OGH 9Ob32/08h

OGH9Ob32/08h8.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Norbert ***** H*****, Wirtschaftsjurist, *****, vertreten durch Dr. Josef Hofer und Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei V***** reg. GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Mandl, Rechtsanwalt in Altheim, wegen 39.851,60 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 15. Jänner 2008, GZ 3 R 211/07f-33, mit dem das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 28. August 2007, GZ 2 Cg 120/06m-27, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.970,28 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten 328,38 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung

Im September 2001 schloss die damals 79jährige Kusine des Klägers (in der Folge: Anlegerin) über Vermittlung der beklagten Bank mit der Allgemeinen Versicherungsdienst GmbH (in der Folge: AVD) die „Kauf- und Treuhandvereinbarung AVD-Portfolio" Beil ./A. Mit dieser Vereinbarung kaufte die Anlegerin von der GmbH um 5 Mio ATS (zuzüglich 125.000 ATS Einstiegsgebühren) Miteigentumsanteile an britischen Er- und Ablebensversicherungspolizzen, und zwar 15 Portfolios mit im Jahresabstand gestaffelten Ablaufdaten, beginnend mit 2004 und endend mit 2018.

Über die im Vorfeld des Vertragsabschlusses erfolgte Beratung der Anlegerin durch die Beklagte stellte das Erstgericht - soweit im Rekursverfahren noch von Interesse - folgenden Sachverhalt fest:

Die Anlegerin, die bereits seit 1997 über ein Wertpapierdepot bei der Beklagten verfügte, teilte der Kundenbetreuerin der Beklagten 2001 mit, sie erwarte einen Geldfluss von etwa 14 Mio ATS und wolle diesen Betrag bei der Beklagten anlegen. Sie wolle dieses Geld dem Kläger hinterlassen, aber aus seiner Veranlagung eine Rente beziehen. Sie habe nämlich ihre Landwirtschaft, aus deren Einkünften sie bisher ihren Unterhalt bestritten habe, verkauft.

In der Folge wendete sich auch der die Anlegerin bei der Anlage unterstützende Kläger an die Beklagte und teilte mit, dass die Anlegerin insgesamt 14.394.825 ATS ausgezahlt erhalte, die „höchstmöglich verzinst liegenbleiben" sollten; die Laufzeit solle „zumindest bis zum Ableben" der Anlegerin, „jedoch zumindest 10 Jahre" betragen. Ab Jänner 2005 solle ein jährlicher Auszahlungsbetrag zur Verfügung stehen, der aufgrund einer Höchstverzinsung berechnet und so gestaltet sei, dass als Teilausgleich für die Inflationsrate zumindest ein Kapitalzuwachs von 1 % pa bestehe.

Die Kundenberaterin informierte daraufhin die Anlegerin und den Kläger bei mehreren Beratungsgesprächen ua über das „AVD-Rentenmodell" der AVD, das auf dem Erwerb von englischen Versicherungsverträgen beruht, die den Versicherungsnehmern günstig abgekauft und bis zum Ende der Laufzeit ausgezahlt wurden, um eine lukrative Ablaufleistung zu lukrieren. Die Kundenbetreuerin führte ua aus, dass man etwa bei sofortiger Einzahlung von 1 Mio ATS ab September 2004 bis Dezember 2016 jährlich 151.608 ATS - bei Kapitalerhalt - lukrieren könne. Unter Hinweis darauf, dass beim AVD-Rentenmodell nach Ablauf der Gesamtlaufzeit das veranlagte Kapital erhalten bleibe und die Anlegerin während der Laufzeit die von ihr gewünschte Rente - die Anlegerin sprach von 3.000 EUR monatlich - beziehen werde, wurde dieses Modell als für die Zwecke der Anlegerin geeignetes Nischenprodukt angesehen. Das Modell wurde an Hand des dem Kläger ausgehändigten Handbuchs für Kunden der AVD und unter Verwendung der Beratermappe des AVD detailliert vorgestellt. Unter anderem wird in der Beratermappe ausgeführt, dass die Renditen je nach Restlaufzeit der Polizzen zwischen 7 % und 13 % pa liegen. Es wurden sämtliche Vorteile, aber auch Nachteile und Risken dargestellt, wobei als „worst-case-Szenario" eine Rendite von nur 0 bis 1 % bei Verbleib des eingesetzten Kapitals bezeichnet wurde. Es wurde auch eine Modellberechnung erstellt, die ebenfalls Risikohinweise enthielt. Ua wurde darauf hingewiesen, dass sich die voraussichtliche Ablaufleistung aus den tatsächlich erwirtschafteten Ergebnissen der Versicherungsgesellschaften errechne; daher seien Abweichungen zur Modellrechnung, die auf dem derzeitigen GBP-Kurs beruhe, möglich. Die künftige Entwicklung des Kurses könne die Ergebnisse negativ wie auch positiv beeinflussen.

