OGH 3Ob287/08i

OGH3Ob287/08i25.3.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Alix Frank Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei „C*****", ***** GmbH, *****, wegen 78.077,10 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der Beteiligten N*****gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 27. Oktober 2008, GZ 47 R 316/08f-5, womit der Rekurs der Beteiligten gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 29. Mai 2008, GZ 63 E 2572/08w-2, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die betreibende Partei ist schuldig, der Rechtsmittelwerberin die mit 2.072,18 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten 345,36 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die betreibende Partei beantragte zur Hereinbringung eines Anspruchs von 78.077,10 EUR sA neben einer im Revisionsrekursverfahren nicht mehr zu behandelnden Pfändung und Verwertung eines Gastgewerbes die Pfändung der der verpflichteten Partei zustehenden Rechte an der Internet-Domain „c*****.at" durch Verfügungsverbot an die verpflichtete Partei und das an die Beteiligte gerichtete Verbot der Erbringung von aus dem Recht an der Internet-Domain „c*****.at" entspringenden Leistungen an die verpflichtete Partei und das Verbot jeder Verfügung über die Domain.

Das Erstgericht bewilligte mit Stampiglienerledigung diesen Antrag und behielt die Entscheidung über den (gar nicht gestellten) Verwertungsantrag vor.

Das Rekursgericht wies den von der Beteiligten gegen diesen Beschluss im Umfang des gegen sie erlassenen Leistungs- und Verfügungsverbots erhobenen Rekurs zurück. Es führte aus, dass die Pfändung von Domainrechten durch Erlassung eines Verfügungsverbots an den Verpflichteten gemäß § 331 Abs 1 Satz 1 EO sowie durch Verfügungs- und Leistungsverbot gemäß § 331 Abs 1 Satz 2 EO zu erfolgen habe, weil die Registrierungsstelle ein Drittschuldner im Sinn dieser Gesetzesstelle ist. Durch das Leistungsverbot könne die Rekurswerberin nicht zur Löschung der Domain gezwungen werden, das Pfandobjekt gehe nicht unter. Wenn nicht einmal bei Vorliegen eines auf Löschung gerichteten Exekutionstitels der Dritte die Domain löschen dürfe, könne dies umso weniger für das im Zuge der Exekution auf Vermögensrechte erteilte Leistungsverbot gelten. Im Übrigen erscheine die Vorgangsweise der Praxis, in Konfliktfällen über die Domain einen sogenannten „Wartestatus" zu verhängen, zweckmäßig. Eine pfandweise Beschreibung des gepfändeten Rechts sei im konkreten Fall nicht tunlich. Die Rekurswerberin sei durch die angefochtene Verfügung daher nicht belastet, sodass ihr die Rekurslegitimation fehle. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Fragen der Pfändbarkeit der Ansprüche aus einem Domain-Vertrag und des Drittverbots fehle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Beteiligten mit dem Antrag, in Abänderung des Beschlusses des Rekursgerichts den Antrag der betreibenden Partei auf Erlassung eines Leistungs- und Verfügungsverbots über die Rechtsmittelwerberin abzuweisen.

Nach Einbringung des Revisionsrekurses stellte das Erstgericht mit Beschluss vom 27. 2. 2009 (ON 13), das Exekutionsverfahren gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO ein und hob alle vollzogenen Exekutionsakte auf. Die Beteiligte beantragte daraufhin die „Einschränkung des Exekutionsverfahrens auf die Kosten des Verfahrens" in Höhe von 3.960,54 EUR mit Schriftsatz vom 11. 3. 2009.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Die Beschwer, also das Rechtsschutzinteresse des Rechtsmittelwerbers, muss sowohl bei Einlangen des Rechtsmittels als auch im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung vorhanden sein. Sie fehlt, wenn die Entscheidung nur mehr theoretisch-abstrakte Bedeutung hätte (RIS-Justiz RS0002495). Nach Einstellung eines Exekutionsverfahrens über Antrag der betreibenden Partei und Aufhebung aller damit verbundenen Vollstreckungsakte fehlt es der Rechtsmittelwerberin daher im konkreten Fall an der Beschwer, denn das bloße Interesse an der Klärung einer Rechtsfrage begründet keine solche (4 Ob 576/94 = SZ 67/230). Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Fällt bei einem Rechtsmittel das Rechtsschutzinteresse nachträglich weg, so ist dies gemäß § 50 Abs 2 ZPO iVm § 78 EO bei der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zu berücksichtigen. Es ist daher im konkreten Fall zu prüfen, ob das Rechtsmittel Erfolg gehabt hätte, wenn der Oberste Gerichtshof in der Sache hätte entscheiden können (Bydlinski in Fasching/Konecny2 II/1 § 50 ZPO Rz 17). Der Kostenzuspruch im Exekutionsverfahren ist nicht auf die Parteien beschränkt: es können auch andere Beteiligte kostenersatzberechtigt und -pflichtig werden, wenn durch ihr Einschreiten ein Zwischenstreit entsteht (RIS-Justiz RS0002177).

