OGH 6Ob201/08i

OGH6Ob201/08i6.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans-Jürgen R*****, vertreten durch Stock & Fitzal Rechtsanwälte OG in Zell am See, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger und Dr. Brigitte Piber, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 13.989,51 EUR sA und Feststellung (Streitwert 3.000 EUR) (Revisionsinteresse 6.994,76 EUR und Feststellung), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 27. Mai 2008, GZ 2 R 244/07a-27, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 25. Oktober 2007, GZ 9 Cg 48/06v-22, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 742,27 EUR (darin 123,71 EUR) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht bewertete seinen Entscheidungsgegenstand gemäß § 500 Abs 2 ZPO mit einem 20.000 EUR übersteigenden Betrag und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist. Damit stand den Parteien gemäß § 505 Abs 4 ZPO gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts nur das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision offen. Sowohl der an das Berufungsgericht gerichtete Antrag der Beklagten gemäß § 508 ZPO auf Abänderung seines Zulassungsausspruchs als auch die weitere Entscheidung des Berufungsgerichts, mit dem es die Revision nachträglich zuließ, waren daher verfehlt; die Entscheidung des Berufungsgerichts ist im Hinblick auf § 508a Abs 1 ZPO für den Obersten Gerichtshof nicht bindend. Der Schriftsatz der Beklagten, der ohnehin Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision enthält, ist als außerordentliche Revision zu behandeln.

2. Das Berufungsgericht hat der Beklagten zur Last gelegt, der vom Kläger als Gast des von der Beklagten betriebenen Restaurants benützte Eingangsbereich sei nicht mit entsprechenden Sicherungs- oder Haltevorrichtungen ausgestattet, obwohl die drei von der Straße zum Restauranteingang führenden Stufen infolge der extremen, mit Verwehungen verbundenen Schneelage in dem 1.700 m hoch gelegenen Schiort nur so geräumt werden, dass der Schnee derart von oben nach unten geschaufelt wird, dass sich über alle drei Stufen eine flache Rampe mit einer Steigung von 10 Grad bildet; die Beklagte habe daher für die Hälfte des vom Kläger erlittenen Schadens einzustehen. Gegen diese Auffassung wendet sich die Beklagte insbesondere unter Hinweis auf die Entscheidung 2 Ob 583/93 und strebt die Wiederherstellung des das Klagebegehren zur Gänze abweisenden Ersturteils an; auch die vom Berufungsgericht als maßgeblich erachteten Vorschriften des Salzburger Bautechnikgesetzes kämen nicht zur Anwendung.

2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0110202) hängt der konkrete Inhalt von Verkehrssicherungspflichten immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Die außerordentliche Revision vermag nicht aufzuzeigen, worin die über diesen Einzelfall an Bedeutung hinausgehende Rechtsfrage liegen soll.

2.2. Soweit die Beklagte meint, das Berufungsgericht sei von der erwähnten Entscheidung 2 Ob 583/93 abgewichen, vermag dem der Oberste Gerichtshof nicht zu folgen: Während nämlich die dortige Klägerin etwa 3 m von der Treppe entfernt und offensichtlich bereits im an das Lokal angrenzenden Pistenbereich zu Sturz gekommen war, befinden sich im hier zu beurteilenden Fall jene Stufen, über die eine Schneerampe gebildet worden war und auf denen der Kläger zu Sturz kam, im unmittelbaren Eingangsbereich des Restaurants, wie dies auch die im Strafakt erliegenden Lichtbilder zeigen.

2.3. Damit ähnelt dieser Sachverhalt aber dem zu 8 Ob 533/89 beurteilten, wo ebenfalls eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten und eine Haftung der dortigen Beklagten im Ausmaß von 50 % angenommen wurde. Der Oberste Gerichtshof führte dabei begründend aus, es dürften zwar die Verkehrssicherungspflichten gewiss nicht durch die extreme Forderung überspannt werden, dass etwa in hochalpinen Schigebieten Tag und Nacht ständig völlige Schnee- und Eisfreiheit der Hotelein- und -ausgänge verlangt wird, wenn die von den Hotelgästen benützte Schipiste bis unmittelbar an das Hotel heranführt (was die Beklagte im vorliegenden Verfahren auch hinsichtlich ihres Restaurants behauptet); eine vollständige Erfüllung zumutbarer Verkehrssicherungspflichten über die Schneeräumung hinaus hätte jedoch die Ausstattung des gesamten Eingangsbereichs mit entsprechenden Sicherungs- oder Haltevorrichtungen bedeutet. Es ist auch im vorliegenden Verfahren nicht ersichtlich, weshalb die durch Schneeaufschüttung gebildete Rampe nicht derart gesichert werden hätte können.

2.4. Auf die Frage, ob die Bestimmungen des Salzburger Bautechnikgesetzes die Anbringung eines Geländers zwingend vorgesehen hätten (was die Beklagte bestreitet), kommt es nicht an (vgl auch in diesem Zusammenhang 8 Ob 533/89 zu den Tiroler Bauvorschriften).

3. Der Kläger hat in der Revisionsbeantwortung, die ihm vom Berufungsgericht freigestellt worden ist, auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

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