OGH 4Ob93/09v

OGH4Ob93/09v8.9.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael N*****, vertreten durch Sluka Hammerer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Salzburger Gebietskrankenkasse, Salzburg, Engelbert-Weiß-Weg 10, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. B*****, vertreten durch Mag. Nikolaus Bauer, Rechtsanwalt in Wien, 3. S*****, vertreten durch Dr. Friedrich Oedl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Vertragsaufhebung, Unterlassung, Feststellung (Streitwert 23.000 EUR) und 1.000 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 7. Februar 2009, GZ 4 R 225/08y-27, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 25. September 2008, GZ 14 Cg 120/07w-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 2.411,34 EUR (darin 401,89 EUR USt), der zweitbeklagten Partei die mit 1.397,88 EUR (darin 232,98 EUR USt) und der drittbeklagten Partei die mit 1.400 EUR (darin 233,34 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist ein in die Psychotherapeutenliste eingetragener selbständiger Psychotherapeut, der seinen Beruf in freier Praxis ausübt. Er steht mit keiner der drei Beklagten in Vertragsbeziehung.

Die Erstbeklagte ist Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesland Salzburg. Zweit- und Drittbeklagter sind private Vereine, die sich zur ARGE-Psychotherapie als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (in der Folge: ARGE) mit dem Zweck der Umsetzung der „Leistungsvereinbarung Psychotherapie" (im Folgenden: LVP) zusammengeschlossen haben. Gemäß der LVP schließt die ARGE Verträge mit niedergelassenen Psychotherapeuten zur Erbringung psychotherapeutischer Leistungen an bei der Erstbeklagten versicherte Personen ab und rechnen die erbrachten Leistungen mit der Erstbeklagten als Sachleistungen ab.

Gegenstand des Verfahrens ist die Gültigkeit der zwischen der Erstbeklagten einerseits und der ARGE andererseits abgeschlossenen LVP (in der Fassung der ersten Zusatzvereinbarung vom 18. 12. 2006). Ein Gesamtvertrag iSd §§ 341 ff ASVG zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und dem österreichischen Bundesverband für Psychotherapie (im Folgenden: ÖBVP) als berufliche Interessensvertretung der Psychotherapeuten besteht nicht.

Zum Vertragspartnerrecht der §§ 338 ff ASVG

Nach dem österreichischen System der Krankenversicherung sind die Krankenversicherungsträger zur Sachleistungsvorsorge verpflichtet. Die Sicherstellung des Leistungsanspruchs erfolgt im Rahmen der Sachleistungsvorsorge entweder durch eigene Einrichtungen der Versicherungsträger oder im Wege von Vertragspartnern. Als eigene Einrichtungen der Versicherungsträger sind in diesem Zusammenhang Einrichtungen zu verstehen, bei denen der Versicherungsträger entweder Rechtsträger der Einrichtung ist, die er betreibt, oder an deren Rechtsträger der Versicherungsträger beteiligt ist. Welche Rechtspersonen als Vertragspartner zur Erbringung der Leistungen in Betracht kommen, ergibt sich aus dem im sechsten Teil des ASVG (§§ 338 ff) enthaltenen Vertragspartnerrecht, das die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung und des Hauptverbands zu den Ärzten, Dentisten, Hebammen, Apothekern, Krankenanstalten und anderen Vertragspartnern regelt. Durch diese Verträge ist die ausreichende Versorgung der Versicherten mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen.

§ 338 Abs 1 ASVG sieht vor, dass die Beziehungen zwischen den Trägern der Sozialversicherung zu den freiberuflich tätigen Psychotherapeuten durch privatrechtliche Verträge nach Maßgabe der Bestimmungen des sechsten Teils des ASVG geregelt werden. Durch diese Verträge ist die ausreichende Versorgung der Versicherten mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen (§ 338 Abs 2 ASVG). Für die vertraglichen Beziehungen der Träger der Krankenversicherung ist § 349 Abs 2 bis 4 ASVG maßgeblich. Danach werden die Beziehungen mit den Psychotherapeuten durch einen Gesamtvertrag mit beruflichen Interessenvertretungen der Psychotherapeuten, deren Leistungsfähigkeit bezüglich der psychosozialen Versorgung unter Bedachtnahme auf ein Gutachten des Psychotherapiebeirats vom Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz mit Bescheid festgestellt worden ist, geregelt, wobei die §§ 341, 342, 343 Abs 1 bis 3 ASVG mit der Maßgabe sinngemäß Anwendung finden, dass an die Stelle der Ärztekammer die freiwillige berufliche Interessenvertretung der Psychotherapeuten tritt. Damit werden für die Erbringung von Psychotherapie die zentralen Bestimmungen des kassenärztlichen Vertragspartnerrechts übernommen.

Stehen keine Gesamtverträge in Geltung, können für die Träger der Krankenversicherung vom Hauptverband nach § 349 Abs 2 dritter Satz ASVG Einzelverträge mit freiberuflich tätigen Psychotherapeuten nach einheitlichen Grundsätzen abgeschlossen werden. Solche Einzelverträge, die als „Schablonenverträge" (Mazal, Psychotherapie und Kassenvertragsrecht, RdM 2001, 35) oder „parallele Einzelverträge" (Kletter, Psychotherapie - Abwege oder Umwege zur Erfüllung des Versorgungsauftrages?, SozSi 2008, 238; Rebhahn, ZAS 2004, 80) bezeichnet werden, bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den sie abgeschlossen werden. Die Erbringung von psychotherapeutischen Behandlungsleistungen kann darüber hinaus im Rahmen einer eigenen Einrichtung des Versicherungsträgers oder in einer Einrichtung, deren Träger ein Dritter ist, mit dem der Versicherungsträger eine Vertragsbeziehung zur Erbringung der Leistung eingegangen ist („Vertragseinrichtung"), erfolgen.

