OGH 7Ob109/08t

OGH7Ob109/08t27.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günther R*****, vertreten durch Dr. Gerhard Koller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, 1070 Wien, Bernardgasse 5, wegen Feststellung (Streitwert 4.100 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 4. April 2008, GZ 35 R 91/08d und 35 R 92/08a-13, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Josefstadt vom 9. Jänner 2007, GZ 4 C 749/07w-2, und vom 28. Februar 2008, GZ 4 C 749/07w-7, bestätigt wurden, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die am 10. Juni 2008 und am 12. Juni 2008 beim Obersten Gerichtshof eingelangten Anträge der klagenden Partei auf Unterbrechung des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof werden abgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass er Mitglied der Beklagten sei. Er sei am 10. 3. 1995 dem Islam beigetreten und daher Teil der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. Er habe sich den erforderlichen Riten unterzogen, lebe nach den Vorschriften seines Glaubens und vertrete seine Religion in der Öffentlichkeit. Weil die islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich keine Auskunft erteile, wer in ihren Mitgliederlisten als Mitglied geführt werde bzw „nach welchen Kriterien in Österreich lebende Anhänger des Islams außerhalb des Sprengels einer Religionsgemeinde wohnen können", habe für ihn Unklarheit bestanden, ob er in seiner Religionsgemeinschaft als Mitglied geführt werde. Er habe ein wesentliches Interesse daran, seine Religion frei auszuüben, an Veranstaltungen und Einrichtungen seiner Religionsgemeinschaft teilnehmen und sich aktiv am Leben und an der Gestaltung seiner Religionsgemeinschaft beteiligen zu können. Er habe deswegen am 8. 1. 2007 - obwohl er von Gesetzes wegen als Anhänger und Angehöriger des Islams bereits Teil dieser Religionsgemeinschaft sei - einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich sowohl an die Beklagte als auch an die Islamische Religionsgemeinde Linz gestellt. Er habe auch den Jahresmitgliedsbeitrag für das Jahr 2007 entrichtet. Damit habe er die ihm bekannten Voraussetzungen des Art 16 der Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich erfüllt. Allerdings sei ihm am 24. 1. 2007 der Jahresmitgliedsbeitrag für 2007 kommentarlos wieder rücküberwiesen worden. Er habe am 21. 2. 2007 einen neuerlichen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Auch der neuerlich entrichtete Jahresmitgliedsbeitrag für 2007 sei am 28. 2. 2007 wiederum kommentarlos rücküberwiesen worden. Er sei in keine Mitgliederlisten - weder in eine der Islamischen Religionsgemeinde Linz noch in eine der Beklagten - eingetragen worden. Daraus müsse er schließen, dass ihm die Zugehörigkeit zu seiner Religionsgesellschaft verwehrt und er damit in der Ausübung seines gesetzlichen und verfassungsmäßigen Rechts verletzt werde. Er habe daher ein wesentliches Rechtsschutzinteresse an der Feststellung, dass er Mitglied und Teil der als Religionsgesellschaft anerkannten Beklagten sei. Zudem sei die Klärung der Frage der Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft seines Glaubens Bestandteil der freien Religionsausübung und keine (bloß) innere Angelegenheit der Glaubensgemeinschaft nach Art 15 StGG. Solche Angelegenheiten würden nur Normen umfassen, die die Einrichtung und Abschaffung von Ämtern, die Anstellungsvoraussetzungen, die Abberufung von Ämtern, die Art der Amtsführung, Amtstitel und dergleichen beträfen, nicht aber die Frage der Zugehörigkeit eines Religionsangehörigen, weil diese ein höchstpersönliches Recht betreffe, das durch Gesetze garantiert werde. Er habe schließlich auch ein wesentliches Interesse daran, als Teil der Beklagten von seinem demokratischen Recht zur Teilnahme an deren Wahlen im Jahr 2008 Gebrauch zu machen; auch deshalb sei die Führung seiner Person in den Mitgliederlisten der Beklagten erforderlich.

Das Erstgericht wies die Klage a limine zurück. Bei der Frage, ob eine Person ein Mitglied einer Religionsgemeinschaft sei, handle es sich um eine innere Angelegenheit der Religionsgemeinschaft im Sinn des Art 15 StGG. In diese dürfe weder durch Gesetz noch durch Akte der Vollziehung eingegriffen werden. In Bezug auf diese innere Angelegenheit der Religionsgesellschaft sei somit auch der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen. Bei der Beklagten handle es sich um eine gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft nach RGBl Nr 159/1912 idF BGBl 164/1988.

