OGH 7Ob62/08f

OGH7Ob62/08f27.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****handelsgesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Roland Gabl und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Peter Keul, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz vom 6. Dezember 2007, GZ 37 R 186/07a-15, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 29. Mai 2007, GZ 9 C 973/06v-11, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 556,99 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 92,83 EUR an 20%iger USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war bei der Beklagten gegen das Risiko Handel mit Beleuchtungskörpern mit einer Pauschalversicherungssumme von 10 Mio S für Personen- und Sachschäden haftpflichtversichert, wobei die fallweise Montage als mitversichert galt. Die Vertragsgrundlagen bildeten die Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 1993 und EHVB 1993). Bei Abschluss des Versicherungsvertrags wurden zwischen den Parteien keine Sondervereinbarungen getroffen.

Mit Schreiben vom 8. 5. 2003 kündigte die Klägerin den Haftpflichtversicherungsvertrag per 31. 7. 2003 auf. Diese Stornierung wurde per 31. 7. 2003 von der Beklagten schriftlich bestätigt.

Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 30. 3. 2006 wurde die Klägerin (als dort Beklagte) schuldig erkannt, an einen ihrer Kunden 3.641,42 EUR sA sowie die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens zu bezahlen. Nach den Feststellungen dieser Entscheidung besichtigte ein Mitarbeiter der Klägerin im Frühjahr 2003 die Terrasse des Kunden und führte mit diesem ein Beratungsgespräch über Bodenleuchten durch. Der Kunde entschied sich für den Kauf von zehn Bodenleuchten samt Transformatoren, nachdem ihm vom Mitarbeiter der Klägerin die Wasserdichtheit dieser Bodenleuchten ausdrücklich zugesichert wurde. Die Lieferung der Bodenleuchten erfolgte am 14. 5. 2003. Im August 2003 wurde die Terrasse des Kunden fertiggestellt, der im November 2003 einen ersten Wassereintritt in das Kellergeschoss bemerkte. Das Landesgericht Linz stützte seine Entscheidung darauf, dass sich die Klägerin ihres Mitarbeiters als Erfüllungsgehilfen im Sinn des § 1313a ABGB bedient habe, weshalb sie für dessen Verschulden einzustehen habe; die ausdrückliche Zusicherung der Dichtheit der Bodenlampen stelle ein Qualitätsversprechen dar, das Vertragsinhalt geworden sei. Aufgrund des Mangels der Sache (Fehlen der zugesagten Eigenschaft) und der Falschberatung durch den Mitarbeiter der Klägerin wurde deren Haftung für den Sanierungsaufwand bejaht. Die Allgemeinen und Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 1993 und EHVB 1993) haben unter anderem folgenden unstrittigen Wortlaut:

„Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB)

Art. 1

Versicherungsfall und Versicherungsschutz

1. Versicherungsfall

1.1 Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzpflichten (Pkt. 2.) erwachsen oder erwachsen könnten.

1.2 Serienschaden

Mehrere auf derselben Ursache beruhende Schadenereignisse gelten als ein Versicherungsfall. Ferner gelten als ein Versicherungsfall Schadenereignisse, die auf gleichartigen Ursachen beruhen, wenn

[...].

2. Versicherungsschutz

2.1 Im Versicherungsfall übernimmt der Versicherer

2.1.1 die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer wegen eines Personenschadens, eines Sachschadens oder eines Vermögensschadens, der auf einen versicherten Personen- oder Sachschaden zurückzuführen ist, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalt erwachsen *); *) in der Folge kurz „Schadenersatzverpflichtungen" genannt.

[...]

2.3 [...] Sachschäden sind die Beschädigung oder die Vernichtung von körperlichen Sachen.

[...]

Art. 4

Zeitlicher Geltungsbereich des Versicherungsschutzes

1. Die Versicherung erstreckt sich auf Schadenereignisse, die während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes (Laufzeit des Versicherungsvertrags unter Bedachtnahme der §§ 38 und 39 VersVG) eingetreten sind.

Schadenereignisse, die zwar während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes eingetreten sind, deren Ursache jedoch in die Zeit vor Abschluss des Versicherungsvertrags fällt, sind nur gedeckt, wenn dem Versicherungsnehmer oder dem Versicherten bis zum Abschluss des Versicherungsvertrags von der Ursache, die zu dem Schadenereignis geführt hat, nichts bekannt war.

[...]