Im Exekutionsverfahren sind zum Rekurs neben den Parteien diejenigen Personen berechtigt, die aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften als Beteiligte des Exekutionsverfahrens oder eines Abschnitts dieses Verfahrens anzusehen sind (3 Ob 203/93 mwN). Ein Rechtsmittelrecht des Drittschuldners besteht unter anderem dann, wenn in seine zivilrechtliche Rechtsstellung eingegriffen wird (RIS-Justiz RS0110287). Letzteres ist der Fall, wenn er durch einen Beschluss gesetzwidrig belastet wird, oder wenn ihm ungerechtfertigt Aufträge erteilt werden (stRsp, 3 Ob 83/08i, RIS-Justiz RS0002134). Ausgehend davon ist aber der Rechtsmittelwerberin, die nicht Partei des Exekutionsverfahrens ist, die Rekurslegitimation im konkreten Fall zuzubilligen.

In der Sache selbst wäre der Revisionsrekurs bei Vorliegen einer Beschwer aufgrund der vom Rekursgericht genannten Gründe zulässig und berechtigt.

1.) Zur Frage, welche Rechtsqualität Internet-Domain-Namen haben, fehlt eine ausdrückliche gesetzliche Regelung (der Begriff des Domain-Namens findet sich in § 3 Z 6 lit a E-Commerce-Gesetz, BGBl I 2001/152). Domains sind ihrer Struktur nach technische Adressen im Internet, die technisch einmalig sind und verschiedene Dienste des Internets ermöglichen (ausführlich zum Wesen des Domain Namens OGH 4 Ob 36/98t - „jusline" = SZ 71/35). Domains werden bei privaten Vergabestellen - wie der Rechtsmittelwerberin - registriert, die aber eine bloß technische und nicht eine rechtliche Prüfung vornehmen (Thiele, Verträge über Internet Domains, ecolex 2000, 210 ff; Thiele in Kucsko marken.schutz, Exkurs zu § 12 MSchG, Schutz von Domains 424). Bei Domains geht es vor allem um Speicherplatz, das heißt um ständiges Bereithalten von Daten und Datensätzen auf Computern (Thiele marken.schutz 426).

Unter dem Begriff des „Domain-Holding" wird ein Vertrag des Inhabers einer Domain mit der Vergabestelle, wie der Rechtsmittelwerberin, verstanden. Durch diesen Vertrag erhält der Inhaber das Recht, dass seine angemeldete Domain im Domain-Name-System (DNS) aufscheint. Ein Anspruch auf Zuteilung einer bestimmten Domain durch die Registrierungsstelle besteht nicht, sondern lediglich der Anspruch auf Zuteilung einer eindeutigen Domain. Einer näheren Auseinandersetzung mit der Frage der zivilrechtlichen Zuordenbarkeit des Vertrags zwischen Domaininhaber und Registrierungsstelle kann hier aus rechtlichen Gründen dahingestellt bleiben (Thiele [marken.schutz 427] nimmt eine gemischte Vereinbarung mit werkvertraglichen Kauf- und Pachtelementen an).

