OGH 1Ob147/00z

OGH1Ob147/00z28.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Wilfried L*****, vertreten durch Dr. Markus Skarics, Rechtsanwalt in Imst, gegen die beklagte Partei Dr. Gerhard L*****, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer und Dr. Klaus Vergeiner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Zustimmung zur Einverleibung des Eigentums (Streitwert 270.000 S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 16. März 2000, GZ 2 R 294/99y-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 15. September 1999, GZ 41 Cg 92/99v-10, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6. Oktober 1999, GZ 41 Cg 92/99v-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 12.960 S (darin 2.160 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der 1979 verstorbener Vater der Streitteile hinterließ seine - am 2. Dezember 1998 nachverstorbene - Ehegattin (Mutter der Streitteile, im Folgenden nur Mutter) sowie drei volljährige und zwei minderjährige Kinder. Die Mutter "erhielt damals Geld" aus dem Verkauf eines "Bauernhofanteils" in Südtirol, das sie zur Fertigstellung eines in Bau befindlichen Wohnhauses in Imst verwendete. Der Beklagte übernahm nach dem Tod des Vaters als ältester Sohn die Funktion eines "Familienoberhaupts". Nachdem der - damals bereits als Arzt tätige - Beklagte von der Möglichkeit erfahren hatte, die Grundstücke (Gste) 2977/6 und 2977/2 zu erwerben, sprach er darüber auch mit seiner Mutter. Diese war zuerst von einem Grundkauf (durch sie selbst) nicht sehr begeistert, weil sie einerseits eine sehr bescheidene Frau war, die in der Öffentlichkeit nicht als Käuferin von Grundstücken auftreten wollte, und andererseits Befürchtungen hegte, die Finanzbehörden können nachforschen, woher der Kaufschilling stamme, zumal der Verkaufserlös aus Südtirol "schwarz" nach Österreich gebracht worden war. Familienintern wurde daher (mündlich) vereinbart, dass beim Kauf der beiden Grundstücke zwar der Beklagte "offiziell" als Käufer aufscheinen, aber beim Gst 2977/6 nur Treuhänder für seine Mutter sein solle. Die Mutter zahlte den Kaufpreis für das Gst 2977/6; sie beabsichtigte und erörterte auch im Familienkreis, dass eines ihrer Kinder auf diesem Grundstück ein Haus bauen könne. Damals stand jedoch noch nicht fest, welchem ihrer Kinder sie den Grund überlassen werde. Der Beklagte wurde 1983 als Eigentümer der beiden Grundstücke ins Grundbuch eingetragen. Etwa 1986 interessierte sich jemand für das Gst 2977/6; gleichzeitig ergab sich die vorteilhafte Möglichkeit, das Gst 2977/3 zu erwerben. Der Beklagte vereinbarte in der Folge mündlich mit seiner Mutter, das Gst 2977/6 an die Ehegattin des Kaufinteressenten zu verkaufen, das Gst 2977/3 zu erwerben und nun statt des verkauften GSt das Gst 2977/2 treuhändig für sie zu halten. Einige Zeit danach ersuchte der Kaufinteressent den Beklagten, ihm einen 4-5 m breiten Grundstreifen aus dem Gst 2977/2 zu verkaufen. Obwohl der Beklagte damit einverstanden war, kam ein Kauf nicht zustande, weil sich die Mutter der Streitteile vehement dagegen aussprach.

Am 10. Jänner 1977 verfasste die Mutter der Streitteile, eine "gutmütige und geistig rege Frau", ein Testament, mit dem sie ua bestimmte: "... Das Grundstück in ... Gp 2977/2 von 8 a 62 m2 habe ich bezahlt; es ist aber auf meinen Sohn ... (Beklagten) eingetragen. Ich vererbe es meinem Sohn ... (Kläger), weil ich in den Jahren von 1980 bis 1985 (Mai) seine Hinterbliebenenrente verwaltete und die Ersparnisse dazu verwenden konnte: Regelung durch Schenkungsvertrag zwischen ... (Beklagten) und ... (Kläger)."

