berufen, sondern müsse die sich aus dem Vorprozess ergebende Unterbrechung der Verjährung gegen sich gelten lassen. Dies gelte auch für die 6-Monatsfrist des § 1162d ABGB. Im Übrigen sei selbst die nunmehrige Klage vor Ablauf von drei Jahren ab Beendigung des Dienstverhältnisses eingebracht worden.

Die Beklagte sei aber berechtigt, sämtliche Einwendungen aus dem Grundgeschäft zu erheben, die der Übergeber zu erheben unterlassen habe. Gegen die geltend gemachten Ansprüche habe die Beklagte nun nicht nur eingewendet, dass die Entlassung der Klägerin berechtigt gewesen sei, sondern auch, dass einzelne Ansprüche der Klägerin nach dem anzuwendenden Kollektivvertrag verfallen seien. Nach § 6 lit e des anzuwendenden Kollektivvertrags verfallen Lohnansprüche, wenn sie nicht vier Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer selbst oder dem Betriebsrat oder der Gewerkschaft beim Arbeitgeber oder dessen Stellvertreter schriftlich geltend gemacht werden. Um diese Frist zu wahren, müssten die geltend gemachten Ansprüche so weit konkretisiert werden, dass der Arbeitgeber erkennen könne, welche Ansprüche ihrer Art nach gemeint seien. Entgegen der Meinung der Beklagten sei dabei aber nicht von vornherein auf eine Klageführung abzustellen, sondern darauf, ob die Klägerin oder andere im Kollektivvertrag genannte Institutionen die Ansprüche binnen vier Monaten ab Beendigung des Dienstverhältnisses die Ansprüche schriftlich geltend gemacht haben.

Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht mit den Parteien die Ansprüche der Klägerin, insbesondere deren Zusammensetzung, zu erörtern haben. Anschließend werde sich das Erstgericht mit dem Verfallseinwand und der Frage der Berechtigung der Entlassung auseinanderzusetzen und entsprechende Feststellungen zu treffen haben.

Hingegen sei aufgrund der erst nach dem Betriebsübergang begonnenen Klageführung im Vorprozess ein Anspruch gegen die Beklagte auf Prozesskostenersatz nicht einmal im Keim entstanden. Bei diesen Kosten handle es sich um eine Neuschuld, die von der Beklagten nicht zu tragen sei. In der Abweisung dieses Teils der Klageforderung sei das Ersturteil daher zu bestätigen.

Gegen die Bestätigung des Ersturteils sei die ordentliche Revision nicht zulässig, weil das Berufungsgericht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt sei. Hingegen sei der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zuzulassen, weil zur Frage, inwieweit bei einer Haftung nach § 1409 ABGB der Übernehmer Einwendungen aus dem Grundgeschäft (insbesondere den Einwand des Verfalls) erheben dürfe, nur eine „offensichtlich überholte oberstgerichtliche Entscheidung vorgefunden" worden sei, der weder die Lehre noch das Berufungsgericht gefolgt sei.

Gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richten sich die Rekurse beider Parteien (das Rechtsmittel der Klägerin ist zwar als „Revision" gegen das Teilurteil bezeichnet, was jedoch gemäß § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO nicht schadet richtet es sich doch nach seiner Anfechtungserklärung, nach seinem Inhalt und mit den darin gestellten Anträgen ausschließlich gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss).

Die Klägerin beantragt, „das angefochtene Urteil" (gemeint: den Aufhebungsbeschluss) dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren, soweit es nicht im Betrag von 1.940,24 EUR rechtskräftig abgewiesen worden sei, stattgegeben werde.

Die Beklagte beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Klagebegehren hinsichtlich weiterer 6.313,26 EUR sA abzuweisen. Hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, „dass dem Erstgericht im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens bei der Prüfung der Ansprüche der klagenden Partei aufgetragen wird, dass die beklagte Partei die sich aus dem [... Vorprozess ...] ergebende Unterbrechung der Verjährung und des Verfalls nicht gegen sich gelten lassen muss und eine Unterbrechung der Verjährung und des Verfalls aufgrund des [... Vorprozesses ...] nicht eingetreten" sei.

Beide Parteien beantragen, das jeweils gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind zulässig, weil die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu den Auswirkungen des im Vorprozess erwirkten Urteils auf das Verhältnis zwischen den Streitteilen korrekturbedürftig ist. Die Rekurse sind aber im Ergebnis nicht berechtigt.

