OGH 7Ob54/09f

OGH7Ob54/09f30.3.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred Karl M*****, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner und andere Rechtsanwälte in Köflach, gegen die beklagte Partei A*****, vertreten durch Dr. Peter Schaden und Mag. Werner Thurner, Rechtsanwälte in Graz, wegen 25.300 EUR (sA) und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2009, GZ 3 R 181/08z-25, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in zahlreichen Entscheidungen Grundsätze über Erforderlichkeit und Umfang der ärztlichen Aufklärung entwickelt, die das Berufungsgericht beachtet hat: Danach umfasst die Verpflichtung des Arztes aus dem Behandlungsvertrag auch die Pflicht, den Patienten über die Art und Schwere sowie die möglichen Gefahren und die schädlichen Folgen einer Behandlung zu unterrichten (RIS-Justiz RS0038176; RIS-Justiz RS0026473). Für die nachteiligen Folgen einer ohne ausreichende Aufklärung vorgenommenen Behandlung des Patienten haftet der Arzt (bzw der Krankenhausträger) selbst dann, wenn ihm bei der Behandlung - wie im vorliegenden Fall - kein Kunstfehler unterlaufen ist (RIS-Justiz RS0026783), es sei denn, er beweist, dass der Patient auch bei ausreichender Aufklärung in die Behandlung eingewilligt hätte (RIS-Justiz RS0038485; RS0108185). Nach ständiger Judikatur reicht die ärztliche Aufklärungspflicht um so weiter, je weniger der Eingriff aus der Sicht eines vernünftigen Patienten vordringlich oder geboten ist. Ist der Eingriff zwar medizinisch empfohlen, aber nicht eilig, so ist grundsätzlich eine umfassende Aufklärung notwendig (RIS-Justiz RS0026772). Der Patient muss dann auch auf allenfalls bestehende alternative Behandlungsmethoden hingewiesen werden. Dabei sind Vor- und Nachteile, verschiedene Risken, verschieden starke Intensität des Eingriffs, differierende Folgen, Schmerzbelastungen und die verschiedenen Erfolgsaussichten gegeneinander abzuwägen (4 Ob 335/98b = JBl 1999, 531 uva). Damit der Patient eine echte Wahlmöglichkeit hat, muss der Arzt also über mehrere zur Wahl stehende diagnostisch oder therapeutisch adäquate Verfahren informieren und die Vor- und Nachteile mit dem Patienten abwägen (10 Ob 503/93 = RdM 1994/1). Die Rechtsfrage, in welchem Umfang der Arzt den Patienten aufzuklären hat, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten (RIS-Justiz RS0026529) und daher im Allgemeinen nicht revisibel (10 Ob 137/98i = RdM 1998/21; 7 Ob 15/04p mwN ua).

Vom Revisionswerber wird in der Zulassungsbeschwerde im Wesentlichen geltend gemacht, die Vorinstanzen seien insofern von oberstgerichtlicher Judikatur abgewichen, als das Unterbleiben seiner Aufklärung über alternative Behandlungsmethoden am 12. 6. 2006 nicht als Haftungsgrund angesehen worden sei. Neben der an diesem Tag erfolgten Ruhigstellung mittels eines Gipsverbands wäre nämlich auch eine Stabilisierung durch eine operativ vorzunehmende Bohrdrahtfixierung oder durch die Anlegung eines „Spanners" möglich gewesen. Da auch diese beiden Behandlungsmethoden nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen lege artis gewesen wären, sei die betreffende gegenteilige Erwägung des Berufungsgerichts im Rahmen seiner Beweiswürdigung aktenwidrig. Die Vorinstanzen haben das Unterbleiben einer Aufklärung hinsichtlich der beiden weiteren möglichen Behandlungsmethoden nicht für entscheidungserheblich angesehen, weil feststeht, dass der Kläger, selbst wenn er über weitere Behandlungsmöglichkeiten und die entsprechenden Risken aufgeklärt worden wäre, stets der tatsächlich gewählten Behandlungsform zugestimmt hätte. Das Erstgericht hat diese Feststellung damit begründet, dass es sich jeweils auch aus der Sicht eines Laien um die „einzig sinnvolle" Behandlung gehandelt habe. Hinsichtlich der gewählten Stabilisierung mittels eines Gipsverbands wurde festgestellt, dass dies im Fall der Abschwellung innerhalb eines Zeitraums von fünf bis sieben Tagen die im Verhältnis zu den anderen Möglichkeiten schonendste Variante war. Das Berufungsgericht hat sich dieser Meinung angeschlossen und die betreffende Feststellung des Erstgerichts daher ausdrücklich gebilligt. Dass es dabei noch zusätzlich ausgeführt hat, die beiden anderen Behandlungsmethoden wären nicht lege artis gewesen, stimmt zwar - wie dem Revisionswerber einzuräumen ist - nicht mit den betreffenden Feststellungen überein. Eine Bohrdrahtfixierung des Außenknöchels musste zwölf Tage später dann doch vorgenommen werden. Dies ändert aber nichts daran, dass die Beweiswürdigung der Vorinstanzen ansonsten auf nachvollziehbaren Überlegungen beruht und daher eine entscheidungsrelevante Aktenwidrigkeit oder ein Mangel des Berufungsverfahrens diesbezüglich nicht aufgezeigt wird. Soweit der Revisionswerber bezugnehmend auf die erwähnte Feststellung bemängelt, als Partei dazu nicht ausdrücklich befragt worden zu sein, übersieht er, dass es auch seinem Vertreter freigestanden wäre, ihm entsprechende Fragen zu stellen.

Da vom Revisionswerber auch im Rahmen der Rechtsrüge keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt wird, muss sein außerordentliches Rechtsmittel zurückgewiesen werden. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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