Im Frühjahr 1998 beabsichtigte der Kläger den Bau eines Hauses. Seine Mutter bot ihm an, ihm das Gst 2977/2 zu schenken, und begründete dies auch damit, dass sie den Kaufpreis ohnehin zum Teil mit der von ihr verwalteten Hinterbliebenenpension des Klägers finanziert habe. Der Kläger nahm dieses Angebot an und teilte dies auch dem Beklagten mit, der sich vorerst auch nicht dagegen aussprach. Mitte April 1998 fuhr der Kläger mit seiner Familie und seiner Mutter zum Gst 2977/2. Bei der eingehenden Besichtigung erklärte die Mutter dem Kläger neuerlich, dass sie ihm das Grundstück, dessen Grenzen ersichtlich und vom Kläger, seiner Ehegattin und der Mutter auch vorgefunden wurden, nunmehr schenke. Im Einvernehmen mit seiner Mutter entschloss sich der Kläger, dass seine - den Hausbau mitfinanzierende - Ehegattin Miteigentümerin des Grundstücks werden sollte. Der Kläger verfasste einen Kaufvertragsentwurf, in dem der Beklagte als Verkäufer und der Kläger und dessen Ehegattin als Käufer aufschienen. Die Form eines Kaufvertrags wählte der Kläger einerseits aus steuerlichen Gründen, andererseits, um allfälligen Anfechtungsmöglichkeiten zu entgehen. In der Folge kam es aber zu Differenzen zwischen den Streitteilen, ua auch deswegen, weil der Beklagte nicht mit dem Eigentumswerb durch die Ehegattin des Klägers einverstanden war. Der Kläger bereitete daraufhin einen Schenkungsvertrag vor, in dem nur er als Geschenknehmer aufscheint. Der Beklagte verweigerte aber auch die Unterschrift unter diesen Vertrag.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren, der Beklagte sei schuldig, in die Einverleibung des Eigentumsrechts an dieser Liegenschaft, bestehend aus dem Gst 2977/2, für den Kläger einzuwilligen, statt. Die Mutter der Streitteile habe dem Kläger das Gst 2977/2 geschenkt; auch eine tatsächliche Übergabe desselben an den Kläger sei erfolgt.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es stellte nach Beweisergänzung noch ergänzend fest, die Mutter der Streitteile habe, nachdem sie sich entschlossen habe, das Gst 2977/2 dem Kläger "zukommen zu lassen" und mit diesem darüber einig geworden war, den Beklagten davon in Kenntnis gesetzt und ihn aufgefordert, das Grundstück dem Kläger mittels Schenkungsvertrags zu übereignen.

In rechtlicher Hinsicht meinte die zweite Instanz der Kläger berufe sich zu Recht auf ein zwischen dem Beklagten und der Mutter vertraglich begründetes Treuhandverhältnis, wonach der Beklagte ein von seiner Mutter finanziertes Grundstück als Eigentümer erwerbe, es aber herausgeben müsse, wenn die (durch das Treuhandverhältnis verdeckte) Käuferin eine andere Disposition treffe. Der Treuhänder werde wirklicher Eigentümer des Treuguts, sodass die Mutter nicht "außerbücherliche Eigentümerin" des Gst 2977/6 geworden sei, zumal eine wirkliche Inbesitznahme durch diese nicht behauptet worden sei. Der Anspruch des Treugebers auf Herausgabe des Treugutes sei rein obligatorisch und könne als solcher im Rahmen der Vertragsfreiheit einvernehmlich verändert werden. Ohne sachenrechtliche Disposition hätten daher der Beklagte und seine Mutter Veränderungen für das Treugut vereinbaren können; die Vereinbarung, dass der Beklagte nach dem Verkauf des Gst 2977/6 das Gst 2977/2 als Treugut für seine Mutter halte, sei demnach zulässig und wirksam. Mit Rücksicht auf den allen Beteiligten bekannten Zweck des vorliegenden Treuhandvertrags, der insbesondere auch die Absicht der Mutter umfasst habe, das Treugut einem von ihr ausgewählten Kind zur Verfügung zu stellen, sei die Mutter berechtigt gewesen, ihren obligatorischen Anspruch auf Herausgabe des Treuguts auf den Kläger zu übertragen, dem somit alle Treugeberrechte zukämen, also auch das Recht, auf bücherliche Übertragung des Eigentumsrechts am Treugut an ihn zu dringen. Weitergehende Vereinbarungen zwischen dem Beklagten und seiner Mutter über den Inhalt des Treuhandverhältnisses seien zu dessen Gültigkeit nicht erforderlich, weil nach dem Zweck des Treuhandvertrags das uneingeschränkte Recht auf Herausgabe des Treuguts jederzeit geltend gemacht werden könne.