Wesentlich ist, dass die Registrierungsstelle nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB 2003; http:// www.nic.at/print/service/rechtliche_informationen/agb/ , ab- gerufen am 2. 3. 2009) dem Inhaber der Domain den Erfolg der exakten und jederzeitigen Erreichbarkeit (Adressierbarkeit) der übermittelten Daten schuldet. Die Übertragung einer Domain erfordert gemäß Pkt 3.6 der AGB der Rechtsmittelwerberin eine schriftliche oder fernschriftliche Bestätigung des bisherigen sowie des zukünftigen Domain-Inhabers. Zur Übertragung ist auch die Mitwirkung der Registrierungsstelle erforderlich. Der Rechtsmittelwerberin obliegt die Verwaltung des virtuellen Namensraums unterhalb der Top-Level-Domains (TLD) „.at". Der Domain-Inhaber hat (lediglich) einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Registrierungsstelle, die Sperrwirkung seines Rechts gegenüber Dritten beruht nicht auf rechtlichen, sondern allein auf technischen Gegebenheiten, weil Domains weltweit einmalig sind (Thiele marken.schutz 430).

2.) Die Exekutionsordnung bestimmt nicht, welche Vermögensrechte nach den Vorschriften der §§ 331 ff EO zu pfänden und verwerten sind. Die Pfändbarkeit ist aus der Rechtsnatur des in Betracht kommenden Vermögensrechts abzuleiten: um pfändbar zu sein, muss das betreffende Vermögensrecht nach § 448 ABGB des Pfandrechts fähig sein. Umgekehrt darf es auch nicht im Sinn des § 1393 ABGB „der Person ankleben", also unübertragbar sein (Kollross, Die Exekution auf Vermögensrechte und Unternehmungen 21; Oberhammer in Angst, EO² § 331 Rz 3, 4; Oberkofler, (Ver-)pfändung von Internet-Domains - Neue Entwicklungen im Domain-Recht, MR 2001, 185 ff).

Der deutsche Bundesgerichtshof hat entschieden, (5. 7. 2005, VII ZB 5/05 = MDR 2005, 1311 = JurPC Web-Dok. 110/2005), dass eine Internet-Domain nicht als solche ein anderes, pfändbares Vermögensrecht im Sinn des § 857 Abs 1 dZPO darstellt (Stöber in Zöller, ZPO27 [2009] § 857 Rz 12c). Sie ist wie bereits ausgeführt lediglich eine technische Adresse im Internet: ihr kommt keine etwa mit einem Patent-, Marken- oder Urheberrecht vergleichbare ausschließliche rechtliche Stellung zu, die Ausschließlichkeit ist lediglich technisch bedingt.

Die Möglichkeit der Pfändung von Rechten aus einer Internet-Domain gemäß § 331 EO ist dennoch zu bejahen. Der BGH hat im genannten Beschluss ausgesprochen, dass Gegenstand zulässiger Pfändung nach § 857 Abs 1 ZPO in eine Internet-Domain die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche ist, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Vergabestelle aus dem der Domain-Registrierung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis zustehen (Herrmann, Die Zwangsvollstreckung in die Domain [2004], 101; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO29 [2008] § 857 Rz 6). Diese Überlegungen treffen auch für die österreichische Rechtslage zu (Thiele, marken.schutz, Exkurs zu § 11 MSchG (Ver-)Pfändung von Domains 411; Jakusch, RdW 2001/600, 581; Thiele, ecolex 2001, 38; Oberhammer aaO § 331 Rz 67). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat jüngst ausgesprochen, dass der durch den Registrierungsvertrag mit einer Domain-Vergabestelle erworbenen Anspruch auf Nutzung einer bestimmten Internet-Domain eine geschützte Eigentumsposition nach Art 1 des 1.ZP zur EMRK darstellt (EGMR 18. 9. 2008, 25379/04 ua, PAEFGEN GmbH/Deutschland, MR-Int 2008, 33 mit Anm von Thiele/Wittmann; E des EGMR weiters in ecolex 2008, 281).