Die in die 59. ASVG-Novelle (BGBl I Nr 1/2002, in Kraft seit 1. 10. 2002) aufgenommene Übergangsbestimmung des § 597 Abs 5 ASVG ordnet an, dass der Hauptverband und der ÖBVP zur Vorbereitung des Abschlusses eines Gesamtvertrags iSd § 349 Abs 2 ein Psychotherapiekonzept zu erstellen haben, das eine umfassende volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse zu enthalten hat (Satz 1); die Gültigkeit bereits bestehender Verträge über die Erbringung psychotherapeutischer Leistungen wird dadurch nicht berührt (Satz 2). Diese Novelle trat zum 1. 10. 2002 in Kraft.

Zur Vorgeschichte der LVP

Nach Inkrafttreten des Psychotherapiegesetzes und der 50. ASVG-Novelle begannen 1992 Verhandlungen zwischen dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und dem als Verhandlungspartner für einen Gesamtvertrag festgestellten ÖBVP mit dem Ziel, einen Gesamtvertrag iSd §§ 341 ff ASVG abzuschließen. Anfang 2000 lag der Entwurf eines solchen Gesamtvertrags vor. Er sah als wesentlichen Eckpunkt vor, dass ein Vertragsabschluss nur mit Psychotherapeuten möglich sein soll, die Erfahrung in der Krankenbehandlung haben (Erfahrungsnachweis). Dieses Modell wurde von den Psychotherapeuten in erster Linie deshalb kritisiert, weil daran nicht alle eingetragenen Psychotherapeuten, sondern nur solche mit ausreichender Krankenhauserfahrung teilnehmen konnten. Zwar wurde der Entwurf vom ÖBVP mehrheitlich beschlossen, gleichzeitig aber eine Resolution mit dem Ziel verabschiedet, verschiedene Bestimmungen des Gesamtvertrags (vorrangig den Erfahrungsnachweis in der Krankenbehandlung) zu Fall zu bringen. In der Abstimmung der Verbandskonferenz des Hauptverbands am 25. 4. 2000 kam die erforderliche Mehrheit für die Annahme des Gesamtvertrags nicht zustande.

Die Verbandskonferenz ermächtigte daraufhin die Krankenversicherungsträger mit Beschluss vom selben Tag, in ihrem Zuständigkeitsbereich selbst Sachleistungsverträge auf Basis des Gesamtvertragsentwurfs mit örtlichen Leistungsanbietern abzuschließen. Vorgabe des Hauptverbands für diese Sachleistungsverträge war es dabei, Erfahrungsnachweise zu verlangen; auch sollte die Vereinbarung insgesamt für die Sozialversicherungsträger nicht ungünstiger sein als die Regelungen im Gesamtvertragsentwurf. In den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Steiermark wurden sehr rasch derartige Landesvereinbarungen zwischen den Gebietskrankenkassen und regionalen Versorgungsvereinen abgeschlossen (zu den verschiedenen Modellen der Länder siehe SozSi 2008 Heft 5; vgl insbesondere Kletter/Fleißner/Kiener/Quehenberger, Das „Salzburger Psychotherapiemodell", SozSi 2008, 266). Der ÖBVP bekämpfte nach deren Inkrafttreten die Landesregelungen in Wien, Niederösterreich und der Steiermark erfolglos vor Gericht (dazu näher unten Punkt 1.2.).

Aus der mit der 59. ASVG-Novelle eingeführten Bestimmung des § 597 Abs 5 ASVG leitete die Erstbeklagte ab, dass der Gesetzgeber diese Landesvereinbarungen dulde, und nahm mit dem Vorstand des Salzburger Landesverbands für Psychotherapie (im Folgenden: SLP), eines Zweigvereins des ÖBVP, Verhandlungen auf, die jedoch keine vertragliche Lösung brachten. In der Folge zeigte der Zweitbeklagte Interesse an einem Vertragsabschluss mit der Erstbeklagten, sodass die Vertragsverhandlungen mit Vertretern des Zweitbeklagten fortgesetzt wurden. Die zwischen Erst- und Zweitbeklagtem vereinbarte Gründung einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Zweck der Erbringung von Psychotherapie als Sachleistung sowie der Kostenerstattung und des Kostenzuschusses für psychotherapeutische Leistungen wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen vom 10. 9. 2003 untersagt. In der Zwischenzeit hatten frühere Vorstandsmitglieder des SLP den drittbeklagten Verein gegründet, der ebenfalls Vertragspartner der LVP wurde. Gemäß LVP schließt die ARGE Verträge mit niedergelassenen Psychotherapeuten ab und rechnet die Sachleistungen mit der Erstbeklagten ab. Das Antrags- und Bewilligungsverfahren, die Festlegung für die Voraussetzung der Sachleistungserbringung sowie die Kostenzuschüsse verblieben bei der Erstbeklagten. Die LVP trat am 1. 7. 2004 in Kraft.

Zum Inhalt der LVP

Noch vor Inkrafttreten der LVP bestand eine Sondervereinbarung der Erstbeklagten mit dem sozialmedizinischen Dienst des Landes Salzburg für jene Patienten, die die Voraussetzungen für die Sozialhilfe erfüllten. Bei solchen Patienten erfolgte die Abrechnung für psychotherapeutische Leistungen zwischen der Erstbeklagten und den Sozialämtern, die ihrerseits Vereinbarungen mit niedergelassenen Psychotherapeuten abgeschlossen hatten. Diese Regelung (SMD-Regelung) wurde im Rahmen der LVP von der Erstbeklagten übernommen, die nunmehr für jene Patienten, die früher vom sozialmedizinischen Dienst betreut wurden, jährlich einen fixen Betrag vom Land Salzburg erhält und ihrerseits die Prüfung übernimmt, ob die Voraussetzungen nach dem Sozialhilferecht sowie der Versicherungsfall der Krankheit vorliegen. Diese Patienten können psychotherapeutische Behandlung als Sachleistung in Anspruch nehmen, die Erstbeklagte rechnet diese Leistungen ab.

