European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1957:0010OB00087.57.0515.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.
Begründung:
Das Erstgericht hat das Klagsbegehren des Inhaltes, 1) der Übergabsvertrag vom 17. 11. 1953, abgeschlossen zwischen M* W*, gewesener Besitzerin in *, als Übergeberin und A* E*, Besitzerin in *, als Übernehmerin der Liegenschaft „Haus *“ EZ. * Katastralgemeinde * sei gegenüber der Klägerin unwirksam, 2) die Beklagte sei schuldig, der Klägerin den Betrag von 11.600 S samt 4 % Zinsen seit 3. 12. 1954, die Prozesskosten zu 1 c Cg 200/54 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis von 827,08 S und die Exekutionskosten zu E 314/54 des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis von 289,23 S binnen 14 Tagen bei Exekution in die Liegenschaft EZ. * Katastralgemeinde * zu bezahlen, abgewiesen. Dieses Begehren stützte die Klägerin darauf, dass die Übergeberin der Liegenschaft, Frau M* W*, die eine Schwester ihres Manns J* R* sei, nach ihrer Erkrankung im Jahre 1948 die mehr als 2 Joch umfassende Landwirtschaft nicht mehr selbst betreuen und auch ihren Haushalt nicht mehr selbst habe führen können, was sie veranlasst habe, die Klägerin und deren Mann zu bitten, zu ihr zu übersiedeln und ihre Wirtschaft zu übernehmen, wofür ihnen die Liegenschaft nach ihrem Ableben hinterlassen werde. M* W* habe auch ein schriftliches Testament im Sinne ihrer Zusage errichtet und den Ehegatten R* übergeben. Nach der Übersiedlung im Mai 1948 habe die Klägerin über Ersuchen der M* W* sämtliche Haushalts‑ und Wirtschaftsarbeiten im Hause und in der Landwirtschaft bis April 1953 verrichtet. In der Folge habe M* W* das zugunsten der Klägerin und deren Gatten lautende Testament vernichtet und die ihr allein gehörige, im Klagebegehren bezeichnete Liegenschaft der Beklagten ins alleinige Eigentum gegen einen Übergabspreis von nur 12.000 S, ein Wohnungsrecht, Pflege- und Auswarterecht für Lebenszeit der M* W* übergeben, obwohl der Wert der Liegenschaft mit mindestens 60.000 S anzunehmen sei. Hinsichtlich des den Übergabspreis übersteigenden Teiles des Vermögenswertes liege eine Schenkung vor. Der Klägerin stehe für ihre Arbeiten ein monatlicher Barlohn von 200 S zu, was zusammen den Betrag von 11.600 S für die angegebene Zeit ergebe. Diesen Betrag habe sie beim Kreisgerichte Ried zu 1 c Cg 206/54 eingeklagt, worüber das rechtskräftige und vollstreckbare Versäumungsurteil vom 3. 12. 1954 gegen M* W* ergangen sei. Zur Hereinbringung dieses Betrages und der Prozesskosten habe die Klägerin Exekution gegen M* W* geführt, doch habe die Fahrnisexekution kein positives Ergebnis gezeitigt und die Pfändung und Überweisung des Ausgedingsanspruches lasse nur die Zahlung eines Betrages von 157,30 S monatlich durch den Drittschuldner erwarten. Da M* W* schon über 80 Jahre alt sei, könne nach menschlicher Voraussicht nicht mit der Abdeckung der Schuld der Klägerin gerechnet werden. Eine andere Exekutionsart komme nicht in Frage, weil M* W* seit der Übergabe der Liegenschaft kein anderes Vermögen mehr besitze. Die Beklagte sei eine nahe Angehörige der M* W* im Sinne des § 4 der Anfechtungsordnung und habe auch von den Arbeiten der Klägerin für M* W* gewusst. Anlässlich von Gesprächen, die nach dem April 1953 zwischen M* W* und der Beklagten geführt worden seien, hätte die Beklagte von der Absicht der M* W* erfahren, die Klägerin durch Abschluss des Übergabsvertrages zu benachteiligen. Die Klägerin fechte daher den Übergabsvertrag vom 27. 11. 1953 als unwirksam an, nehme aber auch die Haftung der Beklagten gemäß § 1409 ABGB. für die Bezahlung der Forderung von 11.600 S s.A. in Anspruch.