Am 10. 9. 2001 unterfertigte die Anlegerin die Kauf- und Treuhandvereinbarung Beilage ./A. Anlässlich der Unterfertigung erstellte die Beklagte noch einmal eine Modellberechnung, nach der das letzte Portfolio am 23. 12. 2018 ablaufen sollte. Die voraussichtliche jährliche Ablaufleistung sollte 693.622,10 ATS betragen, was einer monatlichen Rente von 57.801,83 ATS entspricht. Das voraussichtlich verbleibende Kapital sollte 5 Mio ATS betragen. Auch diese Modellberechnung und andere der Anlegerin ausgefolgte Unterlagen erhielten Risikohinweise mit dem schon oben angeführten Inhalt.

Mit den ersten beiden der erworbenen Portfolios erzielte die Klägerin in der Folge nicht nur keine Rendite, sondern einen Kapitalverlust von ca 30 %. Dieser Verlust ist einerseits auf Pfundschwankungen und andererseits auf die kurzen Restlaufzeiten der in diesen Portfolios enthaltenen Versicherungspolizzen zurückzuführen.

Das AVD-Rentenmodell ist ein nicht gängiges Spezialprodukt. In der von der Beklagten angewendeten Risikopyramide, die fünf Risikoklassen aufweist, ist es in die Risikoklasse 3 bis 4 einzuordnen. Es ist nicht feststellbar, dass beim AVD-Rentenmodell ein Verlust des eingesetzten Kapitals von 5 Mio ATS systemimmanent nicht möglich ist. Mit der Behauptung, die Anlegerin habe ihm ihre Ersatzansprüche gegen die Beklagte aus fehlerhafter Beratung abgetreten, begehrt der Kläger mit seiner Klage primär die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 39.851,60 EUR samt 4 % Zinsen seit 14. 4. 2006, hilfsweise die Feststellung der Haftung der Beklagten für die Differenz der Abrechnung der ersten beiden Portfolios in Höhe von insgesamt 39.000,60 EUR samt 4 % Zinsen ab 14. 4. 2006, soweit das eingesetzte Kapital von 5 Mio ATS zuzüglich 4 % Zinsen aus der Veranlagung am Ende der Laufzeit nicht wieder erlangt werden könne. Eventualiter wird die Feststellung begehrt, dass die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung bei Abschluss der Kauf- und Treuhandvereinbarung hafte.

