OGH 6Ob178/09h

OGH6Ob178/09h18.9.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Grohmann und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Dr. Christian R*****, vertreten durch Dr. Michael Prager Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin Anton U***** GmbH, *****, vertreten durch Partnerschaft Schuppich Sporn & Winischhofer Rechtsanwälte in Wien, wegen Bucheinsicht, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 16. Juni 2009, GZ 6 R 65/09k-13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung steht dem GmbH-Gesellschafter ein nicht näher zu begründender umfassender Informationsanspruch gegen die Gesellschaft zu (6 Ob 11/08y mwN; RIS-Justiz RS0060098). Anerkannt ist auch, dass die Inanspruchnahme des Individualrechts des Gesellschafters auf Information dann rechtsmissbräuchlich ist, wenn damit gesellschaftsfremde, die Gesellschaft schädigende Interessen verfolgt werden (RIS-Justiz RS0107752), und dass der Informationsanspruch vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beherrscht ist (RIS-Justiz RS0105318). Als rechtsmissbräuchlich wurde die Inanspruchnahme des Individualrechts des Gesellschafters insbesondere beurteilt, wenn der Gesellschafter die Erlangung von (wettbewerbsrelevanten) Geschäftsinformationen anstrebt, die er für ein (sein) Konkurrenzunternehmen benötigt oder verwenden will (6 Ob 215/97d = SZ 70/157; 6 Ob 323/98b ua).

Voraussetzung dafür, dass das Firmenbuchgericht den Bucheinsichtsantrag des Gesellschafters ablehnen kann, ist vorerst ein konkretes Vorbringen der an sich auskunftspflichtigen Gesellschaft, das einen verlässlichen Schluss darauf zulässt, dass es diesem Gesellschafter aus im Einzelnen genannten Gründen um die rechtsmissbräuchliche Ausübung seines Individualrechts geht (6 Ob 11/08y; 6 Ob 245/99v).

Beweispflichtig dafür, dass der Rechtsausübende kein anderes Interesse hat als zu schädigen oder dass doch der Schädigungszweck und unlautere Motive so augenscheinlich im Vordergrund stehen, dass andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten, ist der den Rechtsmissbrauch Behauptende (6 Ob 11/08y mwN; 6 Ob 72/05i). Selbst wenn nur relativ geringe Zweifel am Rechtsmissbrauch verbleiben, geben diese aufgrund der dargestellten Beweislast zugunsten des Rechtsausübenden den Ausschlag, weil demjenigen, der an sich ein Recht hat, grundsätzlich zugestanden werden soll, dass er innerhalb der Schranken dieses Rechts handelt (6 Ob 11/08y mwN).

Von dieser Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist das Rekursgericht im Anlassfall nicht abgewichen. Die Bewertung eines Begehrens als rechtsmissbräuchlich stellt im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG bzw des § 502 Abs 1 ZPO dar (6 Ob 11/08y mwN; 6 Ob 72/05i). Die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach nicht auf eine konkrete Missbrauchsabsicht des Antragstellers geschlossen werden könne, stellt keine im Interesse der Rechtssicherheit im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

Dass das Informationsrecht des GmbH-Gesellschafters schon bei nur zu befürchtender Konkurrenzierung zu verweigern oder einzuschränken wäre, hat der Oberste Gerichtshof in den von der Rechtsmittelwerberin zitierten Entscheidungen (6 Ob 17/90 SZ 63/150 = GesRZ 1990, 222; 6 Ob 323/98b wbl 1999, 569; 6 Ob 215/97t SZ 70/157; 6 Ob 210/99x RdW 2000, 155; 6 Ob 69/03w ecolex 2004, 381; 6 Ob 73/05m SZ 2005/77 = wbl 2005, 533 [Informationsanspruch von Genossenschaftern]) nicht ausgesprochen.

Die Auffassung des Rekursgerichts, dem Antragsteller sei das Recht auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen im Hinblick auf seinen Anspruch auf Zahlung eines am Unternehmenswert der Antragsgegnerin orientierten Abtretungspreises zur Feststellung der wertbildenden Faktoren zuzubilligen, auch wenn er dadurch (auch) wettbewerbsrelevante Informationen erlange, die er für eine künftige Konkurrenztätigkeit verwenden könnte, kommt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Das Rekursgericht geht nämlich ersichtlich auch davon aus, dass die Behauptungen der Antragsgegnerin keinen verlässlichen Schluss auf die Absicht des Antragstellers, wettbewerbsrelevante Informationen in einem (künftigen) Konkurrenzunternehmen zu verwenden, erlauben. Auch insofern liegt eine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht vor.

Weshalb der Antragsteller rechtswidrig handelte, wenn er seinen Geschäftsanteil noch nicht rückübertragen hat, ist angesichts des noch nicht feststehenden Abtretungspreises, für den die vom Antragsteller als Geschäftsführer erzielte Steigerung des Unternehmenswerts maßgeblich ist, nicht ersichtlich. Die im Zusammenhang damit von der Rechtsmittelwerberin für erheblich angesehenen Rechtsfragen stellen sich nicht.

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