Im Rahmen der LVP kam über eine dringende Anregung der Ärzte als zweite Schiene des Sachleistungsmodells jene der schwerkranken Patienten hinzu. An solche Patienten werden monatlich durchschnittlich 80 Kontingente zugeteilt. Nur für diese Sachleistungsschiene wird der Nachweis besonderer Behandlungserfahrungen des Psychotherapeuten gefordert (§ 3 LVP). Diese umfassen eine klinische Erfahrung in der Behandlung psychisch schwerkranker Patienten vor allem in psychiatrischen Abteilungen von Krankenanstalten und/oder sonstigen Einrichtungen des Gesundheitswesens an der Schnittstelle zu stationären psychiatrischen Einrichtungen und psychotherapeutische Erfahrungen in der Krankenbehandlung in der niedergelassenen Praxis und/oder in einer Institution, deren Tätigkeitsschwerpunkt Psychotherapie als Krankenbehandlung ist.

Parallel zur LVP wurde die Satzung der Erstbeklagten dahin ergänzt, dass in Anhang 6 als Kostenzuschuss für die Behandlung durch einen Psychotherapeuten, der nicht Arzt ist, der bereits bestehende Tarif von 21,80 EUR für eine Einzel- oder Paarsitzung in der Dauer von zumindest 50 Minuten um einen weiteren Tarif von 31,80 EUR ergänzt wurde, der zur Anwendung kommt, falls die Behandlung durch einen Psychotherapeuten mit besonderem Erfahrungsnachweis gemäß Abs 7 durchgeführt wird. Dieser Erfahrungsnachweis ist in der Folge in Abs 7 in einer gegenüber der LVP gekürzten Form beschrieben. Seit 1. 7. 2004 wird die psychotherapeutische Behandlung im Bundesland Salzburg gemäß der LVP vollzogen. Die Einschränkung bei der Sachleistungsvorsorge auf schwer Kranke und sozial Schwache war deshalb notwendig, da es nicht möglich gewesen wäre, mit den zur Verfügung gestellten Mitteln von knapp über 3.200.000 EUR ein komplettes Sachleistungsangebot zu finanzieren. Die Erstbeklagte entschied sich dafür, einen Schwerpunkt durch Auswahl bei den Patienten sowie durch den Erfahrungsnachweis zu setzen.

Der Kläger ist niedergelassener Psychotherapeut mit zwei Praxen in verschiedenen Orten. Er erfüllt den Erfahrungsnachweis laut LVP in einem Punkt (dem klinischen Teil) nicht. Seit Inkrafttreten der LVP hat der Kläger weniger bei der Erstbeklagten versicherte Patienten. Der Kläger könnte an dem Sachleistungsmodell für wirtschaftlich schwache Patienten laut LVP jederzeit teilnehmen, beteiligt sich daran jedoch nicht. Er kann auch schwer erkrankte Patienten behandeln, die für solche Behandlungen einen Kostenzuschuss der Erstbeklagten von 21,80 EUR pro Stunde erhalten. Von 550 im Bundesland Salzburg in die Liste der Psychotherapeuten eingetragenen Personen erfüllen rund 130 Psychotherapeuten den Erfahrungsnachweis laut LVP. Bei Wegfall der LVP gäbe es keine Sachleistung mehr, sondern nur mehr Zuschüsse. Zur Prüfung der Rechtmäßigkeit des erhöhten Zuschusses von 31,80 EUR ist beim Verfassungsgerichtshof ein Verordnungsprüfungsverfahren anhängig.