I. Das Erstgericht hat die Haftung der Beklagten als Komplementärin der vormaligen Dienstgeber-KG im Ergebnis verneint. Die entsprechenden Ausführungen im Ersturteil wurden von der Klägerin, die auf diesen Rechtsgrund in zweiter Instanz nicht mehr Bezug nahm, in der Berufung nicht bestritten. Das Berufungsgericht ist daher zu Recht auf diesen Rechtsgrund nicht mehr eingegangen (RIS-Justiz RS0041570).

II. Zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass der Betrieb der vormaligen Dienstgeber-KG in die Beklagte eingebracht wurde und dass insoweit keine Gesamtrechtsnachfolge erfolgte. Ebenso wenig ist im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof strittig, dass die Beklagte als Erwerberin des eingebrachten Betriebs grundsätzlich iSd § 6 Abs 1 AVRAG für die (behaupteten) Forderungen der Klägerin haftet, wobei auf die Haftung § 1409 ABGB anzuwenden ist. Strittig ist in diesem Zusammenhang ausschließlich, ob die Beklagte die Berechtigung der von der KG ausgesprochenen Entlassung geltend machen und sich auf Verfall, Präklusion bzw Verjährung allfälliger Forderungen der Klägerin berufen kann.

III. § 1409 ABGB ordnet einen zwingenden Schuldbeitritt (hier des Erwerbers des Betriebs) an. Der Übernehmer haftet für die Schulden so, wie der Überträger im Zeitpunkt der Vermögensübernahme haftet. Der Übernehmer ist nicht Nachfolger des „Urschuldners", sondern neben diesem Schuldner geworden, der dem Gläubiger gegenüber unmittelbar verpflichtet ist. Der Schuldbeitritt ändert nichts an der Rechtsnatur der Forderungen, weshalb der Erwerber jene Rechtshandlungen, die der Übergeber bis zum Zeitpunkt des Übergangs gesetzt hat, wie etwa einen Vergleich oder ein Anerkenntnis, ebenso gegen sich gelten lassen muss, wie eine bereits eingetretene Unterbrechung der Verjährung. Ansonsten kann der Erwerber alle Einwendungen aus dem Grundgeschäft erheben, auch wenn sich der Übergebende bisher nicht auf diese berufen hat (Heidinger in Schwimann VI³ § 1409 Rz 2; SZ 70/59).

IV. Der entscheidende Zeitpunkt ist daher jener der Übergabe des Vermögens oder Unternehmens: Die Klageführung gegen den Übergeber nach diesem Zeitpunkt bewirkt demnach keine Unterbrechung der Verjährung gegen den Übernehmer. Die Solidarschuldner sind - von der Zahlung der Schuld abgesehen - voneinander unabhängig, sodass Rechtshandlungen, die von einem oder gegen einen Solidarschuldner gesetzt werden, mit Ausnahme der Zahlung der Schuld den anderen Solidarschuldner nicht berühren (§ 894 ABGB; P. Bydlinski in KBB² § 894 Rz 3; s auch die in der „Revision" der Beklagten zitierte Entscheidung 1 Ob 87/57).

V. Im hier zu beurteilenden Fall hat die Klägerin ihre (erste) Klage gegen die (unrichtig bezeichnete) KG erst nach der Übergabe des Betriebs an die Beklagte und der Löschung der KG eingebracht. Es mag dahingestellt bleiben, ob die KG zu diesem Zeitpunkt parteifähig war oder nicht: In jedem Fall ist im Sinne der dargestellten Rechtslage die erst nach der Übergabe des Vermögens erfolgte Klageführung gegen die Übergeberin für das Verhältnis zwischen Übernehmerin und Klägerin ohne Bedeutung. Die Beklagte haftet der Klägerin so, wie die KG der Klägerin zum Zeitpunkt der Übergabe des Betriebs - also vor der Klageführung - gehaftet hat (SZ 70/59).

VI. Der dagegen erhobene Einwand der Klägerin, dass zwischen der KG und der Beklagten eine persönliche Verknüpfung bestanden habe, verkennt die Relevanz des Umstands, dass es sich bei der KG und der Beklagten um unterschiedliche juristische Personen gehandelt hat. Der für die KG einschreitende Rechtsanwalt hat im Übrigen im Vorprozess ohnedies auf die Einbringung des Betriebs der KG in die Beklagte und auf die Löschung der KG hingewiesen. Die Klägerin hat aber dessen ungeachtet auf die Fortführung des Verfahrens gegen die KG, die sie als weiterhin parteifähig erachtete, bestanden.