Obwohl die Anlegerin erklärt habe, eine Vermögensanlage mit höchster Sicherheit zu wollen, die ihr das Kapital erhalte und eine Rente zur Deckung ihres Unterhalts gewährleiste, habe ihr die Beklagte eine hochspekulative Geldanlage mit schwer abschätzbaren Risken empfohlen. Bei richtiger und vollständiger Beratung hätte die Anlegerin von dieser Anlageform Abstand genommen. Die Beklagte hafte daher für den Vertrauensschaden in Form der Differenz zwischen dem für die beiden ersten Portfolios eingesetzten Kapital von 83.035,84 EUR und der erhaltenen Auszahlung von 51.855,64 EUR sowie für die bei einer risikolosen Veranlagung erzielbare 4 %ige Verzinsung des eingesetzten Kapitals.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie habe die Anlegerin, die umfangreiche Kenntnisse in allen Bereichen des Wertpapierhandels aufgewiesen habe, richtig, vollständig und mängelfrei aufgeklärt. Zudem sei die Klägerin bei der Veranlagung vom Kläger unterstützt worden. Im Übrigen sei die Gesamtveranlagung von 5 Mio ATS bis zum Jahr 2018 zu bewerten, weil eine Teilung der Werte nach Ablauf der einzelnen Portfolios von den Vertragsparteien weder angedacht noch vereinbart gewesen sei. Trotz der Auszahlung zweier Tranchen des Gesamtinvestments sei von einer innerhalb der Risikobandbreite befindlichen Entwicklung auszugehen, sodass erst am Ende der Laufzeit beurteilt werden könne, ob für die Anlegerin tatsächlich ein Schaden entstanden sei. Der Kläger sei nicht aktiv klagelegitimiert.

Das Erstgericht wies alle Klagebegehren ab.

Es bejahte die Klagelegitimation des Klägers, verneinte aber eine Verletzung der Beratungs- und Aufklärungspflichten durch die Beklagte. Die Aufklärung der Anlegerin habe dem Gebot vollständiger, richtiger, rechtzeitiger und verständlicher Beratung iSd § 13 des hier noch anzuwendenden WertpapieraufsichtsG 1996 (WAG) entsprochen. Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht hob das Ersturteil auf, verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, bei der Anlageberatung und Anlagevermittlung die Wohlverhaltensregeln des § 13 WAG 1996 einzuhalten. § 13 Z 3 WAG enthalte einen Katalog von Nachforschungspflichten, der sich auf Erfahrungen oder Kenntnisse, Anlageziele und finanzielle Verhältnisse des Kunden beziehe. Die Bank habe ein „Anlegerprofil" zu erstellen, das die persönlichen Bedürfnisse des Kunden in ausreichender Form berücksichtige. Damit solle dem Anlageberater eine anlage- und anlegergerechte Beratung ermöglicht werden. Vom Kunden seien auch Angaben über seine Einstellung zum Risiko zu verlangen, weil sonst die Gefahr bestehe, dass das Anlageziel nicht mit dem gewählten Produkt in Einklang stehe. Bei der Beurteilung des Anlagezwecks komme es vor allem auf die Risikobereitschaft des Anlegers an. Meist sei