Das Zweitgericht hat infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil erster Instanz im Spruche über das Leistungsbegehren abgeändert und die beklagte Partei schuldig erkannt, der klagenden Partei den Betrag von 12.716,31 S samt 4 % Zinsen aus 11.600 S seit 3. 12. 1954 bei Exekution in die Liegenschaft EZ. * Katastralgemeinde * und die Prozesskosten erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen. Das Berufungsurteil beschäftigt sich zuerst mit der Zuständigkeitsfrage, bejaht die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichtes mit Rücksicht darauf, das mit dem arbeitsrechtlichen Anspruch nach § 1409 auch der Anfechtungsanspruch verbunden wurde, hinsichtlich dessen die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Prozessgerichtes ungeachtet des gleichzeitig geltend gemachten arbeitsrechtlichen Klagsgrundes – Entgeltforderung für geleistete Arbeiten gegen den Rechtsnachfolger der Arbeitgeberin – gegeben sei. In der Sache selbst müsse dem Erstgerichte beigepflichtet werden, dass das Begehren der Klägerin, die Unwirksamkeit des Übergabsvertrages zwischen M* W* und der Beklagten festzustellen, verfehlt sei, weil die rechtliche Wirksamkeit des Übergabsvertrages nur eine Vorfrage des auf die Bestimmungen der Anfechtungsordnung gestützten Leistungsbegehrens betreffe. Eine Haftung der Beklagten nach § 1409 ABGB. komme nur in Frage, wenn die Forderung der Klägerin gegen M* W* zu Recht bestehe. Das Erstgericht habe sich in dieser Richtung an das gegen M* W* ergangene rechtskräftige Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis 1 c Cg 200/54 vom 3. 12. 1954 nicht gebunden erachtet, sondern den Rechtsbestand der Forderung selbständig überprüft. Es sei dabei zum Schluss gekommen, dass die Arbeitsleistungen der Klägerin nur bescheiden gewesen und im Übrigen durch das abgegolten worden seien, was sie aus der Bewirtschaftung der Liegenschaft der M* W* an Reinertrag und an Zuwendungen der M* W* aus dem von der Beklagten bezogenen Austrag erhalten habe. Das Berufungsgericht sei jedoch der Ansicht, dass angesichts des erwähnten rechtskräftigen Versäumungsurteiles, möge es auch erst nach Übergabe der Liegenschaft ergangen sein, und ungeachtet des Umstandes, dass es keine Rechtskraft gegenüber der Beklagten genieße, eine nochmalige selbständige Überprüfung der Forderung der Klägerin nicht mehr stattzufinden habe. Auf dem Gebiete des Anfechtungsrechtes habe der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 12. 9. 1956, 2 Ob 411/56, den Grundsatz ausgesprochen, dass der Anfechtungskläger nicht genötigt sei, eine schon einmal gegen den Schuldner ersiegte Forderung im Anfechtungsprozess neuerlich geltend zu machen. Der Anfechtungsgegner könne, wenn der Schuldner im Prozess rechtskräftig unterlegen sei, die Forderung nicht mehr bestreiten. Es stünden ihm zwar alle Einwendungen zu, die auch der Schuldner gegen den Exekutionstitel habe und er könne auch unter dem Gesichtspunkt der exceptio doli im Anfechtungsprozesse gegen den Gläubiger die Einwendung der zwischen Schuldner und Gläubiger zum Zwecke seiner Schädigung unternommenen Kollusion erheben. Darüber hinaus könne er aber keine Einwendung erheben, die dem Schuldner durch das rechtskräftige Urteil abgeschnitten sei. – Gleiche Grundsätze müssten nun schon wegen der großen Ähnlichkeit des Rechtsgrundes der Anfechtung mit dem des § 1409 ABGB. auch für letzteren gelten. Das Anfechtungsbegehren, der Beklagte habe die Exekution in das vom Schuldner übernommene Vermögen zu dulden und das Begehren nach § 1409 ABGB., der Beklagte habe bei sonstiger Exekution in das vom Schuldner übernommene Vermögen die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner zu bezahlen, stünden einander inhaltlich gleich. Bei der Haftung nach § 1409 ABGB. handle es sich um einen vom Gesetz bestimmten kumulativen Schuldbeitritt. Bestehe die