OGH 2Ob246/08b

OGH2Ob246/08b17.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Johannes Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Robert K*****, vertreten durch Dr. Christian Boyer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 6.175 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 15. April 2008, GZ 21 R 127/08m-13, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 5. Dezember 2007, GZ 12 C 1595/07k-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Berndt S*****, der nunmehrige alleinige Geschäftsführer und Gesellschafter der Klägerin, installierte als Einzelunternehmer im Jahr 2000 im Haus des Beklagten eine Heizungsanlage, wofür der Beklagte 14.000 EUR bezahlte. Im Mai 2006 wurde ein neues Brennwertgerät eingebaut. Für diese - mängelfrei erbrachte - Leistung wurden 6.175 EUR (der Klagsbetrag) verrechnet.

In der Folge löste Berndt S***** sein Geschäft auf; er führt dieses nunmehr als Geschäftsführer der B***** GmbH. Berndt S***** trat seine Forderung gegenüber dem Beklagten an die Klägerin ab.

Im Revisionsverfahren ist die Wirksamkeit der Zession strittig.

Die Klägerin brachte dazu vor, ihr Geschäftsführer habe vor ihrer Gründung ein nicht protokolliertes Einzelunternehmen betrieben. Die Gründung der GmbH sei aus steuerrechtlichen Gründen erfolgt. Der nunmehrige Geschäftsführer der Klägerin habe im Rahmen der Schließung seines Einzelunternehmens die klagsgegenständliche Forderung schenkungsweise an die Klägerin abgetreten.

Der Beklagte wendete ein, eine schenkungsweise Zession sei notariatsaktspflichtig. Überdies handle es sich um ein unzulässiges In-Sich-Geschäft.

Das Erstgericht bejahte die Aktivlegitimation und gab dem Klagebegehren statt. Ein In-Sich-Geschäft liege nicht vor, weil die Schädigung von schutzwürdigen Interessen (zB der Eigentümer der Anteile der GmbH) sicherlich auszuschließen sei und es sich letztlich nur um eine andere Form der Unternehmungsführung durch den früheren Einzelkaufmann handle.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Bei Schenkung einer Forderung sei zwar grundsätzlich eine - hier nicht erfolgte - Verständigung des Schuldners durch den Zedenten notwendig. Aufgrund der Personeneinheit des früheren Betreibers des Einzelunternehmens und des einzigen Gesellschafters und Geschäftsführers der GmbH erfolge die wirksame Verständigung des Schuldners von der Zession spätestens durch die Klagseinbringung. Durch die Aufgabe der „Einzelfirma" und die Fortführung der Geschäfte in Form einer GmbH falle der Geschäftsübergang öffentlich ins Auge, weshalb eine hinreichende Publizität angenommen werden könne. In-Sich-Geschäfte eines Geschäftsführers einer GmbH seien erlaubt, soferne die Gesellschaft, natürlich nicht vertreten von dem betroffenen Geschäftsführer, zustimme. Bestehe aufgrund der ausschließlichen Begünstigung der Gesellschaft durch die Schenkung der Forderung keine Gefahr eines Interessenkonflikts, sei diese Zustimmung nicht notwendig. § 18 Abs 5 GmbHG schreibe im Fall eines In-Sich-Geschäfts des einzigen Geschäftsführers als Formerfordernis die unverzügliche Errichtung einer Urkunde über den Inhalt vor. Diese Urkunde sei aber nicht Gültigkeitserfordernis, weshalb der Geschäftsführer sich auch auf einen anderen Manifestationsakt berufen könne, der das Geschäft nach außen kenntlich mache und sicherstelle, dass die Erklärung nicht mehr unkontrollierbar zurückgenommen werden könne. Eine derartige Manifestation könne auch darin liegen, dass der frühere Einzelunternehmer das Geschäft als einziger Gesellschafter und Geschäftsführer bloß in anderer Rechtsform fortführe. Dies mache der Öffentlichkeit deutlich, dass dieselben Geschäfte unter einer anderen Rechtsform fortgeführt und die Forderungen zediert würden.