Ergänzende Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung

(EHVB)

Abschnitt A: Allgemeine Regelungen für alle Betriebsrisken

1. Erweiterung des Versicherungsschutzes

[...]

2. Versichert sind auch Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers aus

2.1 der Vorführung von Produkten auch außerhalb der Betriebsgrundstücke und aus Führungen im versicherten Betrieb

[...]

2. Produktehaftpflichtrisiko

Das Produktehaftpflichtrisiko ist nach Maßgabe der AHVB und EHVB sowie insbesondere der nachstehend angeführten Bedingungen wie folgt mitversichert:

1. Begriffsbestimmungen

Das Produktehaftpflichtrisiko ist die Gesamtheit der gesetzlichen Haftungstatbestände für Schäden, die durch Mängel eines Produktes nach Lieferung oder durch Mängel einer geleisteten Arbeit nach Übergabe verursacht werden.

Der Mangel kann insbesondere auf [...] oder Beratung zurückzuführen

sein.

[...]

4. Versicherungsschutz aufgrund besonderer Vereinbarung

4.1 Nur aufgrund besonderer Vereinbarung erstreckt sich der Versicherungsschutz abweichend von Art. 1 AHVB auf gesetzliche Schadenersatzverpflichtungen, die aus Mängeln eines Produktes nach Lieferung oder aus Mängeln einer geleisteten Arbeit nach Übergabe resultieren, soweit es sich handelt um

[...]

4.2 Besondere Regelungen für Fälle des Pkt. 4.1

[...]

4.2.3 Zeitlicher Geltungsbereich

Abweichend von Art. 4 AHVB besteht Versicherungsschutz, wenn die Lieferung während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes erfolgt und die Anzeige des Schadens beim Versicherer spätestens zwei Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages einlangt.

[...]"

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag im Geschäftsfall mit dem Kunden betreffend Bodenleuchten für die Terrasse mit folgender, zusammengefasster Begründung: Die Aufkündigung des Versicherungsvertrags sei erfolgt, weil die Klägerin per Ende Juni 2003 ihre unternehmerische Tätigkeit eingestellt habe. Zum Verkauf und zur Lieferung der Bodenleuchten am 14. 5. 2003 sei es im Zuge ihrer unternehmerischen Tätigkeit gekommen, nachdem ein Mitarbeiter mit dem Kunden einen Besichtigungstermin vor Ort im Frühjahr 2003 durchgeführt und die Dichtheit der Lampen zugesichert habe. Im August 2003 seien die Kunststoffeinbaudosen für die Bodenleuchten eingebaut und anschließend die Bodenleuchten vom Kunden selbst installiert worden. Im November 2003 habe der Kunde erste Wassereintritte in seinem Keller über die Leerrohre der Elektroleitungen der Bodenleuchten in das Kellergeschoss bemerkt. Im März 2004 habe er eine Schadenersatzforderung bei der Klägerin geltend gemacht, worüber sie am 12. 7. 2004 bei der Beklagten eine Schadensmeldung erstattet habe. Die den Schaden beim Kunden verursachende Fehlberatung habe jedenfalls vor dem 14. 5. 2003 stattgefunden, der Schaden selbst (Wassereintritt in den Keller) sei jedoch erst ab November 2003 eingetreten. Die schadensbegründende Beratung und Lieferung der Bodenleuchten sei daher während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes erfolgt und die Anzeige des Versicherungsfalls der Beklagten innerhalb der Zweijahresfrist nach Beendigung des Versicherungsvertrags zugegangen. Gemäß Punkt 4.2.3 EHVB 1993 sei daher jedenfalls Deckung zu gewähren. Nach Punkt 2. EHVB 1993 bestehe auch Deckung für das Produktehaftpflichtrisiko, weil der Mangel des Produkts auch auf Beratung zurückgeführt werden könne. Unklare Erklärungen in den von der Beklagten stammenden Versicherungsbedingungen seien ihr zuzurechnen und sie hafte für solche.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete im Wesentlichen ein, der Geschäftsfall genieße keinerlei Deckung. Die Bodenleuchten seien erst nach Außerkraftsetzung der Haftpflichtversicherung installiert worden. Nach Artikel 4.1. AHVB 1993 erstrecke sich die Versicherung nur auf Schadenereignisse, die während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes eingetreten seien, was auf das Schadenereignis nicht zutreffe. Die Klägerin beziehe sich zu Unrecht auf Punkt 4.2.3 EHVB 1993, weil diese Bestimmung nur im Fall einer besonderen Vereinbarung gelte, die nicht getroffen worden sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf der Grundlage des eingangs wiedergegebenen, unbekämpft gebliebenen Sachverhalts ab. Da zwischen den Parteien keine besondere Vereinbarung im Sinn des Artikel 4 AHVB 1993 geschlossen worden sei, gelte der zeitliche Anwendungsbereich des Punktes 4.2.3 EHVG 1993. In diesen Bedingungen sei der Versicherungsfall nicht als Verstoß definiert, sondern als Schadenereignis, also als äußerer Vorgang, der die Schädigung des Dritten und damit die Haftpflicht des Versicherungsnehmers unmittelbar herbeiführe. Daher komme es nicht auf den Zeitpunkt der Lieferung oder Beratung an, sondern auf das Schadenereignis in Form des Wassereintritts in das Kellergeschoss, der erst außerhalb des zeitlichen Geltungsbereichs des Versicherungsschutzes liege; daher hafte die Beklagte nicht für den Schaden.