Nachdem diese Entscheidung ergangen war, stellte der Kläger einen „Berichtigungsantrag", in dem er ausführte, dass die Verfassung der Beklagten in Abkehr vom IslamG in Art 6 auch den Religionsgemeinden rechtspersönlichen Status einräume, was allerdings mit der Anerkennung einer einzigen Religionsgesellschaft der Anhänger des Islams in Österreich nicht in Einklang stehe. Dennoch werde aus diesen formalen Gründen seine Klage um die Islamische Religionsgemeinde Linz, also „eine zweite beklagte Partei berichtigt bzw ergänzt", wenngleich die Rechtmäßigkeit der Zulassung einzelner Religionsgemeinden als Rechtspersönlichkeiten von ihm im Sinn des IslamG als unzulässig erachtet werde.

Das Erstgericht wies auch diesen Antrag zurück. Die Klage sei bereits mit seinem Beschluss vom 9. 1. 2008 zurückgewiesen worden, eine „Berichtigung" sei daher nicht mehr möglich.

Das Rekursgericht gab den Rekursen des Klägers nicht Folge, nahm aber in den Kopf der Entscheidung die Islamische Religionsgemeinde Linz als „Zweitbeklagte" auf. In Bezug auf innere Angelegenheiten einer Religionsgesellschaft sei der Rechtsweg ausgeschlossen. Zu den inneren Angelegenheiten seien jedenfalls jene zu zählen, die den inneren Kern der kirchlichen Betätigung beträfen und in denen ohne Autonomie die Kirchen- und Religionsgesellschaften in der Verkündung der von ihnen gelehrten Heilswahrheiten und der praktischen Ausübung ihrer Glaubenssätze eingeschränkt wären. Die vom Kläger angestrebte formelle Aufnahme in die Islamische Glaubensgemeinschaft der Beklagten betreffe eine rein innere Angelegenheit dieser Religionsgesellschaft, in die von staatlichen Behörden bzw durch die Rechtsprechung nicht eingegriffen werden könne. Dem Kläger stehe überdies nach der Verfassung der Beklagten ein „innerkirchliches" Verfahren zur Verfügung, nach dem er die Möglichkeit habe, gegen eine Entscheidung eines Organs der Beklagten mit Berufung vorzugehen, wenn er sich in seinen Rechten oder persönlichen Interessen verletzt erachte. Sinngemäß Gleiches gelte auch für den Rekurs des Klägers gegen die Zurückweisung seines „Berichtigungsantrags". Zur Zeit der Antragstellung sei die Klage gegen die Beklagte „Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich" bereits zurückgewiesen gewesen, sodass sich schon deswegen die Antragstellung hinsichtlich der „Erstbeklagten" als unzulässig darstelle. Bezüglich der „Zweitbeklagten", gegen die der Kläger ein Prozessverhältnis zu begründen beabsichtige, sei er ebenfalls auf die bisherige Begründung zu verweisen, wonach jedenfalls auch gegenüber dieser Religionsgesellschaft, sollte sie seinem Vorbringen nach als eigenständige Rechtspersönlichkeit anzusehen sein, der Rechtsweg unzulässig wäre.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Nach Vorlage des Aktes an den Obersten Gerichtshof stellte der Kläger an diesen zwei Anträge auf Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 190 ZPO. Der am 10. 6. 2008 eingelangte Unterbrechungsantrag stützt sich darauf, dass der Kläger beim Bezirksgericht Josefstadt eine weitere Klage eingebracht habe, und zwar zu 4 C 278/08g, gerichtet auf Feststellung, dass die (auch hier) Beklagte nicht die rechtlichen Grundlagen für jene Religionsgesellschaft erfülle, als welche sie gesetzlich zugelassen worden sei. Damit sei dort abzuklären, ob der als Religionsgesellschaft auftretenden Beklagten „die Passivlegitimation im Verfahren" zukomme. Die Klärung der Passivlegitimation einer Verfahrenspartei sei keine Frage, die in irgendeiner Weise in religiöse Belange eingreife, sondern eine reine Rechtsfrage, zu deren Entscheidung ausschließlich die Gerichte zuständig seien. Da diese Entscheidung präjudiziell für das vorliegende Verfahren sei, werde die Unterbrechung gemäß § 190 ZPO bis zur rechtskräftigen Klärung dieser Vorfrage beantragt.

