OGH 7Ob87/08g

OGH7Ob87/08g9.7.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. Wolfgang W*****, vertreten durch Ortner Rechtsanwalts KG in Gmunden, gegen die beklagte Partei A*****AG, *****, vertreten durch Mag. Martin Paar, Rechtsanwalt in Wien, wegen 13.305,85 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 19. Dezember 2007, GZ 22 R 395/07f-22, womit das Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom 20. September 2007, GZ 2 C 350/06h-18, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 906,48 EUR (darin enthalten 151,08 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig, weil zur Frage, wann das Schadenereignis im Sinne des Art 2.1. ARB 2000 bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund eines - behauptetermaßen - unrichtigen Gutachtens eines Amtssachverständigen in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren eingetreten sei, und zur Interpretation der Baurisikoausschlussklausel des Art 7.1.11. ARB 2000 höchstgerichtliche Judikatur nicht habe vorgefunden werden können.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

In dem vom Kläger anhängig gemachten Amtshaftungsverfahren, für das er nun Deckung begehrt, waren Gegenstand der Ersatz der Kosten a) seines Rechtsvertreters im - über „Ersuchen" der Baubewilligungsbehörde zur Erwirkung eines Baubewilligungsbescheids für die Errichtung einer Einfriedungsmauer - von ihm und seiner Gattin eingeleiteten wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren, b) eines im Verfahren notwendig gewordenen Privatgutachtens sowie c) laut Kostenbescheid der Bezirkshauptmannschaft. Die Kosten seien durch ein falsches Gutachten des Amtssachverständigen verursacht worden. Der Amtssachverständige sei im wasserrechtlichen Verfahren schuldhaft zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich die Liegenschaften des Klägers und seiner Gattin zum überwiegenden Teil im 30-jährigen Hochwasserabflussbereich der A***** befänden. Aufgrund dieses unrichtigen Gutachtens habe die Marktgemeinde P***** die wasserrechtliche Bewilligung nicht erteilt, sondern den Liegenschaftseigentümern aufgetragen, die bereits errichtete Mauer auf eigene Kosten zu entfernen. Erst über Berufung sei das falsche Gutachten nicht verwertet, sondern erkannt worden, dass die Grundstücke zur Gänze außerhalb des 30-jährigen Hochwasserabflussbereichs lägen, weshalb der Antrag des Klägers und seiner Frau um Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Einfriedungsmauer mangels Zuständigkeit zurückgewiesen worden sei. Das - wie vom Kläger behauptet - unrichtige Gutachten wurde am 23. 2. 2001 erstattet und am 10. 4. 2001 ergänzt. Aufgrund dieses Gutachtens wurde am 9. 5. 2001 der erstinstanzliche Bescheid erlassen, der am 25. 5. 2001 dem Rechtsvertreter der Liegenschaftseigentümer zugestellt wurde. Daraufhin schlossen die Parteien den Rechtsschutzversicherungsvertrag mit Wirkung ab 1. 6. 2001. Die Berufungsentscheidung im Wasserrechtsverfahren datiert vom 23. 10. 2001.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

Nach Art 2.1. der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2000) gilt als Versicherungsfall im Schadenersatz-Rechtsschutz das dem Anspruch zugrunde liegende Schadenereignis. Als Zeitpunkt des Versicherungsfalls gilt der Eintritt dieses Schadenereignisses. Nach Art 19.2.1. ARB 2000 erstreckt sich der Versicherungsschutz auch auf den Schadenersatz-Rechtsschutz für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens.

Der Versicherungsfall und damit die Beurteilung der Deckungspflicht richtet sich nach dem vom Kläger geltend zu machenden Anspruch (7 Ob 328/99g) und ist insofern eine Frage des Einzelfalls. Der Kläger leitet seinen Anspruch, für dessen Durchsetzung er die Rechtsschutzdeckung begehrt, aus der Erstattung eines - seiner Meinung nach - falschen Gutachtens ab. Als dadurch entstandenen Schaden macht er den Aufwand geltend, der durch die unrichtige Gutachtenserstattung verursacht wurde, und zwar jene Kosten, die dadurch entstanden sind, dass das Verfahren nicht nach (richtiger) Gutachtenserstattung sogleich damit beendet wurde, dass der Antrag des Klägers und seiner Gattin auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung (wie im Berufungsverfahren) zurückgewiesen wurde. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Beginn der Vermögensverminderung und damit das Schadenereignis sei spätestens mit Zustellung des erstinstanzlichen Bescheids der Wasserrechtsbehörde und der damit verbundenen Beeinträchtigung der Rechts- und Vermögensposition des Klägers anzusetzen, damit sei der Versicherungsfall vor Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrags eingetreten, ist daher nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung 8 Ob 30/07f bezieht sich auf die Frage der Haftung des Sachverständigen selbst und ist auf den vorliegenden Fall, bei dem der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls aufgrund des Vorbringens des Klägers und der ARB 2000 zu beurteilen ist, nicht anzuwenden.

Auf Art 7.1.11. ARB 2000 braucht nicht mehr eingegangen werden. Es wurden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte wies auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hin.

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