Der von der Klägerin erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht nicht Folge. Artikel 1 AHVB 1993 definiere als Versicherungsfall das Schadenereignis. Bereits aufgrund einer einfachen Wortinterpretation ergebe sich klar, dass es sich dabei um einen äußeren Vorgang handle, der die Schädigung des Dritten und damit die Haftpflicht des Versicherungsnehmers unmittelbar herbeiführe. Es sei also das Folgeereignis, das mit dem Eintritt des realen Verletzungszustands gleichgesetzt werde, sodass eine irreführende oder unverständliche Formulierung nicht vorliege. Punkt 4.2.3 EHVB 1993 gelte lediglich aufgrund besonderer Vereinbarung, die nach den Feststellungen des Erstgerichts nicht getroffen worden sei. Daher sei es unerheblich, dass die Bodenleuchten bereits am 14. 5. 2003 geliefert worden seien. Das Schadenereignis sei nach herrschender Ansicht in Österreich mit dem Eintritt des realen Verletzungszustands, also mit dem Eintritt des Schadens verwirklicht, sodass es nicht auf das Verhalten des Versicherungsnehmers ankomme, das zum Schaden führe. Das entspreche auch der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 7 Ob 16/92, die sich auf die gleichlautend formulierten AHVB 1986 und EHVB 1986 bezogen habe. Der Argumentation der Berufungswerberin, das Produktehaftpflichtrisiko gewähre Deckung, sei entgegenzuhalten, dass sich dieser Versicherungsschutz abweichend von Artikel 1 AHVB 1993 auf gesetzliche Schadenersatzverpflichtungen, die aus Mängeln eines Produkts nach Lieferung oder Mängeln einer geleisteten Arbeit nach Übergabe resultieren, nur aufgrund besonderer Vereinbarung erstrecke, die nicht vorliege. Eine Vorführung des Produkts sei vom festgestellten Sachverhalt nicht umfasst, sondern es habe nur ein Beratungsgespräch stattgefunden.

Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit mehr als 4.000 EUR, jedoch 20.000 EUR nicht übersteigend. Die ordentliche Revision erklärte es für zulässig, weil keine gesicherte Judikatur des Obersten Gerichtshofs dazu vorliege, ob die Schadenereignistheorie oder die Kausaltheorie bei der Betriebshaftpflichtversicherung greife. Nach herrschender Ansicht in der österreichischen Lehre solle zwar für die Haftpflichtversicherungen die Schadenereignistheorie gelten, in der deutschen Lehre werde jedoch kritisch angemerkt, dass gerade bei Betriebsaufgaben unter Umständen kein Deckungsschutz bestehe, obwohl der Unternehmer bis zur Betriebsaufgabe versichert gewesen sei. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung in eine Klagsstattgebung; hilfsweise wird die Aufhebung und Zurückverweisung an das Erstgericht begehrt.

Dem tritt die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. § 149 VersVG verpflichtet den Versicherer bei der Haftpflichtversicherung, dem Versicherungsnehmer die Leistung zu ersetzen, die dieser aufgrund seiner Verantwortlichkeit für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache an einen Dritten zu bewirken hat. Damit wird der Versicherungsfall im Gesetz nicht definiert (Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 401), sondern die Festlegung des Begriffs des Versicherungsfalls im Einzelnen dem Vertragsrecht überlassen, in der Regel also dem Versicherer durch Wahl einer entsprechenden Definition in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Fenyves, Die Behandlung der Hepatitis-C-Fälle in der Haftpflichtversicherung, JBl 2002, 205 [207]). Fehlt darin eine Klarstellung, ist die Reichweite des Versicherungsschutzes durch Auslegung nach dem Vertragszweck zu ermitteln (Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 161 mwN).

2.1. Die hier anzuwendenden AHVB 1993 definieren den Versicherungsfall nach Artikel 1.1.1 als „ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen (Pkt. 2.) erwachsen oder erwachsen könnten". Weiters wird in Artikel 4.1. der zeitliche Geltungsbereich des Versicherungsschutzes auf Schadenereignisse, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrags eingetreten sind, eingeschränkt.

Der Begriff „Schadenereignis" bedarf daher der Auslegung. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914, 915 ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RIS-Justiz RS0050063; RS0112256). Es findet deshalb auch die Unklarheitenregelung des § 915 ABGB Anwendung, Unklarheiten gehen daher zu Lasten der Partei, von der die diesbezüglichen Formulierungen stammen, also im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RIS-Justiz RS0050063 [T3]). Die Klauseln sind, wenn sie - wie auch hier mangels gegenteiliger Behauptungen anzunehmen ist - nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen (RIS-Justiz RS0008901).

2.2. Ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer hat sich bei der Auslegung aber nicht nur auf die einzelnen zu beurteilenden Worte und Klauseln zu beschränken, sondern auch weitere Bestimmungen im Sinn einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen, jedenfalls solche, die sich im unmittelbaren Umkreis der fraglichen Klausel befinden.

Daher ist zu berücksichtigen, dass sowohl in Artikel 1.1.2 als auch in Artikel 4.1. AHVB 1993 nicht nur von Schadenereignissen, sondern auch von deren Ursache(n) die Rede ist. Schon durch diese Differenzierung wird unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass zwischen einem auslösenden Moment („Ursache") und einer dadurch veranlassten Folgewirkung („Schadenereignis") unterschieden werden muss und nur letztere den Versicherungsfall bildet. Die Annahme, deren Ursache (hier also die zeitlich vorausgehende Falschberatung durch den Mitarbeiter der Klägerin und die Lieferung der Bodenleuchten) bilde den Versicherungsfall, der sich während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes ereignen müsse, steht daher mit dem eindeutig erkennbaren logischen Sinngehalt der zitierten Klauseln im Widerspruch und ist deshalb auch einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer nicht zuzubilligen. Würde man das haftungsrelevante Fehlverhalten der Klägerin als „Schadenereignis" verstehen, bliebe völlig unklar, was unter Ursache des Schadenereignisses zu verstehen wäre. Es hat auch die Klägerin selbst in ihrem Vorbringen die Schadensursache in der Falschberatung ihres Mitarbeiters (und in der Lieferung der Bodenleuchten) gesehen, sodass ihr klar sein musste, dass diese Handlungen nicht das „Schadenereignis" bilden können. Zwangsläufig ist deshalb darunter der - durch das Fehlverhalten der Klägerin verursachte - Eintritt des realen Schadens beim Kunden zu verstehen. Dem entspricht auch das nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zugrunde zu legende Verständnis des Wortes „Schadenereignis" weit mehr als ein Verständnis als Auslöser des eingetretenen (Sach-)Schadens. Eine Auslegung der hier relevanten Klauseln der AHVB 1993 anhand des Maßstabs des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers führt daher zum Ergebnis, dass Versicherungsfall der reale Eintritt des Schadens beim Dritten ist, der in die Laufzeit des Versicherungsvertrags fallen muss.

Von einer verwirrenden Formulierung der Versicherungsbedingungen, die allenfalls nur bei aufwendigstem Studium erkennen ließen, wann und konkret wofür und bis zu welchem Zeitpunkt der Haftpflichtschutz gegeben sein solle oder nicht, kann daher keine Rede sein. Für die Anwendung des § 915 ABGB besteht daher kein Raum; ebenso wenig bedarf es einer Ermittlung der Reichweite des Versicherungsschutzes durch Auslegung nach dem Vertragszweck.

2.3. Angesichts der klaren Formulierung kommt es daher auch nicht auf die inneren Erwartungen oder Vorstellungen der für die Klägerin als Versicherungsnehmerin beim Vertragsabschluss handelnden Personen an. Sie hat sich in ihrem Vorbringen auch weder darauf berufen, diese hätten sich für die Beklagte erkennbar in einem Irrtum über das Ausmaß des Versicherungsschutzes befunden, noch darauf, die Beklagte habe Aufklärungspflichten verletzt, und sie hat auch nicht Schadenersatzpflichten der Beklagten daraus abgeleitet. Ob - wie dies zum Teil von der deutschen Lehre vertreten wird (Prölss/Martin VVG27 § 149 Rz 15; Baumann in Berliner Komm z VVG § 149 Rz 170 ff) - eine Verpflichtung der Beklagten bestand, die Klägerin im Zusammenhang mit der Stornierung des Versicherungsvertrags wegen Betriebsaufgabe auf die nunmehr verwirklichte Gefahr eines lückenhaften Versicherungsschutzes hinzuweisen oder sie darüber aufzuklären, braucht hier daher nicht weiter untersucht zu werden. Damit stünde auch das den allein den Gegenstand des Verfahrens bildende Feststellungsbegehren im Widerspruch.

3. In Übereinstimmung mit dem dargestellten Verständnis des Begriffs „Schadenereignis" hat der Oberste Gerichtshof zu 7 Ob 16/92 - wenn auch obiter - ausgeführt, dass in den AHVB als Versicherungsfall nicht der Verstoß, sondern das Schadenereignis definiert wurde. Der Unterschied besteht darin, dass den Verstoß das Kausalereignis, also das haftungsrelevante Verhalten des Versicherungsnehmers bildet, das den Schaden verursacht hat; Schadenereignis dagegen ist der äußere Vorgang, der die Schädigung des Dritten und damit die Haftpflicht des Versicherungsnehmers unmittelbar herbeiführt, also das Folgeereignis, das mit dem Eintritt des realen Verletzungszustands gleichgesetzt wird. Unter dem Ereignis, das während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten sein muss, um eine Deckungspflicht des Versicherers zu begründen, ist nicht die einzelne Schadensursache, sondern das Schadenereignis selbst, also das äußere Ereignis zu verstehen, das den Personen- oder Sachschaden unmittelbar ausgelöst hat (RIS-Justiz RS0081247).

Diese Auslegung hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst ausdrücklich aufrecht erhalten (7 Ob 132/08z [betr ARB 1988] und 7 Ob 87/08g [betr ARB 2000]).

In diesem Sinn argumentierte der Oberste Gerichtshof auch zu 7 Ob 93/00b, wonach im Bereich der Schadensversicherung im Allgemeinen auf den Begriff des Schadenereignisses (aus dem Produkt) in dem Sinn abgestellt wird, dass dieses erst dann eintritt, wenn der Schaden sich konkret manifestiert, also in seinen Symptomen erkennbar und als eingetreten angesehen wird.

Weiters hat der Oberste Gerichtshof im Einklang damit zum sogenannten gedehnten Versicherungsfall, bei dem der schadensstiftende Verstoß, der Eintritt des Schadens und die Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs durch den Dritten zeitlich auseinanderfallen (RIS-Justiz RS0084333) ausgesprochen, dass es für die Frage, ob der Versicherer auch für jene unfallkausalen Schäden zu leisten hat, die nach Beendigung des Versicherungsvertrags auftreten, auf den Zeitpunkt des (ersten) Schadenseintritts abzustellen ist (5 Ob 529/95 = RIS-Justiz RS0084333 [T1]).

4. Davon abzugehen besteht kein Anlass. Es entspricht auch der herrschenden österreichischen Lehre, dass diese sogenannte Schadenereignistheorie (auch Folgeereignistheorie und Ereignistheorie genannt) für Personen- und Sachschäden die am besten geeignete Versicherungsfalldefinition darstellt (Fenyves, Die Behandlung der Hepatitis-C-Fälle in der Haftpflichtversicherung, JBl 2002, 205 [207 f und 215]; P. Bydlinski, Produkthaftungsgesetz und Haftpflichtversicherung, 25; Schauer, Versicherungsvertragsrecht3 401 und 405). Schließlich wird auch in der deutschen Lehre vertreten, dass bessere Gründe dafür sprechen, die Schadenereignistheorie zugrundezulegen (Baumann in Berliner Komm z VVG, § 149 Rz 167; Prölss/Martin VVG27 § 149 Rz 15).

5. Für den vorliegenden Fall, in dem zwar die Schadensursache (Falschberatung durch den Mitarbeiter der Klägerin und Lieferung der Bodenleuchten) noch während des aufrechten Versicherungsverhältnisses und damit während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes gesetzt wurde, der dadurch veranlasste Sachschaden beim Kunden der Klägerin jedoch erst danach und damit außerhalb des zeitlichen Geltungsbereichs des Versicherungsschutzes eintrat, besteht somit keine Deckungspflicht der beklagten Partei.

6. Soweit sich die Klägerin auf die Mitversicherung des Produktehaftpflichtrisikos beruft, ist ihr zu entgegnen, dass dieses „nach Maßgabe der AHVB und EHVB sowie insbesondere der nachstehend angeführten Bedingungen [...] mitversichert" ist (Punkt 2. EHVB 1993). Grundsätzlich gilt daher auch dafür unter anderem Artikel 4.1. AHVB 1993, der den zeitlichen Geltungsbereich des Versicherungsschutzes auf Schadenereignisse während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes einschränkt. Nach Punkt 4.1 EHVB 1993 erstreckt sich der Versicherungsschutz abweichend von Artikel 1 AHVB 1993 nur aufgrund - hier nicht gegebener - besonderer Vereinbarung auf gesetzliche Schadenersatzverpflichtungen, die aus Mängeln eines Produkts nach Lieferung oder aus Mängeln einer geleisteten Arbeit nach Übergabe resultieren. Die dafür normierte Sonderregelung des zeitlichen Geltungsbereichs nach Punkt 4.2.3 EHVB 1993, nach der abweichend von Artikel 4 AHVB 1993 Versicherungsschutz besteht, wenn die Lieferung während der Wirksamkeit des Versicherungsschutzes erfolgt und die Anzeige des Schadens beim Versicherer spätestens zwei Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrags einlangt, kommt daher der Klägerin nicht zugute.

Abgesehen davon hat eine Vorführung von Bodenleuchten weder nach ihren Behauptungen in erster Instanz noch nach den bindenden Feststellungen stattgefunden, sodass die Revision insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

Auch damit lässt sich daher eine Deckungspflicht der Beklagten nicht begründen, weil es auch im Rahmen der Mitversicherung des Produktehaftpflichtrisikos darauf ankommt, ob das Schadenereignis (= hier der Eintritt des Sachschadens beim Kunden der Klägerin) noch während der Laufzeit des Versicherungsvertrags, hier also vor dem 31. 7. 2003 eingetreten ist; das ist allerdings zu verneinen.

7. Der Kläger vertritt (erstmals in der Revision) weiters die Rechtsansicht, die Beklagte habe in analoger Anwendung des § 157 VersVG Deckung zu gewähren. Dieser lautet:

„Ist über das Vermögen des Versicherungsnehmers der Konkurs eröffnet, so kann der Dritte wegen des ihm gegen den Versicherungsnehmer zustehenden Anspruchs abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Versicherungsnehmers verlangen."

Damit wird der Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer als Sondervermögen normiert, das nicht in die Konkursmasse fällt, sondern zur Befriedigung ausschließlich des geschädigten Dritten dient, der insoweit in die Stellung des Versicherungsnehmers einrückt, weil den übrigen Konkursgläubigern ansonsten ein ihnen nicht zustehender Vorteil entstünde, würde die Entschädigung einfach in die Konkursmasse fallen (2 Ob 84/81 = RIS-Justiz RS0064041; 7 Ob 144/99y = RIS-Justiz RS0112252). Die erwähnte Norm sagt daher nichts darüber aus, ob der Versicherungsnehmer tatsächlich einen Deckungsanspruch gegen den Versicherer hat oder nicht, sondern setzt einen solchen vielmehr voraus. Für die Klärung der hier zu lösenden Rechtsfrage bildet sie daher keine Grundlage, weshalb daraus für die Klägerin nichts zu gewinnen ist.

8. Aus den dargestellten Überlegungen erweist sich daher die Revision als nicht berechtigt.

Das bedingt die Verpflichtung der Klägerin, der Beklagten die richtig verzeichneten Kosten der Revisionsbeantwortung gemäß den §§ 41, 50 ZPO zu ersetzen.

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