Zwar sei die Übertragung der Treugeberrechte an den Kläger schenkungsweise erfolgt, weil die Verwendung der von der Mutter bezogenen Waisenpension des Klägers zur Finanzierung des Grundstücks nicht als Gegenleistung des Klägers aufgefasst werden könne. Als "wirkliche Übergabe" komme zwar nicht die (faktische) Übergabe der Liegenschaft durch die Mutter in Betracht, weil Anhaltspunkte dafür fehlten, dass sie am Gst 2977/2 Besitz iS einer tatsächlichen Innehabung mit Besitzwillen (§ 309 ABGB) erworben habe, den sie weitergeben hätte können. Es komme daher nur die Übertragung ihrer Treugeberrechte an den Kläger nach zessionsrechtlichen Regeln in Frage. Bei schenkungsweiser Zession einer Forderung sei die Einhaltung der Notariatsaktsform erforderlich, wenn keine wirkliche Übergabe stattfinde. Zur "wirklichen Übergabe" einer Forderung genüge die Verständigung des Drittschuldners durch den Zedenten. Basierend auf den ergänzenden Feststellungen der zweiten Instanz liege als Folge der Verständigung des Beklagten durch die Treugeberin (Zedentin, Mutter) eine wirkliche Übergabe der Treugeberrechte an den Kläger vor, sodass keine besondere Form einzuhalten gewesen und die Forderungszession an den Kläger rechtswirksam sei.

Der von der zweiten Instanz zugelassenen Revision des Beklagten kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

a) Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

b) Dass die Mutter der Streitteile Treugeberin und der Beklagte Treuhänder auch in Ansehung des nun streitverfangenen Gst 2977/2 waren, ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Der Treuhänder ist nach außen hin unbeschränkter Verfügungsberechtigter, jedoch im Innenverhältnis dem Treugeber obligatorisch verpflichtet (Apathy in Schwimann2, § 1002 ABGB Rz 10 mwN aus Lehre und Rspr), das ihm übertragene Recht im Interesse des Treugebers (oder eines dritten Begünstigten) auszuüben. Das zu treuen Handen übertragene Recht scheidet zwar rechtlich, nicht aber wirtschaftlich aus dem Vermögen des Treugebers aus (SZ 61/153, SZ 63/186; 7 Ob 503/95 = SZ 68/23 = JBl 1996, 176 ua). Dass die Treugeberin im vorliegenden Fall angesichts der konkreten Vertragsgestaltung ein Recht auf Herausgabe des Treuguts hatte, wird im Rechtsmittel ebensowenig in Zweifel gezogen wie die Abtretbarkeit dieses obligatorischen Anspruchs nach § 1393 ABGB. Diese Auffassung der zweiten Instanz ist zu billigen (§ 510 Abs 3 ZPO), können doch auch Gläubiger des Treugebers nicht auf das Treugut selbst Exekution führen, sondern nur auf die Ansprüche des Treugebers gegen den Treuhänder (Apathy aaO § 1002 ABGB Rz 12 mwN). Alle pfändbaren Forderungen sind aber grundsätzlich auch abtretbar. Ein rechtsgeschäftliches Abtretungsverbot wurde vom Beklagten nicht einmal behauptet.

Zutreffend erkannte die zweite Instanz ferner, dass die Mutter dem Kläger nicht das Grundstück schenkte - sodass nicht die schenkungsweise Übertragung einer Liegenschaft zu beurteilen ist -, sondern ihm im Wege der Zession ihren Anspruch als Treugeberin auf Herausgabe dieses Grundstücks gegen den Beklagten übertrug. Das Rechtsmittel vertritt in seinen Rechtsausführungen den Standpunkt, die Schenkung sei iSd § 1 Abs 1 NZwG formbedürftig gewesen, weil keine wirkliche Übergabe erfolgt sei.