Den am 12. 6. 2008 an den Obersten Gerichtshof gerichteten Unterbrechungsantrag gründet der Kläger darauf, dass die Verfassung der Beklagten erkennen lasse, dass sie in keinem einzigen Punkt den Vorgaben der Verordnung BGBl Nr 466/1988 entspreche. Die Beklagte sei daher nicht handlungsfähig. Niemand sei berechtigt, für die Beklagte aufzutreten. Der Kläger habe den nun erforderlichen Antrag auf Bestellung eines Kurators gestellt. Das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof sei bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Kuratorbestellungsverfahren zu unterbrechen.

Rechtliche Beurteilung

Zu den Unterbrechungsanträgen:

Den ausdrücklich an den Obersten Gerichtshof gerichteten Unterbrechungsanträgen (der Kläger stellte auch Unterbrechungsanträge an das Erstgericht) ist schon dadurch der Boden entzogen, dass die Klage vom Erstgericht a limine zurückgewiesen wurde. Die vom Kläger bezeichnete Beklagte ist noch gar nicht Partei des Verfahrens. Es ist also hier kein Verfahren anhängig, das zur Prüfung der Partei- oder Prozessfähigkeit der Beklagten unterbrochen werden könnte. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur, ob die Entscheidung des Rekursgerichts der Rechtslage entspricht und damit der gebrauchte Zurückweisungsgrund vorliegt oder nicht. Die Frage der Rechtsfähigkeit bzw Vertretung der Beklagten ist bei Prüfung einer a limine Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs nicht von Relevanz. Es besteht kein Anlass für eine Unterbrechung des Verfahrens.

Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO), er ist aber nicht berechtigt.

Der Kläger macht geltend, dass die Rechtsmeinung der Vorinstanzen ausnahmslos mit Bezügen auf Rechtsstreitigkeiten zwischen anderen Religionsgesellschaften und deren Organen begründet worden sei. Die betreffende Rechtsprechung sei hier aber unbeachtlich, weil für die Islamische Glaubensgemeinschaft „unterschiedliche" Rechtsgrundsätze zu gelten hätten. Das Gesetz betreffend die Anerkennung der Anhänger des Islams als Religionsgesellschaft (RGBl Nr 159/1912 idF BGBl Nr 164/1988) sehe in Art 1 § 1 explizit vor, dass die äußeren Rechtsverhältnisse der Anhänger des Islams im Verordnungsweg auf Grundlage der Selbstverwaltung und Selbstbestimmung zu regeln seien, jedoch unter Wahrung der Staatsaufsicht. Nach der am 30. 8. 1988 in Kraft getretenen Verordnung des zuständigen Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport, BGBl Nr 466/1988, habe gemäß § 2 Abs 1 Z 1 die Verfassung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich hinsichtlich „der äußeren Rechtsverhältnisse" insbesondere „die Erfordernisse der Zugehörigkeit und die Art des Beitritts" zu enthalten. Damit seien die Erfordernisse der Zugehörigkeit und die Art des Beitritts zur beklagten Glaubensgesellschaft „de lege lata" zweifelsfrei als äußeres Rechtsverhältnis definiert. Die ordentlichen Gerichte könnten daher angerufen werden. Auch das Bundesgesetz über die äußeren Rechtsverhältnisse der orientalisch orthodoxen Kirchen in Österreich, BGBl Nr I 20/2003, und das Reichsgesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der Israelitischen Religionsgesellschaft, RGBl Nr 57/1890, erklärten unmissverständlich die Mitgliedschaft zu den äußeren Rechtsverhältnissen. Für einen Fall wie den vorliegenden sehe die Verfassung der Beklagten kein internes Verfahren vor. Der Kläger habe daher ein wesentliches Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung.

Zum Berichtigungsantrag verwies der Kläger darauf, dass das Rekursgericht seinem Rekurs zwar keine Folge gegeben, aber dennoch in seinem Beschluss zwei beklagte Parteien angeführt habe. Damit sei dem Rekurs de facto erkennbar stattgegeben worden.

Zur Zurückweisung des „Berichtigungsantrags":

Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Eine zurückgewiesene Klage kann, solang der Zurückweisungsbeschluss nicht behoben ist, naturgemäß nicht berichtigt werden. In diesem Verfahrensstadium scheidet auch eine „Hinzuziehung einer weiteren Partei" durch Verbindung von Verfahren aus. Eine Erörterung der Frage, ob der „Berichtigungsantrag" allenfalls als eine (weitere) Klage gegen ein bisher nicht beklagtes Rechtssubjekt aufzufassen wäre und ob darüber ein Verbesserungsverfahren einzuleiten wäre, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Das Rekursgericht hat, wie sich aus seinem Spruch und seiner Begründung ergibt, den Beschluss des Erstgerichts eindeutig bestätigt. Lediglich der Vollständigkeit halber führte es aus, dass auch eine Klage gegen die „Islamische Religionsgemeinde Linz" aus denselben rechtlichen Gründen dasselbe Schicksal erleiden müsste wie die Klage gegen die hier Beklagte.

Zur Unzulässigkeit des Rechtswegs:

Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft hat das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsausübung, ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbständig, bleibt im Besitz und Genuss ihrer für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds, ist aber, wie jede Gesellschaft, den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen (Art 15 StGG). Die Anerkennung einer Kirche oder Religionsgesellschaft kann durch ein eigenes Gesetz oder aufgrund des Gesetzes vom 20. 5. 1874 betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl Nr 68/1874 (Anerkennungsgesetz), durch Verordnung des zuständigen Bundesministers erfolgen (Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, Kurzkommentar, 620).

Die Anerkennung der Anhänger des Islams als Religionsgesellschaft erfolgte mit RGBl Nr 159/1912 idF BGBl 164/1988 (Islamgesetz).

Gemäß § 3 Anerkennungsgesetz werden die Erfordernisse der Zugehörigkeit und die Art des Beitritts zu einer anerkannten Religionsgesellschaft durch deren Verfassung bestimmt. Nach § 1 IslamG sind die äußeren Rechtsverhältnisse der Anhänger des Islams auf Grundlage der Selbstverwaltung und Selbstbestimmung, jedoch unter Wahrung der Staatsaufsicht, im Verordnungsweg zu regeln, sobald die Errichtung und der Bestand wenigstens einer Kultusgemeinde gesichert ist. Nach § 6 IslamG genießt die Religionsgesellschaft der Anhänger des Islams als solche sowie hinsichtlich ihrer Religionsausübung und ihrer Religionsdiener denselben gesetzlichen Schutz wie andere gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaften.

Aufgrund des § 1 Abs 1 IslamG erging (zuletzt) die Verordnung BGBl Nr 466/1988 betreffend die islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich. § 2 Abs 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:

„Die Verfassung der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich hat hinsichtlich der äußeren Rechtsverhältnisse insbesondere zu enthalten:

1. Die Erfordernisse der Zugehörigkeit und die Art des Beitritts."

Es folgen sechs weitere Punkte, nämlich die Festlegung von Religionsgemeinden und Bezirken (Z 2), die Festlegung der Organe sowie deren Aufgaben, Bestellung und Funktionsdauer (Z 3), die Rechte und Pflichten der Gemeindeangehörigen im Hinblick auf die Gemeindeverwaltung (Z 4), die Art der Besorgung, Leitung und unmittelbaren Beaufsichtigung des Religionsunterrichts (Z 5), die Art der Aufbringung der finanziellen Mittel (Z 6) und das Verfahren bei Abänderung der Verfassung (Z 7).

Der Rechtsansicht des Klägers, dass bereits aufgrund der dargelegten Gesetzeslage (die Mitgliedschaft sei bei den „äußeren Rechtsverhältnissen" genannt) die Frage der Mitgliedschaft zur islamischen Glaubensgemeinschaft von den inneren Angelegenheiten der Religionsgesellschaft nach Art 15 StGG ausgenommen sei, ist entgegenzuhalten:

Warum trotz der ausdrücklichen Gleichstellung der Religionsgesellschaft der Anhänger des Islams mit den anderen gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften nach § 6 IslamG dennoch die Möglichkeit der staatlichen Einflussnahme auf die Entscheidung gerade dieser Religionsgesellschaft, welche Personen sie konkret als ihre Mitglieder anerkennt, größer sein sollte als bei jenen (anderen) anerkannten (Kirchen und) Religionsgesellschaften, auf die sich der Großteil der bisher ergangenen Entscheidungen der österreichischen Höchstgerichte zu Fragen der Mitgliedschaft bezogen, ist nicht plausibel. Im Übrigen bezog sich das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 10. 12. 1987, G 146, 147/1987 (VfSlg. 11.574/1987), in dem der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich festgehalten hat, dass zum Bereich der inneren Angelegenheiten nach Art 15 StGG insbesondere die Frage der Mitgliedschaft zu anerkannten Religionsgesellschaft zählt, konkret auf die Religionsgesellschaft des Islams.

Der Begriff der „äußeren Rechtsverhältnisse" nach der zitierten Verordnung samt den dort in den Z 1-7 angeführten Angelegenheiten bietet keine Hilfe bei der Abgrenzung der „äußeren Angelegenheiten" von den „inneren Angelegenheiten" im Sinn des Art 15 StGG. Die Verordnung legt nur fest, welchen Mindestinhalt die Verfassung haben muss, und zwar welche organisatorischen Fragen im Grundsätzlichen darin geregelt sein müssen, wozu - allein schon zur Abgrenzung von anderen Religionsgesellschaften - auch eine Festlegung gehört, welche Personen unter welchen Voraussetzungen Mitglieder werden können. Keineswegs wird damit unter staatlicher Sanktion angeordnet, dass jede - oder eine bestimmte - Person, die die in der Verfassung festgelegten Zugehörigkeitskriterien erfüllt, von der Religionsgemeinschaft auch als ihr Mitglied anerkannt und behandelt werden muss. Dem entsprechend hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. 3. 1987, B 933/86 (VfSlg 11.300) ausgeführt:

„Gerade die Frage, ob jemand Mitglied der einen oder der anderen Religionsgemeinschaft ist oder ob er gar keiner Religionsgemeinschaft angehört, ist, soweit sie für den staatlichen Bereich (also für die „äußeren Rechtsverhältnisse") gelöst ist, typischerweise eine solche, die dem Staat nach Art 15 StGG zu regeln zukommt; die Regelung intendiert nicht, kirchliche Angelegenheiten zu beeinträchtigen, sondern bezweckt, diese Fragen so weit aufzuklären, als die staatliche Rechtsordnung an die Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft Folgen knüpft; sie erfolgt aus einem im Sinn des Art 15 StGG legitimen Interesse des Staates." Ungeachtet dessen bleibe es ja, wie der Verfassungsgerichtshof dann weiter ausführt, „jeder Religionsgemeinschaft überlassen, für den innerkirchlichen Bereich zu anderen Schlussfolgerungen als die staatliche Behörde zu gelangen".

Der Oberste Gerichtshof hat zur Frage, ob die Feststellung der Mitgliedschaft zu einer Kirche oder Religionsgemeinschaft zu den inneren Angelegenheiten im Sinn des Art 15 StGG zählt, noch nicht Stellung genommen. Es wurde aber bereits ausgesprochen, dass innere Angelegenheiten im Sinn des Art 15 StGG jene sind, die den inneren Kern der kirchlichen Betätigung betreffen und in denen ohne Autonomie die Religionsgesellschaften in der Verkündung der von ihnen gelehrten Heilswahrheiten und der praktischen Ausübung ihrer Glaubenssätze eingeschränkt wären, wobei den Kirchen allerdings im interkonfessionellen Bereich ebenso wie durch einzelne Verfassungsbestimmungen Einschränkungen auferlegt sind. Der sich daraus ergebende Bereich der inneren Angelegenheiten kann naturgemäß nicht erschöpfend aufgezählt werden (RIS-Justiz RS0073107). Der Staat und damit die weltlichen Gerichte dürfen in den innerkirchlichen Bereich nicht eingreifen (RIS-Justiz RS0045553).