das Anlageziel des Kunden unbestimmt und oft auch unrealistisch (hohe Rendite, aber kein Risiko). Zudem sei die Risikobereitschaft eines Anlegers bei den einzelnen Anlagezielen erfahrungsgemäß unterschiedlich. So könne der Anleger etwa hinsichtlich seiner Altersvorsorge sehr risikoscheu sein, während er bei einer spekulativen (Teil-)Anlage in seinem frei verfügbaren Vermögen bereit sei, ein deutlich höheres Risiko einzugehen. Die Beratung habe insbesondere eine umfassende Risikoaufklärung zu umfassen. Der Umfang der Beratungspflicht hänge vom Fachwissen des Kunden, seinen finanziellen Möglichkeiten, vom Anlageziel und vom ins Auge gefassten Anlageobjekt ab. Hier sei eine Befragung der Anlegerin über ihre subjektive Risikobereitschaft unterblieben, obwohl es die von der Anlegerin genannten Anlageziele („Vermögen hinterlassen", „aus der Veranlagung eine Rente zu beziehen, um den Unterhalt der Anlegerin zu bestreiten", „Vermögen soll höchstmöglich verzinst liegenbleiben") dringend nahegelegt hätten, zu hinterfragen, ob sie trotz des Unterhaltszwecks der Veranlagung im Hinblick auf eine angestrebte hohe Rente, die einer jährlichen Rendite von knapp 10 % entspräche, bereit sei, das Risiko eines Teilverlusts des Kapitals zu akzeptieren. Dass die Anlegerin bereits früher bei der Beklagten ein Wertpapierdepot zum Ankauf von gemischten Fonds mit Aktienanteilen eröffnet habe, besage nicht, dass die Anlegerin auch bei der nunmehrigen Anlage, die ihr eine Rente zur Bestreitung ihres Unterhalts sichern sollte, das Risiko eines Teilverlusts des eingesetzten Kapitals in Kauf zu nehmen bereit gewesen sei. Die Beklagte habe demnach kein ausreichendes Anlegerprofil erstellt. Überdies sei die (nach unzureichender Befragung zur subjektiven Risikobereitschaft) erfolgte Risikoaufklärung der Anlegerin zumindest unvollständig geblieben. Das mit der Anlegerin erörterte „worst-case-Szenario" (Rendite von nur 0 bis 1 % und Verbleib des eingesetzten Kapitals) habe - losgelöst vom erörterten Währungsrisiko und dem nie völlig auszuschließenden Insolvenzrisiko der Versicherungsunternehmen - nicht den Tatsachen entsprochen, weil tatsächlich nach Ablauf der beiden ersten Portfolios nicht einmal das von der Anlegerin - ohne Einstiegsgebühr - eingesetzte Kapital ausgezahlt worden sei. Es stehe auch nicht fest, dass bei diesem Modell ein Verlust des eingesetzten Kapitals systemimmanent nicht möglich sei. Eine anlage- und anlegergerechte Beratung der Anlegerin, die aus den Erträgnissen der Veranlagung ihren Lebensunterhalt bestreiten habe wollen, hätte einen ausdrücklichen und deutlichen Hinweis auf das Risiko eines nicht auszuschließenden Teilverlusts des eingesetzten Kapitals bedurft. Die Beklagte habe daher auch ihre Informationspflicht nach § 13 Z 4 WAG verletzt.