Der Kläger begehrte a) die gänzliche Aufhebung der LVP, hilfsweise deren Aufhebung in bestimmten Punkten, wegen Nichtigkeit, hilfsweise die Feststellung ihrer Nichtigkeit, b) die Unterlassung ihrer weiteren Durchführung, c) die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche aus der Umsetzung und Durchführung der LVP entstehenden Schäden und Nachteile und d) die Zahlung von 1.000 EUR sA wegen Verdienstentgangs. Die LVP verstoße gegen §§ 539, 539a ASVG und gegen den Typenzwang im Sozialversicherungsrecht, sie sei sittenwidrig, weil sie das Gleichbehandlungsgebot verletze, sie verstoße gegen Kartellrecht (Ausnützung der monopolähnlichen Stellung der Erstbeklagten; Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gemäß § 5 Abs 1 KartellG) und Lauterkeitsrecht (Verstoß gegen §§ 1 und 7 UWG). Die LVP sei weder ein Gesamtvertrag, noch ein Schablonenvertrag mit einzelnen Psychotherapeuten, auch handle es sich um keine eigene Vertragseinrichtung, weshalb ein Verstoß gegen den Typenzwang iSd §§ 349 Abs 2, 341 bis 343 ASVG vorliege. Die bereitgestellte Sachleistung werde gesetzwidrig rationiert, weil sie auf dringliche Fälle beschränkt sei, nach sozialer Situation unterscheide, nur für schwere und akute Fälle vorgesehen und einer Wartezeit unterworfen sei. Dadurch sowie durch die vorgesehene Deckelung werde die große Mehrheit der Versicherten vom Recht auf Sachleistungen ausgeschlossen. Die LVP sei als Gesetzesumgehung zu beurteilen: Sie maße sich in hohem Ausmaß Normwirkung zu Lasten Dritter an, indem sie de facto mittels privatrechtlichen Vertrags eine Gesamtregelung für alle Versicherten und Leistungsanbieter im Bereich Psychotherapie für das Bundesland Salzburg etabliere. Sie enthalte ein diskriminierendes Auswahlverfahren und verletze damit ebenso wie die Unterscheidung zwischen erhöhtem Kostenzuschuss (31,80 EUR) und normalem Kostenzuschuss (21,80 EUR) das Gleichbehandlungsgebot. Die Erstbeklagte missbrauche ihre marktbeherrschende Stellung, indem sie Psychotherapeuten in unsachlicher Weise bei gleicher Leistung unterschiedlich behandle und eine große Gruppe von ihnen vom Sachleistungszugang ausschließe. Die LVP greife in Rechte des Klägers ein, weil die Erstbeklagte infolge ihrer wirtschaftlichen Übermacht und marktbeherrschenden Stellung in Zusammenarbeit mit den übrigen Beklagten ein Regelwerk mit Normativwirkung eingerichtet habe, das dem freiberuflich als Psychotherapeut tätigen Kläger aufgezwungen worden sei. Der Kläger werde dadurch in seinem Recht auf ungehinderte und nicht diskriminierte Berufsausübung beeinträchtigt und in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet. Weiters werde er durch die Herabstufung auf eine Qualifikation als Psychotherapeut ohne Erfahrungsnachweis in kreditschädigender Weise (§ 7 UWG) verunglimpft. Der Kläger habe in einem näher dargestellten Fall einen Verdienstentgang von zumindest 1.000 EUR (20 Behandlungen à 80 EUR) erlitten.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung. Der Kläger sei nicht aktivlegitimiert, weil er einerseits kein Vertragspartner der LVP sei und aus dieser Vereinbarung keine Rechte oder Pflichten ableiten könne; andererseits stünden Leistungsansprüche nach dem ASVG nur den Versicherten zu und seien von diesen in einem besonderen Leistungsstreitverfahren geltend zu machen. Im Bereich der Psychotherapie bestehe kein Typenzwang, sodass die Sozialversicherungsträger berechtigt seien, Verträge nach Art der LVP abzuschließen. Durch die LVP werde der bisher bundesweit geltende einheitliche Kostenzuschuss von 21,80 EUR unter bestimmten Voraussetzungen ausgeweitet; eine zusätzliche Qualifikationsvoraussetzung aufgrund privatrechtlicher Verträge nach sachlichen Kriterien sei nach der Rechtsprechung zulässig. Die LVP hindere den Kläger nicht daran, Psychotherapie freiberuflich auch als Krankenbehandlung auszuüben, sie beteilige ihn nur nicht an der Sachleistungserbringung für bestimmte Patienten. Die Unterscheidung zwischen Psychotherapeuten mit und ohne spezifischem Erfahrungsnachweis gewährleiste das Funktionieren des Sachleistungsmodells in qualitativer und ökonomischer Hinsicht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Mit dem Ausdruck „bestehende Verträge" in § 597 Abs 5 Satz 2 ASVG habe der Gesetzgeber jene Landesvereinbarungen gemeint, die aufgrund des Auftrags des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 25. 4. 2000 mangels Zustandekommens eines Gesamtvertrags und mangels Abschlusses einheitlicher Einzelverträge in einigen Bundesländern Österreichs von den zuständigen Gebietskrankenkassen mit regionalen Versorgungsvereinen abgeschlossen worden seien. Berücksichtige man den erkennbaren Zweck der genannten Übergangsbestimmung, sei auch die nach dem 1. 1. 2002 abgeschlossene LVP als zulässig und mit den Bestimmungen des ASVG vereinbar anzusehen. Eine kartellrechtlich bedingte Ungültigkeit des Rechtsgeschäfts nach § 879 Abs 1 ABGB komme nicht in Betracht, weil Sozialversicherungsträger wie die Erstbeklagte keine Unternehmer und demnach auch nicht Adressaten kartellrechtlicher Normen seien. Die Erstbeklagte verfolge allein soziale Zwecke, weshalb ihr Handeln auch nicht den Vorschriften des Lauterkeitsrechts unterliege. Der Vorwurf sittenwidrigen Handelns scheitere daran, dass die §§ 349 Abs 2, 597 Abs 5 ASVG eine unterschiedliche Auslegung zuließen, wobei die von den Beklagten vertretene Auffassung durch das Gesetz soweit gedeckt sei, dass sie mit gutem Grund vertreten werden dürfe. Die Auswahlkriterien der LVP beruhten auf objektiven und nachprüfbaren Erwägungen, die transparent und sachlich gerechtfertigt seien. Eine Ungleichbehandlung von wirtschaftlich schwachen Patienten, für die auch im Falle einer schweren Erkrankung Sachleistung durch Psychotherapeuten ohne Erfahrungsnachweis erbracht werden könne, benachteilige den Kläger nicht. Dass die LVP das Sachleistungsangebot der psychotherapeutischen Krankenbehandlung zu Lasten der Versicherten und deren Angehörigen beschränke und die Ansprüche der Versicherten beschneide und dass es infolge des geregelten Stundenkontingents und die unterschiedlich hohen Kostenzuschüsse zu einer Ungleichbehandlung der anspruchsberechtigten Versicherungsnehmer komme, betreffe Fragen des Leistungsrechts der Versicherten, die in dem dafür vorgesehenen Leistungsstreitverfahren (§ 65 ASGG) vom zuständigen Sozialgericht zu klären seien.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage der Rechtmäßigkeit von Vereinsverträgen und von privatrechtlichen Verträgen zwischen den Gebietskrankenkassen in den Ländern und regionalen Versorgungsvereinen zulässig sei. Die §§ 338, 349 Abs 2 ASVG bestimmten für die Beziehungen der Krankenversicherungsträger zu anderen Vertragspartnern im Bereich der Psychotherapeuten keinen Typenzwang, sodass der Hauptverband und die Krankenversicherungsträger nicht auf den Abschluss von Gesamt- oder sogenannten Schablonenverträge beschränkt seien. Vom Tatbestandsmerkmal „bestehende Verträge" in § 597 Abs 5 Satz 2 ASVG seien unter anderem jene Landesvereinbarungen erfasst, die aufgrund des Auftrags des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 25. 4. 2000 bis zum Inkrafttreten der 59. ASVG-Novelle mangels Zustandekommens eines Gesamtvertrags und mangels Abschlusses von einheitlichen Einzelverträgen in einigen Bundesländern Österreichs von den jeweiligen Gebietskrankenkassen mit regionalen Versorgungsvereinen abgeschlossen worden seien („Vereinsverträge"). Der Gesetzgeber habe damit klargestellt, dass er die bis zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossenen Verträge zwischen den Krankenversicherungsträgern in den Ländern und den regionalen Versorgungsvereinen für zulässig erkläre, und damit - wenn auch konkludent - eine Klarstellung der bereits bestehenden Rechtslage vorgenommen. Der Gesetzgeber bringe zum Ausdruck, dass er um die abgeschlossenen Vereinsverträge wisse und diese für zulässig erachte; durch die Aufforderung zum Abschluss eines Gesamtvertrags werde die Gültigkeit dieser Vereinsverträge nicht berührt. Es schade daher auch nicht, dass die LVP erst nach Inkrafttreten des § 597 Abs 2 Satz 2 ASVG vereinbart worden sei. Solche Vereinsverträge seien aber auch aus einem Größenschluss zu § 359 Abs 2 ASVG zulässig. Nach dieser Bestimmung könnten vom Hauptverband für die Träger der Krankenversicherung Einzelverträge mit freiberuflich tätigen klinischen Psychologen und mit freiberuflich tätigen Psychotherapeuten nach einheitlichen Grundsätzen abgeschlossen werden, die der Zustimmung des betroffenen Trägers der Krankenversicherung bedürften. Könne aber der Hauptverband mit Zustimmung der Krankenversicherungsträger Verträge mit einzelnen Psychotherapeuten abschließen, so müsste gleiches auch für Leistungsvereinbarungen der Krankenversicherungsträger mit regionalen Versorgungsvereinen gelten, die über Anordnung des Hauptverbands zustandegekommen seien. Die LVP verstoße auch nicht gegen § 539 ASVG. Nach dieser Bestimmung seien Vereinbarungen, wonach die Anwendung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zum Nachteil der Versicherten oder ihrer Angehöriger im Voraus ausgeschlossen oder beschränkt wird, ohne rechtliche Wirkung. Diese Bestimmung diene ihrem Wortlaut nach dem Schutz der Leistungsrechte der Versicherten, nicht dem Berufsschutz der Vertragspartner der Sozialversicherung. Es handle sich um eine Schutznorm allein zugunsten bestimmter Vertragspartner mit einer relativen Nichtigkeitsanordnung, auf die sich (nur) die jeweils betroffenen Versicherten berufen könnten. Der Kläger sei demnach nicht vom Schutzkreis dieser Bestimmung erfasst und könne daher etwaige Leistungskürzungen zum Nachteil der Versicherten oder Ungleichbehandlungen innerhalb des versicherten Personenkreises nicht ins Treffen führen. Die vom Kläger beanstandete Einteilung eingetragener Psychotherapeuten in solche mit und ohne Erfahrungsnachweis begründe keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, der durch unmittelbare Drittwirkung die Sittenwidrigkeit der Leistungsvereinbarung zur Folge habe. Unterschiede im Tatsächlichen dürften zu unterschiedlichen Regelungen führen, sofern sie sachlich begründet seien. Die von der LVP geforderten zusätzlichen Qualifikationen für den Erfahrungsnachweis, die den Zugang zum Sachleistungssystem ermöglichten und einen höheren Kostenzuschuss bewirkten, seien rein beruflicher Natur und könnten von jedem Psychotherapeuten erfüllt werden. Sie sollten einen höheren Standard bei Leistungserbringung gewährleisten und beruhten auf objektiv nachprüfbaren und transparenten Erwägungen, wenn sie auf eine klinische Erfahrung in der Behandlung psychisch schwerkranker Patienten in psychiatrischen Abteilungen von Krankenanstalten und psychotherapeutische Erfahrung in der Krankenbehandlung in niedergelassenen Praxen abstellten. Die Unterscheidung sei durch das verfolgte Ziel der Behandlung und Versorgung besonders schwer erkrankter Versicherter mit Sachleistungen sachlich gerechtfertigt. Die LVP sei demnach auch unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes unbedenklich. Die unterschiedliche Behandlung bei der Gewährung von Kostenzuschuss werde durch die Satzung der Erstbeklagten angeordnet; die LVP knüpfe nur an diese Unterscheidung an. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Satzung bleibe dem Verfassungsgerichtshof im anhängigen Verfahren vorbehalten. Die LVP halte auch einer kartellrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Überprüfung Stand: Sozialversicherungsträger entfalteten eine Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht, wenn sie zur Sicherstellung des gesetzlich vorgegebenen Sachleistungssystems mit den Leistungserbringern privatrechtliche Verträge abschlössen; sie verfolgen insoweit einen rein sozialen Zweck und übten keine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Die LVP diene der Sicherstellung der Sachleistung im Bereich der Psychotherapie; den Beteiligten fehle es an der für einen Kartellverstoß vorausgesetzten Unternehmereigenschaft. Die Beklagten umgingen mit der LVP auch nicht das gesetzlich vorgesehene Sachleistungssystem, sondern hätten sich nur eines nicht im ASVG ausdrücklich erwähnten Modells bedient, um in ihrem Versorgungsgebiet die Versorgung des versicherten Personenkreises mit psychotherapeutischer Behandlung sicherzustellen. Der Vorwurf eines Lauterkeitsverstoßes sei am Tatbestand des § 1 UWG idF der UWG-Novelle 2007 zu prüfen. Unlauteres Handeln im Sinne dieser Bestimmung setze weiterhin voraus, dass der Betroffene im geschäftlichen Verkehr gehandelt habe. Der Tätigkeit, die ein Sozialversicherungsträger beim Abschluss privatrechtlicher Verträge mit Leistungserbringern entfalte, fehle die Gewinnerzielungsabsicht, sie diene rein sozialen Zwecken und sei keine wirtschaftliche Tätigkeit. Trete demnach die Erstbeklagte nicht im geschäftlichen Verkehr auf, fehle es bei Abschluss der LVP bereits an der Teilnahme am geschäftlichen Verkehr. Darüber hinaus sei auch nach Inkrafttreten der UWG-Novelle 2007 ein Verstoß gegen eine nicht dem Lauterkeitsrecht im engeren Sinn zuzuordnende generelle Norm nur dann als unlautere Geschäftspraktik oder als sonstige unlautere Handlung im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 UWG zu beurteilen, wenn die Norm nicht auch mit guten Gründen in einer Weise ausgelegt werden könne, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegenstehe. Die Auffassung der Beklagten, die LVP sei ein rechtmäßiges Mittel zur Sachleistungsgewährung im Bereich der Psychotherapie, sei nicht nur vertretbar, sondern auch zutreffend, sodass auch mangels Rechtsbruchs kein Wettbewerbsverstoß vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zum Begehren auf Aufhebung der LVP wegen Nichtigkeit und auf Feststellung ihrer Nichtigkeit