Über Antrag des Beklagten ließ das Berufungsgericht nachträglich die Revision zu und begründete dies insbesondere mit fehlender höchstgerichtlicher Judikatur zu den Fragen, welche Rechtsfolgen die Verletzung der Dokumentationspflicht nach § 18 Abs 5 GmbHG hat und in welcher Form bei faktischer Fortführung eines Einzelunternehmens in Form einer Ein-Mann-GmbH eine Zession einer Forderung aus diesem Geschäftszweig zu erfolgen hat.

In seiner Revision beantragt der Beklagte die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, das gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerin beruft sich ausschließlich auf eine Einzelrechtsnachfolge durch Zession. Die Abtretung als kausales Verfügungsgeschäft ist nur dann wirksam, wenn sie auf einem gültigen Grundgeschäft (Verpflichtungsgeschäft, Titel) beruht (RIS-Justiz RS0032510 [T1]; Neumayr in KBB2 § 1392 Rz 5). Die Beweislast für die Wirksamkeit einer Zession trifft denjenigen, der sich auf eine solche beruft (RIS-Justiz RS0032510 [T2]).

Die - hier behauptete - schenkungsweise Zession einer Forderung ist dann nicht notariatsaktspflichtig, wenn eine wirkliche Übergabe im Sinn des § 427 ABGB stattgefunden hat (RIS-Justiz RS0011186 [T1]; Ertl in Rummel³ § 1392 Rz 2). Diese wirkliche Übergabe muss ein nach außen hin erkennbarer Akt sein, aus dem der ernstliche Wille des Schenkers hervorgeht, das Objekt der Schenkung aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen (RIS-Justiz RS0032562; 1 Ob 147/00z = RIS-Justiz RS0011383 [T11]). Ausreichender Publizitätsakt in diesem Sinn ist die Verständigung des Schuldners durch den Zedenten (RIS-Justiz RS0032562; RS0011184; RS0011295 [T15]; Ertl aaO, Neumayr aaO Rz 5).

Eine im diesem Sinn erforderliche Verständigung des Schuldners ist im konkreten Fall spätestens durch die in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15. 12. 2007 in Anwesenheit der Rechtsvertreter der Parteien protokollierte Aussage Berndt S*****s über die vorgenommene Zession erfolgt. Damit ist der für die Wirksamkeit der schenkungsweisen Forderungsabtretung notwendige Publizitätsakt vollzogen worden (zur Verständigung des Schuldners im Prozess: 7 Ob 780/79 = RIS-Justiz RS0011186 [T4]). Es kann auf sich beruhen, ob als Verständigung des Beklagten im vorliegenden Fall einer Ein-Personen-GmbH nicht schon die Zustellung des namens der Klägerin (also der Zessionarin) eingebrachten Schriftsatzes vom 22. 11. 2007, ON 5, angesehen werden kann.

Die Entscheidung ist aufgrund der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung zu fällen (Fucik in Fasching/Konecny² § 406 ZPO Rz 1; Rechberger in Rechberger³ § 406 ZPO Rz 1). Dieser Zeitpunkt ist auch für die Beurteilung des Rechtserwerbs durch den Kläger aufgrund einer Zession maßgeblich (Fucik aaO Rz 17). Entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung steht daher eine (vor Klagseinbringung) unterlassene Verständigung des Schuldners der Wirksamkeit der Zession nicht entgegen, wenn die Zession durch die im Prozess nachgeholte Verständigung wirksam wird.

Über Rechtsgeschäfte, die der einzige Gesellschafter sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der Gesellschaft abschließt, ist nach § 18 Abs 5 S 1 GmbHG idF des EU-GesRÄG, BGBl 1996/304, unverzüglich eine Urkunde zu errichten. Dabei ist vorzusorgen, dass nachträgliche Änderungen des Inhalts und Zweifel über den Zeitpunkt des Abschlusses ausgeschlossen sind; die Bestellung eines Kollisionskurators ist nicht erforderlich (Satz 2 leg cit). Nach § 18 Abs 6 GmbHG muss eine Urkunde nicht errichtet werden, wenn das Geschäft zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehört und zu geschäftsüblichen Bedingungen abgeschlossen wird.