VII. Die Berufung auf die hier noch anzuwendende Bestimmung des § 25 HGB führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Unterschiede dieser Bestimmung zu § 1409 ABGB sind für die hier zu beantwortenden Fragen ohne Belang. Auch nach § 25 HGB kommt es zu einem kumulativen Schuldbeitritt des Übernehmers, wobei für den Inhalt der Verbindlichkeit des Übernehmers deren Beschaffenheit zum Zeitpunkt der Übernahme maßgebend ist (Schuhmacher in Straube HGB³ § 25 Rz 12). Die Beklagte muss sich daher die nach diesem Zeitpunkt erfolgte Klageführung gegen die KG nicht entgegenhalten lassen.

VIII. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass die Frage des Verfalls der geltend gemachten Ansprüche hier mit der Klageführung nichts zu tun hat. Da die Entlassung im Februar 2003 erfolgte, ist schon die Klageführung im Vorprozess außerhalb der vierwöchigen Verfallsfrist des Kollektivvertrags (s die Wiedergabe der entsprechenden Kollektivvertragsbestimmung im Berufungsurteil) erfolgt. Zur Wahrung der Verfallsfrist reicht aber ohnedies die außergerichtliche Geltendmachung durch den Arbeitnehmer, durch den Betriebsrat oder durch die Gewerkschaft. Hier hat sich die Klägerin in ihrer im Vorprozess erhobenen Klage im Zusammenhang mit den Behauptungen zur Fälligstellung des Anspruchs mit 18. 2. 2003 auf ein entsprechendes Anspruchschreiben gestützt. Träfe diese - bislang aber nicht überprüfte - Behauptung zu, wäre die Verfallsfrist lange vor dem Übergang des Betriebs gewahrt worden, was auch die Beklagte gegen sich gelten lassen müsste.

IX. Im Übrigen ist zu unterscheiden, ob die noch offenen Ansprüche der Klägerin, die in der vorliegenden Klage nicht aufgeschlüsselt wurden, der Ausschlussfrist des § 1162d ABGB oder der allgemeinen Verjährungsfrist des § 1486 Z 5 ABGB unterliegen (vgl dazu Krejci in Rummel³ § 1162d Rz 4 f; RIS-Justiz RS0029680; RS0122371). Die zuletzt genannte Frist ist jedenfalls gewahrt, weil die vorliegende Klage gegen die Beklagte weniger als drei Jahre nach der Entlassung bei Gericht eingebracht wurde. Anderes gilt aber für jene Ansprüche, die der Ausschlussfrist des § 1162d ABGB unterliegen. Diese Frist wäre zwar durch die gegen die KG erhobene Klage gewahrt worden. Da diese Klage erst nach dem Übergang des Betriebs eingebracht wurde, braucht sich die Beklagte diese Klageführung nicht entgegenhalten lassen. Dies bedeutet, dass die Frist des § 1162d ABGB ihr gegenüber nicht gewahrt wurde und alle dieser Frist unterliegenden Ansprüche der Klägerin präkludiert sind.

X. Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren ihre (noch offenen) Ansprüche nicht aufgeschlüsselt, sodass nicht beurteilt werden kann, in welchem Umfang sie der Frist des § 1162d ABGB unterliegen. Sie wird daher im fortgesetzten Verfahren zu der notwendigen Klarstellung der Zusammensetzung ihrer Ansprüche aufzufordern sein. Soweit sie Ansprüche gegen die Beklagte geltend macht, die nicht dem § 1162d ABGB unterliegen, werden diese im fortgesetzten Verfahren zu überprüfen sein, wobei der Beklagten sämtliche Einwände gegen diese Forderung offen stehen.

XI. Im Ergebnis erweist sich somit die vom Berufungsgericht vorgenommene Aufhebung des Ersturteils als zutreffend. Den Rekursen war daher ein Erfolg zu versagen. Die von der Beklagten angestrebte offenbar spruchgemäße Feststellung einer dem Erstgericht im Rechtsmittelverfahren überbundenen Rechtsauffassung ist nicht vorgesehen und auch gar nicht erforderlich.

XII. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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