1.1. Der Kläger macht auch in dritter Instanz geltend, die LVP verstoße gegen den im Vertragspartnerrecht des ASVG herrschenden Typenzwang (§ 338 Abs 1 iVm § 349 Abs 2 ASVG), weil sie weder ein Gesamtvertrag noch ein Einzelvertrag nach einheitlichen Grundsätzen (Schablonenvertrag) sei. Dieser Auffassung stehe auch die Übergangsbestimmung des § 597 Abs 5 zweiter Satz ASVG nicht entgegen, weil es sich dabei um eine vollständig wirkungslose Norm ohne Auswirkungen auf Leistungsverträge handle. Der vom Berufungsgericht aus § 349 ASVG gezogene Größenschluss habe den Wortlaut der Norm gegen sich und scheitere auch daran, dass sich deren Rechtsfolgen gänzlich von jenen der LVP unterschieden. Der Kläger sei befugt, sich auf die allgemeine Nichtigkeitsanordnung in § 539 ASVG zu berufen; die Bestimmung diene dem Allgemeininteresse, ein Verstoß dagegen bewirke absolute Nichtigkeit. Jeder durch das nichtige Geschäft in seinen rechtlichen Interessen Betroffene könne die Nichtigkeit eines Vertrags geltend machen; dies gelte insbesondere auch für jeden aus einem Umgehungsgeschäft beeinträchtigten Dritten. Ein solches liege hier vor, regle doch die LVP in Form eines privatwirtschaftlichen Vertrags - gemessen an ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt - den gesamten notwendigen Inhalt eines Gesamtvertrags, ohne ein solcher zu sein (vgl § 539a ASVG). Der Kläger macht weiters geltend, die LVP stelle mit dem Erfordernis des Erfahrungsnachweises sowie der Einschränkung von Sachleistungen auf schwere Fälle und soziale Bedürftigkeit willkürliche Kriterien auf und behandle Patienten und Therapeuten ungleich; dies verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und bewirke Gesetzwidrigkeit.