Aufgrund des Mangels an Apparaten und freier Leitungen wurden Telefonanschlüsse in den Jahren vor und vor allem während des ersten Weltkriegs zu Handelsobjekten im freien Verkehr, sodass - zum ersten Mal im Jahr 1911 - Exekutionen auf Telefonanschlüsse durchgeführt wurden. Klang (Exekution auf Telefonanschlüsse, JBl 1915, 149 ff und 159 ff; zusammengefasst bei Kollross aaO 23 FN 9) unterzog dieses Exekutionsverfahren einer Untersuchung, in der er zur Frage, was das Exekutionsobjekt sei, unter anderem formulierte:

„Der Inhalt des zwischen dem Telephonabonnenten und der staatlichen Telephonverwaltung abgeschlossenen Vertrages oder, wie man mit Rücksicht auf die öffentlichrechtliche Natur des Abschlußaktes vielleicht richtiger sagen sollte, des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses besteht nach § 9 T.O. [Anm: Telephonordnung, VO des Handelsministeriums vom 24. 7. 1910 RGBl Nr. 134] darin, daß die Verwaltung dem Abonnenten eine von ihr erforderlichen Falles erst herzustellende Telephonstation zur Benützung überläßt und sich verpflichtet, dieselbe während der Dauer des Abonnements in gutem Zustande zu erhalten, während der Abonnent die Verpflichtung übernimmt, die Gebühren pünktlich zu entrichten, die die Benützung regelnden Vorschriften genau einzuhalten, die dem Staate gehörigen Apparate und Leitungen vor jedem Schaden zu bewahren und nach Ablauf des Abonnements zurückzustellen. [...] Will man dieses Rechtsverhältnis in eine der herkömmlichen Vertragsfiguren des Privatrechtes einordnen, so kann man, soweit die Benützung der zur Abonnentenstation gehörigen, im Eigentum des Staates verbleibenden Gerätschaften in Betracht kommt, von Sachmiete (Bestandvertrag), soweit es sich um die Herstellung der von den Abonnenten verlangten Anschlüsse handelt, von Werkvertrag sprechen. Eine praktische Bedeutung dürfte dieser Zerlegung [...] kaum zuzuerkennen sein [...]. Es empfiehlt sich daher, für die Gesamtheit der für den Abonnenten aus seinem Rechtsverhältnisse zur Telephonverwaltung entspringenden Befugnisse eine einheitliche Bezeichnung zu gebrauchen, als welche am passendsten der Ausdruck „Telephonbenützungsrecht" gewählt werden mag. Die Beantwortung der Frage, ob und inwieferne dieses Telephonbenützungsrecht als geeignetes Exekutionsobjekt in Betracht kommen kann, hängt davon ab, ob es entgeltlich an dritte Personen übertragen werden kann. [...]"

Die Pfändbarkeit des Telefonbenützungsrechts wird von Klang in weiterer Folge bejaht, und abgesehen davon, dass der Vertrag des Domain-Inhabers mit der Registrierungsstelle keinesfalls öffentlich-rechtlicher Natur ist, können die Gedanken Klangs - auf die noch einmal zurückzukommen sein wird - auf die hier zu beurteilende Problematik übertragen werden.

4.) Internet-Domains, die einen Namen enthalten oder namensmäßig anmuten, haben (auch) Kennzeichnungs- und Namensfunktion, sodass sie unter den Schutz von § 43 ABGB fallen (RIS-Justiz RS0113105; 4 Ob 59/05p). Auch Etablissement-Bezeichnungen juristischer Personen kommt der Schutz des § 43 ABGB zu (Koch, KBB² § 43 Rz 3). Allerdings hat der Oberste Gerichtshof auch ausgeführt, dass der Verkehr, der sich einer unüberschaubaren Vielzahl von aufrufbaren Domain-Namen gegenüber sieht, nicht davon ausgeht, dass sich ausnahmslos und in jedem einzelnen Fall der unter dieser Adresse ins Netz gestellte Inhalt bereits aus der Bedeutung des zugeordneten Domain-Namens erschließen lässt (sofern der Domain-Name überhaupt einen eindeutigen Sinngehalt besitzt). Dem Verkehr ist nämlich weithin bekannt, dass jeder Domain-Name nur ein einziges Mal vergeben werden kann, weshalb besonders aussagekräftige Adressen nicht unbeschränkt zur Verfügung stehen; dies zwingt Interessenten oft dazu, bei der Registrierung eines Domain-Namens auf solche Internet-Adressen auszuweichen, deren Bedeutung sich nicht ohne weiteres mit dem darunter angebotenen Inhalt deckt (4 Ob 103/03f).