Schuld gegen den Hauptschuldner, dann bestehe sie auch gegen den beigetretenen Schuldner zu Recht. Die urteilsmäßige Feststellung des Zurechtbestehens gegen den Hauptschuldner wirke sich daher auch gegen den beigetretenen Schuldner ungeachtet des Umstandes, dass das Urteil gegen diesen keine Rechtskraft genieße, doch in dem Sinne aus, dass er den Bestand der Schuld ebenfalls nicht mehr bestreiten und gegen den Exekutionstitel nur jene Einwendungen erheben könne, die dem Hauptschuldner zustehen. Der Schuldbeitritt ändert nichts daran, dass es sich weiterhin um eine Schuld des ursprünglichen Hauptschuldners handle und eine Novation dadurch nicht eintrete. Das Erstgericht sei daher zu Unrecht in eine Überprüfung der Forderung der Klägerin eingegangen. Den Einwand einer zum Zwecke ihrer Schädigung zwischen M* W* und der Klägerin unternommenen Kollusion habe die Beklagte nicht erhoben, auch keine Einwendungen, die der M* W* gegen das rechtskräftige Versäumungsurteil zustehen könnten. Wenn das Erstgericht annehme, dass die Leistungen der Klägerin durch das, was sie erhalten habe, abgegolten seien, so habe es damit die gegenständliche Forderung überprüft. Es nehme dabei auch eine Kompensation zwischen der Forderung der Klägerin und einer solchen der M* W* vor, die ebenfalls unzulässig sei. Denn zunächst habe die Beklagte Gegenforderungen der M* W* gar nicht eingewendet. In ihrer Klagebeantwortung behaupte sie nur, dass die Klägerin und ihr Gatte den ganzen Reinertrag der Wirtschaft der M* W* erhalten hätten, behaupte aber nicht, dass durch diese Zuwendungen aus dem Vermögen der M* W* die Ansprüche der Klägerin getilgt seien. Es fehle also an einer entsprechenden Kompensationseinrede. Eine Aufrechnung sei aber im vorliegenden Falle ähnlich wie im Falle einer Klage nach § 35 EO. deshalb ausgeschlossen, weil die Nichterhebung der Aufrechnungseinrede seitens der M* W* im Falle 1 c Cg 200/54 als Verzicht auf die Aufrechnung zu werten sei. Dass es sich bei der von der Beklagten übernommenen Liegenschaft um ein Vermögen im Sinne des § 1409 ABGB. handle, könne nicht zweifelhaft sein. Ebenso bedürfe es keiner näheren Begründung, dass der Anspruch, der Klägerin auf Entgelt für die Bewirtschaftung der Liegenschaft und die Pflege der Klägerin eben mit Rücksicht auf den Charakter der Liegenschaft als Landwirtschaft als eine zum Vermögen gehörende Schuld anzusehen sei. Zu den Schulden, für die das übernommene Vermögen nach § 1409 zu haften habe, gehöre nach § 912 ABGB. auch der Anhang (Nebengebühren), wozu die für die Geltendmachung der Schuld aufgewendeten Prozess- und Exekutionskosten zu zählen seien. Da die Beklagte als Ziehtochter zu den nahen Angehörigen der Übergeberin im Sinne des § 32 KO. gehöre, obliege ihr nach § 187 der III. Teilnovelle der Beweis, dass ihr bei Übernahme der Liegenschaft die fragliche Schuld der M* W* weder bekannt gewesen sei noch bekannt sein habe müssen, welchen Beweis das Erstgericht als gelungen ansehe. Bei der Feststellung, dass der Beklagten die Schuld der M* W* nicht bekannt gewesen sei, handle es sich um eine Tatsachenfeststellung. Möge auch die Beklagte gewusst haben, dass die Klägerin und ihr Gatte die Landwirtschaft betrieben und M* W* pflegten, so folge daraus entgegen der Meinung der Berufung noch nicht mit zwingender Notwendigkeit, dass sie auch die daraus entspringende Schuld der M* W* gekannt habe. Das Berufungsgericht übernehme daher die Feststellung des Erstgerichtes. Soweit aber das Erstgericht feststelle, dass die Beklagte die Schuld der M* W* auch nicht habe kennen müssen, handle es sich um rechtliche Beurteilung, wogegen die Berufung diese Annahme aus dem Grunde der unrichtigen Beweiswürdigung bekämpfe. Sie bezeichne damit nur den Anfechtungsgrund falsch, was keinen Nachteil bedeute. Die Beklagte bestreite selbst nicht, gewusst zu haben, dass die Klägerin und deren