1.2.1. Soweit der Kläger mit seinem Begehren die gänzliche oder teilweise Aufhebung der LVP anstrebt, liegt eine Rechtsgestaltungsklage vor. Mit einer solchen begehrt der jeweilige Kläger vom Gericht die Begründung, Änderung oder Aufhebung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses. Das der Rechtsgestaltungsklage stattgebende Urteil ändert das zwischen den Streitparteien bestehende Rechtsverhältnis; es äußert eine unmittelbar in die Rechtsbeziehungen der Parteien eingreifende Wirkung (RIS-Justiz RS0037467). Mit der Rechtsgestaltungsklage wird ein privatrechtlicher Anspruch auf Rechtsgestaltung geltend gemacht (Fasching in Fasching/Konecny² III § 226 ZPO Rz 27 mwN). Ein solcher ist als Folge der Privatautonomie naturgemäß untrennbar mit der Stellung als Vertragspartei verbunden, weshalb eine Klage auf Vertragsaufhebung nur von einer Vertragspartei erhoben werden kann.

1.2.2. Auch der Kläger geht unstrittig davon aus, dass es sich bei der LVP um einen privatrechtlichen Vertrag handelt, an dem er selbst nicht als Vertragspartei beteiligt ist. Als außenstehender Dritter ist er aber - wie zuvor ausgeführt - nicht legitimiert, die gerichtliche Aufhebung der Vereinbarung zu begehren. Das Haupt- und das erste Eventualbegehren zu Punkt a) des Klagebegehrens sind daher schon aus diesem Grund verfehlt.

1.3.1. Mit dem zweiten Eventualbegehren zu Punkt a) des Klagebegehrens strebt der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit der LVP an.

1.3.2. Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines zwischen dem Beklagten und einem Dritten (oder hier: zwischen den Beklagten) abgeschlossenen Vertrags ist keine Rechtsgestaltungs-, sondern eine Feststellungsklage. Sie kann auch von einem am Rechtsgeschäft nicht beteiligten Dritten geltend gemacht werden, bedarf aber des Nachweises eines rechtlichen Interesses an der Nichtigerklärung (Feststellungsinteresse gemäß § 228 ZPO; vgl RIS-Justiz RS0025029, RS0014654; Rechberger/Klicka in Rechberger³ § 228 ZPO Rz 6). Ein solches liegt dann vor, wenn die Rechtsverhältnisse des Klägers durch ein Verhalten des Beklagten unmittelbar berührt werden, also ein eigenes rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung deswegen besteht, weil ein Rechtsverhältnis, an dem er nicht beteiligt ist, unmittelbar in seinen Rechtsbereich hineinreicht, diesen stört und beeinträchtigt (vgl RIS-Justiz RS0038958, RS0038819). Ein bloß wirtschaftliches Interesse allein genügt nicht (Fasching aaO § 228 Rz 81 mN aus der Rsp). Bei der Feststellung von Drittrechtsverhältnissen ist das rechtliche Interesse genau zu prüfen, weil das Feststellungsurteil einem am Verfahren nicht beteiligten Dritten gegenüber keine Rechtskraftwirkung äußert (Rechberger/Klicka aaO unter Hinweis auf Fasching aaO § 228 Rz 61).

1.3.3. Der Kläger behauptet zu seinem rechtlichen Interesse, die LVP habe ein Regelwerk mit „Normativwirkung" erzeugt, das ihm als freiberuflichem Psychotherapeuten aufgezwungen worden sei, ihn in seinem Recht auf ungehinderte und nicht diskriminierte Berufsausübung beeinträchtige und in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährde.

1.3.4. Die vom Kläger der LVP unterstellte rechtliche Drittwirkung kann aus dem Gesetz allerdings nicht abgeleitet werden. Die Regelung der Vertragstypen im sechsten Teil des ASVG ist dadurch gekennzeichnet, dass - abweichend vom allgemeinen Zivilrecht - (nur) den dort genannten Vertragstypen (zB Gesamt- und Schablonenvertrag) normative Wirkung für Dritte verliehen wird (vgl § 349 Abs 4 ASVG). Eine vergleichbare gesetzliche Anordnung für andere Vertragstypen fehlt. Hat der erstbeklagte Krankenversicherungsträger mit Dritten, die nicht Abschlusspartner für im ASVG geregelte Vertragstypen sein können, die LVP als einen rein schuldrechtlichen Vertrag abgeschlossen, kann diese Vereinbarung mangels gesetzlicher Anordnung keine Normwirkung für Dritte besitzen. Die LVP berührt damit auch die Rechtsposition des Klägers nicht unmittelbar, zumal sie auch kein allgemeines und auch für den Kläger verbindliches Regelwerk für die Ausübung der Tätigkeit eines freiberuflichen Psychotherapeuten aufstellt, sondern sich darauf beschränkt, Voraussetzungen für die Erbringung von mit der Erstbeklagten abzurechnenden Sachleistungen auf dem Gebiet der Psychotherapie festzulegen.

1.3.5. Will sich der Kläger nicht an dem durch die LVP geschaffenen Sachleistungsmodell für wirtschaftlich schwache Patienten beteiligen, indem er es unterlässt, die persönlichen Voraussetzungen für seine Zulassung zu diesem Abrechnungsmodell zu erbringen, lässt diese autonome Entscheidung des Klägers seine Rechtssphäre ebenso unberührt wie seine Möglichkeit, auch weiterhin schwer erkrankte Patienten, die bei der Erstbeklagten versichert sind, außerhalb der LVP zu behandeln, und die Möglichkeit dieser Patienten, sodann für die vom Kläger erbrachten Leistungen einen Kostenzuschuss der Erstbeklagten nach deren Satzung anzusprechen. Mögliche wirtschaftliche Auswirkungen des Bestehens der LVP auf den Geschäftserfolg des Klägers sind als rein wirtschaftliches Interesse zu beurteilen, das ein rechtliches Interesse als notwendige Voraussetzung eines Feststellungsurteils nicht ersetzen kann.

2. Zum Begehren auf Unterlassung der Durchführung der LVP

2.1. Ist der Kläger nicht an der privatrechtlichen Vereinbarung LVP beteiligt, und fehlt ihm als Drittem das rechtliche Interesse, die Feststellung der Nichtigkeit dieses Vertrags zu begehren, ist er mangels Anspruchsgrundlage auch nicht berechtigt, nach allgemeinem Zivilrecht einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Durchführung der LVP geltend zu machen. Soweit er einen Unterlassungsanspruch aus behaupteten Verstößen des Vertrags gegen kartell- und lauterkeitsrechtliche Bestimmungen abzuleiten versucht (§ 14 Abs 1 UWG iVm § 1 UWG) und dazu vorbringt, die Erstbeklagte handle in Durchführung der LVP als Unternehmerin, und der außerhalb des ASVG liegende privatwirtschaftliche Vertrag diene - anders als ein Gesamtvertrag nach ASVG - nicht der Sicherstellung des gesetzlichen Sachleistungssystems, ist auch diese Argumentation nicht zielführend.