Die Frage der rechtlichen Nähe des Domain-Namens zum Namen im engeren Sinn des § 43 ABGB kann hier aber dahingestellt bleiben, weil wie ausgeführt nicht die Domain selbst, sondern die Gesamtheit der dem Domain-Inhaber aus ihr zustehenden schuldrechtlichen Ansprüche Gegenstand der Pfändung ist. Einer näheren Auseinandersetzung mit der in der Literatur strittigen Frage, ob die Pfändung einer Internet-Domain, der Namensfunktion zukommt, einen Eingriff in das höchstpersönliche Recht zur Namensführung darstelle und daher unzulässig sei, bedarf es daher nicht (Burgstaller/Feichtinger, Internet Domain Recht 11; Burgstaller, Internet-Domain - eine pfändbare Sache? RdW 2001/293, 258 und Pfändung von Internet Domains - (k)ein Problem!, ecolex 2001, 197; Kilches, Exekution auf Internet-Domains, RdW 2001/425, 393; aA mit beachtlichen Argumenten Thiele marken.schutz 411 f; differenziert beantwortend nach der Art der Verwertung Oberkofler aaO 192 f).

5.) Nach dem System des § 331 EO wird die Pfändung dadurch bewirkt, dass auf Antrag des betreibenden Gläubigers an den Verpflichteten das Gebot erlassen wird, sich jeder Verfügung über das Recht zu enthalten. Ist kraft dieses Rechts aber eine bestimmte Person zu Leistungen verpflichtet, so ist die Pfändung erst dann als bewirkt anzusehen, wenn auch dieser dritten Person das gerichtliche Verbot, an den Verpflichteten zu leisten, zugestellt wurde (§ 331 Abs 1 S 2 EO). Die Rechtsprechung zum Drittschuldnerbegriff differiert bei den verschiedenen Vermögensrechten, sie sei inkonsistent (Oberhammer aaO § 331 Rz 6). Anders als etwa bei Patentrechten, die durch Eintragung in das Patentregister gepfändet werden (§§ 34, 43 Abs 1 PatG) ist dies bei der Pfändung von Domainrechten deshalb nicht möglich, weil eine Spezialvorschrift fehlt und die sogenannte „Whois"-Datenbank, aus der die Inhaber von Internet-Domains ersichtlich sind, keine öffentlichen Register sind (Thiele, ecolex 2001, 39; v. Gravenreuth, Zur Diskussion: Rechtsprobleme zur „Domainpfändung", JurPC Web-Dok. 66/2006 Abs 20).

Die Rechtsmittelwerberin ist aus dem Registrierungsvertrag zwar zu Leistungen an den Domain-Inhaber verpflichtet, sie ist aber aus folgenden Gründen nicht Drittschuldnerin im Sinn des § 331 Abs 1 S 2 EO:

Zu beachten ist zunächst der allgemeine exekutionsrechtliche Grundsatz, dass durch die Pfändung eines Rechts weder in die Rechtsposition eines Drittschuldners zivilrechtlich eingegriffen werden kann noch diese Rechtsposition verschlechtert werden darf. Oberhammer (aaO § 331 Rz 39 und Das Mietrecht als Gegenstand der Zwangsvollstreckung, in wobl 1999, 376 ff) führt zutreffend aus, dass ein Leistungsverbot an den Drittschuldner verhindern soll, dass mit der Leistung des Drittschuldners an den Verpflichteten das gepfändete Recht untergeht und damit das Pfandrecht des betreibenden Gläubigers erlöschen würde. Diese Intention des Leistungsverbots tritt deutlich in § 294 EO zu Tage, wo die Pfändung allein durch die Zustellung des Zahlungsverbots an den Dritten bewirkt wird. Demgegenüber ist die Pfändung bei Vorhandensein eines Drittschuldners gemäß § 331 Abs 1 S 2 EO erst durch Zustellung des Verfügungsverbots an den Verpflichteten und des Leistungsverbots an den Dritten bewirkt (Zweiaktigkeit der Pfändung, vgl Heller/Berger/Stix4 III 2345 f).

