OGH 3Ob247/08g

OGH3Ob247/08g17.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Werner Miller, Rechtsanwalt in St. Johann in Tirol, wider die verpflichtete Partei Arno S*****, derzeit unbekannten Aufenthalts (zuletzt N*****), wegen 20.529,31 EUR sA, über 1.) den von Dr. Thomas Zelger, Rechtsanwalt in Kufstein für die verpflichtete Partei erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs sowie 2.) über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Mag. Dr. Josef Kurz, öffentlicher Notar in Kufstein, Georg-Pirmoser-Straße 5, vertreten durch Dr. Thomas Zelger, Rechtsanwalt in Kufstein, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 12. Juli 2008, GZ 1 R 93/08w-25, womit die gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Kufstein vom 13. Februar 2008, GZ 6 E 2988/03h-17, gerichteten Rekurse zurückgewiesen wurden, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

1. Gegenstand des Rekursverfahrens war der erstinstanzliche Beschluss vom 13. Februar 2008 (ON 17). Dieser ist inhaltsgleich mit dem bereits zuvor ergangenen Beschluss des Erstgerichts vom 27. Juli 2006 (ON 14). Wie sich aus der Aktenlage ergibt, wurde der Beschluss ON 14 an den - unbekannt verzogenen - Verpflichteten bis dato noch nicht zugestellt, sodass dieser Beschluss bisher nicht in Rechtskraft erwachsen ist.

2. Die Zustellung des Beschlusses ON 17 erfolgte an den Verpflichteten „zu Handen des Notars Mag. Dr. Josef Kurz". Dieser erachtete sich als Vertreter des Verpflichteten und beauftragte in dessen Namen RA Dr. Thomas Zelger mit der Einbringung des Rekurses. Das Rekursgericht wies diesen Rekurs zurück:

Rechtliche Beurteilung

Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt nicht vor, wenn das Rekursgericht unter Anwendung der bei der Vertragsauslegung als maßgeblich erachteten Grundsätze den Vertragspunkt XV. des zwischen dem Verpflichteten als Verkäufer und den beiden Käufern dessen Liegenschaft abgeschlossenen Kaufvertrag („die Vertragsparteien bevollmächtigen den öffentlichen Notar Mag. Dr. Josef Kurz ... mit der Errichtung und Verbücherung dieses Vertrages und erteilen ihm jegliche hiezu erforderliche Einschreitungs- und Zustellungsvollmacht" ...) dahin ausgelegt hat, dass der Verpflichtete dem genannten Notar Vollmacht lediglich zur Abwicklung des Kaufvertrags im Verhältnis zwischen ihm und den Käufern erteilt hat, nicht jedoch dazu, ihn im vorliegenden Exekutionsverfahren, das zwischen ihm und einem seiner Gläubiger anhängig ist, zu vertreten. Da der Umfang der dem Notar erteilten Vollmacht durch Auslegung eines auf die Umstände des ganz bestimmten Falls abgestellten Vertrags zu eruieren ist, liegt keine Rechtsfrage vor, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0044358 [T2]).

Mangelte es dem Notar an der Bevollmächtigung, für den Verpflichteten im vorliegenden Exekutionsverfahren einzuschreiten, war nicht nur die an ihn für den Verpflichteten erfolgte Zustellung des Beschlusses ON 17 unwirksam, sondern war es ihm verwehrt, einen Rechtsanwalt mit der Erhebung des Revisionsrekurses für den Verpflichteten zu beauftragen. Der dennoch beauftragte Rechtsanwalt konnte sich auch nicht erfolgreich auf die ihm vom Verpflichteten erteilte Bevollmächtigung gemäß § 30 Abs 2 ZPO berufen. Die Berufung auf die Vollmacht erübrigt nach ständiger Rechtsprechung nämlich nur deren urkundlichen Nachweis, ersetzt aber niemals deren Erteilung (4 Ob 128/97w = SZ 70/128; RIS-Justiz RS0035830). Die - nach einem erfolglos gebliebenen Verbesserungsauftrag zum Nachweis der Bevollmächtigung erfolgte - Zurückweisung des für den Verpflichteten eingebrachten Rekurses steht mit dieser Rechtsprechung in Einklang.

Die Zustellung des Beschlusses ON 17 an den Verpflichteten wird demnach nachzuholen sein.

3. Das Erstgericht veranlasste die Zustellung des Beschlusses ON 17 weiters an den Notar Mag. Dr. Josef Kurz (persönlich). Dieser erhob dagegen im eigenen Namen (vertreten durch den RA Dr. Thomas Zelger) Rekurs. Auch diesen Rekurs wies das Rekursgericht zurück:

Der Oberste Gerichtshof sprach wiederholt aus, dass im Exekutionsverfahren zum Rekurs neben den Parteien nur diejenigen Personen berechtigt sind, die aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften als Beteiligte des Exekutionsverfahrens oder eines Abschnitts dieses Verfahrens anzusehen sind (3 Ob 203/93 = RdW 1994, 176 mwN). Jemand anderem - auch wenn er sich durch einen Beschluss in seinen Rechten verletzt erachtet - steht ein Rekursrecht im Allgemeinen nicht zu (RIS-Justiz RS0002162). Als Ausnahme besteht ein Rechtsmittelrecht eines sonstigen Beteiligten, wenn ihm ein Rekursrecht gesetzlich eingeräumt ist oder wenn die anzufechtende Entscheidung auf seine Rechtsstellung unmittelbaren Einfluss hat (RIS-Justiz RS0110287). Ob dies zutrifft, ist nicht nur nach den Bestimmungen der EO, sondern nach allen in Betracht kommenden Normen der Rechtsordnung zu beurteilen (3 Ob 135/98v = SZ 71/110 ua; Jakusch in Angst2, EO § 65 Rz 3). Im Rahmen dieser Rechtsprechung hält sich die Rechtsansicht des Rekursgerichts, der mit der Kaufvertragserrichtung und Verbücherung beauftragte Notar sei in seiner Rechtsstellung durch die angefochtene Entscheidung nicht unmittelbar berührt. Dass sich der Notar mit Schadenersatzansprüchen der beiden Käufer konfrontiert sieht, da er - seinem Vorbringen nach - durch den gesetzwidrigen Beschluss daran gehindert worden sei, den ihm erteilten Treuhandauftrag ordnungsgemäß durchzuführen, begründet lediglich einen wirtschaftlichen Nachteil. Bloße wirtschaftliche Nachteile verschaffen jedoch keine Beteiligtenstellung (3 Ob 68/06f = RPflE 2006/136). Kommt dem Notar bzw Treuhänder keine Beteiligtenstellung zu, erfolgte die Verneinung seiner Rekurslegitimation zu Recht.

4. Das Rekursgericht wird nunmehr über den von den Käufern der Liegenschaft eingebrachten Rekurs gegen den Beschluss ON 17 zu entscheiden haben, den diese erst erheben konnten, nachdem ihnen aufgrund ihres zweiten Zustellersuchens dieser Beschluss letztendlich doch zugestellt worden war.

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