2.2. Der Oberste Gerichtshof hat als Kartellobergericht im Lichte des Urteils des EuGH vom 16. 3. 2004, Rs C-264/01 , C-306/01 , C-354/01 und C-355/01 - AOK Bundesverband/Ichthyol, mit ausführlicher Begründung ausgesprochen, dass Sozialversicherungsträger, wenn sie zur Sicherstellung des gesetzlich vorgegebenen Sachleistungssystems mit den Leistungserbringern privatrechtliche Verträge abschließen, eine Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht entfalten, mit der sie zur Verwaltung des gesetzlichen Krankenversicherungssystems nach dem ASVG betraut ist und die auf dem Grundsatz der Solidarität beruht, der durch die Gestaltung der Finanzierung (risikounabhängige Beitragsbemessung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit) und die im Wesentlichen gesetzliche Bestimmung des Leistungsumfangs verwirklicht wird. Sie kommen damit einer gesetzlichen Pflicht nach, die vollständig zur Tätigkeit der Krankenkassen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gehört. Insoweit verfolgen sie nach den Kriterien des EuGH einen rein sozialen Zweck und üben keine wirtschaftliche Tätigkeit aus (16 Ok 5/04 = ecolex 2004, 724 [Hauck] = wbl 2004, 495). Dieser Auffassung hat sich der Senat auch unter lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten angeschlossen (4 Ob 238/06p).

2.3. Mit Durchführung der LVP verfolgt die Erstbeklagte das Ziel, die ihr übertragenen gesetzlichen Pflichten im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bestmöglich zu erfüllen. Dazu gehören auch Vorkehrungen, die auf dem Gebiet der Psychotherapie - bei fehlendem Gesamtvertrag - ein für besonders bedürftige Versicherungsnehmer verfügbares Angebot an Sachleistungen sicherstellen sollen. Die Erstbeklagte ist damit bei Vollzug der LVP nicht unternehmerisch tätig; dies schlägt gleichermaßen auf die übrigen Beklagten durch, soweit es um deren Beteiligung an der Durchführung der LVP geht. Die Vorinstanzen haben daher das Verhalten der Beklagten zutreffend nicht unter kartell- und lauterkeitsrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt.

3. Zum Zahlungs- und Feststellungsbegehren aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes

3.1. Wird der Klageanspruch auf mehrere selbständige rechtserzeugende Tatsachen gestützt und beziehen sich die Rechtsausführungen einer Berufung nur auf einzelne dieser Tatsachen, nicht aber auch auf die anderen, so ist der Umfang der durch eine gesetzmäßige Rechtsrüge veranlassten Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die noch geltend gemachten Umstände zu beschränken (vgl RIS-Justiz RS0043573 [T40, T43]; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 503 Rz 56). Die allseitige Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Berufungsurteils durch den Obersten Gerichtshof beschränkt sich auf jene Umstände, die Gegenstand des Berufungsverfahrens waren (RIS-Justiz RS0043573 [T41]).

3.2. Der Kläger hat in der Berufung die Abweisung der aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes erhobenen Begehren nicht mit gesonderten Ausführungen bekämpft. Es ist ihm deshalb nach der zuvor dargestellten Rechtsprechung verwehrt, die inhaltliche Berechtigung des Schadenersatzbegehrens in dritter Instanz überprüfen zu lassen.

3.3.1. Davon abgesehen fehlt schon in erster Instanz schlüssiges Vorbringen zu den aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes erhobenen Begehren (vgl Verhandlungsprotokoll vom 4. 6. 2008, ON 20, S 13), berücksichtigt man, dass - wie zuvor unter Punkt 2. ausgeführt - Lauterkeits- und Kartellrecht keine taugliche Anspruchsgrundlage dafür bieten. Dass die Beklagten mit Abschluss der LVP rechtswidrig gehandelt hätten und deshalb dem Kläger schadenersatzpflichtig geworden wären, lässt sich aber auch nicht mit einer Verletzung von Schutzgesetzen begründen. Für eine Haftung ist diesfalls nämlich der Rechtswidrigkeitszusammenhang in Form des Schutzzwecks der nach den Behauptungen verletzten Norm maßgeblich. Zu prüfen ist dabei, welchen Personenkreis das Schutzgesetz vor welchen Schäden und Tatbegehungsformen bewahren soll und ob der einzelne oder nur die Allgemeinheit geschützt wird (Karner in KBB² § 1311 Rz 5 mwN). Der Schutzzweck einer Norm ergibt sich aus ihrem Inhalt. Das Gericht hat das anzuwendende Schutzgesetz teleologisch zu interpretieren, um herauszufinden, ob die jeweilige Vorschrift, die übertreten wurde, den in einem konkreten Fall eingetretenen Schaden verhüten wollte (RIS-Justiz RS0008775). Die Übertretung einer Schutznorm macht nur insofern für den durch die Übertretung verursachten Schaden haftbar, als durch die Schutznorm gerade dieser Schaden verhindert werden sollte (RIS-Justiz RS0027553).

3.3.2. Das ASVG regelt die allgemeine Sozialversicherung im Inland beschäftigter Personen einschließlich der den Dienstnehmern nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes gleichgestellten selbständig Erwerbstätigen und die Krankenversicherung der Pensionisten aus der Allgemeinen Sozialversicherung (§ 1 ASVG) und verfolgt damit erkennbar den Zweck, die Versorgung der Leistungsberechtigten mit den vorgesehenen Sozialleistungen sicherzustellen; die Vorschriften über die Zulässigkeit bestimmter Vertragsformen im Sozialversicherungsrecht tragen zur Erreichung dieses Ziels bei. Dass diese Bestimmungen darüber hinaus auch potentielle Leistungserbringer vor Vermögensschäden bewahren sollen, die sie infolge Verletzung eines angeblich bestehenden Typenzwangs im ASVG erleiden könnten, ist hingegen nicht zu erkennen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Nur die Revisionsbeantwortung der Erstbeklagten übersteigt die vergleichbare Durchschnittsleistung erheblich, wofür ein Zuschlag von 50 % zum Tarif (§ 21 Abs 1 RATG) angemessen erscheint.

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