OGH 8Ob101/08y

OGH8Ob101/08y5.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sefer Z*****, vertreten durch Dr. Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wegen 7.201,88 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 27. Mai 2008, GZ 35 R 9/08w-31, womit der gemäß § 508 Abs 1 ZPO gestellte Antrag der beklagten Partei und die damit verbundene ordentliche Revision zurückgewiesen wurden, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht gab dem auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützten Begehren des Klägers in Höhe von 7.201,88 EUR sA statt. Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Berufungsurteil wurde dem Beklagtenvertreter am 1. 4. 2008 zugestellt.

Am letzten Tag der vierwöchigen Notfrist des § 508 Abs 2 ZPO gab die Beklagte einen an das Berufungsgericht adressierten Schriftsatz mit dem Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO auf Abänderung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision, verbunden mit einer ordentlichen Revision, zur Post. Der Schriftsatz langte am 5. 5. 2008 beim Berufungsgericht und in der Folge am 7. 5. 2008 (s bei ON 28) beim Erstgericht ein.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht den Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO und die damit verbundene Revision wegen Verspätung zurück. Es erachtete rechtlich, dass der Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO gemäß § 508 Abs 2 ZPO verbunden mit der ordentlichen Revision binnen vier Wochen beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen sei. Die Frist beginne mit der Zustellung des Berufungsurteils und könne nicht verlängert werden. Der Antrag sei zwar fristgerecht zur Post gegeben worden, jedoch beim falschen Gericht - nämlich dem Berufungsgericht - eingebracht. Dort sei er am 5. 5. 2008 (und somit bereits außerhalb der vierwöchigen Frist des § 508 Abs 2 ZPO) eingelangt. Nach ständiger Rechtsprechung schade die unrichtige Adressierung an ein unzuständiges Gericht nur dann nicht, wenn der Schriftsatz innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht eingelangt sei. Das sei hier nicht der Fall gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs der beklagten Partei ist zulässig, weil der in § 508 Abs 4 ZPO normierte Rechtsmittelausschluss nur Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz betrifft, mit denen das Berufungsgericht die Argumente des Antragstellers, es lägen doch erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor, prüft, sie aber nicht für stichhältig hält und deshalb den Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO samt damit verbundener Revision zurückweist (RIS-Justiz RS0115271; RS0044547 [T3]; 7 Ob 56/03s).

Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht ist in der Frage der Verspätung des von der beklagten Partei gestellten Antrags gemäß § 508 Abs 1 ZPO der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt. Danach schließt die unrichtige Adressierung einer fristgebundenen Eingabe die Anwendung des § 89 GOG generell aus (RIS-Justiz RS0041753; RS0060177; 6 Ob 39/06p = SZ 2006/35). Die Absendung eines Rechtsmittels (hier: des Antrags nach § 508 Abs 1 ZPO) an ein unrichtiges Gericht steht somit der Anwendung des § 89 GOG nur dann nicht entgegen, wenn das Rechtsmittel am gleichen Tag, an dem es bei dem irrigerweise in der Adresse angeführten Gericht eingelangt ist, an das zuständige Gericht weitergeleitet wurde und bei diesem auch noch am selben Tag eingetroffen ist (RIS-Justiz RS0041653). Ferner schadet die unrichtige Adressierung dann nicht, wenn die Einlaufstelle des Adressatgerichts iSd § 37 Abs 2 Geo mit jener des zuständigen Gerichts vereinigt ist (RIS-Justiz RS0041726), also eine gemeinsame Einlaufstelle des Rechtsmittel- und des Prozessgerichts besteht (Danzl, Geo, § 37 Anm 6 mwN). Keiner dieser Fälle liegt hier vor. Die nicht näher begründete und durch kein Zitat belegte Behauptung im Rekurs, dass nach „herrschender neuerer Rechtsprechung" die Frist für die Einbringung eines Rechtsmittels gewahrt sei, wenn dieses nur „im zuständigen Gerichtssprengel" (im Ergebnis also bei irgendeinem Gericht desselben) eingebracht werde, entbehrt jeglicher Grundlage.

Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO.

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