In Übereinstimmung mit dem Bericht des Justizausschusses (133 BlgNR 20. GP, 4) wertet die überwiegende österreichische Lehre die in § 18 Abs 5 GmbHG geregelte Dokumentationspflicht nicht als Gültigkeits-/Wirksamkeitserfordernis, sondern als Dokumentationserfordernis/ Manifestationsakt (Reich-Rohrwig, GmbHR I2, Rz 2/236; U. Torggler in Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz § 18 Rz 42; Aicher/U.Torggler, Insichgeschäfte des GmbH-Alleingesellschafters nach dem EU-GesRÄG, GesRZ 1996, 197 [211]; U. Torggler, Insichgeschäfte, insb Doppelvertretung bei der Einpersonen-GmbH, wbl 2000, 389 [393, 394]; Geist, Das Insichgeschäft des GmbH-Geschäftsführers nach dem EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz, SWK 1996, B 99, 101; Hügel/Zib, EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz [EU-GesRÄG], JAP 1996/97, 189 [191, 192]; Koppensteiner/Rüffler GmbH Gesetz³, § 18 Rz 23d mwN; aA Kalss in Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht, Teil 1: Gesellschaftsrecht, 303; Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung6, Rz 235, die eine wirksamkeitsbegründende Formvorschrift annehmen). Keine Divergenz besteht, was den Zweck der Dokumentationspflicht des § 18 Abs 5 GmbHG betrifft: Er wird primär im Schutz der Interessen der Gläubiger gesehen (Aicher/U. Torggler aaO, 203; U. Torggler aaO, 391; Geist aaO idS auch Kalss aaO, 304); diese sollen davor bewahrt werden, dass nachträglich Änderungen vorgenommen (Koppensteiner/Rüffler aaO) und die Erklärungen einseitig zurückgenommen werden (Aicher/U. Torggler aaO, 212; Geist aaO, 103; U. Torggler aaO, 390; Kalss aaO, 303).

Die in der Lehre divergierend beurteilte Frage nach den Rechtsfolgen der Verletzung der Dokumentationspflicht stellt sich im konkreten Fall nicht:

Die Erklärung des Zedenten und die damit erfolgte Verständigung des Schuldners wurde - wie bereits erwähnt - noch vor dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (Schluss der mündlichen Streitverhandlung) vorgenommen. Die Zession der Klagsforderung wurde - abgesehen vom Schriftsatz ON 5 - in einem gerichtlichen Protokoll als öffentliche Urkunde (Bittner in Fasching/Konecny² § 292 ZPO Rz 24) dokumentiert. Eine Verschiebung von Vermögen zu Lasten der Gesellschaft und damit eine Beeinträchtigung der Interessen der Gläubiger (der Gesellschaft: s Geist aaO, 101, 103) durch die schenkungsweise Abtretung der Forderung an die Gesellschaft ist nicht gegeben. Die Gefahr einer einseitigen Rücknahme der rechtsgeschäftlichen Erklärung bestand im konkreten Fall auch nicht. Der Zweck des § 18 Abs 5 GmbHG wurde hier somit durch die prozessuale Dokumentation ausreichend erfüllt.

Ob die schenkungsweise Abtretung einer Forderung an die GmbH durch den alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer nicht ohnehin im Sinn des § 18 Abs 6 GmbHG von der Dokumentationspflicht ausgenommen ist, kann bei dem erzielten Ergebnis dahingestellt bleiben.

Die Aktivlegitimation der Klägerin ist aus diesen Erwägungen zu bejahen, weshalb der Revision der Beklagten nicht Folge gegeben wurde.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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