Nach § 943 ABGB erwächst dem Geschenknehmer aus einem bloß mündlichen, ohne wirkliche Übergabe geschlossenen Schenkungsvertrag kein Klagerecht; dieses Recht muss durch eine schriftliche Urkunde begründet werden. Nach § 1 Abs 1 lit d NZwG bedürfen nur Schenkungen ohne wirkliche Übergabe zu ihrer Gültigkeit eines Notariatsakts. "Wirkliche Übergabe" liegt vor, wenn neben dem Schenkungsvertrag ein anderer, von diesem verschiedener und als Übergabe erkennbarer Akt gesetzt wird, der nach außen in Erscheinung tritt und geeignet ist, dem Willen des Geschenkgebers Ausdruck zu verleihen, das Schenkungsobjekt aus dessen Gewahrsame in die des Beschenkten zu übertragen (EvBl 1995/148; 1 Ob 39/97k = NZ 1998, 246; 5 Ob 390/97g = SZ 70/194 mwN uva). Der Ausdruck "wirkliche Übergabe" bedeutet nichts anderes als das Gegenteil der bloßen Zusicherung oder des bloßen Schenkungsversprechens. Es ist nicht erforderlich, dass die wirkliche Übergabe sofort bei Abschluss des Schenkungsvertrags stattfindet, sie kann auch nachträglich vorgenommen werden (SZ 38/227, SZ 40/86, SZ 52/176 ua). Die schenkungsweise Zession einer Forderung bedarf der Form eines Notariatsaktes gemäß § 1 Abs 1 lit d NZwG dann nicht, wenn eine wirkliche Übergabe iSd § 427 ABGB stattgefunden hat (JB 142 alt; SZ 39/140, SZ 48/81 ua). Aus der Übergabe mittels Zeichen muss der Übergang der Forderung in das Vermögen und in die Verfügungsgewalt des Zuwendungsempfängers unzweifelhaft und nach außen erkennbar zu entnehmen sein (Binder in Schwimann2, § 943 ABGB Rz 20). Welche Zeichen zu einer wirklichen Übergabe von Forderungen ausreichen, ist nach den Umständen des einzelnen Falls und dem Zweck, den Zuwender vor übereilten Entschließungen zu schützen, zu beurteilen (JB 142 alt; Apathy aaO § 943 ABGB Rz 20). Für gewöhnliche (nicht an den Besitz von Wertpapieren gebundene) Schuldforderungen werden etwa die Aushändigung der zum Beweis der abgetretenen Forderung dienenden Urkunden, die Übergabe der schriftlichen Abtretungsurkunde an den Beschenkten oder die Verständigung des Zessus durch den Zedenten - nicht durch den Zessionar - als ausreichend erachtet (JBl 1970, 424; JBl 1984, 378 ua; Schubert in Rummel2 § 943 ABGB Rz 4; Binder aaO Rz 20, je mwN; Stanzl in Klang2 IV/1, 614).

Demgemäß genügt die Verständigung des Treuhänders durch den Treugeber von der Zession auch bei schenkungsweiser Abtretung der Ansprüche des Treugebers gegen den Treuhänder aus der Treuhandschaft als wirkliche Übergabe der Forderung durch Zeichen iSd § 943 iVm § 427 ABGB; eine solche Abtretung ist formwirksam. Nach den von der zweiten Instanz ergänzend getroffenen Feststellungen wurde diese Form eingehalten. Auf das Testament kommt es nicht mehr an. Jedenfalls mit der Verständigung des beklagten Treuhänders von der Zession ging die Forderung der Mutter der Streitteile aus der Treuhandschaft auf den Kläger über. Im Zeitpunkt des Todes der Mutter kamen ihre keine Treugeberrechte mehr zu, sodass entgegen dem Revisionsstandpunkt solche auch nicht mehr auf die Verlassenschaft nach der Mutter der Streitteile übergehen konnten.

Demnach kann dem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte