OGH 8Nc13/08s

OGH8Nc13/08s2.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Spenling und die Hofrätin Dr. Lovrek als weitere Richter in der beim Landesgericht Salzburg anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Dr. Ewald D*****, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) B***** GmbH, und 2.) B***** GmbH & Co KG, beide *****, beide vertreten durch Maschke & Maschke, Rechtsanwälte in Radstadt, wegen 20.720 EUR sA und Feststellung, über den Delegierungsantrag des Klägers den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, anstelle des Landesgerichts Salzburg das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, in eventu das Landesgericht Korneuburg zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt von der Zweitbeklagten als verantwortliche Liftunternehmerin und von der Erstbeklagten als deren Komplementärin Schadenersatz von 20.720 EUR sA und die Feststellung, dass die Beklagten dem Kläger für alle Schäden aus dem Schiunfall vom 22. 2. 2008 zu haften hätten. Der Kläger habe am 22. 2. 2008 einen Schiunfall erlitten und sich dabei einen Bruch des linken Schienbeins und einen Bruch des rechten Beckens zugezogen. Der Unfall habe sich ereignet, als der Kläger auf der gesicherten Abfahrtspiste etwa im letzten Viertel der Abfahrt in sehr kontrolliertem Tempo mit Kurzschwüngen vom G***** (M*****) auf der linken Pistenseite abgefahren sei und links in die Familienabfahrt (Waldstraße) habe einbiegen wollen. Plötzlich seien Schifahrer ebenfalls in Richtung Waldstraße losgefahren. Der Kläger habe ausweichen müssen. Dabei sei er über einen unmittelbar am Pistenrand befindlichen, durch einen Hügel verdeckten Holzpflock gestürzt. Dieses „künstliche" Hindernis im Pistenbereich sei nicht abgesichert und aus ankommender Sicht nicht rechtzeitig erkennbar gewesen. Die Zweitbeklagte habe durch die mangelnde Absicherung eine schwerwiegende Gefahrenquelle geschaffen und damit ihre Nebenpflicht, den Schiraum für die befugten Benutzenden in verkehrssicherem und gefahrlosem Zustand zu erhalten und sie vor erkennbaren Gefahren zu schützen, verletzt. Zur Begründung des bereits in der Klage gestellten Delegierungsantrags brachte der Kläger vor, dass die von ihm beantragten Zeugen ihren Wohnsitz in Wien hätten; der Kläger selbst wohne in B*****, habe jedoch fast täglich in Wien zu tun. Ein Lokalaugenschein werde „wohl gegen geänderte Verhältnisse der Unfallsörtlichkeit bzw der Situation im Sommer" nicht notwendig sein, weil die exakte Unfallstelle von den Beklagten nicht bestritten würde.

Die Beklagten sprachen sich in ihrer Klagebeantwortung gegen die Delegierung aus. Die zentrale Frage im Verfahren sei, ob den Beklagten ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen sei. Ob ein derartiger Verstoß vorliege, könne nur durch Vornahme eines Ortsaugenscheins geklärt werden, der während der Winterzeit vorzunehmen und „viel einfacher" über das zuständige Landesgericht Salzburg zu organisieren sei. Die Pistenverhältnisse hätten sich im Bereich der Unfallstelle nicht verändert und würden sich auch in Zukunft nicht verändern.

Das Landesgericht Salzburg wies in seiner gemäß § 31 Abs 3 JN erstatteten Äußerung zum Delegierungsantrag darauf hin, dass die Durchführung eines Ortsaugenscheins während der Wintersaison für die Beurteilung der Frage, ob die Beklagten ihren Verkehrssicherungspflichten an der Unfallstelle nachgekommen seien, unerlässlich sei. Die beantragte Delegierung erscheine daher nicht zweckmäßig.

Rechtliche Beurteilung

Eine Delegierung nach § 31 JN kommt nur in Betracht, wenn klare und überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so ist widersprechenden Parteien in der Regel der Vorzug zu geben (RIS-Justiz RS0046589). Eine großzügige Anwendung der Delegierungsbestimmungen würde sonst im Ergebnis zu einer unvertretbaren Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (RIS-Justiz RS0046589; RS0046441). Die Zweckmäßigkeit ist nach den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu beurteilen (RIS-Justiz RS0046333). Ausgehend von diesen Grundsätzen kann dem Delegierungsantrag nicht stattgegeben werden, weil eine klare überwiegende Zweckmäßigkeit zugunsten aller Parteien im vorliegenden Fall nicht zu erkennen ist. So wird in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass es in der Regel zweckmäßig ist, Schadenersatzprozesse aus einem Verkehrsunfall bei dem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete (RIS-Justiz RS0046149). Dieser Grundsatz hat auch für den hier geltend gemachten Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflichten eines Schiliftbetreibers zu gelten, wobei insbesondere hervorzuheben ist, dass die Vornahme eines Ortsaugenscheins (unter Beiziehung eines Sachverständigen) von den Beklagten bereits ausdrücklich beantragt wurde, der zweckmäßigerweise von dem Gericht des Unfallsorts durchzuführen ist (2 Nd 12/00). Da somit die Frage der Zweckmäßigkeit keinesfalls eindeutig zugunsten der Delegierung beantwortet werden kann, war der Antrag des Klägers abzuweisen.

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