Mann die Liegenschaft der M* W* bewirtschaftet, Frau W* gepflegt und betreut haben. Die Leistung der Arbeit, für die Klägerin das Entgelt fordere, habe sie also gekannt. Die vom Erstgerichte festgestellte Äußerung, die Klägerin und ihr Gatte „hätten schon ihr Sacherl“, sei zu allgemein und zu farblos, um jeden Zweifel der Beklagten, der bei der gegebenen Sachlage habe bestehen müssen, beheben zu können. Aber auch die vom Erstgerichte festgestellte Tatsache, dass die Klägerin und ihr Gatte wegen der Leistung der Arbeiten über den ganzen Ertrag der Liegenschaft der M* W* verfügten, sei nicht entscheidend, weil weder eine Vereinbarung zwischen M* W* und der Klägerin bzw. ihrem Gatten behauptet worden sei, dass die Ansprüche durch die Erträgnisse abgegolten sein sollten, noch die Beklagte habe Umstände behaupten können, aus denen sie das hätte annehmen müssen. Ebensowenig sei behauptet worden, dass die Klägerin ihre Arbeiten aus verwandtschaftlicher Zuneigung unentgeltlich geleistet habe. Die Äußerungen der M* W* gegenüber der Beklagten und die Tatsache, dass die Klägerin den Ertrag der Liegenschaft gemeinsam für sich und ihren Mann und M* W* verwaltet habe, hätten bei der Beklagten noch nicht die Überzeugung hervorrufen können, dass alle Ansprüche der Klägerin abgegolten seien. Sie habe noch damit rechnen müssen, dass Ansprüche der Klägerin offen seien. Bei gehöriger, allgemein üblicher Sorgfalt hätte die Beklagte mit Rücksicht auf die bestehenden Zweifel Erkundigungen über das Bestehen von Forderungen der Klägerin einziehen müssen. Dabei hätte sie unschwer erfahren können, dass die Klägerin für die geleisteten Arbeiten noch Ansprüche stelle und auch in den vom Gatten der Klägerin gegen M* W* zu 1 c Cg 35/54 geltend gemachten Ansprüchen und in dem zwischen diesen geschlossenen Vergleich kein Entgelt für die von der Klägerin selbst geleisteten Arbeiten enthalten sei. Das Nichtkennen der Schuld sei also auf eine Fahrlässigkeit, auf ein Verschulden der Beklagten zurückzuführen, das durch Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt entstanden sei. Der Beklagten sei der sie treffende Beweis des Nichtkennenmüssens nicht gelungen. Die auf § 1409 ABGB. gestützte Forderung der Klägerin bestehe daher zu Recht. Eine Verjährung der Forderung könne schon mit Rücksicht auf das gegen M* W* bestehende rechtskräftige Versäumungsurteil nicht angenommen werden.
Das Urteil des Berufungsgerichtes ficht die beklagte Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung insoweit an, als es sie in Stattgebung der Berufung der klagenden Partei schuldig erkannte, der Klägerin den Betrag von 12.716,31 S samt 4 % Zinsen aus 11.600 S seit 3. 12. 1954 bei Exekution in die Liegenschaft EZ. * Katastralgemeinde * und die Kosten beider Instanzen zu bezahlen. Sie beantragt, das Berufungsurteil dahin abzuändern, dass das Urteil erster Instanz wiederhergestellt werde, in eventu das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Wesentlichen begründet. Irrig ist allerdings die Meinung der Revisionswerberin, das Berufungsgericht habe das auch auf § 12 AnfO gestützte Leistungsbegehren abgewiesen. Richtig ist vielmehr, dass eine solche Abweisung nicht nur nicht erfolgt ist, sondern nach der in dieser Hinsicht zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes sich das vorliegende Begehren der Klage auch aus dem behaupteten Anfechtungstatbestand der Klägerin schlüssig ergebe. Trotz dieser positiven Stellungsnahme unterließ es das Berufungsgericht allerdings, das Leistungsbegehren auch unter dem Gesichtspunkte des geltend gemachten Rechtsgrundes der Anfechtung zu prüfen, ohne für das Unterbleiben einer solchen Prüfung ausdrücklich Gründe anzuführen. Die ganzen Erörterungen und Überlegungen des Berufungsurteiles betreffen ausschließlich die Untersuchung des Klagebegehrens auf Grund des behaupteten Rechtsgrundes der Haftung der Beklagten für die Forderung der Klägerin wegen des von der Beklagten übernommenen Vermögens der Urschuldnerin, bestehend aus einer kleinen Landwirtschaft. In dieser Beziehung nimmt das angefochtene Urteil den Standpunkt ein, es sei bei Prüfung der Klagsforderung davon auszugehen, dass die Klägerin gegen M* W* zu 1 c Cg 200/54 am 3. 