OGH 9Ob10/09z

OGH9Ob10/09z1.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Rudolf Lessiak, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Wien, gegen die beklagte Partei R***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in Linz, wegen 79.982,19 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. April 2008, GZ 1 R 9/08g-22, sowie über den als außerordentliche Revision bezeichneten Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. April 2008, GZ 1 R 9/08g-22, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 25. November 2007, GZ 8 C 707/06p-17, teilweise aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

2.) Der als außerordentliche Revision bezeichnete Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.) Zur außerordentlichen Revision der Klägerin:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen 2003 und 2004. Die Vorinstanzen erachteten die begehrten Nachzahlungsbeträge aus den Betriebskostenabrechnungen für 2003 als verjährt.

Mit ihren Ausführungen, die Vorinstanzen hätten erkennen müssen, dass der tatsächliche Zeitpunkt der Rechnungslegung nämlich der 31. 12. 2005, jedenfalls aber ein Zeitpunkt nach dem 19. 7. 2004 als Stichtag für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 1486 Z 4 ABGB anzusehen sei, macht die Rechtsmittelwerberin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung geltend. Betriebskosten unterliegen der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 4 ABGB (Mader/Janisch in Schwimann ABGB3 § 1486 Rz 13; MietSlg 20.223). Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem die Rechnungslegung objektiv möglich ist (RIS-Justiz RS0021887 [T2, T5, T8]; RS0034154 [T3]; RS0021821 [T9]; vgl auch 4 Ob 48/02s ua). Der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist hängt somit von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl 7 Ob 620/95).

In dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Bestandvertrag war vereinbart, dass die Abrechnung (gemeint: der Betriebskosten) einmal jährlich zum 31. 12. erfolgt. Ungeachtet der, von der Rechtsmittelwerberin vertretenen Auffassung, dass dieser Zeitpunkt den Stichtag, sohin den Endtermin der Abrechnungsperiode, nicht aber den vereinbarten Zeitpunkt für die Rechnungslegung festlege, übergeht sie, dass sie selbst in erster Instanz vorgebracht hat, dass sie ein großes Unternehmen sei, die Abrechnung eine gewisse Zeit in Anspruch nehme und diese daher (für die hier relevante Abrechnungsperiode 2003) erst in der ersten Hälfte des Jahres 2004 zugesandt werde (AS 69). Das Berufungsgericht ist bei der Beurteilung der gegenständlichen Forderung als verjährt auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens in jedenfalls vertretbarer Weise davon ausgegangen, dass für die Klägerin die objektive Möglichkeit der Legung der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2003 bis 30. 6. 2004 bestand.

Auch mit ihrer, als erheblich relevierten Frage, inwieweit es mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang stehe, dass eine Zeitspanne von 9 Monaten nach einer Ruhensvereinbarung zur Führung von Vergleichsgesprächen bis zur Stellung des Fortsetzungsantrags die Unterbrechungswirkung der Klage wegen „nicht gehöriger Fortsetzung" beseitige, zeigt die Rechtsmittelwerberin keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf. Eine Ruhensvereinbarung nimmt der Klageführung dann nicht die Unterbrechungswirkung, wenn während des Ruhens außergerichtliche Vergleichsgespräche geführt werden; die Verjährung bzw der Rechtsverlust infolge Fristablaufs tritt nicht ein, wenn sofort nach Ablauf der Ruhensfrist oder - sofern die Vergleichsverhandlungen darüber hinaus andauerten - unverzüglich, also ohne unnötigen Aufschub, die Fortsetzung des Verfahrens begehrt wird (RIS-Justiz RS0034708, auch RS0034664). Der Kläger ist im Fall des Eintritts des Ruhens des Verfahrens grundsätzlich zur ehesten Verfahrensfortsetzung verpflichtet, wenn nicht triftige Gründe - die er behaupten und beweisen muss - dagegen sprechen (RIS-Justiz RS0034658; 9 ObA 295/98t). Es kommt nicht nur auf die Dauer der Untätigkeit, sondern auch darauf an, ob der Kläger triftige Gründe für sein Zögern in der Fortsetzung des Prozesses ins Treffen führen kann (RIS-Justiz RS0034648, vgl auch RS0034705). Die Klägerin hat trotz des Einwands der nicht gehörigen Verfahrensfortsetzung durch die Beklagte (AS 69) kein Vorbringen zu den Gründen ihrer Untätigkeit erstattet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass ein erst nach mehr als sechs Monate nach dem Ende der dreimonatigen Frist des § 168 ZPO gestellter Fortsetzungsantrag ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht als gehörige Verfahrensfortsetzung gewertet werden könne, ist gut vertretbar und stellt keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende grobe Fehlbeurteilung dar.

2.) Zum (als außerordentliche Revision bezeichneten) Rekurs der Beklagten:

Die Beklagte bekämpft das „Urteil" des Berufungsgerichts nur, soweit dieses das Ersturteil aufhob und die Rechtssache in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwies. Inhaltlich handelt es sich bei dem Rechtsmittel der Beklagten daher um einen Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss. Gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist der Rekurs gegen einen Beschluss, mit dem das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche Entscheidung aufgetragen hat, nur zulässig, wenn es dabei ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Fehlt ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss, ist auch ein außerordentlicher Rekurs ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0043898).

Das Rechtsmittel der Beklagten erweist sich daher als jedenfalls unzulässig.

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