Nach § 15 Abs 1 WAG könne bei (auch nur leicht fahrlässiger) Verletzung der Pflichten nach den §§ 13 und 14 WAG Schadenersatz verlangt werden. Falle der Bank eine Verletzung von Aufklärungspflichten zur Last, sei zu prüfen, wie der Kunde stünde, wäre er ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Grundsätzlich sei dem Anleger das negative Vertragsinteresse zu ersetzen; er sei so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Aufklärung stünde. Um die Berechtigung des Schadenersatzanspruchs der Klägerin beurteilen zu können, bedürfe es noch Feststellungen dazu, ob die Anlegerin - wäre sie ordnungsgemäß informiert worden - von der Veranlagung in AVD-Portfolios Abstand genommen und stattdessen eine risikolose Veranlagung gewählt hätte. Bejahendenfalls sei festzustellen, welche Rendite die Anlegerin mit dieser risikolosen Veranlagung in den Jahren 2002 bis 2005 erzielt hätte. Es fehlten auch Feststellungen zur behaupteten Abtretung der Schadenersatzansprüche der Anlegerin an den Kläger. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil höchstgerichtliche Judikatur zu den zivilrechtlichen Folgen einer Verletzung von Erkundigungspflichten nach § 13 Z 3 WAG und deren Auswirkung auf den Umfang der Informationspflichten nach § 13 Z 4 WAG fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene Rekurs der Beklagten ist trotz des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Die Rechtsprechung ging bereits vor dem Inkrafttreten des WAG 1996 davon aus, dass die Bank bei Abschluss eines Effektengeschäfts auch ohne Bestehen eines besonderen Beratungsvertrags Aufklärungs- und Beratungspflichten treffen (9 Ob 230/02t = ÖBA 2003, 959 mwN; 5 Ob 106/05g = ÖBA 2006, 376 mwN). Dabei ist ein strenger Maßstab an die Sorgfalt der Bank anzulegen, darf doch der Kunde darauf vertrauen, dass sie über spezifisches Fachwissen im Wertpapierhandel verfügt, aber auch darauf, dass sie ihn bei Abschluss und Durchführung solcher Geschäfte umfassend berät (9 Ob 230/02t mwN ua; RIS-Justiz RS0026135). Entscheidend sind einerseits die erkennbare Unerfahrenheit und Informationsbedürftigkeit des konkreten Kunden, andererseits die Art des beabsichtigten Geschäfts bzw Wertpapiers (9 Ob 230/02t mwN; 5 Ob 106/05g mwN; zuletzt etwa 10 Ob 11/07a). Die am 1. 7. 1997 in Kraft getretenen „Wohlverhaltensregeln" der §§ 13 bis 15 WAG enthalten eine gesetzliche Konkretisierung der Schutz- und Sorgfaltspflichten einer Bank bei Abschluss von Effektengeschäften. Insbesondere in § 13 Z 3 und 4 WAG wird die Verpflichtung zu einer anleger- und objektgerechten Beratung festgeschrieben. So verpflichtet § 13 Z 3 WAG die normunterworfenen Rechtsträger dazu, „von ihren Kunden Angaben über ihre Erfahrungen oder Kenntnisse in Geschäften, die Gegenstand der Wertpapierleistungen sein sollen, über ihre mit den Geschäften verfolgten Ziele und über ihre finanziellen Verhältnisse zu verlangen, soweit dies zur Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist". § 13 Z 4 WAG trägt den genannten Rechtsträgern auf, „ihren Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen, soweit dies zur Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist". Die beiden Bestimmungen schreiben damit die schon bisher von der Rechtsprechung (und der Lehre) zu Effektengeschäften, insbesondere aus culpa in contrahendo, positiver Forderungsverletzung und aus Beratungsvertrag abgeleiteten Aufklärungs- und Beratungspflichten fest (5 Ob 106/05g; 10 Ob 11/07a je mwN). Die konkrete Ausgestaltung und der Umfang der Beratung ergibt sich dabei jeweils im Einzelfall in Abhängigkeit vom Kunden, insbesondere von dessen Professionalität, sowie von den ins Auge gefassten Anlageobjekten (5 Ob 106/05g; 10 Ob 11/07a ua). Mit § 15 WAG wurde schließlich eine ausdrückliche Haftungsnorm geschaffen, die die grundsätzliche Sicherstellung der Haftung des Rechtsträgers bei Verletzung der Bestimmungen der §§ 13 und 14 WAG auch bei leichter Fahrlässigkeit bezweckt (3 Ob 289/05d mwN = ÖBA 2006, 925; 9 Ob 230/02t mwN). § 15 Abs 1 WAG schafft so eine auf den allgemeinen Schadenersatzregelungen aufbauende, abgeschlossene Haftungsnorm, die eine gesetzliche Konkretisierung vor- und nebenvertraglicher Verpflichtungen enthält (3 Ob 289/05d mwN). Bei Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten ist der Anleger grundsätzlich so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Aufklärung stünde (3 Ob 40/07i = JBl 2008, 49 [Mader]; 3 Ob 289/05d mwN; RIS-Justiz RS0108267). Das Berufungsgericht hat diese Rechtslage und die dazu ergangene Judikatur seiner Entscheidung zugrunde gelegt und befindet sich mit seinen Rechtsausführungen zu den Wohlverhaltensregeln des § 13 WAG auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Von fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu den Folgen einer Verletzung der Wohlverhaltensregeln des § 13 WAG 1996 kann keine Rede sein. Im Rekursverfahren strittig ist lediglich die Anwendung dieser Rechtsprechung auf den konkreten Einzelfall, also die einzelfallbezogene Konkretisierung der Pflichten zur anleger- und anlagegerechten Beratung. Damit kann aber die Zulässigkeit des Rekurses nicht gerechtfertigt werden: Die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten, die von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig sind, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageprojekt beziehen, hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab (4 Ob 2/08k; 9 Ob 90/04t; 9 Ob 10/04t; 9 Ob 230/02t; RIS-Justiz RS0029601), die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründen. Gegenteiliges gilt nur dann, wenn eine grobe Fehlbeurteilung vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0106373). Davon kann jedoch im vorliegenden Fall keine Rede sein. Die im Rekurs vorgebrachten Einwände sind sämtlich nicht geeignet, eine für die Entscheidung bedeutsame Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO umschriebenen Qualität aufzuzeigen:

Die von der Beklagten bekämpfte Rechtsauffassung der zweiten Instanz, dass die Beklagte trotz der schon bestehenden Geschäftsbeziehung zur Erkundigung iSd § 13 Z 3 WAG bzw zur Erstellung eines Anlegerprofils verpflichtet war, ist alles andere als unvertretbar. Dies wird durch das Rekursvorbringen in Wahrheit noch unterstrichen: Die Rekurswerberin selbst weist darauf hin, dass die vom Anleger eingeholten Informationen nicht dauerhaft gültig sind und dass daher jedenfalls dann eine Erkundigungspflicht anzunehmen ist, wenn Veränderungen der Vermögensverhältnisse des Kunden erkennbar werden oder Änderungen nicht vollkommen ausgeschlossen werden können. Dieser Überlegungen ist vollinhaltlich beizupflichten; sie ist im Übrigen aus den schon vom Berufungsgericht hervorgehobenen Gründen auch auf die Angaben des Anlegers über seine Risikobereitschaft zu übertragen. Hier hatte zwar die Anlegerin bereits ein Wertpapierdepot bei der Beklagten eröffnet; durch den Zufluss von hohen Geldsummen und den Wunsch, dieses Vermögen so anzulegen, dass unter Wahrung der Substanz eine zur Deckung des Lebensunterhalts notwendige Rente erzielt werden soll, sind aber entscheidende Änderungen eingetreten, die es verbieten, die Erkenntnisse über das frühere Anlageverhalten der Anlegerin zum Anlass zu nehmen, von der eingehenden Erkundigung nach § 13 Z 3 WAG Abstand zu nehmen. Zu Recht hat das Berufungsgericht dazu ausgeführt, dass die Risikobereitschaft eines Anlegers im Zusammenhang mit der Sicherung seiner Altersversorgung oder seines Lebensunterhalts völlig anders sein kann, als im Zusammenhang mit Anlagen, die andere Zwecke verfolgen.