12. 1954 ein Versäumungsurteil erwirkt habe und dieses, möge es auch erst nach Übergabe der Liegenschaft durch M* W* an die Beklagte ergangen sein und Rechtskraft gegen diese nicht besitzen, dennoch insoferne gegen die Beklagte wirke, als eine nochmalige selbständige prozessuale Überprüfung der Forderung der Klägerin nicht mehr zuzulassen sei. Diese Rechtsansicht ist, wie die Revision richtig bemerkt, in der Tat nicht haltbar. Wenn sich das Berufungsgericht zur Stützung seiner Rechtsauffassung auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 12. 9. 1956, 2 Ob 411/56, beruft, so übersieht es, dass sich die oberstgerichtliche Entscheidung auf einen Prozess bezieht, in dem ein Anspruch nach der Anfechtungsordnung geltend gemacht wurde, für dessen Bestand aber andere Voraussetzungen gelten, als für einen Anspruch nach § 1409 ABGB. Der dem Vermögens- oder Geschäftsübernehmer durch § 1409 aufgezwungene Schuldbeitritt bewirkt keine Veränderung der Verbindlichkeit; nach dem Gedankengange des § 1407 ABGB. stehen dem Übernehmer wie dem bisherigen Schuldner alle Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis zu, also zum Beispiel grundsätzlich auch die Einwendung, dass eine Schuld nie bestanden hat, dass sie verjährt oder aus irgendwelchen anderen Gründen erloschen ist. Der Übernehmer ist nicht Nachfolger des Urschuldners, sondern neben dem Urschuldner Schuldner geworden, der dem Gläubiger gegenüber unmittelbar verpflichtet ist. Der Übernehmer muss allerdings rechtsgestaltende Verfügungen des Übergebers wie Verzicht, Anerkennung, Vergleich und Ähnliches gegen sich gelten lassen, allein er kann der Klage gegenüber alle Einwendungen aus dem Grundgeschäfte erheben, die der Übernehmer zu erheben unterlassen hat oder die er etwa infolge prozessualen Säumnisses nicht geltend machen konnte. Im vom Gesetz angeordneten Schuldbeitritt ist nicht eine Anerkennung der Schuld zu erblicken, die unter Umständen in der freiwilligen Übernahme liegen kann. Der Zeitpunkt der Vermögensübernahme ist insoweit von Bedeutung, als eine Klagsanbringung gegen den Übergeber nach erfolgter Vermögens- oder Unternehmensübernahme keine Unterbrechung der Verjährung gegen den Übernehmer bewirkt; denn Soldidarschuldner sind voneinander unabhängig (mit Ausnahme der Zahlung der Schuld) und Rechtshandlungen, die von oder gegen einen Solidarschuldner gesetzt werden, berühren mit Ausnahme der Zahlung der Schuld den anderen Solidarschuldner nicht (§ 894 ABGB.) [4. 7. 1931, 3 Ob 558/31 = Rsp 322/1931]. Beim Vorhandensein mehrerer Mitschuldner einer Forderung wird also, falls zunächst nur einer von ihnen geklagt wird, dem anderen nicht irgendeine Einwendung gegen die später wider ihn eingeklagte gleiche Forderung genommen, die auch dem ersten Schuldner zugestanden wäre, von diesem aber nicht geltend gemacht wurde. § 1409 ABGB besagt keineswegs, dass der Übernehmer unbedingt alle jene Schulden bezahlen muss, zu deren Bezahlung der Übergeber verurteilt wird. Die Haftung ist nicht eine Folge des gegen den Übergeber ergangenen Urteils, sondern eine Folge der Vermögensübernahme an sich, die Tatsache der Verurteilung berührt nicht die materiell‑rechtliche Grundlage der Haftung des Übernehmers und die für ihn gegenüber der daraus erfließenden Verbindlichkeit sich ergebenden Einwendungen. Sind somit mehrere Mitschuldner einer Forderung vorhanden und wird zunächst nur einer von ihnen geklagt und zur Zahlung verurteilt, so wird den anderen die Erhebung irgendeiner Einwendung gegen die später wider sie eingeklagte gleiche Forderung nicht abgeschnitten. Das Versäumungsurteil gegen die Übergeberin vom 3. 