Immer ist auch der Zweck des Exekutionsverfahrens zu bewahren, wonach die Gewährung staatlicher Zwangsgewalt dem betreibenden Gläubiger die Befriedigung (allenfalls Sicherung) seines Anspruchs unter gleichzeitigem Schutz des Verpflichteten vor der Vernichtung seiner Existenz und dem Schutz Dritter vor unberechtigten Eingriffen in ihre Rechte ermöglicht werden soll (Heller/Berger/Stix aaO I 1). § 331 Abs 1 S 2 EO hat mit der dort angeführten Leistungsverpflichtung eines Dritten daher nur solche Verpflichtungen im Auge, mit denen der Anspruch des Betreibenden entweder unmittelbar oder mittelbar befriedigt werden kann, nicht aber solche vertraglichen Leistungen, die Voraussetzung für eine erfolgreiche Exekutionsführung sind und dem Dritten auch nicht verboten werden können (3 Ob 260/07t).

Insbesondere bei Bestandrechten hat daher eine Pfändung durch bloßes Verfügungsverbot zu erfolgen, weil der Drittschuldner eine Dauerleistung zu erbringen hat, bei der durch die Erfüllung an den Verpflichteten keine Verschlechterung der Rechtsposition des Pfändungspfandgläubigers eintritt (Kollross aaO 108; ZBl 1928/149; Oberhammer in Angst, EO² § 331 Rz 39).

6.) Ausgehend von den AGB der Rechtsmittelwerberin und dem Inhalt des Registrierungsvertrags ergibt sich, dass ihre wesentliche Leistung als Registrierungsstelle der auf (bestimmte) Dauer zur Verfügung gestellte und durch die Domain bezeichnete Speicherplatz im Internet ist. Davon abgesehen sind in den AGB lediglich Nebenverpflichtungen wie etwa die Mitwirkung bei der Übertragung einer Domain an einen neuen Inhaber geregelt, außerdem Berechtigungen der Rechtsmittelwerberin, die Registrierung der Domain zu widerrufen, die Domain neu zu vergeben oder die Delegation einer Domain aus wichtigen Gründen zu widerrufen.

Daraus folgt, dass - unabhängig von einer genauen Qualifikation des Vertrags zwischen Domain-Inhaber und Registrierungsstelle - die wesentliche Leistung der Registrierungsstelle ähnlich der Leistung eines Bestandgebers in der - hier im weitesten Sinne - „Zurverfügungstellung von (virtuellem) Raum" gegen Entgelt liegt. Damit trifft aber die in der Rechtsprechung teilweise schon vertretene Ansicht zu, dass die Pfändung der Rechte aus einer Internet-Domain durch ein Verfügungsverbot an den Verpflichteten zu bewirken ist, während ein darüber hinausgehendes Leistungsverbot an den Drittschuldner unterbleiben kann (LG Salzburg vom 11. 10. 2007, AZ 53 R 332/07s, im Volltext abrufbar auf http:\\www.internet4jurist.at , abgerufen am 2. 3. 2009; LG Klagenfurt vom 19. 6. 2008, 1 R 171/08d = RIS-Justiz RKL000065, in welcher Entscheidung allerdings das an die Rechtsmittelwerberin erlassene Gebot, sich jeder Verfügung über die Domain zu unterlassen, in Rechtskraft erwuchs).

