OGH 2Ob23/09k

OGH2Ob23/09k3.9.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ursula S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Ö***** GmbH, *****, und

2. U***** AG, *****, beide vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Friedrich Harrer und Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 4.974,31 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 13. November 2008, GZ 22 R 309/08g-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 28. Juli 2008, GZ 25 C 31/07s-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 492,56 EUR (darin 82,09 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Das Berufungsgericht erachtete die ordentliche Revision für zulässig, weil es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu der Frage fehle, inwieweit der Grundsatz, dass sich der Vorrang auf die gesamte Fahrbahnbreite beziehe, im mehrspurigen Kreisverkehr nur eingeschränkte Gültigkeit habe.

Die von der Klägerin erhobene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig; weder in dessen Begründung noch in der Revision der Klägerin wird eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.

1. Die Klägerin stützt ihren Schadenersatzanspruch auf die Verletzung der Schutznorm des § 19 Abs 4 iVm Abs 7 StVO. Ihr oblag daher nach ständiger Rechtsprechung der Beweis, dass der Lenker des Beklagtenfahrzeugs diese Schutznorm objektiv übertreten hat. Sie hatte demnach den von der Schutznorm erfassten Tatbestand, also das Bestehen einer Vorrangsituation zu beweisen (vgl RIS-Justiz RS0112234).

Gemäß § 19 Abs 7 StVO darf der Wartepflichtige durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Vorrangberechtigten weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen. Ein Vorrangfall ist daher nur anzunehmen, wenn sich für den Vorrangberechtigten die Notwendigkeit eines unvermittelten Bremsens oder eines Auslenkens unmittelbar aus dem Einbiegen des Wartepflichtigen ergibt (2 Ob 52/07x; RIS-Justiz RS0075077). Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Lenker des Klagsfahrzeugs den linken (innen liegenden) Fahrstreifen des Kreisverkehrs befuhr und durch das in den rechten (äußeren) Fahrstreifen einbiegende Beklagtenfahrzeug weder zu einer Geschwindigkeitsverminderung noch zu einer Veränderung seiner Fahrlinie genötigt wurde. Unter diesen Umständen hat die Klägerin das Vorliegen einer Vorrangsituation nicht unter Beweis gestellt. Der vom Berufungsgericht als erheblich erachteten Rechtsfrage kommt - auch im Lichte der Entscheidung 2 Ob 98/01b (dort lag eine Vorrangsituation nach § 19 Abs 6 StVO vor) - keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.

2. § 2 Abs 1 Z 3c StVO definiert den Kreisverkehr als eine kreisförmige oder annähernd kreisförmig verlaufende Fahrbahn, die für den Verkehr in eine Richtung bestimmt ist. Weist diese Fahrbahn - wie im vorliegenden Fall - zwei Fahrstreifen auf, hat ein Lenker, der den Kreisverkehr verlassen möchte, sein Fahrzeug gemäß § 12 Abs 2 StVO auf den rechten Fahrstreifen zu lenken (Pürstl, StVO12 § 12 Anm 2). Ist dazu ein Fahrstreifenwechsel erforderlich, gelten die Regeln des § 11 Abs 1 und 2 StVO.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts wurde das schnellere Klagsfahrzeug unmittelbar vor dem Beklagtenfahrzeug vom linken in den rechten Fahrstreifen gelenkt, sodass für den Lenker des Beklagtenfahrzeugs die Kollision trotz sofortiger Reaktion nicht vermeidbar war. Der Lenker des Klagsfahrzeugs hatte das Beklagtenfahrzeug - einen Autobus - vor der Kollision „überhaupt nicht gesehen". Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass den Lenker des Klagsfahrzeugs bei dieser Sachlage infolge Verstoßes gegen § 11 Abs 1 StVO das Verschulden am Zustandekommen des Unfalls trifft, ist unbedenklich und wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf.

3. Beim Ausgleich der gegenseitigen Ersatzpflicht der Beteiligten im Sinne des § 11 EKHG kommt es entgegen der Ansicht der Klägerin auf die Erbringung des Entlastungsbeweises nach § 9 Abs 2 EKHG nicht an, wenn einen Beteiligten ein eindeutiges Verschulden trifft. In diesen Fällen ist nur danach zu fragen, ob nach den Umständen Anlass besteht, auch den anderen Unfallbeteiligten zum Schadensausgleich heranzuziehen (2 Ob 180/04s; RIS-Justiz RS0058304). Dies wurde von den Vorinstanzen verneint. Auch darin ist im Hinblick auf das die Kollision auslösende Fehlverhalten des Lenkers des Klagsfahrzeugs keine Fehlbeurteilung zu erblicken, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf.

4. Da Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen waren, ist die Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die beklagten Parteien haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.

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