12. 1954 berührt daher das Rechtsverhältnis zwischen den Streitteilen nicht, es kommt ihm für die vom Erstgericht als entscheidend erachtete Frage der Stichhältigkeit der Einwendung der Beklagten, es bestehe überhaupt keine Forderung der Klägerin gegen sie, irgendeine Bedeutung nicht zu (15. 10. 1930, 3 Ob 874/30, SZ XIV 264). Nach den vorliegenden Feststellungen der Untergerichte ist die Veräußerung und Übergabe des Vermögens der M* W* an die Beklagte bereits am 27. 11. 1953 erfolgt, wogegen die unter der GZ. 1 c Cg 200/54 des Kreisgerichtes Ried erhobene Klage der Klägerin gegen M* W* auf Zahlung eines Barlohnes von 11.600 S samt Anhang erst am 13. 11. 1954 erhoben wurde und das Versäumungsurteil am 3. 12. 1954 erging. Die Klägerin hatte also schon damals die Möglichkeit, die Klage gegen den Urschuldner und den durch die Übernahme des Vermögens gesetzlich als beigetreten zu behandelnden Mitschuldner gleichzeitig zu richten. Da sie dies nicht getan hat, kann sie aus dem Versäumungsurteil gegen M* W* nichts gegen die Beklagte ableiten. Die gegenteilige Ansicht des angefochtenen Urteils verkennt die für den Schuldbeitritt geltenden Regeln, wenn sie unter Hinweis auf die schon erwähnte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom Jahre 1956, die von ganz anderen Voraussetzungen ausgeht, der Beklagten Einwendungen gegen den materiell‑rechtlichen Bestand der Klagsforderung verwehren, genauer gesagt, nicht zulassen will. Mit Recht verweist die Revisionswerberin darauf, dass bei § 1409 der entscheidende Gedanke nicht wie bei der Anfechtung der Gläubigerschutz gegen nachteilige Rechtshandlungen des Schuldners, sondern ein vom Willen des Übernehmers unabhängiger, vom Gesetz an den neuen Tatbestand geknüpfter Schuldbeitritt des Übernehmers ist. Der Schuldbeitritt nach § 1409 ABGB. bedeutet daher nicht, dass die mit Versäumungsurteil zugesprochene Forderung der Klägerin gegen M* W* auch gegen die Beklagte als Übernehmerin wirkt. Das Erstgericht hat sich daher völlig zu Recht bei Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1409 ABGB. auf eine Untersuchung des Rechtsbestandes der klägerischen Forderung eingelassen.
Da sich das Zweitgericht mit der Frage der Berechtigung des Klagebegehrens unter dem Gesichtspunkt der Anfechtung der Liegenschaftsübertragung an die Beklagte zum Nachteil der Klägerin überhaupt nicht befasst hat und hinsichtlich des zweiten Rechtsgrundes, wie gezeigt, von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist, die daran geknüpften Folgerungen daher gleichfalls nicht zutreffen, erscheint das angefochtene Urteil mit solchen Feststellungsmängeln behaftet, die es dem Revisionsgerichte unmöglich machen, in der Sache selbst zu entscheiden. Wenn der geltend gemachte Revisionsgrund der Z 4 des § 503 ZPO. sich aber als berechtigt erweist, dem gestellten Antrag auf Abänderung des Berufungsurteiles jedoch nicht stattgegeben werden kann, weil der bei der rechtlichen Beurteilung der Sache nach Inhalt der Prozessakten maßgebende Sachverhalt in Ansehung des Gegners des Revisionswerbers und ohne dessen Verschulden im Berufungsurteil nicht festgestellt erscheint (Z. 2 des § 503), ist das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und die Sache behufs Behebung des Mangels an die Unterinstanz zurückzuverweisen (8. 6. 1915, Slg 7470, JB 230 u.a.). Eine Rückverweisung der Sache an die erste Instanz wird erst dann aktuell, wenn das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes über den Nichtbestand der behaupteten Forderung bzw. Schuld nicht übernehmen sollte. Dabei wird es, wie das Erstgericht, alle Leistungen der M* W* an die Klägerin zu berücksichtigen haben.
Der Ausspruch in der Kostenfrage gründet sich auf § 52 ZPO.
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