Auch in diesem Zusammenhang kann wieder auf die Ausführungen Klangs zurückgegriffen werden. Dieser führt zu den Fragen der Form und Wirkung der Pfändung von Telefonanschlüssen unter anderem aus, dass jene nach den §§ 331 ff EO zu erfolgen hätte. Die Frage, ob neben dem Verfügungsverbot an den Verpflichteten ein Leistungsverbot an die Telefonverwaltung zu erlassen sei, verneint Klang und formuliert dazu unter anderem (JBl 1915, 159):

„Um zu einer sachlich richtigen Entscheidung zu gelangen, müssen wir uns einerseits vor Augen halten, worin die Verpflichtungen der Telephonverwaltung bestehen, und andererseits berücksichtigen, daß die Pfändung als Beschlagnahmeakt nur den Zweck hat, das Exekutionsobjekt soweit sicherzustellen, daß seine Verwertung für den betreibenden Gläubiger ermöglicht wird. Nun bestehen die Verpflichtungen der Telephonverwaltung, wie oben ausgeführt wurde, in der gebrauchsfähigen Instandhaltung der Telephonstation und in der Herstellung des Anschlusses an das Telephonnetz auf jedesmaliges Verlangen des Abonnenten. Es ist ohneweiters klar, daß die Erfüllung dieser Verpflichtungen auch nach der Pfändung kein Interesse des Gläubigers verletzt und daß andererseits die Nichterfüllung derselben in keiner Weise dazu beiträgt, die Verkehrsmöglichkeit zu sichern, ja daß sie vielmehr wie etwa die mangelhafte Instandhaltung der Station geradewegs eine Gefährdung dieser Möglichkeit herbeizuführen vermag. Es ist daher vollkommen zwecklos, der Telephonverwaltung die Leistung an den Verpflichteten [...] zu untersagen."

Auch die Aufrechterhaltung aller Einträge zur Domain, die korrekte Erreichbarkeit (Adressierbarkeit) und die Richtigkeit der Whois-Datenbank stellen Leistungen dar, die von der Rechtsmittelwerberin weiterhin zu erbringen sind, damit eine sinnvolle Verwertung der gepfändeten Rechte überhaupt möglich ist.

7.) Die Pfändung der aus einer Internet-Domain resultierenden Rechte hat daher nur durch ein gegenüber dem Verpflichteten zu erlassendes Verfügungsverbot zu erfolgen.

Unabhängig davon ist der Drittschuldner von der Pfändung und vom Verwertungsantrag zu verständigen, weil er dem Verwertungsverfahren beizuziehen ist (§ 331 Abs 2 EO; 3 Ob 174/03i). Die von der Rechtsmittelwerberin dargestellte Vorgangsweise, über die gepfändete Domain infolge der Verständigung durch das Gericht den Wartestatus (Pkt 2 der AGB) zu verhängen ist geeignet, den Zweck der der Pfändung folgenden Zwangsverwertung zu erreichen, weil dadurch insbesondere die Übertragung der Domain an Dritte nicht mehr möglich ist. Diese Verständigung ist aber rein faktischer Natur und hat für die Entstehung des Pfandrechts an den schuldrechtlichen Ansprüchen aus einer Internet-Domain keine konstitutive Bedeutung (so Klang aaO 159 zur Verständigung der Telephonverwaltung).

Soweit in der deutschen Lehre zur Frage der Stellung der Registrierungsstelle DENIC Domain-Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft eG als Drittschuldnerin andere Meinungen vertreten werden, braucht darauf im Hinblick auf die unterschiedliche Konstruktion des Pfändungsverfahrens nach den §§ 829 ff, 857 dZPO (wonach etwa die Registrierungsstelle, wenn sie Rechtsmittelwerberin ist, auch eine Drittschuldnererklärung abzugeben hat), hier nicht eingegangen zu werden (Stadler, MMR 2007, 71; Boecker, MdR 2007, 1234 ff).

Zusammengefasst wäre daher der Revisionsrekurs letztlich von Erfolg gewesen, weil durch das Leistungsverbot unzulässigerweise in die Rechte der Rechtsmittelwerberin eingegriffen wurde, sodass ihr entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichts die Rekurslegitimation zukam. Gemäß §§ 41, 50 Abs 2 ZPO iVm § 78 EO waren der Rechtsmittelwerberin unter Korrektur eines geringfügigen Rechenfehlers daher die Kosten des Revisionsrekursverfahrens zuzuerkennen.

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