In seinem Erkenntnis VfSlg 11.574/1987 hat der Verfassungsgerichtshof, wie bereits ausgeführt, ausgesprochen, dass zum Bereich der inneren Angelegenheiten nach Art 15 StGG - welche nur unter Bedachtnahme auf das Wesen der Religionsgesellschaften nach deren Selbstverständnis erfassbar sei -, insbesondere die Frage der Mitgliedschaft zu anerkannten Religionsgesellschaften zählt. Der Verfassungsgerichtshof sah daher den damaligen gesetzlichen Ausschluss eines Teils der Glaubensgemeinschaft durch die Beschränkung der Anerkennung auf die Anhänger des Islams „nach hanefitischem Ritus" von der Anerkennung einer religiösen Gemeinschaft als Religionsgesellschaft, konkret der Religionsgesellschaft des Islams als verfassungswidrig an.

Der Verwaltungsgerichtshof teilte in seinem Erkenntnis vom 22. 1. 2003, 98/08, die in VfSlg 11.574/1987 dargelegte Ansicht des Verfassungsgerichtshofs, dass zu den inneren Angelegenheiten einer anerkannten Religionsgemeinschaft insbesondere auch die Frage der Mitgliedschaft zählt.

In der Lehre wird vertreten, dass es sich aus dem eigenen Selbstverständnis einer Religionsgemeinschaft ergibt, was zu den inneren Angelegenheiten gehört (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts10, Rz 1554; Gampel, Österreichisches Staatskirchenrecht, S 173; Schwendenwein, Österreichisches Staatskirchenrecht, 199). Zu den inneren Angelegenheiten nach Art 15 StGG zählt grundsätzlich die Bestimmung der Mitgliedschaft (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer aaO Rz 1454; Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, Kurzkommentar, S 621; Kalb/Potz/Schinkele, Religionsrecht, S 159; E. Melichar, Die verfassungsrechtliche Stellung der gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften nach österreichischem Recht, JBl 1957, 124; Pree, Österreichisches Staatskirchenrecht, S 67; Berka, Die Grundrechte, Rz 537; Klecatsky in Machacek/Pahr/Stadler für die Österreichische Juristenkommission, 40 Jahre EMRK, Grund- und Menschenrechte in Österreich Bd II, S 502; Gampel, Österreichisches Staatskirchenrecht, S 174 [sie bezeichnet dies als „staatsfreie innere Angelegenheit"]; Schwendenwein, Österreichisches Staatskirchenrecht, S 206).

Der den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Abgrenzung der inneren von den äußeren Angelegenheiten entsprechenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs sowie den zitierten Lehrmeinungen folgend ist daher die gerichtliche Feststellung der Mitgliedschaft einer bestimmten Person zu einer anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft - mit der zwangsläufigen Wirkung gerade dieser als gegnerischen Prozesspartei gegenüber - als staatliche Einmischung in eine innere Angelegenheit durch Art 15 StGG untersagt. Insoweit ist den staatlichen Organen jede Kompetenz sowohl zur Gesetzgebung als auch zur Vollziehung genommen (VfSlg 3.657/1959; VfSlg 11.574; RIS-Justiz RS0045553).

Es ist also davon auszugehen, dass jedenfalls die gerichtliche Feststellung des Bestehens der Mitgliedschaft zu einer anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft gerade dieser gegenüber als Eingriff in deren inneren Angelegenheiten nach Art 15 StGG zu qualifizieren wäre. Dem steht nicht entgegen, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis VfSlg 11.300/1987 die (bescheidmäßige) Feststellung, dass (für den staatlichen Bereich) die Mitgliedschaft nicht besteht, als zulässig beurteilt hat (vgl auch E. Melichar, Die verfassungsrechtliche Stellung der gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften, JBl 1957, 124). Aus dem Vorbringen des Klägers lässt sich im Übrigen für die begehrte Feststellung kein wie immer gearteter staatlicher Bezug im Sinn des Erkenntnisses VfSlg 11.300 aus 1987 ableiten. Der Kläger begehrt vielmehr die Feststellung nicht im Hinblick auf sich aus der staatlichen Rechtsordnung ergebende, an die Mitgliedschaft geknüpfte Rechtsfolgen, sondern nur deshalb, um eine Teilnahme am Leben in der Religionsgesellschaft zu erzwingen. Hiezu kann ihm aber staatliche Hilfe aus den dargelegten Gründen nicht gewährt werden.

Die Beschreitung des Rechtswegs ist daher für das gestellte Begehren nicht zulässig, wie bereits die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben.

Dem Revisionsrekurs ist damit insgesamt nicht Folge zu geben.

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