OGH 9Ob61/08y

OGH9Ob61/08y8.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dipl.-Ing. Dr. Hubert L*****, 2. B***** & B***** GmbH, *****, 3. Univ.-Prof. Dr. Rudolf B*****, alle vertreten durch Mag. Christian Pilz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. H***** W*****, Vizepräsident des Landesgerichts, *****, wegen Besitzstörung (Streitwert 580 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 5. Juni 2008, GZ 7 R 68/08h-8, womit der Rekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 14. April 2008, GZ 201 Nc 14/08g-4, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die nach der Geschäftsverteilung des Erstgerichts für die Behandlung der zu 206 C 622/08d eingebrachten Besitzstörungsklage der Kläger gegen den Beklagten zuständige Richterin zeigte der Vorsteherin des Erstgerichts ihre Befangenheit aufgrund eines freundschaftlichen Verhältnisses zum Beklagten an. Die Vorsteherin des Erstgerichts erachtete mit Beschluss den angezeigten Befangenheitsgrund als gegeben und sprach aus, dass die Rechtssache vom Leiter der Gerichtsabteilung 2 weiter zu bearbeiten sei.

Das Rekursgericht wies den gegen die erstgerichtliche Entscheidung erhobenen Rekurs der Kläger zurück und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 6 ZPO jedenfalls unzulässig sei. Die Zurückweisung des Rekurses begründete das Rekursgericht damit, dass gegen die Stattgebung der Ablehnung gemäß § 24 Abs 2 JN kein Rechtsmittel stattfinde. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruhe darauf, dass sich das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen nach den Vorschriften des Verfahrens richte, in dem die Ablehnung erfolgt sei.

Gegen die Rekursentscheidung richtet sich der „Rekurs bzw Revisionsrekurs in eventu Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs verbunden mit Revisionsrekurs" der Kläger wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund mangelnder Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und das Verfahren an das Bezirksgericht Graz-West zu delegieren; hilfsweise möge der Zulässigkeitsausspruch dahin abgeändert werden, dass der Revisionsrekurs für zulässig erklärt sowie der angefochtene Beschluss abgeändert und das Verfahren an das Bezirksgericht Graz-West delegiert werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Ausdruck „Revisionsrekurs" in § 528 ZPO umfasst nicht nur Rechtsmittel gegen Sachbeschlüsse des Rekursgerichts, sondern auch gegen Formalbeschlüsse (3 Ob 314/02a; RIS-Justiz RS0044507 ua). Das Rechtsmittel der Kläger gegen die zweitinstanzliche Zurückweisung des Rekurses der Kläger gegen einen Beschluss des Erstgerichts ist somit als Revisionsrekurs zu qualifizieren. Dieser Revisionsrekurs ist jedoch unzulässig.

Gemäß § 24 Abs 2 JN findet gegen die Stattgebung der Ablehnung kein Rechtsmittel, gegen die Zurückweisung der Ablehnung der Rekurs an das zunächst übergeordnete Gericht statt. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist somit ein Rechtsmittel gegen eine Sachentscheidung der zweiten Instanz im Verfahren über die Ablehnung eines Richters stets unzulässig, wogegen der Revisionsrekurs gegen den eine Rechtsmittelerledigung aus formellen Gründen verweigernden rekursgerichtlichen Zurückweisungsgrund nicht dem aus § 24 Abs 2 JN abgeleiteten Rechtsmittelausschluss unterliegt und der Rechtszug an die dritte Instanz zwecks Prüfung dieser formellen Gründe, allerdings unter der Voraussetzung des § 528 ZPO, grundsätzlich offen steht (5 Ob 253/98m ua). Diese Grundsätze haben auch im Fall der Stattgebung der Ablehnung zu gelten (6 Ob 530/86; 6 Ob 592/94 ua). Soweit sich die Revisionsrekurswerber gegen den mit der Stattgebung der Befangenheit verbundenen Ausspruch der Vorsteherin des Erstgerichts wenden, dass die Rechtssache in der weiteren Folge vom Leiter der Gerichtsabteilung 2 weiter zu bearbeiten sei, übersehen sie, dass dieser Ausspruch rein deklarativ ist, somit weder der Rechtskraft zugänglich, noch anfechtbar ist (6 Ob 287/99w ua). Der gesetzliche Richter für das Besitzstörungsverfahren im Fall der Verhinderung des zunächst zuständigen Richters wegen Befangenheit ergibt sich aus der Geschäftsverteilung.

Im Fall einer Entscheidung über die Ablehnung eines Richters ist Entscheidungsgegenstand die in der Klage geltend gemachte Forderung (6 Ob 592/94; RIS-Justiz RS0044508 ua). Dies gilt sinngemäß auch für den vorgenannten deklarativen Ausspruch, der mit der Stattgebung der Befangenheit verbunden wurde. Es gelten daher im vorliegenden Fall für die Beurteilung der Rechtsmittelzulässigkeit gegen die Zurückweisung des Rekurses durch das Rekursgericht die Regelungen für das Besitzstörungsverfahren. Hiefür findet sich in § 528 Abs 2 Z 6 ZPO die bereits vom Rekursgericht zitierte Spezialnorm, die den Revisionsrekurs in Streitigkeiten wegen Besitzstörung jedenfalls ausschließt. Diese Bestimmung schließt für alle über Beschlüsse im Besitzstörungsverfahren erster Instanz ergehenden Entscheidungen des Rekursgerichts, mögen diese meritorischer oder formeller Art sein, die Anfechtbarkeit aus (RIS-Justiz RS0044282 ua), also auch für den hier gegenständlichen Fall der Zurückweisung eines Rekurses durch die zweite Instanz (vgl 6 Ob 530/86; 5 Ob 561/89 ua). In den Fällen des § 528 Abs 2 ZPO ist die Anfechtbarkeit von rekursgerichtlichen Entscheidungen nämlich auch dann ausgeschlossen, wenn das Gericht zweiter Instanz nicht in der Sache selbst entschied, sondern eine Sachentscheidung aus formellen Gründen ablehnte (4 Ob 22/07z ua). Ist aber der Revisionsrekurs der Kläger gemäß § 528 Abs 2 Z 6 ZPO „jedenfalls" unzulässig, dann ist er zurückzuweisen und es braucht weder die Frage, ob eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO vorliegt, geprüft werden, noch ist auf die inhaltlichen Rechtsmittelausführungen der Revisionsrekurswerber einzugehen. Der Vollständigkeit halber ist noch anzumerken, dass sich bei einem Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert, der insgesamt 4.000 EUR nicht übersteigt, von hier nicht relevanten Fällen abgesehen (§ 502 Abs 4 und 5 ZPO), aus § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ebenfalls ergeben würde, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist. Da die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses aber bereits aus § 528 Abs 2 Z 6 ZPO folgt, erübrigt sich eine Nachholung des unterbliebenen Ausspruchs des Rekursgerichts über den Wert des Entscheidungsgegenstands.

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