Auch die Rechtsauffassung, dass die Beklagte die Anlegerin auf die Möglichkeit eines Teilverlusts des Kapitals hinweisen hätte müssen, ist keine unvertretbare Überspannung der Aufklärungsverpflichtung der Beklagten. Gerade der Zweck der Anlage, der Anlegerin (bei Erhalt der Substanz des Vermögens) eine Rente zur Deckung ihres Lebensunterhalts zu sichern, verlangt eine umfassende Risikoaufklärung. Dass das Berufungsgericht vor diesem Hintergrund die Erklärungen der Kundenbetreuer der Beklagten über ein „worst-case-Szenario" mit einer Verzinsung von 0 bis 1 % als unvollständig erachtete, ist daher unter den gegebenen Umständen - die Anlegerin musste bei den ersten beiden Portfolios einen nicht unbeträchtlichen Kapitalverlust hinnehmen - keineswegs unvertretbar. Risikohinweise, in denen die Möglichkeit eines teilweisen Kapitalverlusts nicht erwähnt wurde, können daran ebenso wenig ändern, wie die im Rekurs hervorgehobene Information der Anlegerin über die Details der Anlage.

Die Ausführungen der zweiten Instanz über die schadenersatzrechtlichen Folgen fehlerhafter Aufklärung stehen im Einklang mit der bereits oben zitierten Rechtsprechung. Auf die Entscheidung 8 Ob 123/05d kann sich die Rekurswerberin nicht mit Erfolg berufen: Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung die Höhe des Schadens des fehlerhaft beratenen Anlegers als noch nicht feststellbar erachtete, weil weitere Kursschwankungen der vom damals klagenden Anleger nach wie vor gehaltenen Wertpapiere bis zu deren Verkauf zwangsläufig zu erwarten waren. Mangels Bezifferbarkeit des dem Anleger endgültig entstandenen Schadens zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz sei daher eine auf Geldleistung gerichtete Schadenersatzklage nicht möglich; vielmehr sei der Anleger - sofern er nicht entweder versucht, Naturalrestitution zu erlangen oder die Papiere verkaufe - auf einen Feststellungsanspruch zu verweisen. Diese Überlegung will die Beklagte auf den hier zu beurteilenden Fall übertragen: Auch hier könne erst nach Ablauf der Laufzeit der Veranlagung im Jahr 2018 beurteilt werden, ob überhaupt und in welcher Höhe der Anlegerin ein Schaden entstanden sei. Der zu 8 Ob 123/05d beurteilte Sachverhalt ist jedoch mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar: Gegenstand des Verfahrens sind die Ansprüche, die die Anlegerin aus der Abrechnung der ersten beiden Portfolios ableitet. Diese Portfolios sind abgelaufen und abgerechnet, sodass der daraus der Anlegerin (allenfalls) entstandene Schaden nach der vom Berufungsgericht als notwendigen Verfahrensergänzung abschließend beurteilbar ist. Die von der Beklagten offenkundig vertretene Auffassung, die 15 im Verlauf von ebenso vielen Jahren ablaufenden Portfolios seien als Einheit zu betrachten, sodass der Erfolg der Anlage erst 2018 beurteilt werden könne, lässt außer Betracht, dass die Stückelung der Anlage in 15 Portfolios dem Wunsch der Anlegerin entsprach, schon während der Laufzeit der Anlage eine Rente zur Deckung ihres Lebensunterhalts zu erzielen. Die der Berufungsentscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung, die einzelnen Portfolios seien nach dem Parteiwillen getrennt zu betrachten, ist daher keineswegs unvertretbar; vielmehr würde der Standpunkt der Beklagten, der Erfolg der Veranlagung könne erst 2018 beurteilt werden, den der Beratung zugrunde gelegten Wunsch, aus den Erträgen der einzelnen Portfolios ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, völlig ignorieren. Der Einwand der Beklagten, der Kläger sei zur Erhebung eines Feststellungsbegehrens nicht legitimiert, weil die von ihm behauptete Zession des (ziffernmäßig bestimmten) Schadenersatzanspruchs der Anlegerin das Recht auf Erhebung eines Feststellungsbegehrens nicht umfasse, könnte nur im Falle der Abweisung des primär gestellten Zahlungsbegehrens zum Tragen kommen. Vor allem aber ist er verfehlt:

Die Abtretung bewirkt einen Übergang der materiell-rechtlichen Position der Zedentin auf den Zessionar, sodass letzterem die Schadenersatzforderung zusteht. Damit ist er berechtigt, sämtliche verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung seiner Forderung einzusetzen. Die Meinung der Rekurswerberin, diese Möglichkeit sei auf die Erhebung eines Zahlungsbegehrens beschränkt, schließe aber die nach Lage des Falles indizierte Geltendmachung eines Feststellungsbegehrens aus, entbehrt jeglicher Grundlage. Schließlich macht die Rekurswerberin geltend, dass das Berufungsgericht zur Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung nicht berechtigt gewesen sei, weil der Kläger in zweiter Instanz nur einen Abänderungs-, aber keinen Aufhebungsantrag gestellt hat. Auch dieser Einwand ist verfehlt, weil nach völlig herrschender Rechtsprechung ein Abänderungsantrag einen Aufhebungsantrag enthält (Kodek in Rechberger³ § 471 Rz 4 mwN; RIS-Justiz RS0041774). Da die Rekurswerberin somit keine iS des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage aufzeigt, war der Rekurs als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat in seiner Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen. Für einen Kostenvorbehalt nach § 52 Abs 1 ZPO besteht iS der jüngeren Rechtsprechung kein Anlass, weil durch die Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten wegen Unzulässigkeit eine abschließende und vom Ergebnis der Hauptsachenentscheidung unabhängige Erledigung des Rechtsmittels möglich war (2 Ob 155/06t; 2 Ob 194/07d; 2 Ob 207/07s; 5 Ob 110/08z; 8 Ob 57/07a; RIS-Justiz RS01223222).

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